TE Bvwg Erkenntnis 2020/4/2 W221 2150096-1

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Veröffentlicht am 02.04.2020
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Entscheidungsdatum

02.04.2020

Norm

B-VG Art133 Abs4
GehG §113 Abs5
GehG §12
GehG §169f
GehG §169g
GehG §175 Abs79 Z3
GehG §175 Abs79a
GehG §175 Abs79b

Spruch

W221 2150096-1/14E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. Daniela URBAN, LL.M. als Einzelrichterin über die Beschwerde des XXXX gegen den Bescheid des Landespolizeidirektors für Niederösterreich vom 12.01.2017, Zl. P6/3080/2017-PA, zu Recht erkannt:

A)

I.) Der Beschwerde wird stattgegeben und gemäß § 169f Abs. 4 GehG 1956 festgestellt, dass sich das Besoldungsdienstalter des Beschwerdeführers zum Ablauf des 28.02.2015 um 912 Tage verbessert.

II.) Dem Beschwerdeführer gebührt eine Nachzahlung der sich aus der Verbesserung seiner besoldungsrechtlichen Stellung ergebenden Bezüge rückwirkend ab 01.12.2011.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer beantragte am 04.02.2015 die Neufestsetzung seines Vorrückungsstichtages.

Mit im Spruch genannten Bescheid vom 12.01.2017 wurde dieser Antrag abgewiesen.

Die Beschwerde und die bezughabenden Verwaltungsakten wurden dem Bundesverwaltungsgericht am 10.03.2017 vorgelegt.

Das Bundesverwaltungsgericht setzte das Verfahren mit Beschluss vom 11.07.2017 gemäß § 17 VwGVG iVm § 38 AVG bis zur Entscheidung des Gerichtshofes der Europäischen Union (EuGH) über das ihm mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 30.06.2017, W128 2148285-1/2Z, vorgelegte Vorabentscheidungsersuchen aus.

Mit Urteil vom 08.05.2019, C-396/17, entschied der EuGH über das Vorabentscheidungsersuchen.

In weiterer Folge wurden neue gesetzliche Bestimmungen (§ 169f ff. GehG 1956) am 08.07.2019 im Bundesgesetzblatt kundgemacht und sind rückwirkend in Kraft getreten.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat über die zulässige Beschwerde erwogen:

1. Feststellungen:

Der Beschwerdeführer ist am XXXX geboren und am 01.05.1985 in den Bundesdienst eingetreten. Dabei wurde er in die Verwendungsgruppe W3 eingereiht.

Der Beschwerdeführer hat am XXXX das 14. Lebensjahr vollendet.

Der Beschwerdeführer war von 01.09.1982 bis 30.04.1985 Polizeipraktikant.

Mit Bescheid vom 23.10.1985 wurde mit Wirksamkeit vom 01.05.1985 der 01.03.1985 als Vorrückungsstichtag des Beschwerdeführers festgesetzt. Dabei wurden Zeiten vor der Vollendung des 18. Lebensjahres nicht berücksichtigt.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen ergeben sich aus dem Akt in Verbindung mit dem Vorbringen des Beschwerdeführers und sind unstrittig.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Mangels entsprechender gesetzlicher Bestimmungen im GehG liegt gegenständlich Einzelrichterzuständigkeit vor.

Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG kann das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrages von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 EMRK noch Art. 47 GRC entgegenstehen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits wiederholt ausgesprochen, dass dienstrechtliche Streitigkeiten öffentlich Bediensteter unter den Begriff der "civil rights" im Verständnis des Art. 6 Abs. 1 MRK fallen, insoweit derartige Streitigkeiten durch die innerstaatliche Rechtsordnung geregelte, subjektive Rechte oder Pflichten des jeweils betroffenen Bediensteten zum Gegenstand haben (vgl. VwGH 13.09.2017, Ro 2016/12/0024 mwN).

Demnach kann eine Verhandlungspflicht gemäß Art. 6 Abs. 1 EMRK nur dann entfallen, wenn die Ausnahmen für nicht übermäßig komplexe Rechtsfragen oder hochtechnische Fragen Platz greifen (vgl. VwGH 21.12.2016, Ra 2016/12/0067).

