TE Vwgh Erkenntnis 1997/11/25 97/02/0467

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Veröffentlicht am 25.11.1997
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
60/02 Arbeitnehmerschutz;

Norm

ArbIG 1993 idF 1995/871 §9 Abs1;
ArbIG 1993 idF 1995/871 §9 Abs3;
VwGG §34 Abs1;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Stoll und Dr. Holeschofsky als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Schwarzgruber, über die Beschwerde des A in W, vertreten durch Dr. S, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom 5. Februar 1996, Zl. UVS-07/03/00874/93, betreffend Übertretung des Arbeitnehmerschutzgesetzes, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom 5. Februar 1996 wurde der Berufung des Beschwerdeführers gegen das Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien, Magistratisches Bezirksamt für den

1./8. Bezirk, vom 9. Juli 1993, betreffend Übertretung des Arbeitnehmerschutzgesetzes, abgewiesen und das erstinstanzliche Straferkenntnis bestätigt. Hiezu wurde im wesentlichen ausgeführt, dem Beschwerdeführer sei zur Last gelegt worden, er habe es als handelsrechtlicher Geschäftsführer einer näher bezeichneten Ges.m.b.H. und somit als Arbeitgeber zu verantworten, daß diese Gesellschaft am 3. Mai 1993 in Wien, S-Platz 12, bei Betrieb ihrer zur Ausübung des Gastgewerbes in der Betriebsart eines Restaurants genehmigten Betriebsanlage

1)

Punkt 7 des Betriebsanlagengenehmigungsbescheides vom 7.9.1990, wonach die Gasverbrauchseinrichtungen in Abständen von längstens zwei Jahren von einem befugten Fachmann nachweislich zu überprüfen seien, insofern nicht eingehalten habe, als der Nachweis der letzten dem Arbeitsinspektor bei der Besichtigung vorgelegten diesbezüglichen Überprüfungen vom 27.11.1990 stammte, eine weitere Überprüfung also schon spätestens am 27.11.1992 fällig gewesen wäre.

2)

§ 13 ANSchG in Zusammenhang mit § 81 Abs. 5 der AAV, wonach mindestens 10 Prozent der Arbeitnehmer für die Erste-Hilfe-Leistung ausgebildet sein müßten (zum Zeitpunkt der Inspektion sei dem Arbeitsinspektor ein Personalstand von 56 Arbeitnehmern angegeben worden), insofern nicht eingehalten habe, als dem Arbeitsinspektor zum Zeitpunkt der Besichtigung keine derartigen Personen genannt hätten werden können (es seien auch keine Namen ausgebildeter Personen in, an oder neben den 1. Hilfe-Behältern angebracht gewesen).

3)

§ 24 Abs. 6 AAV, wonach auf Stiegen und Gängen auch vorübergehend keine Lagerungen vorgenommen werden dürften, insofern nicht eingehalten habe, als auf dem Gang von der Hauptküche im 7. Stock zum Hausstiegenhaus ein Staubsauger, Garderobeschränke, Polster und Stühle und auf dem Gang vor dem Garderoben- bzw. Sanitärbereich für die Arbeitnehmer im Keller Tische, Tischplatten und in Kisten aufbewahrte Getränke gelagert worden seien.

4)

Punkt 49 des Betriebsanlagengenehmigungsbescheides vom 7.9.1990, wonach in den Gasträumen je zwei Handfeuerlöscher, geeignet für die Brandklasse A (10 l Naßlöscher) bereitzuhalten seien, insofern nicht eingehalten habe, als zum Zeitpunkt der Besichtigung keine derartigen Handfeuerlöscher vorhanden gewesen seien.

5)

Punkt 9 des genannten

Betriebsanlagengenehmigungsbescheides, wonach der Gaszählerraum von jeglicher Lagerung freizuhalten sei, insofern nicht eingehalten habe, als in diesem Raum Lagerungen (ein Besen, WC-Papier, Putzmittel) vorgefunden worden seien. (Die im Gaszählerraum gelagerten Gegenstände hätten angeblich einer näher bezeichneten Reinigungsfirma gehört.)

