TE Bvwg Beschluss 2020/2/21 W247 2216384-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 21.02.2020
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

21.02.2020

Norm

VwGG §25a Abs2 Z1
VwGG §30 Abs2

Spruch

W247 2216381-1/19E

W247 2216382-1/19E

W247 2216384-1/14E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. HOFER über den Antrag von 1. XXXX , geb. XXXX , 2. XXXX , geb. XXXX , und 3. mj. XXXX geb. XXXX , der gegen die Erkenntnisse des Bundesverwaltungsgerichtes vom 02.12.2019, Zlen. W247 2216381-1/11E, W247 2216382-1/11E, W247 2216384-1/6E, erhobenen Revision die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, beschlossen:

Der Revision wird gemäß § 30 Abs. 2 VwGG die aufschiebende Wirkung zuerkannt.

Text

BEGRÜNDUNG:

I. Verfahrensgang:

Mit Schriftsatz vom 20.02.2020 brachten die revisionswerbenden Parteien eine Revision gegen das im Spruch angeführte Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes ein.

Zum Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung führten die revisionswerbenden Parteien folgendes an:

"Begründend wird hierzu ausgeführt, dass die RW aufgrund des angefochtenen Erkenntnisses akut von Abschiebung bedroht sind. Die derzeitige Abschiebepraxis von ehemaligen Asylsuchenden zeigt deutlich, dass das BFA als zur Anordnung der Abschiebung berufene Behörde ohne Zuwarten eines möglichen höchstgerichtlichen Verfahrens und teilweise sogar trotz Kenntnis eines solchen umgehend entsprechende irreversible Maßnahmen setzt oder zumindest zu setzen versucht. Vor diesem Hintergrund ergeht höflichst das Ersuchen, ehestmöglich über den Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung zu entscheiden.

Die RW sind aufgrund ihrer persönlichen Situation einer Vielzahl an verfolgungs- und entscheidungsrelevanten Gefahren ausgesetzt. Wie im Rahmen der Revisionsausführung noch ausführlich darzulegen sein wird, handelt es sich bei RW3 um ein minderjähriges Kind, dessen Abschiebung als Gefährdung seines Kindeswohls zu qualifizieren ist.

Zudem wäre RW1 aufgrund seine Zugehörigkeit zur russischen Volksgruppe und seiner ostukrainischen Herkunft (Volksrepublik Donezk), der realen Gefahr ausgesetzt bei seiner Ankunft in der Ukraine, auch zum Zwecke des Gefangenenaustauschs mit der Volksrepublik Donezk, rechtswidrig inhaftiert zu werden und in Folge einer unmenschlichen bzw. erniedrigenden Behandlung wie auch Strafe ausgesetzt zu sein (Länderinformationsblatt der Staatendokumentation vom 26.07.2017, letzte Kurzinformation eingefügt am 09.01.2019, Seite 37: "In der Ukraine und der selbsternannten Volksrepublik Donezk und Lugansk wurden Personen, die der Unterstützung der jeweils anderen Seite verdächtigt wurden, rechtswidrig inhaftiert, auch zum Zwecke des Gefangenenaustauschs"). Die drohende Inhaftierung des RW1 wäre mit existentiellen Nachteilen der übrigen RW verbunden, die auf die wirtschaftlichen Einkünfte des RW1 angewiesen sind. Zu beachten ist bereits an dieser Stelle, dass bei allen Maßnahmen, welche Kinder betreffen, stets das Kindeswohl als vorrangige Erwägung gemäß Art 24 GRC zu beachten ist. Dies gilt ebenso für den gegenständlichen Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung. Eine inhaltliche Prüfung der - wie im Folgenden zu zeigen sein wird - sowohl zulässigen wie auch begründeten Revision liegt jedenfalls im Wohl des Kindes.