Da sich im vorliegenden Fall der Sachverhalt aus den Akten ergibt und es sich auch um keine übermäßig komplexe Rechtsfrage handelt, kann von einer mündlichen Verhandlung abgesehen werden.

Zu A)

Zu Spruchpunkt I.)

Die im vorliegenden Fall maßgeblichen Bestimmungen des Gehaltsgesetzes lauten:

"Umsetzung der Richtlinie 2000/78

§ 169f (1) Bei Beamtinnen und Beamten,

1. die sich am Tag der Kundmachung der 2. Dienstrechts-Novelle2019, BGBI. I Nr. 58/2019, im Dienststand befinden und

2. die nach § 169c Abs. 1 (allenfalls in Verbindung mit § 169d Abs. 3, 4 oder 6) übergeleitet wurden und

3. deren erstmalige Festsetzung des Vorrückungsstichtags für das laufende Dienstverhältnis unter Ausschluss der vor Vollendung des 18. Lebensjahres zurückgelegten Zeiten erfolgt ist und

4. bei denen nach der erstmaligen Festsetzung nach Z 3 nicht die vor Vollendung des 18.Lebensjahres zurückgelegten Zeiten nach den Bestimmungen des Bundesgesetzes BGBI. l Nr. 82/2010 vorangestellt und durch Außerachtlassung der mit diesem Bundesgesetz bewirkten Verlängerung des für die erste Vorrückung erforderlichen Zeitraums zur Gänze für die Einstufung wirksam geworden sind, ist die besoldungsrechtliche Stellung von Amts wegen bescheidmäßig neu festzusetzen.

(2) Bei Beamtinnen und Beamten nach Abs. 1 Z 2 bis 4, auf welche nur Abs. 1 Z 1 nicht zutrifft, erfolgt eine Neufestsetzung auf Antrag. Zuständig ist jene Dienstbehörde, die im Zeitpunkt des Ausscheidens aus dem Dienststand oder aus dem Dienstverhältnis zuständig war. Wurde die Dienstbehörde nach dem Ausscheiden aufgelassen, so ist jene Dienstbehörde zuständig, auf welche die Zuständigkeit für die Beamtin oder den Beamten bei Verbleib im Dienststand übergegangen wäre. Antragsberechtigt sind auch Empfängerinnen und Empfänger von wiederkehrenden Leistungen nach dem Pensionsgesetz 1965, wenn allfällige Ansprüche auf Bezüge für Zeiten des Dienststands noch nicht verjährt sind. Für die Dauer des Verfahrens ist die Verjährungsfrist nach § 40 Abs. 1 Pensionsgesetz 1965 gehemmt.

(3) Bei den am Tag der Kundmachung der 2.DJenstrechts-Novelle 2019, BGBI. I Nr.58/2019, anhängigen Verfahren, welche die Frage der Anrechnung zusätzlicher Vordienstzeiten, der Neufestsetzung des Vorrückungsstichtags, insbesondere nach § 113 Abs. 10 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBI. l Nr. 82/2010, der Neufestsetzung des Besoldungsdienstalters oder der Festsetzung der besoldungsrechtlichen Stellung für eine Beamtin oder einen Beamten nach Abs. 1 Z 3 als Hauptfrage zum Gegenstand haben, erfolgt eine Neufestsetzung im Rahmen dieser Verfahren. Bei den am Tag der Kundmachung der 2. Dienstrechts-Novelle2019, BGBI. I Nr. 58/2019, anhängigen Verfahren, in denen eine solche Frage als Vorfrage zu beurteilen ist, erfolgt die Beurteilung unbeschadet des § 38 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 -AVG, BGB1. Nr. 51/1991, nach Maßgabe des Abs. 6.

(4) Die Neufestsetzung nach den Abs. 1 bis 3 erfolgt nach Ermittlung des Vergleichsstichtags (§ 169g) durch Feststellung des Besoldungsdienstalters zum Ablauf des 28. Februar 2015. Das Besoldungsdienstalter nach § 169c erhöht sich um den zwischen dem Vergleichsstichtag und dem Vorrückungsstichtag liegenden Zeitraum, wenn der Vergleichsstichtag vor dem Vorrückungsstichtag liegt, andernfalls vermindert es sich um diesen Zeitraum. Für den Vergleich ist der letzte Vorrückungsstichtag maßgebend, der unter Ausschluss der vor Vollendung des 18. Lebensjahres zurückgelegten Zeiten festgesetzt wurde.