Der Beschwerdeführer habe dadurch fünf Verwaltungsübertretungen gemäß § 31 Abs. 2 lit. g (bezüglich Punkt 2) und § 31 Abs. 2 lit. p (bezüglich der Punkte 1, 3, 4, 5) ANSchG in Verbindung mit den in den Punkten 1 bis 5 genannten Vorschriften begangen.

In der aufgrund der Berufung des Beschwerdeführers durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung sei vom Beschwerdeführer die objektive Tatseite der in den Spruchpunkt 1) und 2) des Straferkenntnisses festgestellten Verwaltungsübertretungen nicht bestritten worden. Als erwiesen sei weiters anzusehen, daß im Spruchpunkt 3) des Straferkenntnisses näher beschriebenen Lagerungen vorgenommen worden seien - auf die Frage, ob dadurch die ungehinderte Benützung der Gänge unmöglich gemacht worden wäre, komme es im Gegensatz zur Auffassung des Beschwerdeführers nicht an -, sowie, daß im Zeitpunkt der Kontrolle keine Handfeuerlöscher vorhanden gewesen seien. Schließlich sei der Gaszählerraum - entgegen der Verpflichtung aufgrund Punkt 9 des Betriebsanlagengenehmigungsbescheide - im Zeitpunkt der Kontrolle erwiesenermaßen nicht frei von Lagerungen gewesen; es sei die im Spruchpunkt 5) genannten Gegenstände vorgefunden worden. Entgegen dem Berufungsvorbringen, der Beschwerdeführer habe die Lagerung der vorgefundenen Gegenstände nicht zu verantworten, der Gaszählerraum stehe nicht in der Verfügungsgewalt der Ges.m.b.H. bzw. des Beschwerdeführers, zumal letzterer nicht einmal einen Schlüssel für diesen Raum besitze, wäre es dem Beschwerdeführer bzw. den Mitarbeitern der Ges.m.b.H. möglich gewesen, den Gaszählerraum zu betreten, weil zumindest die Möglichkeit bestanden hätte, im Wege der Hausverwaltung einen Schlüssel zu besorgen. Indem die Ges.m.b.H. daher nicht für die Einhaltung der vorgeschriebenen Auflage gesorgt habe, sei der Tatbestand der vorgeworfenen Übertretung erfüllt; wem die vorgefundenen Gegenstände gehörten, sei nicht erheblich. Der Beschwerdeführer habe bei seiner Einvernahme angegeben, ein näher bezeichneter Mitarbeiter sei aufgrund der notwendigen betriebsinternen arbeitsteiligen Organisation für das verfahrensgegenständliche Restaurant verantwortlich. Eine Bestellung dieses Mitarbeiters im Sinne des § 23 ArbIG sei nicht erfolgt. Dieser Mitarbeiter habe - als Zeuge vernommen - bestätigt, daß er seiner Ansicht nach für die verfahrensgegenständlichen Übertretungen verantwortlich sei, weil eine innerbetriebliche Aufteilung der Verantwortlichkeit bestehe. Es sei daher davon auszugehen, daß dieser Mitarbeiter zwar nicht als verantwortlicher Beauftragter im Sinne des § 9 Abs. 2 und 4 VStG, wohl aber als Bevollmächtigter im Sinne des § 31 Abs. 2 und 5 ANSchG anzusehen sei. Eine Strafbarkeit des Beschwerdeführers sei daher dann gegeben, wenn die Übertretung mit seinem Wissen begangen worden sei oder wenn er es bei der nach den Verhältnissen möglichen eigenen Beaufsichtigung des Betriebes oder bei der Auswahl oder der Beaufsichtigung des Bevollmächtigten an der erforderlichen Sorgfalt habe fehlen lassen. Der Beschwerdeführer habe in der öffentlichen mündlichen Verhandlung angegeben, sich niemals persönlich davon überzeugt zu haben, ob die Bescheidauflagen eingehalten worden seien. Dies sei Aufgabe des erwähnten Mitarbeiters gewesen. Der Beschwerdeführer habe auch nicht angeben können, wann der Mitarbeiter die Einhaltung der Bescheidauflagen überprüft habe. Der Mitarbeiter habe hiezu als Zeuge ausgesagt, daß sich der Beschwerdeführer um diese Angelegenheiten nicht gekümmert habe, weil es sich dabei um Aufgaben des Mitarbeiters gehandelt habe. Er sei dafür verantwortlich gewesen und der Beschwerdeführer habe sich darauf verlassen. Der Beschwerdeführer habe sich also weder persönlich um die Einhaltung der in Rede stehenden Bestimmungen gekümmert, noch in irgendeiner Weise kontrolliert, ob die von ihm damit betraute Person geeignete Maßnahmen zur Einhaltung der Bescheidauflagen sowie zur Verhinderung der in Rede stehenden Verwaltungsübertretungen gesetzt habe. Der Hinweis des Beschwerdeführers, die Unternehmensgruppe würde zahlreiche Firmen umfassen, vermöge ihn nicht zu entschuldigen, weil sich der Beschwerdeführer in keiner Weise in eigener Person davon überzeugt habe, daß der nach der internen Geschäftsverteilung Verantwortliche seine Verantwortung mit der notwendigen Sorgfalt wahrgenommen habe. Vielmehr wäre es bei einem derart großen Unternehmen die Pflicht des Unternehmers gewesen, durch ein ausreichend dichtes und zugänglich organisiertes Netz von ihrerseits wieder überwachten Aufsichtsorganen dafür zu sorgen, daß die im Unternehmen zu beachtenden Vorschriften den Betroffenen nicht nur bekannt seien, sondern auch tatsächlich im Einzelfall eingehalten würden. Ein derartiges Kontrollsystem habe jedoch nicht einmal im Ansatz bestanden. Der Beschwerdeführer habe es daher bei der nach den Verhältnissen möglichen Beaufsichtigung des Betriebes und des Bevollmächtigten an der erforderlichen Sorgfalt fehlen lassen. Der objektive Unrechtsgehalt der verfahrensgegenständlichen Übertretungen könne nicht als gering erachtet werden, zumal das zugrundeliegende Verhalten geeignet sei, bei Brand- und sonstigen Unglücksfällen erhebliche und vermeidbare Gefährdungen des Lebens und die Gesundheit von Arbeitnehmern zu bewirken. Auch könne das Verschulden nicht als gering angesehen werden, weil weder hervorgekommen, noch aufgrund der Tatumstände anzunehmen sei, daß die Einhaltung der Vorschriften besondere Aufmerksamkeit erfordert oder die Verwirklichung des Tatbestandes aus besonderen Gründen nur schwer hätte vermieden werden können.