Wie im Folgenden ebenfalls zu zeigen sein wird, ist sowohl das erstinstanzliche Verfahren wie auch jenes vor dem BVwG mit groben Verfahrensfehlern belastet und wurden die RW durch das Verfahren in ihrem Recht auf einen wirksamen Rechtsbehelf nach Art 47 GRC massiv und schwerwiegend verletzt. Im Falle der Aufhebung des Erkenntnisses (bei zuvor durchgeführter Außerlandesbringung) hätten die RW keine Möglichkeit ein entsprechend rechtskonformes Verfahren zu erfahren. Die RW befürchten im Falle einer Rückkehr in ihr Herkunftsland gravierende Übergriffe und Misshandlung. Dies wurde angesichts des mangelhaft geführten Verfahrens vom BVwG verkannt.

Ausgehend davon stehen der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung im konkreten Fall zwingende öffentliche Interessen oder zumindest überwiegendes öffentliche Interessen nicht entgegen. Den RW droht daher infolge des Erkenntnisses des BVwG ein unverhältnismäßiger Nachteil."

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Rechtliche Beurteilung:

§ 30 Abs. 2 VwGG lautet: "Bis zur Vorlage der Revision hat das Verwaltungsgericht, ab Vorlage der Revision hat der Verwaltungsgerichtshof jedoch auf Antrag des Revisionswerbers die aufschiebende Wirkung mit Beschluss zuzuerkennen, wenn dem nicht zwingende öffentliche Interessen entgegenstehen und nach Abwägung der berührten öffentlichen Interessen und Interessen anderer Parteien mit dem Vollzug des angefochtenen Erkenntnisses oder mit der Ausübung der durch das angefochtene Erkenntnis eingeräumten Berechtigung für den Revisionswerber ein unverhältnismäßiger Nachteil verbunden wäre. Die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung bedarf nur dann einer Begründung, wenn durch sie Interessen anderer Parteien berührt werden. Wenn sich die Voraussetzungen, die für die Entscheidung über die aufschiebende Wirkung der Revision maßgebend waren, wesentlich geändert haben, ist von Amts wegen oder auf Antrag einer Partei neu zu entscheiden."

Gemäß § 30a Abs. 3 VwGG hat das Verwaltungsgericht über den Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung unverzüglich mit Beschluss zu entscheiden. Der Umstand, dass es der Gesetzgeber - durch die Regelung des § 30a Abs. 7 VwGG - nur in Bezug auf die ordentliche Revision für erforderlich gehalten hat, die Verpflichtung des Verwaltungsgerichts zur unverzüglichen Entscheidung über einen Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung ausdrücklich anzuordnen, lässt sich damit begründen, dass bei ordentlichen Revisionen typischerweise eine längere Zeit verstreicht, bis die Revision dem Verwaltungsgerichtshof vorgelegt wird (Frist zur Revisionsbeantwortung nach § 30a Abs. 4 und 5 VwGG, allfällige Mängelbehebungsaufträge nach § 30a Abs. 2 leg.cit.). Unbeschadet dessen bleibt jedoch das Verwaltungsgericht auch im Falle einer außerordentlichen Revision bis zur Vorlage der Revision an den Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung über einen Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung der Revision zuständig und zur Entscheidung verpflichtet (VwGH 25.04.2017, Ra 2017/16/0039, Rz 16 und 17).

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Entscheidungen nach § 30a VwGG hat das Verwaltungsgericht durch den Einzelrichter zu treffen (siehe Eder/Martschin/Schmid, Das Verfahrensrecht der Verwaltungsgerichte², Praxiskommentar zum VwGVG, VwGG und VwGbk-ÜG, 2017, K 2. zu § 30a VwGG).

Da mit dem Vollzug der angefochtenen Erkenntnisse für die revisionswerbende Partei ein unverhältnismäßiger Nachteil verbunden wäre und zwingende öffentliche Interessen, die der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung entgegenstünden, nicht ersichtlich sind, war dem Aufschiebungsantrag stattzugeben.

Aus diesen Erwägungen war dem Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung gemäß § 30 Abs. 2 VwGG stattzugeben.

Schlagworte

aufschiebende Wirkung Revision

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W247.2216384.1.00

Im RIS seit

17.09.2020

Zuletzt aktualisiert am

17.09.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten