TE Lvwg Erkenntnis 2020/8/21 LVwG-2020/37/1512-1

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Veröffentlicht am 21.08.2020
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Entscheidungsdatum

21.08.2020

Index

40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

ZustG §2
ZustG §22
ZustG §26a
AVG §32
AVG §33
VStG §49
VwGVG 2014 §44
VwGVG 2014 §50

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Tirol erkennt durch seinen Richter Dr. Hirn über die Beschwerde des AA, Adresse 1, Z, gegen den Bescheid des Bürgermeisters der Stadt Z vom 25.05.2020, Zl ***, betreffend Verwaltungsübertretungen nach der Verordnung des Landeshauptmannes vom 20.03.2020, LGBl Nr 35/2020 (belangte Behörde: Bürgermeister der Stadt Z),

zu Recht:

1.       Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

2.       Die ordentliche Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.       Verfahrensgang:

Mit Schriftsatz vom 06.04.2020 hat die Polizeiinspektion (PI) Y gegen AA, geboren am xx.xx.xxxx, Adresse 1, Z, Anzeige wegen des Verdachts von Verwaltungsübertretungen nach der Verordnung des Landeshauptmannes vom 20.03.2020, LGBl Nr 35/2020 (VO LGBl Nr 35/2020), erstattet.

Mit der Strafverfügung vom 22.04.2020, Zl ***, hat der Bürgermeister der Stadt Z AA, geboren am xx.xx.xxxx, wohnhaft Adresse 1, Z, zur Last gelegt, sich am 04.04.2020 um 21:21 Uhr in Z, Adresse 2,

1.   mit acht weiteren Personen im Garten um ein Lagerfeuer sitzend befunden und somit den eigenen Wohnsitz ohne triftige Gründe zur Deckung von Grundbedürfnissen verlassen zu haben, obwohl das Verlassen des eigenen Wohnsitzes gemäß § 4 Abs 1 der VO LGBl Nr 35/2020 verboten gewesen und der Ausnahmetatbestand des
§ 4 Abs 2 der VO LGBl Nr 35/2020 nicht vorgelegen sei, sowie

2.   um ein Lagerfeuer sitzend gegenüber acht anderen Personen, welche nicht im gemeinsamen Haushalt leben würden, den Mindestabstand von einem Meter nicht eingehalten zu haben, obwohl dies gemäß § 4 Abs 3 der VO LGBl Nr 35/2020 verboten gewesen sei.

Dadurch habe er zu 1. die Rechtsvorschrift des § 4 Abs 1 der VO LGBl Nr 35/2020 und zu
2. die Rechtsvorschrift des § 4 Abs 3 der VO LGBl Nr 35/2020 verletzt, weshalb über ihn zu
1. und 2. gemäß § 6 der VO LGBl Nr 35/2020 jeweils eine Geldstrafe in der Höhe von
Euro 150,00 (Ersatzfreiheitsstrafe: 14 Stunden) verhängt wurde.

Mit dem am 22.05.2020 beim Bürgermeister der Stadt Z eingelangten Schriftsatz hat AA Einspruch gegen die Strafverfügung vom 22.04.2020,
Zl ***, erhoben. Diesen Einspruch hat der Bürgermeister der Stadt Z mit Bescheid vom 25.05.2020, Zl ***, als verspätet zurückgewiesen.

Gegen den Bescheid vom 25.05.2020, Zl ***, hat AA mit Schriftsatz vom 12.06.2020 Beschwerde erhoben und darin vorgebracht, „aus Gründen der allgemeinen Verunsicherung“ ein Rechtsmittel einzubringen.

Mit Schriftsatz vom 16.06.2020 hat die belangten Behörde dem Beschwerdeführer wörtlich mitgeteilt:

„[…] wie Sie bereits in Ihrem Einspruch vom 22.05.2020 selbst angegeben haben, haben Sie Ihren Einspruch zu spät eingebracht. Nach Ablauf der zweiwöchigen Einspruchsfrist wird die Strafverfügung rechtskräftig und kann unsererseits auch nicht mehr abgeändert werden, weshalb Ihr Einspruch als verspätet zurückgewiesen werden musste.

Sollten Sie auf die Zurückweisung eine Beschwerde einreichen wollen, wäre vom Landesverwaltungsgericht Tirol lediglich die Frage zu klären, ob Ihr Einspruch rechtzeitig eingebracht wurde.

