TE Bvwg Erkenntnis 2020/4/22 W208 2227159-1

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Veröffentlicht am 22.04.2020
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Entscheidungsdatum

22.04.2020

Norm

B-VG Art133 Abs4
EO §355
GEG §1 Z2
GEG §6a Abs1
GEG §6b Abs4
GEG §7

Spruch

W208 2227159-1/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Ewald SCHWARZINGER über die Beschwerde der XXXX GmbH, vertreten durch PETSCH FROSCH KLEIN ARTURO RECHTSANWÄLTE OG, gegen den Bescheid der PRÄSIDENTIN DES LANDESGERICHTES FÜR ZIVILRECHTSSACHEN vom 25.11.2019, GZ 100 Jv 6390/19a-33 (003 Rev 15006/19i), betreffend Einbringung von Beträgen nach dem Gerichtlichen Einbringungsgesetz, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs 2 VwGVG als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Im Grundverfahren ( XXXX ) wurde vom Bezirksgericht XXXX (im Folgenden: BG) eine Geldstrafe von ? 3.000,00 über die beschwerdeführende Partei (im Folgenden: bP) verhängt, weil sie einem nach § 355 vollstreckbaren Exekutionstitel (Bucheinsicht in Geschäftsunterlagen) nicht nachgekommen war (ON 1 iVm ON 6).

Der Beschluss des BG vom 08.03.2019 wurde am 14.03.2019 der bP zugestellt (ON 7).

Dem dagegen eingebrachten Rechtsmittel wurde mit Beschluss des Landesgerichtes für Zivilsachen (im Folgenden: LG) vom 07.06.2019 nicht Folge gegeben (zugestellt am 08.07.2019) und ein Revisonsrekurs für unzulässig erklärt (ON 17).

2. Mit Zahlungsauftrag (Mandatsbescheid) vom 03.07.2019 schrieb die Kostenbeamtin des BG die Geldstrafe in Höhe von ? 3.000,00 zuzüglich einer Einhebungsgebühr von ? 8,00 binnen 14 Tagen zur Zahlung vor.

Dagegen brachte die bP Vorstellung ein, die von der Richterin des BG wegen Unzuständigkeit mit Beschluss vom 24.07.2019 zurückgewiesen wurde (ON 19).

Dem dagegen eingebrachten Rekurs wurde vom LG mit Beschluss vom 26.09.2019 Folge gegeben und der Beschluss wegen Unzuständigkeit der Richterin des BG zur Entscheidung über die Vorstellung aufgehoben (ON 22).

Am 15.10.2019 wurde schließlich die Vorstellung der zuständigen Präsidentin des LG (im Folgenden: belangte Behörde) zur Entscheidung vorgelegt.

3. Mit Bescheid vom 25.11.2019 wurde von der belangten Behörde ein neuer Zahlungsauftrag erlassen und der bP im Namen der Präsidentin des LG ? 3.000,00 zuzüglich einer Einhebungsgebühr von ? 8,-- gemäß § 6a Abs. 1 GEG, in Summe ? 3.008,00 zur Zahlung binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution vorgeschrieben.

In der Begründung wurde angeführt, dass der bP mit rechtskräftigem Beschluss des BG vom 08.03.2019 die Zahlung der Geldstrafe auferlegt worden sei. Der Beschluss sei rechtskräftig geworden und am 03.07.2019 sei die Einhebung angeordnet worden.

Der Mandatsbescheid sei im eigenen Namen der Kostenbeamtin erlassen worden und nicht für die belangte Behörde.

Im Justizverwaltungsverfahren sei nicht mehr über das Bestehen oder die Rechtmäßigkeit des Beschlusses des BG im Grundverfahren abzusprechen und diese zu überprüfen (§ 6b Abs 4 GEG). Die Vorschreibungsbehörde sei an die Entscheidung des Gerichts gebunden.

4. Gegen diesen Bescheid (zugestellt am 02.12.2019) richtet sich die am 23.12.2019 (elektronisch) beim LG eingebrachte Beschwerde der bP, mit der die Aufhebung des Zahlungsauftrages, in eventu die Herabsetzung der Geldstrafe und Kostenersatz beantragt wurde.

