TE Vwgh Erkenntnis 1997/11/28 96/19/2951

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Veröffentlicht am 28.11.1997
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Index

41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

AsylG 1991 §8;
AufG 1992 §6 Abs2;
FrG 1993 §36 Abs2;
FrG 1993 §54;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden SenatspräsidentDr. Puck und die Hofräte Dr. Zens und Dr. Bayjones als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Kopp, über die Beschwerde des 1962 geborenen AJA in Wien, vertreten durch Dr. Herbert Pochieser, Rechtsanwalt in 1070 Wien, Schottenfeldgasse 2-4/II/23, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 31. Juli 1996, Zl. 115.536/2-III/11/95, betreffend Aufenthaltsbewilligung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund (Bundesministerium für Inneres) Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 31. Juli 1996 wurde der am 14. Februar 1994 gestellte Antrag des Beschwerdeführers auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung gemäß § 6 Abs. 2 des Aufenthaltsgesetzes (AufG) abgewiesen. Begründend führte die belangte Behörde aus, der Beschwerdeführer habe noch nie über eine Aufenthaltsbewilligung verfügt. Er sei daher nicht berechtigt, einen Verlängerungsantrag zu stellen.

Auch die Übergangsbestimmung des § 13 Abs. 1 AufG ermögliche es dem Beschwerdeführer nicht, einen Erstantrag unter sinngemäßer Anwendung der für die Verlängerung von Bewilligungen geltenden Vorschriften zu stellen, weil er aufgrund seiner vorläufigen Aufenthaltsberechtigung während der Dauer seines Asylverfahrens gemäß § 1 Abs. 3 Z. 6 AufG keine Bewilligung benötigte; gemäß § 13 Abs. 2 AufG sei dessen Abs. 1 jedoch auf gemäß § 1 Abs. 3 Z. 6 AufG aufenthaltsberechtigte Fremde nicht anwendbar.

Der Beschwerdeführer hätte daher gemäß § 6 Abs. 2 AufG seinen Antrag vom Ausland aus zu stellen gehabt. Tatsächlich habe der Beschwerdeführer sich jedoch im Antragszeitpunkt im Inland aufgehalten. Der Bestimmung des § 6 Abs. 2 AufG sei nicht Genüge getan. Sein Antrag sei aus diesem Grunde abzuweisen gewesen.

Im Hinblick auf ein geordnetes Fremdenwesen überwögen die öffentlichen Interessen die persönlichen Interessen des Beschwerdeführers im Sinne des Art. 8 Abs. 2 MRK.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof. Der Beschwerdeführer macht Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften mit dem Antrag geltend, den angefochtenen Bescheid aus diesen Gründen aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragte, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in dem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Dreiersenat erwogen:

§ 1 Abs. 3 Z. 6, § 6 Abs. 2 und § 13 Abs. 1 und 2 AufG lauten:

"§ 1. ...

...

(3) Keine Bewilligung brauchen Fremde, wenn sie

...

6. auf Grund des Asylgesetzes 1991, BGBl. Nr. 8/1992, zum Aufenthalt in Österreich berechtigt sind.

§ 6. ...

    (2) Der Antrag auf Erteilung einer Bewilligung ist vor der

Einreise nach Österreich vom Ausland aus zu stellen. ... Eine

Antragstellung im Inland ist ausnahmsweise zulässig: im Fall

des Verlustes der österreichischen Staatsbürgerschaft, des

Asyls ... Der Antrag auf Verlängerung einer Bewilligung und auf

Änderung des Aufenthaltszwecks kann bis zum Ablauf der Geltungsdauer der Bewilligung auch vom Inland aus gestellt werden.

§ 13. (1) Die Berechtigungen zum Aufenthalt von Fremden, auf die dieses Bundesgesetz Anwendung findet und die sich zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten, bleiben unberührt. Sie können mit Ablauf der Geltungsdauer dieser Berechtigung die Erteilung einer Bewilligung unter sinngemäßer Anwendung der für die Verlängerung von Bewilligungen geltenden Vorschriften (§ 4 Abs. 2) beantragen.

(2) Abs. 1 findet auf die in § 1 Abs. 3 und 4 genannten Fremden keine Anwendung. Für diese kommt eine Verlängerung der Aufenthaltsberechtigung nur nach Maßgabe des § 6 Abs. 2 in Betracht."

Der Beschwerdeführer bringt vor, er sei am 12. September 1991 in das Bundesgebiet eingereist. An diesem Tag habe er auch einen Asylantrag gestellt. Er habe über eine vorläufige Aufenthaltsberechtigung verfügt. Mit Bescheid vom 27. Jänner 1994 sei sein Asylgesuch in letzter Instanz abgewiesen worden. Der zur Erhebung einer Bescheidbeschwerde beigestellte Verfahrenshelfer habe die Beschwerdefrist versäumt.

Am 14. Februar 1994 habe der Beschwerdeführer den gegenständlichen Antrag auf Erteilung einer Bewilligung gestellt. Der Beschwerdeführer sei in Österreich beschäftigt. Er sei überdies ordentlicher Hörer der Technischen Universität Wien.

Der Beschwerdeführer bestreitet, daß sein Antrag als Erstantrag zu qualifizieren sei. Dem Gesetz sei nicht zu entnehmen, daß die Erteilung von Aufenthaltsbewilligungen für ursprünglich aufgrund des Asylgesetzes zum Aufenthalt Berechtigte zwingend ausgeschlossen sei. Der Fall des Beschwerdeführers unterliege der Regelung bezüglich Verlängerungsanträge im Sinne des § 13 AufG. Der Beschwerdeführer sei als Flüchtling nicht in der Lage, in seinen Heimatstaat zurückzukehren und könne auch nicht in ein Drittland ausreisen. In seinem Heimatstaat habe der Beschwerdeführer Verhaftung, Folterung und möglicherweise seine Tötung zu gewärtigen. Die Behörde habe es unterlassen, Feststellungen über die persönlichen Interessen des Beschwerdeführers im Sinne des Art. 8 MRK zu treffen. Dies hätte zu einer anderen Entscheidung geführt.