Die gegen diesen Bescheid an den Verfassungsgerichtshof erhobene Beschwerde wurde, nachdem dieser deren Behandlung mit Beschluß vom 10. Juni 1996, B 1631/96, abgelehnt hatte, gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof abgetreten.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor, sah im übrigen aber von der Erstattung einer Gegenschrift ab.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer erachtet sich durch den angefochtenen

Bescheid

"a) in dem ihm gemäß § 9 Abs. (1) ArbIG (1993) gewährleisteten Recht, im Falle der Übertretung einer Arbeitnehmerschutzvorschrift prinzipiell nicht bestraft, sondern statt dessen aufgefordert zu werden, unverzüglich den den Rechtsvorschriften und behördlichen Verfügungen entsprechenden Zustand herzustellen;

b) in dem ihm gemäß § 5 VStG gewährleisteten Recht, wegen einer Verwaltungsübertretung stets nur dann bestraft zu werden, wenn ihm ein persönliches Verschulden vorzuwerfen ist,

c) in dem ihm gemäß § 19 Abs. (2) und § 21 VStG gewährleisteten Recht, wonach bei Bemessung der Strafe insbesondere auf das Ausmaß des Verschuldens Bedacht zu nehmen und bei Geringfügigkeit des Verschuldens und unbedeutenden Folgen der Tat von der Verhängung einer Strafe abzusehen ist,"

