TE Vwgh Erkenntnis 1997/11/25 97/14/0138

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Veröffentlicht am 25.11.1997
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Index

32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;
32/04 Steuern vom Umsatz;

Norm

BAO §115 Abs1;
BAO §212a Abs2 lita;
UStG 1972 §11 Abs1 Z1;
UStG 1972 §11 Abs3;
UStG 1972 §12 Abs1 Z1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Dr. Karger, Dr. Graf, Mag. Heinzl und Dr. Zorn als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Hajicek, über die Beschwerde der C Ges.m.b.H. in L, vertreten durch Dr. Robert Briem, Rechtsanwalt in Wien I, Rotenturmstraße 17, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Oberösterreich vom 8. August 1997, Zl. RV/179/03-10/Zi-1997, betreffend Aussetzung der Einhebung nach § 212a BAO, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin ist ein Handelsunternehmen. Am 3. Mai 1993 erhielt sie eine schriftliche Anfrage der M, einer Gesellschaft mit Sitz in Brasilien, mit folgendem Inhalt:

"Wie benötigen die wöchentliche Zusendung von frischem Gelee Royal lyophilisiert der Marke Benjamin als Kosmetikstoff und haben bereits mit der Firma J, S, ... Kontakt aufgenommen. Im Zuge des Angebotes dieser Firma mußten wird jedoch feststellen, daß diese den Export mit erhöhtem Preis anbietet als im Inland.

Wir bieten daher an eventuell über Ihr Unternehmen zu beziehen. Wie benötigen die wöchentliche Zusendung von 12 Dosen a 570 Gramm frei Hamburg."

Die Beschwerdeführerin bezog in der Folge von der "Fa. J" als Gelee Royal bezeichnete Ware um den Nettoeinkaufspreis von 7,905.285 S und lieferte die Ware an M. Die Beschwerdeführerin machte für den Einkauf Vorsteuer in Höhe von 1,581.057 S geltend.

Im Zuge einer im Jahr 1996 bei der Beschwerdeführerin durchgeführten Buch- und Betriebsprüfung gelangte der Prüfer zur Auffassung, der Vorsteuerabzug sei zu Unrecht geltend gemacht worden. In Wahrheit habe nicht die in den Rechnungen ausgewiesene "Fa. J" an die Beschwerdeführerin geliefert, sondern G J. Zudem habe es sich beim Liefergegenstand um minderwertige Ware gehandelt. Die gesamte Gestaltung sei lediglich zum Zwecke des "Vorsteuerschwindels" gewählt worden.