5. Mit Schreiben vom 30.12.2019 legte die belangte Behörde die Beschwerde und den gegenständlichen Verwaltungsakt - ohne von der Möglichkeit einer Beschwerdevorentscheidung Gebrauch zu machen - dem BVwG zu Entscheidung vor.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der im Punkt I.1. angeführte Sachverhalt wird festgestellt.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen zum rechtserheblichen Sachverhalt konnten unmittelbar aufgrund der Aktenlage erfolgen.

Die bP hat weder die Zustellung noch die Rechtskraft des Beschlusses vom 08.03.2019 bestritten. Auch in der Beschwerde hat sie die Feststellung der Rechtskraft im Bescheid nicht thematisiert.

Sie führt als Beschwerdegrund lediglich an, dass die Geldstrafe aufzuheben oder wenigsten niedriger zu bemessen wäre, weil die betreibende Partei mittlerweile durch eine beauftragte Wirtschaftsprüfungskanzlei die geforderte Bucheinsicht erhalten habe und diese auch nicht mehr betreibe. Der Grund für die verhängte Geldstrafe sei weggefallen.

Damit führte sie ausschließlich Gründe an, die das Grundverfahren betreffen.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Zulässigkeit und Verfahren

Die Beschwerde wurde gemäß § 7 Abs 4 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) innerhalb der Frist von vier Wochen bei der belangten Behörde eingebracht. Es liegen auch sonst keine Anhaltspunkte für eine Unzulässigkeit der Beschwerde vor.

Gemäß § 6 Bundesverwaltungsgerichtsgesetz (BVwGG), entscheidet das BVwG durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Mangels entsprechender Sonderregelung im GEG bzw. im GGG liegt gegenständlich Einzelrichterzuständigkeit vor.

Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht - soweit es nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet - den angefochtenen Bescheid auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs 1 Z 3 und 4) zu überprüfen. Der Verfahrensgegenstand des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens wird durch die Begründung und das darin enthaltene Begehren in der Beschwerde begrenzt, es besteht kein Neuerungsverbot (vgl. Eder/Martschin/Schmid, Das Verfahrensrecht der Verwaltungsgerichte, 2. Auflage, 2017, § 27, K2). Von Amts wegen hat das Bundesverwaltungsgericht jedoch Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der den angefochtenen Bescheid erlassenden Behörde aufzugreifen; ebenso kann es eine relevante Verletzung der Verfahrensvorschriften als auch allfällige inhaltliche Rechtswidrigkeit (die nicht ausdrücklich in der Beschwerde geltend gemacht wurde) von Amts wegen aufgreifen; Grundsatz der Amtswegigkeit (siehe Eder/Martschin/Schmid, Das Verfahrensrecht der Verwaltungsgerichte, 2. Auflage, 2017 § 27, K3).

Das Verwaltungsgericht hat gemäß § 28 Abs 2 VwGVG über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht. Das ist hier der Fall.

Gemäß § 24 Abs 4 VwGVG kann das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteienantrags - der hier ohnehin nicht vorliegt - von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art 6 Abs 1 EMRK noch Art 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union entgegenstehen. Im gegenständlichen Fall geht der Sachverhalt eindeutig aus den Akten hervor. Wie der Verwaltungsgerichtshof ausführte ist die Durchführung einer mündlichen Verhandlung im Verfahren zur Vorschreibung und Einbringung von Gerichtsgebühren mangels Vorliegens von "civil rights" unter dem Blickwinkel des Art 6 EMRK nicht erforderlich (VwGH 26.06.2003, 2000/16/030511.01.2016, Ra 2015/16/0132). Auch ist nicht ersichtlich, warum nach Art 47 der EU Grundrechte-Charta eine Verhandlung erforderlich sein soll. Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 24 Abs 4 VwGVG entfallen und ist auch die Rechtsfrage nicht derart komplex, dass es zu deren Erörterung einer mündlichen Verhandlung bedürfte.

Zu A)

3.2. Gesetzliche Grundlagen

Gemäß § 1 Z 2 Gerichtliches Einbringungsgesetz (GEG) sind Geldstrafen aller Art und Beugestrafen (darunter auch jene nach § 355 EO) von Amts wegen im Justizverwaltungsweg einzubringen (vgl Dokalik, Gerichtsgebühren, 13. Auflage, Anm 2 zu § 1 GEG).