Vergleichsstichtag

§ 169g (1) Der Vergleichsstichtag wird dadurch ermittelt, dass die nach Erreichen des Mindestalters für eine Beschäftigung im Rahmen eines Systems der dualen Ausbildung nach Art. 4 Abs. 2 lit. b der Richtlinie 94/33/EG des Rates vom 22, Juni 1994 über den Jugendarbeitsschutz, in der Fassung ABI. Nr. L 216 vom 20.08.1994 S. 12, zurückgelegten Zeiten, die bei der Ermittlung des Vorrückungsstichtags voranzustellen waren oder bei Außerachtlassung der Altersgrenze von 18 Jahren voranzustellen gewesen wären, nach Maßgabe der Abs. 2 bis 6 dem Tag der Anstellung vorangestellt werden.

(2) Für die Ermittlung des Vergleichsstichtags sind folgende Bestimmungen über den Vorrückungsstichtag nach Maßgabe der Abs. 3 bis 6 anzuwenden:

1. § 12 in der Fassung der 2. Dienstrechts-Novelle 2007, BGBI. i Nr. 96/2007,

2. § 12a in der Fassung der Dienstrechts-Novelle 2011, BGBI. l Nr. 140/2011,

3. § 113 in der Fassung der Dienstrechts-Novelle 2004, BGBI. l Nr. 176/2004,

4. § 113a in der Fassung der Dienstrechts-Novelle 2007, BGBI. l Nr. 53/2007 und

5. die Anlage 1 in der Fassung der Dienstrechts-Novelle 2004, BGBI. l Nr. 176/2004.

Maßgebend sind die Bestimmungen für jene Verwendungsgruppe, welcher die Beamtin oder der Beamte im Zeitpunkt der Festsetzung des Vorrückungsstichtags nach § 169f Abs. 4 letzter Satz angehört hat.

(3) Abweichend von den Bestimmungen nach Abs. 2 Z 1 bis 5

1. treten an Stelle der vor Vollendung des 18. Lebensjahres liegenden Zeiten die vor Erreichen des Mindestalters für eine Beschäftigung im Rahmen eines Systems der dualen Ausbildung nach Art. 4 Abs. 2 lit. b der Richtlinie 94/33/EG des Rates vom 22. Juni 1994 über den Jugendarbeitsschutz, in der Fassung ABI. Nr. L 216 vom 20.08.1994 S. 12, liegenden Zeiten;

2. sind bei Beamtinnen und Beamten, für deren Verwendungsgruppen die Bestimmungen über den Vorrückungsstichtag eine Voranstellung von Zeiten des erfolgreichen Studiums an einer höheren Schule vorsehen, ausschließlich jene Zeiten als Zeiten des erfolgreichen Studiums an einer höheren Schule voranzustellen, die

a) zwischen dem Ablauf des 31. August jenes Kalenderjahres, in dem die Beamtin oder der Beamte die Aufnahme in die zwölfte Schulstufe erreicht hat, und

b) dem Ablauf des 30. Juni des nachfolgenden Kalenderjahres zurückgelegt wurden. Wenn die für die Beamtin oder den Beamten geltenden schulrechtlichen Vorschriften eine Regelstudiendauer von mehr als zwölf Schulstufen vorsehen, so verlängert sich der voranzustellende Zeitraum für jede weitere Schulstufe um ein Jahr;

3. können sonstige Zeiten einer Tätigkeit oder eines Studiums, die nur deshalb nicht im öffentlichen Interesse vorangestellt wurden, weil sie

a) das für die Verwendungsgruppe, welcher die Beamtin oder der Beamte angehört, zuvor gesetzlich vorgesehene Höchstausmaß übersteigen, oder

b) vor Vollendung des 18. Lebensjahreszurückgelegt wurden,

nach Maßgabe des §169h Abs. 2 im öffentlichen Interesse mit Zustimmung der Bundesministerin oder des Bundesministers für öffentlichen Dienst und Sport vorangestellt werden;

4. sind sonstige Zeiten, die bis zum Höchstausmaß von drei Jahren zur Hälfte zu berücksichtigen sind, bis zum Höchstausmaß von sieben Jahren zur Hälfte zu berücksichtigen;

5.und 6.[...]