Wenn Sie die Beschwerde dennoch aufrecht halten wollen, bitte ich Sie um kurze Rücksprache.

Sollte ich bis zum 30.06.2020 keine Rückmeldung von Ihnen erhalten haben, werde ich den Akt dennoch dem Landesverwaltungsgericht zur Entscheidung vorlegen.“

Mit Schriftsatz vom 16.07.2020, Zl ***, hat der Bürgermeister der Stadt Z den Gegenstandsakt mit dem Ersuchen um Entscheidung über die Beschwerde gegen den Bescheid vom 25.05.2020, Zl ***, dem Landesverwaltungsgericht Tirol vorgelegt.

II.      Sachverhalt:

AA, geboren am xx.xx.xxxx, ist an der Adresse „Z, Adresse 1“ wohnhaft.

Mit der Strafverfügung vom 22.04.2020, Zl ***, hat der Bürgermeister der Stadt Z AA, geboren am xx.xx.xxxx, wohnhaft Adresse 1, Z, zur Last gelegt, sich am 04.04.2020 um 21:21 Uhr in Z, Adresse 2,

1.   mit acht weiteren Personen im Garten um ein Lagerfeuer sitzend befunden und somit den eigenen Wohnsitz ohne triftige Gründe zur Deckung von Grundbedürfnissen verlassen zu haben, obwohl das Verlassen des eigenen Wohnsitzes gemäß § 4 Abs 1 der VO LGBl Nr 35/2020 verboten gewesen und der Ausnahmetatbestand des
§ 4 Abs 2 der VO LGBl Nr 35/2020 nicht vorgelegen sei, sowie

2.   um ein Lagerfeuer sitzend gegenüber acht anderen Personen, welche nicht im gemeinsamen Haushalt leben würden, den Mindestabstand von einem Meter nicht eingehalten zu haben, obwohl dies gemäß § 4 Abs 3 der VO LGBl Nr 35/2020 verboten gewesen sei.

Dadurch habe er zu 1. § 4 Abs 1 der VO LGBl Nr 35/2020 und zu 2. § 4 Abs 3 der
VO LGBl Nr 35/2020 verletzt, weshalb über ihn zu 1. und 2. gemäß § 6 der VO LGBl Nr 35/2020 iVm § 3 Abs 3 COVID-19-Maßnahmengesetz, BGBl I Nr 12/2020, jeweils eine Geldstrafe in der Höhe von Euro 150,00 (Ersatzfreiheitsstrafe: jeweils 14 Stunden) verhängt wurde.

Der Bürgermeister der Stadt Z hat die Strafverfügung vom 22.04.2020,
Zl ***, dem Beschwerdeführer an der Adresse „Adresse 1, Z“ am 04.05.2020 nachweislich zugestellt.

Der Einspruch des Beschwerdeführers gegen die Strafverfügung vom 22.04.2020 ist am 22.05.2020 um 07:19 Uhr beim Bürgermeister der Stadt Z auf digitalem Weg (E-Mail) eingelangt. Diesen Einspruch hat der Bürgermeister der Stadt Z mit Bescheid vom 25.05.2020, Zl ***, als verspätet zurückgewiesen.

Der Bescheid vom 25.05.2020, Zl ***, wurde dem Beschwerdeführer an der Adresse „Adresse 1, Z“ nachweislich am 04.06.2020 zugestellt. Der als Beschwerde zu qualifizierende Schriftsatz (E-Mail) vom 12.06.2020 ist an diesem Tag um 07:07 Uhr beim Bürgermeister der Stadt Z eingelangt.

III.     Beweiswürdigung:

Die Wohnadresse ? Adresse 1, Z, ? ist nicht strittig. Insbesondere hat der Beschwerdeführer die an diese Adresse zugestellten behördlichen Dokumente erhalten.

Die weiteren Feststellungen ergeben sich aus dem Akt der belangten Behörde zu
Zl ***. Die Feststellung zur Zustellung der Strafverfügung vom 22.04.2020 sowie des Bescheides vom 25.05.2020 stützen sich insbesondere auf die im Akt befindlichen Zustellungsurkunden. Insbesondere ist dem Zustellnachweis betreffend die Strafverfügung vom 22.04.2020, Zl ***, zu entnehmen, dass das Dokument am 04.05.2020 dem Empfänger zugestellt und dieser Vorgang vom Zusteller auf dem Zustellnachweis beurkundet wurde. Darüber hinaus hat der Beschwerdeführer im Einspruch vom 22.05.2020 festgehalten, dass er die Einspruchsfrist „bereits überschritten habe“.

