TE Vwgh Beschluss 2020/8/27 Ra 2020/13/0055

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Veröffentlicht am 27.08.2020
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Index

32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht

Norm

BAO §147
BAO §149
BAO §150
BAO §209 Abs1

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Nowakowski und den Hofrat MMag. Maislinger sowie die Hofrätin Dr.in Lachmayer als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Karlovits, LL.M., über die Revision des S als Rechtsnachfolger der J GmbH in G, vertreten durch Mag. Dr. Wolfgang Nikolaus, Wirtschaftsprüfer und Steuerberater in 1130 Wien, St. Veit-Gasse 8, gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts vom 23. April 2020, Zl. RV/7100530/2019, betreffend Wiederaufnahme (Umsatzsteuer und Körperschaftsteuer 2009 bis 2011) sowie Umsatzsteuer und Körperschaftsteuer 2009 bis 2011, den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1        Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

2        Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

3        Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

4        Nach einer Außenprüfung ergingen an den Revisionswerber als Rechtsnachfolger der JS GmbH am 19. Februar 2018 Bescheide über die Wiederaufnahme der Verfahren sowie neue Umsatz- und Körperschaftsteuerbescheide für die Jahre 2009 bis 2011. Zur Begründung verwiesen die Bescheide jeweils auf die Feststellungen der abgabenbehördlichen Prüfung. Dagegen erhob der Revisionswerber Beschwerden, in denen er die ersatzlose Aufhebung der Wiederaufnahme- und Sachbescheide beantragte, weil hinsichtlich der Sachbescheide spätestens mit Ablauf des 31. Dezember 2017 Festsetzungsverjährung eingetreten sei. Die Abgabenbehörde habe jedenfalls im Jahr 2017 (und möglicherweise auch in den Jahren 2015 und 2016) keinerlei nach außen erkennbare Amtshandlungen zur Geltendmachung der streitverfangenen Abgabenansprüche gesetzt, sodass keine Verlängerung der Verjährungsfrist erfolgt sei.

5        Mit Beschwerdevorentscheidungen wies das Finanzamt die Beschwerden als unbegründet ab. Das Finanzamt stellte u.a. die Verlängerung der Verjährungsfristen durch nach außen erkennbare Amtshandlungen im Rahmen der Außenprüfung in den Jahren 2015, 2016 und 2017 dar.

6        Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Bundesfinanzgericht die Beschwerden als unbegründet ab. Nach Wiedergabe des Verfahrensganges führte es in detaillierter Auflistung aus, welche Verlängerungshandlungen das Finanzamt betreffend die Umsatzsteuer und Körperschaftsteuer 2009 bis 2001 gesetzt habe. Diese seien weder in den Beschwerden noch im Vorlageantrag bestritten worden.

7        Die Verjährungsfrist könne zunächst einmalig gemäß § 209 Abs. 1 BAO um ein Jahr durch (zumindest) eine (zeitlich beliebig innerhalb der Verjährungsfrist gesetzte) nach außen erkennbare Amtshandlung verlängert werden. Im letzten Jahr der offenen Verjährung stehe sodann der Abgabenbehörde nach § 209 Abs. 1 BAO eine weitere (mehrfache) Verlängerungsmöglichkeit der Verjährung durch in diesem letzten Jahr gesetzte nach außen erkennbare Amtshandlungen offen.

8        Das Finanzamt habe im Rahmen der Außenprüfung in den Jahren 2015, 2016 und 2017 nach außen erkennbare Amtshandlungen zur Geltendmachung der Abgabenansprüche gesetzt, die die Verjährungsfrist jeweils um ein Jahr verlängert hätten. Besprechungen mit dem Revisionswerber, eine Firmenbuchabfrage, die Übermittlung einer Fragenliste und die Ladungen zur Schlussbesprechung dienten der Geltendmachung der Umsatz- und Körperschaftsteuer 2009 bis 2011 und träten nach außen in Erscheinung.