(4) Die zur Hälfte zu berücksichtigenden sonstigen Zeiten sind bei der Ermittlung des Vergleichsstichtags nur insoweit voranzustellen, als sie das Ausmaß von vier zur Hälfte zu berücksichtigenden Jahren übersteigen.

(5) Wenn für die Voranstellung von Zeiten nach Vollendung des 18. Lebensjahres ein Höchstausmaß oder ein Verlust wie im Fall einer Überstellung gesetzlich vorgesehen war, sind diese Bestimmungen gleichermaßen auf alle zu berücksichtigenden Zeiten anzuwenden.

(6) Soweit die Abs. 3 bis 5 keine abweichenden Regelungen vorsehen, ist bei der Voranstellung von Zeiten von entschiedener Sache hinsichtlich der nach Vollendung des 18. Lebensjahres zurückgelegten Zeiten auszugehen, wenn diese bereits bei der Festsetzung des Vorrückungsstichtags (§ 169f Abs. 4 letzter Satz) nach den Bestimmungen gemäß Abs. 2 Z 1 bis 5 oder nach früher geltenden Fassungen dieser Bestimmungen zur Ganze vorangestellt oder nicht vorangestellt wurden."

§ 12 Abs. 1 Gehaltsgesetz 1956, idF BGBI. l Nr. 96/2007, normierte auszugsweise:

"Vorrückungsstichtag

§ 12. (1) Der Vorrückungsstichtag ist dadurch zu ermitteln, dass - unter Ausschluss der vor der Vollendung des 18. Lebensjahres liegenden Zeiten und unter Beachtung der einschränkenden Bestimmungen der Abs. 4 bis 8 - dem Tag der Anstellung vorangesetzt werden:

1. die im Abs. 2 angeführten Zeiten zur Gänze,

2. sonstige Zeiten,

a) die die Erfordernisse der Abs. 3 oder 3a erfüllen, zur Gänze,

b) die die Erfordernisse der Abs. 3 oder 3a nicht erfüllen, soweit sie insgesamt drei Jahre nicht übersteigen, zur Hälfte.

(2) Gemäß Abs. 1 Z 1 sind voranzusetzen:

1. die Zeit, die

a) in einem Dienstverhältnis zu einer inländischen Gebietskörperschaft oder zu einem inländischen Gemeindeverband zurückgelegt worden ist oder

b) [...]

2. die Zeit der Leistung des Präsenz- oder Ausbildungsdienstes nach dem Wehrgesetz 2001 (WG 2001), BGBI. l Nr. 146, [...];

3. bis 5.[...]

6. bei Beamten, die in die Verwendungsgruppen A 1, A2, B, L 2b, M BO 1, M ZO 1, M BO 2, M ZO 2, H 2, PT 1 bis PT 4, K 1 oder K 2 oder in eine der im § 12a Abs. 2 Z 2 und 3 angeführten Besoldungs- oder Verwendungsgruppen aufgenommen werden, die Zeit des erfolgreichen Studiums

a) an einer höheren Schule oder

b) [...]

bis zu dem Zeitpunkt, an dem der Beamte den Abschluß dieser Ausbildung auf Grund der schulrechtlichen Vorschriften frühestens hätte erreichen können; mögliche schulrechtliche Ausnahmegenehmigungen sind nicht zu berücksichtigen. Als Zeitpunkt des möglichen Schulabschlusses ist bei Studien, die mit dem Schuljahr enden, der 30. Juni und bei Studien, die mit dem Kalenderjahr enden, der 31. Dezember anzunehmen;

7. bis 9. [...]

(2a) bis (2f) [...]