IV.      Rechtslage:

1.       Verwaltungsstrafgesetz 1991:

Die entscheidungswesentliche Bestimmung des § 49 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG), BGBl Nr 52/1991 in der Fassung (idF) BGBl I Nr 57/2018, lautet wie folgt:

„§ 49. (1) Der Beschuldigte kann gegen die Strafverfügung binnen zwei Wochen nach deren Zustellung Einspruch erheben und dabei die seiner Verteidigung dienlichen Beweismittel vorbringen. Der Einspruch kann auch mündlich erhoben werden. Er ist bei der Behörde einzubringen, die die Strafverfügung erlassen hat.

(2) Wenn der Einspruch rechtzeitig eingebracht und nicht binnen zwei Wochen zurückgezogen wird, ist das ordentliche Verfahren einzuleiten. Der Einspruch gilt als Rechtfertigung im Sinne des § 40. Wenn im Einspruch ausdrücklich nur das Ausmaß der verhängten Strafe oder die Entscheidung über die Kosten angefochten wird, dann hat die Behörde, die die Strafverfügung erlassen hat, darüber zu entscheiden. In allen anderen Fällen tritt durch den Einspruch, soweit er nicht binnen zwei Wochen zurückgezogen wird, die gesamte Strafverfügung außer Kraft. In dem auf Grund des Einspruches ergehenden Straferkenntnis darf keine höhere Strafe verhängt werden als in der Strafverfügung.

(3) Wenn ein Einspruch nicht oder nicht rechtzeitig erhoben oder zurückgezogen wird, ist die Strafverfügung zu vollstrecken.“

2.       Zustellgesetz:

Die entscheidungswesentlichen Bestimmungen des Zustellgesetzes (ZustG), BGBl Nr 200/1982 in den Fassungen BGBl I Nr 33/2013 (§ 22), BGBl I Nr 40/2017 (§ 2) und BGBl I Nr 16/2020 (§ 26a), lauten samt Überschriften auszugsweise wie folgt:

„Begriffsbestimmungen

§ 2. Im Sinne dieses Bundesgesetzes bedeuten die Begriffe:

1.   ‚Empfänger‘: die von der Behörde in der Zustellverfügung (§ 5) namentlich als solcher bezeichnete Person;

[…]

3.   ‚Zustelladresse‘: eine Abgabestelle (Z 4) oder eine elektronische Zustelladresse
(Z 5);

4.   ‚Abgabestelle‘: die Wohnung oder sonstige Unterkunft, die Betriebsstätte, der Sitz, der Geschäftsraum, die Kanzlei oder auch der Arbeitsplatz des Empfängers, im Falle einer Zustellung anlässlich einer Amtshandlung auch deren Ort oder ein vom Empfänger der Behörde für die Zustellung in einem laufenden Verfahren angegebener Ort;

[…]“

„Zustellnachweis

§ 22. (1) Die Zustellung ist vom Zusteller auf dem Zustellnachweis (Zustellschein, Rückschein) zu beurkunden.

(2) Der Übernehmer des Dokuments hat die Übernahme auf dem Zustellnachweis durch seine Unterschrift unter Beifügung des Datums und, wenn er nicht der Empfänger ist, seines Naheverhältnisses zu diesem zu bestätigen. Verweigert er die Bestätigung, so hat der Zusteller die Tatsache der Verweigerung, das Datum und gegebenenfalls das Naheverhältnis des Übernehmers zum Empfänger auf dem Zustellnachweis zu vermerken. Der Zustellnachweis ist dem Absender unverzüglich zu übersenden.

(3) An die Stelle der Übersendung des Zustellnachweises kann die elektronische Übermittlung einer Kopie des Zustellnachweises oder der sich daraus ergebenden Daten treten, wenn die Behörde dies nicht durch einen entsprechenden Vermerk auf dem Zustellnachweis ausgeschlossen hat. Das Original des Zustellnachweises ist mindestens fünf Jahre nach Übermittlung aufzubewahren und der Behörde auf deren Verlangen unverzüglich zu übersenden.