9        Der Erlassung der angefochtenen Bescheide stehe daher keine Verjährung der Abgabenansprüche entgegen. Die Beschwerden seien daher abzuweisen gewesen.

10       Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende Revision, die zu ihrer Zulässigkeit vorbringt, nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes habe die Begründung eines Erkenntnisses des Erstgerichts den für die rechtliche Beurteilung erforderlichen Sachverhalt festzustellen. Das Bundesfinanzgericht habe nicht den gesamten Sachverhalt festgestellt, weil es sich auf die nicht bestrittene Sachverhaltsfeststellung beschränkt habe, dass dem Revisionswerber im Jahr 2017 insgesamt drei Vorladungen zur Schlussbesprechung betreffend eine Außenprüfung zugestellt worden seien. Vorladungen vermögen allerdings nur hinsichtlich solcher Abgaben eine Verlängerung der Verjährung bewirken, die in ihnen auch ausdrücklich als Gegenstand der Amtshandlung bezeichnet würden. Sowohl in den Beschwerdevorentscheidungen als auch im Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts fehlten Feststellungen, dass Gegenstand der Schlussbesprechung die Umsatzsteuer und Körperschaftsteuer der Jahre 2009 bis 2011 der Rechtsvorgängerin des Revisionswerbers gewesen seien. Die im Jahr 2017 ergangenen Ladungen hätten keinerlei Hinweise darauf enthalten, dass Gegenstand der Amtshandlung die genannten Steuern für die Jahr 2009 bis 2011 gewesen seien. Eine Verlängerung der Verjährungsfrist sei daher nicht erfolgt.

11       Mit diesem Vorbringen wird keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung dargetan.

12       Abgabenbehördliche Prüfungen stellen die Verjährungsfrist verlängernde Amtshandlungen dar (zB. VwGH 24. 4. 2013, 2010/17/0242). Eine solche Amtshandlung ist auch eine Schlussbesprechung (VwGH 2.8.2000, 97/13/0196 bis 0198) und ein Prüfungsbericht (VwGH 4.6.2009, 2006/13/0076). Die Verjährung wird auch durch an den Abgabepflichtigen gerichtete Vorhalte, Anfragen und Aufforderungen zur Vorlage von Unterlagen und Beweismitteln unterbrochen.

13       Das Bundesfinanzgericht hat in seinem Erkenntnis ausführlich dargestellt, welche nach außen erkennbaren Amtshandlungen des Finanzamtes erfolgt seien, und festgestellt, dass diese die Umsatz- und Körperschaftsteuer für die Jahre 2009 bis 2011 betroffen haben.

14       Insoweit die Revision behauptet, in den Vorladungen des Finanzamtes aus dem Jahr 2017 sei nicht ersichtlich gewesen, um welche Steuern es sich gehandelt habe, ist dies nicht nachvollziehbar. Aus der Aktenlage ergibt sich, dass der Ladung vom 25. September 2017 zur Schlussbesprechung die vorläufigen Ergebnisse der Betriebsprüfung angeschlossen waren, deren Erhalt vom Revisionswerber mit Schreiben vom 2. Oktober 2017 und vom 18. Oktober 2017 bestätigt wurde. In der Ladung vom 10. Oktober 2017 zur antragsgemäß verschobenen Schlussbesprechung wurde ausdrücklich auf die Abgabenarten Umsatzsteuer und Körperschaftsteuer 2009 bis 2011 Bezug genommen und eine detaillierte Prüfungschronologie der Außenprüfung dargestellt. Der Erhalt dieser Ladung wurde seitens des Revisionswerbers mit Schreiben vom 18. Oktober 2017 bestätigt. Das Revisionsvorbringen ist daher aktenwidrig.

15       In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 27. August 2020

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2020:RA2020130055.L00

Im RIS seit

12.10.2020

Zuletzt aktualisiert am

12.10.2020
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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