verletzt. Er bringt hiezu im wesentlichen vor, nach dem Sinn des § 9 Abs. 1 ArbIG solle ein Arbeitgeber im Falle der Übertretung einer Arbeitnehmerschutzvorschrift prinzipiell nicht bestraft, sondern aufgefordert werden, unverzüglich den den Rechtsvorschriften und behördlichen Verfügungen entsprechenden Zustand herzustellen. Nur dann, wenn das Verschulden nicht geringfügig oder die Folgen der Übertretung nicht unbedeutend seien, solle das Arbeitsinspektorat Anzeige erstatten. Im vorliegenden Fall treffe den Beschwerdeführer überhaupt kein Verschulden, die ihm zur Last gelegten Übertretungen hätten keine nachteiligen Folgen nach sich gezogen und auch keine Gefährdung gesetzlich geschützter Interessen bewirkt. Das Arbeitsinspektorat hätte daher mangels vorausgehender schriftlicher Aufforderung des Beschwerdeführers keine Strafanzeige erstatten dürfen; die belangte Behörde wäre verpflichtet gewesen, das entgegen den Bestimmungen des § 9 Abs. 1 ArbIG eingeleitete Strafverfahren einzustellen. Der Beschwerdeführer sei - entgegen der Auffassung der belangten Behörde - auch nicht verpflichtet gewesen, sich in eigener Person von der Einhaltung sämtlicher Vorschriften durch den erwähnten Mitarbeiter zu überzeugen. Die dem Beschwerdeführer obliegende Kontrollpflicht verhalte ihn lediglich dazu, sich in angemessener Art und Weise davon zu überzeugen, daß der Bevollmächtigte die ihm übertragenen Aufgaben auch ordnungsgemäß erfülle. Daß der Beschwerdeführer sich nicht persönlich davon überzeugt habe, ob der erwähnte Mitarbeiter, der im übrigen überaus verläßlich sei, einen kleinen Teilbereich der ihm übertragenen Aufgaben einhalte bzw. deren Einhaltung überwache, besage daher nicht, daß der Beschwerdeführer seinen Kontrollpflichten nicht nachgekommen sei. Der Beschwerdeführer habe, weil der Mitarbeiter die ihm übertragenen Aufgaben zur vollsten Zufriedenheit des Beschwerdeführers erledigt habe und die vom Beschwerdeführer in regelmäßigen Zeitabständen durchgeführten Überprüfungen keinerlei Anlaß zu Beanstandungen gegeben hätten, mit Fug und Recht davon ausgehen können, daß der Mitarbeiter sämtliche der ihm übertragenen Aufgaben ordnungsgemäß erledige. Dazu komme, daß das Arbeitsinspektorat lediglich drei Verstöße gegen 49 Punkte des Betriebsanlagengenehmigungsbescheides festgestellt habe. Seien aber die restlichen 46 Punkte erfüllt worden, so läge eine "zu vernachlässigende Zahl von Übertretungen" vor, die die Verläßlichkeit des Mitarbeiters nicht in Frage stellen könnten. Der Beschwerdeführer habe somit die ihm obliegenden Kontrollpflichten nicht vernachlässigt. Schließlich habe der Beschwerdeführer - unwiderlegt - angegeben, daß sich der Gaszählerraum nicht in der Verfügungsgewalt der Ges.m.b.H. befinde. Daran vermöge auch die Vorschreibung im Betriebsanlagengenehmigungsbescheid, den Gaszählerraum von jeglicher Lagerung freizuhalten, nichts zu ändern. Da zu diesem Raum offensichtlich betriebsfremde Personen Zutritt gehabt, der Beschwerdeführer bzw. die Ges.m.b.H. hingegen keine Verfügungsgewalt über diesen Raum besessen hätten und demnach dritte Personen auch weder am Betreten dieses Raumes noch am Ablagern von Gegenständen hätten hindern können, treffe den Beschwerdeführer keinerlei Verschulden daran, daß in diesem Raum die genannten Gegenstände vorgefunden worden seien. Richtig sei zwar, daß dem Arbeitsinspektor am 3. Mai 1993 keine Arbeitnehmer genannt hätten werden können, die für die Erste-Hilfe-Leistung ausgebildet seien und daß auch keine Namen ausgebildeter Personen in, an oder neben den Erste-Hilfe-Behältern angebracht gewesen seien. Das bedeute aber nicht, daß nicht mindestens 10 Prozent der Arbeitnehmer der Ges.m.b.H. für die Erste-Hilfe-Leistung ausgebildet gewesen sei. Die Mehrzahl der Arbeitnehmer verfüge nämlich über eine Lenkerberechtigung, für deren Erlangung eine Ausbildung in Erster-Hilfe-Leistung zwingend vorgeschrieben sei. Die belangte Behörde habe ein entsprechendes Ermittlungsverfahren aber nicht durchgeführt, sondern sich mit der Feststellung begnügt, daß entsprechend ausgebildete Personen dem Arbeitsinspektor nicht hätten genannt werden können. Schließlich habe die belangte Behörde von der Bestimmung des § 21 Abs. 1 VStG keinen Gebrauch gemacht, obwohl das Verschulden des Beschwerdeführers - wenn ihm ein solcher überhaupt zur Last zu legen wäre - geringfügig und die Folgen der Übertretungen unbedeutend seien.