(4) Liegen die technischen Voraussetzungen dafür vor, so kann die Beurkundung der Zustellung auch elektronisch erfolgen. In diesem Fall hat der Übernehmer auf einer technischen Vorrichtung zu unterschreiben; an die Stelle der Unterschriftsleistung kann auch die Identifikation und Authentifizierung mit der Bürgerkarte (§ 2 Z 10 des E-Government-Gesetzes – E-GovG, BGBl. I Nr. 10/2004) treten. Die die Beurkundung der Zustellung betreffenden Daten sind dem Absender unverzüglich zu übermitteln.“

„Zustellrechtliche Begleitmaßnahmen zu COVID-19

§ 26a. Solange die Fristen gemäß § 1 Abs. 1 des Bundesgesetzes betreffend Begleitmaßnahmen zu COVID-19 in der Justiz, BGBl. I Nr. 16/2020, oder die Fristen gemäß
§ 1 Abs. 1 des Bundesgesetzes betreffend Begleitmaßnahmen zu COVID-19 im Verwaltungsverfahren, im Verfahren der Verwaltungsgerichte sowie im Verfahren des Verwaltungsgerichtshofes und des Verfassungsgerichtshofes, BGBl. I Nr. 16/2020, unterbrochen sind, gelten für die Zustellung mit Zustellnachweis der von Gerichten bzw. von Verwaltungsbehörden zu übermittelnden Dokumente sowie die durch die Gerichte bzw. die Verwaltungsbehörden vorzunehmende Zustellung von Dokumenten ausländischer Behörden (§ 1) folgende Erleichterungen:

1.   Das Dokument wird dem Empfänger zugestellt, indem es in die für die Abgabestelle bestimmte Abgabeeinrichtung (§ 17 Abs. 2) eingelegt oder an der Abgabestelle zurückgelassen wird; die Zustellung gilt in diesem Zeitpunkt als bewirkt. Soweit dies ohne Gefährdung der Gesundheit des Zustellers möglich ist, ist der Empfänger durch schriftliche, mündliche oder telefonische Mitteilung an ihn selbst oder an Personen, von denen angenommen werden kann, dass sie mit dem Empfänger in Verbindung treten können, von der Zustellung zu verständigen. Die Zustellung wird nicht bewirkt, wenn sich ergibt, dass der Empfänger wegen Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte, doch wird die Zustellung mit dem der Rückkehr an die Abgabestelle folgenden Tag wirksam.

2.   Ist das Dokument anderen Personen als dem Empfänger zuzustellen oder kann es diesen zugestellt werden (§ 13 Abs. 1 zweiter Satz und Abs. 2 bis 4 und §§ 14 bis 16), ist Z 1 sinngemäß anzuwenden.

3.   Die Zustellung, die Form der Verständigung von der Zustellung sowie gegebenenfalls die Gründe, aus denen eine Verständigung nicht möglich war, sind vom Zusteller auf dem Zustellnachweis (Zustellschein, Rückschein) zu beurkunden, Der Zustellnachweis ist dem Absender unverzüglich zu übersenden; § 22 Abs. 2 ist nicht anzuwenden.
§ 22 Abs. 4 ist mit der Maßgabe anzuwenden, dass die elektronische Beurkundung anstatt durch den Übernehmer durch den Zusteller zu erfolgen hat.“

4.       Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz:

Die entscheidungswesentlichen Bestimmungen des Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetzes (VwGVG), BGBl Nr 33/2013 in den Fassungen BGBl I Nr 24/2017 (§ 44) und BGBl I Nr 57/2018 (§ 50), lauten samt Überschriften auszugsweise wie folgt:

„Verhandlung

§ 44. (1) Das Verwaltungsgericht hat eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

[…]

(3) Das Verwaltungsgericht kann von einer Verhandlung absehen, wenn

[…]

1.   sich die Beschwerde gegen einen verfahrensrechtlichen Bescheid richtet und keine Partei die Durchführung einer Verhandlung beantragt hat. Der Beschwerdeführer hat die Durchführung einer Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen. Den sonstigen Parteien ist Gelegenheit zu geben, einen Antrag auf Durchführung einer Verhandlung zu stellen. Ein Antrag auf Durchführung einer Verhandlung kann nur mit Zustimmung der anderen Parteien zurückgezogen werden.