(3) Zeiten gemäß Abs. 1 Z 2, in denen der Beamte eine Tätigkeit ausgeübt oder ein Studium betrieben hat, können im öffentlichen Interesse insoweit zur Ganze berücksichtigt werden, als die Tätigkeit oder das Studium für die erfolgreiche Verwendung des Beamten von besonderer Bedeutung ist. Solche Zeiten können jedoch höchstens in folgendem Ausmaß zur Gänze berücksichtigt werden:

1. in den Verwendungsgruppen A 1, A 2 -oder in gleichwertigen Verwendungsgruppen fünf Jahre,

2. in den Verwendungsgruppen A 3 oder in gleichwertigen Verwendungsgruppen drei Jahre und

3. in den Verwendungsgruppen A 4, A 5 oder in gleichwertigen Verwendungsgruppen zwei Jahre.

(3a) Zeiten gemäß Abs. 3 sind jedenfalls zur Gänze zu berücksichtigen,

1. soweit sie bereits im unmittelbar vorangegangenen Bundesdienstverhältnis nach Abs. 3, nach § 26 Abs. 3 oder 3a VBG oder nach einer gleichartigen Bestimmung einer anderen Rechtsvorschrift zur Ganze berücksichtigt worden sind und

2. der Beamte bei Beginn des öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnisses nach wie vor die hiefür maßgebende Verwendung ausübt.

(4) bis (11) [...].

113 Abs. 5 Gehaltsgesetz 1956, idF BGBI. I Nr. 176/2004, normierte auszugsweise:

"Auf Beamte, die

1. vor dem 1. Mai 1995 in ein Dienstverhältnis zu einer inländischen Gebietskörperschaft eingetreten sind und

2. seither ohne Unterbrechung in einem Dienstverhältnis oder in mehreren Dienstverhältnissen zu einer inländischen Gebietskörperschaft oder zu einer ausgegliederten Einrichtung des Bundes gestanden sind sind die Regelungen des § 12 über die Berücksichtigung sonstiger Zeiten in der bis zum Ablauf des 30. April 1995 geltenden Fassung weiterhin anzuwenden. Ausschließlich durch arbeitsfreie Tage bewirkte Unterbrechungen gelten nicht als Unterbrechung im Sinne der Z 2."

Für die Berechnung des Vergleichsstichtages des Beschwerdeführers ergibt sich daraus Folgendes:

Der letzte Vorrückungsstichtag, der unter Ausschluss der vor Vollendung des 18. Lebensjahres zurückgelegten Zeiten festgesetzt wurde, ist nach dem Bescheid vom 23.10.1985 der 01.03.1985. Gemäß § 169f Abs. 4 GehG 1956 ist dieser Vorrückungsstichtag für einen Vergleich mit dem zu ermittelnden Vergleichsstichtag heranzuziehen.

In die Berechnung des Vergleichsstichtages fließt zur Gänze gemäß § 12 Abs. 2 Z 1 lit. a GehG 1956 der Zeitraum von 01.09.1982 bis 30.04.1985 (2 Jahre, 8 Monate) als Polizeipraktikant ein.

Die Summe der im Rahmen der Berechnung des Vergleichsstichtages anzurechnenden sonstigen Zeiten beträgt 1 Jahre, 6 Monate und 0 Tage und ist gemäß § 169g Abs. 2 Z 3 GehG 1956 iVm § 113 Abs. 5 GehG 1956 zur Hälfte zu berücksichtigen.

Gemäß § 169g Abs. 4 GehG 1956 sind die zur Hälfte zu berücksichtigenden sonstigen Zeiten bei der Ermittlung des Vergleichsstichtages jedoch nur insoweit voranzustellen, als sie das Ausmaß von vier zur Hälfte zu berücksichtigenden Jahren übersteigen, was in der vorliegenden Angelegenheit nicht der Fall ist.

Ausgehend von damit zur Gänze zu berücksichtigender Zeiten im Ausmaß von 2 Jahren und 8 Monaten, die dem Tag der Anstellung des Beschwerdeführers (01.05.1985) voranzustellen sind, fällt der ermittelte Vergleichsstichtag auf den 01.09.1982.

Da zwischen dem Vergleichsstichtag (01.09.1982) und dem letzten maßgebenden Vorrückungsstichtag (01.03.1985), der unter Ausschluss der vor Vollendung des 18. Lebensjahres zurückgelegten Zeiten festgesetzt wurde, ein Zeitraum von 912 Tagen liegt, erhöht sich das Besoldungsdienstalter des Beschwerdeführers zum Ablauf des 28.02.2015 in diesem Ausmaß.