Gemäß § 9 Abs. 1 Arbeitsinspektionsgesetz (in der im Beschwerdefall anzuwenden Fassung BGBl. Nr. 27/1993 - ArbIG) ist, wenn die Arbeitsinspektion die Übertretung einer Arbeitnehmerschutzvorschrift feststellt, der Arbeitgeber schriftlich aufzufordern, unverzüglich den den Rechtsvorschriften und behördlichen Verfügungen entsprechenden Zustand herzustellen. Wird der Aufforderung nach Abs. 1 nicht entsprochen, so hat das Arbeitsinspektorat gemäß § 9 Abs. 2 leg. cit. Anzeige an die zuständige Verwaltungsstrafbehörde zu erstatten. Gemäß § 9 Abs. 3 leg. cit. ist das Arbeitsinspektorat berechtigt, auch ohne vorausgehende Aufforderung nach Abs. 1 Strafanzeige wegen Übertretung einer Arbeitnehmerschutzvorschrift zu erstatten. Wenn das Verschulden der verwaltungsstrafrechtlich Verantwortlichen nicht geringfügig ist oder die Folgen der Übertretung nicht unbedeutend sind, hat das Arbeitsinspektorat ohne vorausgegangene Aufforderung gemäß Abs. 1 Strafanzeige zu erstatten.

Diese Bestimmungen normieren die Verpflichtung des Arbeitsinspektorates, bei Wahrnehmung einer Übertretung von Arbeitnehmerschutzvorschriften wie dargelegt vorzugehen. Ein Rechtsanspruch des einer solchen Übertretung Beschuldigten auf Unterbleiben einer Anzeige an die Strafbehörde bzw. auf Nichtbestrafung, wenn das Arbeitsinspektorat eine Aufforderung im Sinne des § 9 Abs. 1 leg. cit. unterlassen hat, ist diesen Bestimmungen jedoch nicht zu entnehmen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 5. September 1997, Zl. 97/02/0235). Durch den angefochtenen Bescheid konnte der Beschwerdeführer daher im diesbezüglich geltend gemachten Recht nicht verletzt werden.

Gemäß § 31 Abs. 5 Arbeitnehmerschutzgesetz (ASchG) sind Arbeitgeber neben ihren Bevollmächtigten strafbar, wenn die Übertretung mit ihrem Wissen begangen wurde oder wenn sie bei der nach den Verhältnissen möglichen eigenen Beaufsichtigung des Betriebes oder bei der Auswahl oder der Beaufsichtigung der Bevollmächtigten es an der erforderlichen Sorgfalt haben fehlen lassen.