[…]“

„Erkenntnisse

§ 50. (1) Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs 1 Z 1 B-VG in der Sache selbst zu entscheiden. […]“

V.       Erwägungen:

1.       Zur Zustellung:

Im Einklang mit der Bestimmung des § 26a ZustG, BGBl Nr 200/1982 in der Fassung
BGBl I Nr 16/2020, wurde die Strafverfügung vom 22.04.2020, Zl ***, nachweislich dem Beschwerdeführer an seiner Wohnadresse am 04.05.2020 zugestellt. Die Beurkundung dieses Vorganges auf dem Zustellnachweis durch den Zusteller war gemäß
§ 26a Z 3 ZustG zulässig. Im Übrigen hat der Beschwerdeführer die ordnungsgemäße Zustellung nicht bestritten.

2.       In der Sache:

Gemäß § 49 Abs 1 VStG kann gegen eine Strafverfügung binnen zwei Wochen nach deren Zustellung Einspruch erhoben werden. Ausgehend von § 32 Abs 2 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG) endete die in § 49 Abs 1 VStG normierte Frist im gegenständlichen Fall mit Ablauf des 18.05.2020.

Der Beschwerdeführer hat seinen Einspruch gegen die Strafverfügung vom 22.04.2020,
Zl ***, am 22.05.2020 ? also nach Ablauf der zweiwöchigen Frist des
§ 49 Abs 1 VStG ? auf digitalem Wege (E-Mail) beim Bürgermeister der Stadt Z eingebracht und damit nicht rechtzeitig erhoben. Bereits in seinem Einspruch räumt der Beschwerdeführer ein, die „Einspruchsfrist“ nicht eingehalten zu haben. In seinem Rechtsmittel gegen den Bescheid vom 25.05.2020, Zl ***, bringt der Beschwerdeführer lediglich vor, das Rechtsmittel „aus Gründen der allgemeinen Verunsicherung“ einzubringen. Auf die Mitteilung der belangten Behörde vom 16.06.2020 hat der Beschwerdeführer nicht reagiert.

Der Beschwerdeführer zeigt somit keinen für das verspätete Einbringen des Einspruches relevanten Umstand und damit auch keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf.

3.       Zum Entfall der mündlichen Verhandlung:

In der Rechtsmittelbelehrung des Bescheides vom 25.05.2020, Zl ***, heißt es ausdrücklich:

„[…] Sie haben das Recht, in der Beschwerde zu beantragen, dass eine öffentliche mündliche Verhandlung durchgeführt wird. […].“

Der Beschwerdeführer hat in seinem Rechtsmittel die Durchführung einer mündlichen Verhandlung nicht beantragt. Ebenso hat die belangte Behörde in dem an das Landesverwaltungsgericht Tirol gerichteten Vorlageschreiben keinen Antrag auf Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung gestellt.

Die gegenständliche Beschwerde richtet sich gegen die Zurückweisung eines Einspruches als verspätet und damit gegen einen verfahrensrechtlichen Bescheid. Nach dem eindeutigen Wortlaut des § 44 Abs 3 Z 4 VwGVG konnte daher die öffentliche mündliche Verhandlung entfallen.

4.       Ergebnis:

Die Strafverfügung vom 22.04.2020, Zl ***, wurde dem Beschwerdeführer nachweislich am 04.05.2020 zugestellt. Zustellmängel liegen nicht vor.

Der Beschwerdeführer hat seinen Einspruch am 22.05.2020 und damit nach Ablauf der zweiwöchigen Frist des § 49 Abs 1 VStG beim Bürgermeister der Stadt Z auf digitalem Weg (E-Mail) eingebracht. Sein Einspruch war daher verspätet.

Mit dem angefochtenen Bescheid hat der Bürgermeister der Stadt Z den Einspruch des Beschwerdeführers gegen die Strafverfügung vom 22.04.2020, Zl ***, als verspätet zurückgewiesen. Der Beschwerdeführer hatte somit die Möglichkeit, im Rahmen seines Rechtsmittels zu der im angefochtenen Bescheid vorgehaltenen Verspätung seines Einspruches ein entsprechendes Vorbringen zu erstatten.