Den Prüfungsfeststellungen folgend nahm das Finanzamt das Verfahren betreffend Umsatzsteuer 1994 wieder auf und erließ einen neuen Sachbescheid, aus welchem sich eine Nachforderung von 1,581.075 S ergab. Die Beschwerdeführerin berief gegen den Umsatzsteuerbescheid. Gleichzeitig beantragte sie hinsichtlich des Nachforderungsbetrages die Aussetzung der Einhebung nach § 212a BAO. In einem weiteren Antrag begehrte sie unter Hinweis auf den unmittelbaren Zusammenhang mit der Berufung gegen den Umsatzsteuerbescheid die Aussetzung der Einhebung hinsichtlich des Säumniszuschlages in Höhe von 31.621 S, der für die Umsatzsteuernachforderung vorgeschrieben wurde.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurden die Anträge auf Aussetzung der Einhebung im Instanzenzug abgewiesen. Gemäß § 11 Abs. 1 Z. 1 UStG 1972 müßten Rechnungen den Namen und die Anschrift des liefernden oder leistenden Unternehmers aufweisen. Im gegenständlichen Fall sei in der Niederschrift über die im Rahmen der Betriebsprüfung abgehaltene Schlußbesprechung festgehalten worden, daß die Lieferungen von G J ausgegangen seien. Bei diversen Faxschreiben sei als "Faxkopf" der Absender J in E. angeführt. Es sei auch festgestellt worden, daß der Mietvertrag für den angeblichen Firmensitz der "Fa. J" in S, X-Straße, von Frau M J abgeschlossen worden sei. Die an die Beschwerdeführerin ergangenen Rechnungen enthielten sohin den Namen und die Anschrift des tatsächlich liefernden Unternehmers nicht. Bereits diese Feststellungen des Finanzamtes könnten den Umsatzsteuerbescheid tragen. Gegen diese Feststellungen, auf welche das Finanzamt im Umsatzsteuerbescheid verwiesen habe, habe die Beschwerdeführerin in ihrer Berufung gegen den Umsatzsteuerbescheid kein Vorbringen erstattet. Schon aus diesen Gründen erscheine diese Berufung als wenig erfolgversprechend, sodaß gemäß § 212a Abs. 2 BAO die beantragte Aussetzung zu verweigern sei. Das Vorbringen in der Berufung gegen den Umsatzsteuerbescheid beschränke sich im wesentlichen auf die Frage, ob tatsächlich wertvolles Gelee Royal geliefert worden sei. Nach Ansicht der belangten Behörde würde eine Reihe von Umständen dafür sprechen, daß nicht das in der Rechnung ausgewiesene wertvolle Gelee Royal Gegenstand der Lieferung gewesen sei. In der Niederschrift über die Schlußbesprechung sei festgehalten, daß die Behörde bei den angeblichen Vorlieferanten der Fa. J Erhebungen angestellt habe; diese hätten ergeben, daß die behaupteten Produktveredlungen mangels Labors und Betriebsstätte gar nicht hätten durchgeführt werden können. Aufgrund von Ermittlungen bei gleichgelagerten Fällen scheine der Schluß, daß ganz normaler Bienenhonig geliefert worden sei, den Denkgesetzen entsprechend. Obwohl also aufgrund dieser Erhebungen berechtigte Gründe dafür vorgelegen seien, den tatsächlichen Gegenstand der Lieferung in Zweifel zu ziehen, enthalte das Berufungsvorbringen keinerlei Beweisanbote zu dieser Frage. Die Berufung erscheine sohin als wenig erfolgversprechend.

Gegen diesen Bescheid wendete sich die Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 212a Abs. 2 lit. a BAO ist die Aussetzung der Einhebung im Sinne des § 212a Abs. 1 BAO nicht zu bewilligen, insoweit die Berufung nach Lage des Falles wenig erfolgversprechend erscheint.

Aufgabe eines Aussetzungsverfahrens ist es nicht, die Berufungsentscheidung vorwegzunehmen; die Abgabenbehörden haben bei Prüfung der Voraussetzungen für eine Aussetzung der Einhebung die Erfolgsaussichten lediglich anhand des Berufungsvorbringens zu beurteilen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 19. Mai 1993, 89/13/0199).

Wie sich aus dem angefochtenen Bescheid ergibt, hat der Betriebsprüfer Ermittlungen über die Identität des Lieferanten der Beschwerdeführerin angestellt. Das Finanzamt ist sodann bei Erlassung des Umsatzsteuerbescheides aufgrund der im angefochtenen Bescheid angeführten Prüfungsfeststellungen in freier Beweiswürdigung zur Sachverhaltsannahme gelangt, Lieferant der Beschwerdeführerin sei nicht die "Fa. J", sondern G J gewesen. Im angefochtenen Bescheid wird weiters ausgeführt, die Beschwerdeführerin habe in der Berufung zu diesen Feststellungen der Erstbehörde kein Vorbringen erstattet. Die belangte Behörde hat sodann die Sachverhaltsfeststellung des Finanzamtes betreffend die Identität des Lieferanten übernommen.

In der Beschwerde wird zu dieser Frage lediglich ausgeführt, die Beschwerdeführerin habe im Verwaltungsverfahren ausdrücklich bestritten, daß die "Fa. J" nicht existiere. Dieses Vorbringen enthält keinen Hinweis darauf, daß die belangte Behörde die Sachverhaltsfeststellung betreffend die Identität des Lieferanten unter Verletzung von Verfahrensvorschriften getroffen hätte, zumal es im gegenständlichen Verfahren nicht um die Existenz einer "Fa. J" an sich geht. Die Beschwerde tritt jedenfalls den Ausführungen im angefochtenen Bescheid nicht entgegen, wonach die Beschwerdeführerin im Berufungsverfahren hinsichtlich der Prüfungsfeststellungen betreffend den tatsächlichen Lieferanten G J "keinerlei Vorbringen erstattet" habe.