Nach der ständigen hg. Judikatur (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 24. Februar 1995, Zlen. 94/02/0440, 0441) ist von der Behörde von Amts wegen zu ermitteln, ob der Arbeitgeber etwa bei der Beaufsichtigung des Bevollmächtigten es an der erforderlichen Sorgfalt habe fehlen lassen, wobei es dem Arbeitgeber obliegt, zur Ermittlung des Sachverhaltes beizutragen. Ob der Arbeitgeber dann persönlich von der verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortung befreit ist, hängt im Einzelfall davon ab, ob er sich (entsprechend seiner Mitwirkungspflicht) darauf zu berufen vermag, daß er Maßnahmen getroffen hat, die unter den vorhersehbaren Verhältnissen die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften mit gutem Grund erwarten lassen; die bloße Erteilung von Weisungen reicht nicht aus, entscheidend ist vielmehr deren wirksame Kontrolle, wobei vom Arbeitgeber das bezügliche Kontrollsystem darzulegen ist.

Daß ein diesen Anforderungen entsprechendes Kontrollsystem eingerichtet gewesen sei, hat der Beschwerdeführer weder im Verwaltungsverfahren, noch selbst in der vorliegenden Beschwerde dargetan. Die belangte Behörde ist daher zu Recht zur Auffassung gelangt, daß die Bestellung des erwähnten Mitarbeiters zum Bevollmächtigten im Sinne des § 31 Abs. 2 ASchG den Beschwerdeführer mangels einer wirksamen Kontrolle nicht von seiner grundsätzlichen Verantwortung befreite.

Soweit der Beschwerdeführer vorbringt, ihn treffe an der Nichteinhaltung der Auflage des Betriebsanlagengenehmigungsbescheides, den Gaszählerraum von jeglicher Lagerung freizuhalten, kein Verschulden, weil er über diesen Raum nicht verfügungsberechtigt sei, ist ihm entgegenzuhalten, daß damit nicht dargelegt wird, daß es dem Beschwerdeführer ohne sein Verschulden unmöglich gewesen sei, die vorgeschriebene Auflage einzuhalten. Der Beschwerdeführer hat nämlich nicht einmal ansatzweise aufgezeigt, daß und welche Schritte er unternommen habe, um der Auflage zu entsprechen.

Auch die Rüge, die belangte Behörde habe es zu ermitteln unterlassen, ob die erforderliche Anzahl von Arbeitnehmern der Ges.m.b.H. für die Erste-Hilfe-Leistung ausgebildet gewesen sei, vermag der Beschwerde nicht zum Erfolg zu verhelfen. Denn weder im erstbehördlichen, noch im Verfahren vor der belangten Behörde hat der Beschwerdeführer den diesbezüglich erhobenen Vorwurf in Abrede gestellt. Vielmehr hat er zugestanden, daß nicht mindestens 10 Prozent der Arbeitnehmer für eine Erste-Hilfe-Leistung ausgebildet gewesen seien. Da die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde, von Amts wegen vorzugehen, die Partei nicht von der Verpflichtung befreit, zur Ermittlung des maßgebenden Sachverhaltes beizutragen und Verfahrensverzögerungen hintanzuhalten, ist die Verfahrensrüge einer Partei abzulehnen, die - wie der Beschwerdeführer - im Verwaltungsverfahren untätig geblieben ist, um erst im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof ihre Zurückhaltung abzulegen und das Verfahren als mangelhaft zu bekämpfen, an dem sie trotz gebotener Gelegenheit nicht genügend mitgewirkt hat (vgl. die bei Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit3 (1987), 555 ff, referierte hg. Judikatur).

Schließlich ist auch der Vorwurf, die belangte Behörde habe zu Unrecht von der Bestimmung des § 21 Abs. 1 VStG keinen Gebraucht gemacht, unberechtigt, fehlt doch jeder Anhaltspunkt für die Annahme, das den Beschwerdeführer treffende Verschulden sei nur geringfügig.

Die sich somit als unbegründet erweisende Beschwerde war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Schlagworte

Individuelle Normen und Parteienrechte Rechtsanspruch Antragsrecht Anfechtungsrecht VwRallg9/2

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1997:1997020467.X00

Im RIS seit

11.07.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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