Der Beschwerdeführer hat bereits im Einspruch selbst dessen verspätetes Einbringen eingeräumt und in seinem Rechtsmittel lediglich vorgebracht, dieses „aus Gründen der allgemeinen Verunsicherung“ einzubringen. Insofern zeigt der Beschwerdeführer eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht auf. Der Einspruch des Beschwerdeführers gegen die Strafverfügung vom 22.04.2020, Zl ***, ist als verspätet zu qualifizieren. Der Bürgermeister der Stadt Z hat diesen Einspruch folglich zu Recht mit dem angefochtenen als verspätet zurückgewiesen. Die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde war daher als unbegründet abzuweisen (vgl Spruchpunkt 1. des gegenständlichen Erkenntnisses).

Der angefochtene Bescheid ? Zurückweisung eines Einspruches als verspätet ? ist als verfahrensrechtliche Entscheidung im Sinne des § 44 Abs 3 Z 4 VwGVG zu qualifizieren. Mangels eines entsprechenden Antrages konnte die öffentliche mündliche Verhandlung gemäß der zitierten Bestimmung entfallen.

Kosten im Sinne des § 52 Abs 1 und 2 VwGVG waren nicht vorzuschreiben, da das gegenständliche Erkenntnis die Beschwerde gegen einen verfahrensrechtlichen Bescheid behandelt.

VI.      Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

Im gegenständlichen Fall war zu klären, ob der Einspruch des Beschwerdeführers gegen eine näher bezeichnete Strafverfügung als verspätet zu qualifizieren ist. Das Landesverwaltungsgericht Tirol hat entsprechend der höchstgerichtlichen Judikatur geprüft, ob Zustellmängel vorliegen. Bereits der Bürgermeister der Stadt Z hat dem Beschwerdeführer im angefochtenen Bescheid und nochmals im Schriftsatz vom 16.06.2020 die Verspätung seines Einspruches vorgehalten.

Eine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung im Sinne des Art 133 Abs 4 B-VG liegt nicht vor. Das Landesverwaltungsgericht Tirol erklärt daher die ordentliche Revision für nicht zulässig (Spruchpunkt 2. des gegenständlichen Erkenntnisses).

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen diese Entscheidung kann binnen sechs Wochen ab der Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, Freyung 8, 1010 Wien, oder außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist direkt bei diesem, die außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist beim Landesverwaltungsgericht Tirol einzubringen.

Die genannten Rechtsmittel sind von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abzufassen und einzubringen und es ist eine Eingabegebühr von Euro 240,00 zu entrichten.

Es besteht die Möglichkeit, für das Beschwerdeverfahren vor dem Verfassungsgerichtshof und für das Revisionsverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof Verfahrenshilfe zu beantragen. Verfahrenshilfe ist zur Gänze oder zum Teil zu bewilligen, wenn die Partei außerstande ist, die Kosten der Führung des Verfahrens ohne Beeinträchtigung des notwendigen Unterhalts zu bestreiten bzw wenn die zur Führung des Verfahrens erforderlichen Mittel weder von der Partei noch von den an der Führung des Verfahrens wirtschaftlich Beteiligten aufgebracht werden können und die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung nicht als offenbar mutwillig oder aussichtslos erscheint.

Der Antrag auf Verfahrenshilfe ist innerhalb der oben angeführten Frist für das Beschwerdeverfahren vor dem Verfassungsgerichtshof beim Verfassungsgerichtshof und für das Revisionsverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen. Im Antrag an den Verwaltungsgerichtshof ist, soweit dies dem Antragsteller zumutbar ist, kurz zu begründen, warum entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichtes die Revision für zulässig erachtet wird.

Zudem besteht die Möglichkeit, auf die Revision beim Verwaltungsgerichtshof und die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof zu verzichten. Ein solcher Verzicht hat zur Folge, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof und eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof nicht mehr erhoben werden können.

Hinweis:

Rechtskräftig verhängte Geldstrafen (sowie Verfahrenskostenbeiträge) sind bei der Behörde einzubezahlen (vgl § 54b Abs 1 VStG).

Landesverwaltungsgericht Tirol

Dr. Hirn

(Richter)

Schlagworte

COVID-19;
Verspätetes Einbringen;

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGTI:2020:LVwG.2020.37.1512.1

Zuletzt aktualisiert am

25.09.2020
Quelle: Landesverwaltungsgericht Tirol LVwg Tirol, https://www.lvwg-tirol.gv.at
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