Gemäß § 6a Abs 1 GEG sind, werden die nach § 1 einzubringenden Beträge nicht sogleich entrichtet (§ 4 GGG) oder ist die Einziehung erfolglos geblieben, diese durch Bescheid zu bestimmen (Zahlungsauftrag). Der Zahlungsauftrag hat eine Aufstellung der geschuldeten Beträge und die Aufforderung zu enthalten, den Betrag binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu zahlen. Gleichzeitig ist dem Zahlungspflichtigen eine Einhebungsgebühr in Höhe von 8 Euro vorzuschreiben. Der Zahlungsauftrag ist ein Exekutionstitel im Sinn der Exekutionsordnung.

Gemäß § 6b Abs 4 GEG können im Verfahren zur Einbringung im Justizverwaltungsweg weder das Bestehen noch die Rechtmäßigkeit einer im Grundverfahren dem Grunde und der Höhe nach bereits rechtskräftig festgestellten Zahlungspflicht überprüft werden.

3.3. Beurteilung des konkreten Sachverhaltes

Im vorliegenden Fall vermeint die bP, dass die Justizverwaltungsbehörde bzw das BVwG die mit Beschluss des BG vom 08.03.2019 rechtskräftig verhängten Geldstrafe aufheben oder zumindest herabsetzen müsste, weil sie in der Zwischenzeit die mit dem Exekutionstitel geforderte Bucheinsicht erteilt habe und damit der Grund für die Geldstrafe weggefallen sei.

Damit verkennt sie die Rechtslage.

Die das GEG vollziehenden Justizverwaltungsorgane sind bei der Gerichtsgebührenfestsetzung an die Entscheidungen des Gerichtes des Grundverfahrens gebunden, und zwar selbst dann, wenn gerichtliche Entscheidungen offenbar unrichtig sein sollten (vgl etwa VwGH 16.12.2014, 2013/16/0172). Die Rechtmäßigkeit einer rechtskräftigen gerichtlichen Entscheidung kann auch in einem Berichtigungsverfahren bzw. aufgrund einer Vorstellung nach § 7 GEG nicht mehr aufgerollt werden (vgl etwa VwGH 18.12.2007, 2007/06/0285; VwGH 18.12.2008, 2008/06/0197, VwGH vom 29.01.2015, 2013/16/0100). Die Rechtmäßigkeit der unbestritten rechtskräftigen gerichtlichen Entscheidung, die dem vorliegenden Zahlungsauftrag zugrunde liegt, durfte im Justizverwaltungsweg nicht überprüft werden (VwGH 10.08.2015, Ra 2015/03/0047).

Das bedeutet, dass das BVwG die rechtskräftige Entscheidung des BG nicht mehr neu oder anders beurteilen darf, insbesondere kann die Strafe weder herabgesetzt noch aufgehoben werden.

Es liegen auch keine aufzugreifenden Verfahrensmängel vor. Der als erwiesen angenommene Sachverhalt ist im angefochtenen Bescheid - trotz der Kürze der Begründung - klar und vollständig dargelegt, und ist auch die rechtliche Würdigung im Kern nachvollziehbar und richtig. Der Umstand, dass der Mandatsbescheid von einer unzuständigen Stelle erlassen wurde, spielt keine Rolle mehr, weil er absolut nichtig war und die belangte Behörde einen neuen Bescheid erlassen hat.

Da dem angefochtenen Bescheid vor diesem Hintergrund keine Rechtswidrigkeit im Sinne des Art 130 Abs 1 Z 1 B-VG anzulasten ist, ist die Beschwerde spruchgemäß abzuweisen.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Auf die oben dargestellten Grundsatzentscheidungen des VwGH wird verwiesen.

Schlagworte

Exekutionsverfahren Geldstrafe gerichtliche Einbringung Grundverfahren Mandatsbescheid Nichtigkeit Rechtskraft der Entscheidung unzuständige Behörde

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W208.2227159.1.00

Im RIS seit

18.09.2020

Zuletzt aktualisiert am

18.09.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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