Zur Frage des in den Rechnungen ausgewiesenen Lieferanten wird in der Beschwerde sodann vorgebracht, selbst wenn G J der leistende Unternehmer gewesen sei, stünde dies dem Vorsteuerabzug nicht entgegen. G J hätte sich dann lediglich eines Scheinnamens bedient. Wie sich aus den Sachverhaltsfeststellungen der belangten Behörde ergebe, lasse die Verwendung eines Scheinnamens im gegenständlichen Fall die eindeutige Identifizierung des leistenden Unternehmers zu.

Gemäß § 11 Abs. 1 Z. 1 UStG 1972 müssen Rechnungen den Namen und die Anschrift des liefernden oder leistenden Unternehmers enthalten. Gemäß § 11 Abs. 3 leg. cit. ist dabei jede Bezeichnung ausreichend, die eine eindeutige Feststellung des Namens und der Anschrift des Unternehmers ermöglicht.

Gemäß § 12 Abs. 1 Z. 1 UStG 1972 kann der Unternehmer, der die in dieser Gesetzesstelle angeführten Erfordernisse erfüllt, die von einem anderen Unternehmer in einer Rechnung (§ 11) an ihn gesondert ausgewiesene Steuer für Lieferungen oder sonstige Leistungen, die im Inland für sein Unternehmen ausgeführt worden sind, als Vorsteuer abziehen.

§ 11 Abs. 1 Z. 1 UStG 1972 begnügt sich nicht mit Angaben, aus denen im Zusammenhang mit dem übrigen Sachverhalt hervorgeht, daß irgendein Unternehmer die in Rechnung gestellte Lieferung oder Leistung erbracht hat; es muß der Rechnung vielmehr eindeutig jener Unternehmer zu entnehmen sein, der tatsächlich geliefert oder geleistet hat (vgl. die

hg. Erkenntnisse vom 24. April 1996, 94/13/0133, 0134, vom 20. November 1996, 95/15/0179, und vom 20. November 1996, 96/15/0027). Dem Abs. 3 des § 11 UStG 1972 ist das Verständnis beizulegen, daß auch eine im Geschäftsleben gebräuchliche und bekannte Bezeichnung des Unternehmers ausreichend ist.

Der Vorschrift des § 11 Abs. 1 Z. 1 UStG 1972 ist nicht mehr entsprochen, wenn der Lieferant mit einem "Scheinnamen" bezeichnet wird, der nicht eine in den beteiligten Verkehrskreisen gebräuchliche und bekannte Benennung des Lieferanten ist, und die Behörde nur durch ein eigenständiges Ermittlungsverfahren die Identität des Lieferanten eruieren kann. Die Vorschrift des § 11 UStG betreffend die Rechnungslegung dient im wesentlichen dazu, der Finanzverwaltung die Überprüfung der Umsatzsteuervorgänge zu erleichtern. Würde dieser Vorschrift auch durch die Anführung von "Scheinnamen" entsprochen, erwiese sie sich als überflüssig.

Entgegen dem Beschwerdevorbringen ist den Sachverhaltsfeststellungen des angefochtenen Bescheides nicht zu entnehmen, die "Fa. J" wäre eine im Geschäftsleben gebräuchliche und bekannte Bezeichnung für den Lieferanten G J. Derartiges stünde im übrigen auch im Widerspruch zum Beschwerdevorbringen, welches von der Existenz einer eigenständigen "Fa. J" ausgeht.

Ausgehend von der Sachverhaltsannahme, daß die Rechnungen, aufgrund derer die Beschwerdeführerin die in Rede stehenden Vorsteuern geltend gemacht hat, den Namen des tatsächlichen Lieferanten nicht enthalten, ist nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes eine Voraussetzung für den Vorsteuerabzug nicht gegeben.

Solcherart können die Annahme der belangten Behörde, die Umsatzsteuerberufung sei nach Lage des konkreten Falles wenig erfolgversprechend, und die darauf gestützte Versagung der beantragten Aussetzungen nicht als rechtswidrig erkannt werden.

Ein Eingehen auf das weitere Beschwerdevorbringen - dieses betrifft die Übereinstimmung des tatsächlichen Liefergegenstandes mit dem in der Rechnung ausgewiesenem Liefergegenstand - erübrigt sich somit.

Da bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die von der Beschwerdeführerin behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1997:1997140138.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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