Der Beschwerdeführer bestreitet nicht, sich im Zeitpunkt seiner Antragstellung im Inland aufgehalten zu haben. Damit ist der Bestimmung des § 6 Abs. 2 AufG nicht Genüge getan.

Eine "Verlängerung" der vorläufigen Aufenthaltsberechtigung nach dem Asylgesetz unter Anwendung der Bestimmung des § 13 Abs. 1 AufG kommt - wie dies aus der Anordnung des § 13 Abs. 2 AufG ersichtlich ist - nicht in Frage (vgl. das hg. Erkenntnis vom 24. Jänner 1997, Zl. 95/19/1403). Im Hinblick auf den eindeutigen Wortlaut der letztgenannten Bestimmung liegt auch keine Gesetzeslücke vor, welche in Analogie zu § 13 Abs. 1 AufG zu schließen wäre. Der Beschwerdeführer wäre daher während der Anhängigkeit seines Asylverfahrens nicht berechtigt gewesen, einen Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung unter sinngemäßer Anwendung der für die Verlängerung von Bewilligungen geltenden Vorschriften gemäß § 13 Abs. 1 AufG zu stellen. Nach Abweisung seines Asylantrages galt für ihn der Grundsatz, daß der Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung vor einer weiteren Einreise nach Österreich vom Ausland aus zu stellen ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom 9. November 1995, Zl. 95/19/0666). Im Falle einer solchen Antragstellung vom Ausland aus würde selbstverständlich der Umstand, daß der Beschwerdeführer gemäß § 1 Abs. 3 Z. 6 AufG aufenthaltsberechtigt war, der Erteilung einer Bewilligung nicht entgegenstehen.

Insoweit der Beschwerdeführer vorbringt, er sei infolge der ihm im Heimatstaat - wenngleich nicht notwendigerweise aus asylrelevanten Gründen - drohenden Verfolgung nicht in der Lage, dorthin zurückzukehren und könne überdies auch nicht in einen Drittstaat ausreisen, ist ihm zu entgegnen, daß dieser Umstand nicht zur Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung trotz Vorliegens des Versagungsgrundes nach § 6 Abs. 2 AufG zu führen vermag (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 27. Jänner 1997, Zlen. 96/19/3402, AW 96/19/1873, und vom 31. Oktober 1997, Zlen. 96/19/1860 bis 1862). Diese Umstände können in einem Verfahren gemäß § 8 AsylG von Bedeutung sein oder aber mit einem Antrag gemäß § 36 Abs. 2 FrG geltend gemacht werden.

Der in der Verfahrensrüge erfolgte Hinweis des Beschwerdeführers auf seine persönlichen Interessen im Inland vermag seiner Beschwerde nicht zum Erfolg zu verhelfen. Der Gesetzgeber der Novelle zum Aufenthaltsgesetz BGBl. Nr. 351/1995 hat bereits auf die privaten (und familiären) Interessen von Personen, die aufgrund des Asylgesetzes 1991 aufenthaltsberechtigt sind oder waren, Bedacht genommen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 14. Mai 1996, Zl. 96/19/0738).

Die in § 6 Abs. 2 dritter Satz AufG vorgenommene Einschränkung des Rechtes solcher Fremder zur Inlandsantragstellung auf den Fall des Verlustes des Asyls widerspricht aus folgenden Erwägungen nicht dem Art. 8 MRK:

Die aus den Erläuternden Bemerkungen zum Aufenthaltsgesetz (vgl. RV 525 BlgNR 18. GP) ersichtliche Zielvorstellung dieses Gesetzes, die Umgehung von Einwanderungsvorschriften durch Stellung von Asylanträgen (darunter sind auch bereits vor Inkrafttreten des Gesetzes gestellte Asylanträge zu verstehen) zu verhindern, welche zum Schutze der öffentlichen Ordnung auch im Sinne des Art. 8 Abs. 2 MRK gerechtfertigt erscheint, verbietet es sowohl, abgewiesene Asylwerber (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 26. September 1996, Zl. 95/19/0396) als auch Asylwerber während der Dauer ihres Asylverfahrens in Ansehung ihrer privaten Interessen im Inland besser zu stellen als einen Fremden, der erstmals eine Aufenthaltsbewilligung beantragt. Eine Einschränkung eines gedachten, durch Art. 8 Abs. 1 MRK geschützten Rechtes auf Neuzuwanderung zur Wahrung persönlicher Interessen im Inland durch die in Rede stehende Bestimmung des § 6 Abs. 2 AufG wäre - ebenfalls aus dem Gesichtspunkt der öffentlichen Ordnung und des damit verbundenen Rechtes des Staates auf Regelung der Neuzuwanderung - aus dem Grunde des Art. 8 Abs. 2 MRK gerechtfertigt.

Aus diesen Erwägungen war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Von der Durchführung der beantragten mündlichen Verhandlung wurde aus dem Grunde des § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG Abstand genommen, weil die Schriftsätze der Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens und die dem Verwaltungsgerichtshof vorgelegten Akten des Verwaltungsverfahrens erkennen lassen, daß die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten läßt, und Art. 6 Abs. 1 MRK dem nicht entgegensteht.

Soweit Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes zitiert wurden, die in der Amtlichen Sammlung der Erkenntnisse und Beschlüsse dieses Gerichtshofes nicht veröffentlicht sind, wird auf Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, hingewiesen.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1997:1996192951.X00

Im RIS seit

02.05.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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