Der Beschwerdeführer vermeint nun in seinen Stellungnahmen vom 10.02.2020 und 22.02.2020, dass durch die neue Rechtslage die Diskriminierung weiter perpetuiert wird. Diesem Argument kann im vorliegenden Fall nicht beigetreten werden: Der Beschwerdeführer beantragte am 04.02.2015 die Neufestsetzung seines Vorrückungsstichtages unter Anrechnung seiner Zeiten vor dem 18. Geburtstag. Die vor seinem 18. Geburtstag liegenden Zeiten als Polizeipraktikant werden ihm nun zur Gänze angerechnet.

Zu Spruchpunkt II.)

§ 169f Abs. 6 und 6a Gehaltsgesetz 1956 lautet:

"(6) Die Bemessung der Bezüge erfolgt rückwirkend unter Berücksichtigung der für die Vorrückung wirksamen Dienstzeit

1.im Fall des Abs. 4 (für Zeiten vor dem 1. März 2015 unter Anwendung von § 169c Abs. 6b in der geltenden Fassung und § 8 in der Fassung der Dienstrechts-Novelle 2015, BGBI. l Nr. 65/2015) nach Maßgabe des neu festgesetzten Besoldungsdienstalters und

2. im Fall des Abs. 5 nach Maßgabe der neu festgesetzten besoldungsrechtlichen Stellung, wobei Vorrückungen mit dem Monatsersten nach Ablauf des für die Vorrückung in die jeweilige Gehaltsstufe erforderlichen Zeitraums erfolgen, der sich aus den bis zum Ablauf des 31. Dezember 2003 für die Verwendungsgruppe der Beamtin oder des Beamten geltenden Bestimmungen ergibt, oder, wenn das Ende dieser Frist auf einen Monatsersten fällt, mit diesem Monatsersten.

Abweichend von § 13b hat für Beamtinnen und Beamte nach Abs. 1, auf die Abs. 3 erster Satz nichtzutrifft, eine allfällige Nachzahlung für Zeiten ab dem 1. Mai 2016 von Amts wegen zu erfolgen.

6a) Wenn sich nach Abs. 6 für den Überleitungsmonat nach § 169c Abs. 2 rückwirkend eine höhere Einstufung ergibt, sind die Wahrungszulagen nach § 169c Abs. 6 und 9 entsprechend anzupassen. Die bereits erfolgte Festsetzung des Besoldungsdienstalters nach § 169cAbs. 3 bleibt davon unberührt."

§ 13b Gehaltsgesetz 1956 normiert auszugsweise:

"(1) Der Anspruch auf Leistungen verjährt, wenn er nicht innerhalb von drei Jahren geltend gemacht wird, nachdem die anspruchsbegründende Leistung erbracht worden oder der anspruchsbegründende Aufwand entstanden ist.

(2) und (3) [...]

(4) Die Bestimmungen des bürgerlichen Rechtes über die Hemmung und Unterbrechung der Verjährung sind mit der Maßgabe anzuwenden, daß die Geltendmachung eines Anspruches im Verwaltungsverfahren einer Klage gleichzuhalten ist."

§ 113 Abs. 16 GehG idF BGBl. I 8/2015 (kundgemacht am 13.01.2015) normierte:

"(16) Für besoldungs- und pensionsrechtliche Ansprüche, die aus einer Verbesserung der besoldungsrechtlichen Stellung wegen einer zusätzlichen Berücksichtigung von Zeiten vor Vollendung des 18. Lebensjahres erwachsen, ist der Zeitraum ab 11. November 2014 nicht auf die dreijährige Verjährungsfrist gemäß § 13b oder gemäß § 40 des Pensionsgesetzes 1965 anzurechnen."

Auf Grundlage der vorzunehmenden Erhöhung des Besoldungsdienstalters des Beschwerdeführers resultiert ein Anspruch auf Nachzahlung von Bezügen.

Im Rahmen der vorzunehmenden Nachzahlung erfolgt die Bemessung der Bezüge gemäß § 169f Abs. 6 Z 1 GehG 1956 rückwirkend unter Berücksichtigung der für die Vorrückung wirksamen Dienstzeit nach Maßgabe des neu festgesetzten Besoldungsdienstalters.

Gemäß § 169f Abs. 6a GehG 1956 sind, wenn sich nach Abs. 6 für den Überleitungsmonat nach § 169c Abs. 2 leg.cit. rückwirkend eine höhere Einstufung ergibt, dabei auch die Wahrungszulagen nach § 169c Abs. 6 und 9 entsprechend anzupassen. Die bereits erfolgte Festsetzung des Besoldungsdienstalters nach § 169c Abs. 3 leg.cit. bleibt davon unberührt.

Der Antrag des Beschwerdeführers auf Neufestsetzung des Vorrückungsstichtages und auf Nachzahlung von Bezügen vom 04.02.2015 langte am 16.02.2015 bei der Dienstbehörde ein. Der Beschwerdeführer hat seinen Antrag aber am 04.02.2015 am Dienstweg eingebracht und somit zu einem Zeitpunkt gestellt, als § 113 Abs. 16 GehG 1956 idF BGBl. I 8/2015 noch in Kraft war.

Die Wortfolge "diese Bestimmungen sind in laufenden und künftigen Verfahren nicht mehr anzuwenden" in § 175 Abs. 79 Z 2 GehG 1956 idF BGBl. I 32/2015 (kundgemacht am 11.02.2015) steht im Widerspruch zum Unionsrecht und hat aufgrund des Effektivitäts- und Äquivalenzprinzips sowie des Schutzes des berechtigten Vertrauens unangewendet zu bleiben (vgl. auch VwGH 27.05.2019, Ra 2017/12/0001).

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes liegt die "anspruchsbegründende Leistung" nach § 13b Abs. 1 GehG 1956 im Bestand eines Dienstverhältnisses am Monatsersten (Fälligkeitsdatum). Nachdem mit dem Monatsersten der Anspruch auf den gesamten Monatsbezug entsteht, beginnt auch die dreijährige Verjährungsfrist bereits mit Ablauf des Monatsersten zu laufen (VwGH 19.09.2003, 2003/12/002).

Unter Berücksichtigung der dreijährigen Verjährungsfrist gemäß § 13b Abs. 1 GehG 1956 sowie unter Berücksichtigung des § 113 Abs. 16 GehG 1956, der die gegenständliche Verjährungsfrist ab 11.11.2014 hemmte, gebührt dem Beschwerdeführer daher eine Nachzahlung seiner sich aus der Verbesserung seiner besoldungsrechtlichen Stellung ergebenden Bezüge ab dem 01.12.2011.

Soweit der Beschwerdeführer darüber hinaus Zinsen geltend macht, ist dazu auszuführen, dass die insoweit abschließenden Regelungen des Dienst- und Besoldungsrechtes des Bundes ganz allgemein eine Verzinsung - unabhängig von der Art der Zinsen - nicht vorsehen (vgl. VwGH 24.06.2015, Ra 2015/12/0023).

Der Umstand, dass der Gesetzgeber innerhalb des Dienst- und Besoldungsrechtes abschließende, eine Verzinsung nicht vorsehende Regelungen getroffen hat, steht auch einer analogen Anwendung bürgerlich-rechtlicher Grundsätze entgegen (vgl. VfGH 23.02.2015, E 1734/2014).

Es ist daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zu B) Zulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, weil die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, weil es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fehlt. Insbesondere fehlt es an einer Rechtsprechung zu der mit der 2. Dienstrechts-Novelle 2019, BGBl. I 58/2019, erfolgten gesetzlichen Neugestaltung in Umsetzung der Richtlinie 2000/78/EG.

Schlagworte

Altersdiskriminierung Analogie Besoldungsdienstalter besoldungsrechtliche Stellung EuGH Nachzahlungsanspruch Polizist rückwirkende Einstufung rückwirkende Feststellung rückwirkende Rechtsgestaltung Verbesserung Verjährungsfrist Vorabentscheidungsersuchen Vorrückungsstichtag Vorrückungsstichtag - Neufestsetzung Zinsen

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W221.2150096.1.00

Im RIS seit

21.09.2020

Zuletzt aktualisiert am

21.09.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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