TE Bvwg Beschluss 2020/4/14 W128 2211087-7

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Veröffentlicht am 14.04.2020
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Entscheidungsdatum

14.04.2020

Norm

B-VG Art133 Abs4
UG §46
UG §60
UG §64
VwGVG §14
VwGVG §15
VwGVG §28 Abs3 Satz2

Spruch

W128 2211087-7/5E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht beschließt durch den Richter Mag. Michael FUCHS-ROBETIN über die Beschwerde von XXXX , gegen den mit Beschwerdevorentscheidung vom 05.06.2019 bestätigten Bescheid des Vizerektors für Lehre und Studierende an der Johannes Kepler Universität Linz vom 13.01.2019, Zl. 6-8-2:

A)

Der bekämpfte Bescheid wird gem. § 28 Abs. 3 VwGVG aufgehoben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die belangte Behörde zurückverwiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

BEGRÜNDUNG:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer stellte am 31.07.2018 einen Antrag auf Zulassung zum Doktoratsstudium der Technischen Wissenschaften mit dem Dissertationsfach Bioinformatik. Im Antrag gab er an, am 15.09.2017 das Studium "Elektrotechnik" an der Hochschule Mittweida in Deutschland (8 Semester) abgeschlossen zu haben.

2. Auf Aufforderung der JKU Linz reichte der Beschwerdeführer am 23.08.2018 ergänzende Unterlagen in elektronischer Form nach. Mit E-Mail vom 01.10.2018 übermittelte er an die JKU Linz einen Auszug aus dem Rechtsinformationssystem des Bundes mit einer tagesaktuellen Version des Abkommens zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung der Bundesrepublik Deutschland über Gleichwertigkeiten im Hochschulbereich, BGBl. III Nr. 6/2004.

3. Mit Bescheid vom 13.01.2019, Zl. 6-8-2, wurde der Antrag auf Zulassung zum Doktoratsstudium Technische Wissenschaften gemäß § 60 Abs. 1 und § 64 Abs. 4 Universitätsgesetz 2002 (UG) BGBl. I Nr. 120/2002 idgF, iVm § 2 des Curriculums für das Doktoratsstudium Technische Wissenschaften mangels Vorliegens der Zulassungsvoraussetzungen abgewiesen.

4. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde. Begründend führte er zusammenfassend aus, dass eine Zulassung zum Doktoratsstudium der Rechtswissenschaften mit einem Diplomstudium im Umfang von 240 ECTS-Punkten ohne Auflagen möglich sei. Mit Bioinformatik habe er ein beliebiges Dissertationsfach gewählt, habe dies jedoch bei der Zulassung zum Studium auf Mechatronik oder Elektrik und Informationstechnik geändert. Es sei zwar richtig, dass die Fachsemester 1 bis 4 aus Vorqualifikationen anerkannt worden seien, falsch sei jedoch, dass 90 ECTS durch Vorqualifikationen aus der HTL und 30 ECTS durch einschlägige Berufserfahrung erworben worden seien. Vielmehr seien 90 ECTS aus außerhochschulischen Kompetenzen, konkret aus Berufserfahrung, und 30 ECTS aus der HTL anerkannt worden. Der berufliche Werdegang sei im Bescheid völlig außer Acht gelassen worden, obwohl Lebenslauf, Dienstzeugnisse und Modulbeschreibungen dem Antrag beigelegt worden seien. Der Beschwerdeführer stellte den Antrag, das Bundesverwaltungsgericht möge der Beschwerde vollinhaltlich stattgeben und den angefochtenen Bescheid dahingehend abändern, dass dem Antrag auf Zulassung zum Doktoratsstudium Technische Wissenschaften an der Johannes Kepler Universität Linz stattgegeben werde. Darüber hinaus beantragte er die Durchführung einer mündlichen Verhandlung.

5. Der Senat der Johannes Kepler Universität Linz beschloss in seiner Sitzung am 13.03.2019, in diesem Fall kein Gutachten zu erstatten.

6. Mit Beschwerdevorentscheidung der belangten Behörde vom 05.06.2019 wurde die Beschwerde gemäß § 14 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG), BGBl. I Nr. 33/2013 idgF, iVm § 46 Abs. 2, § 60 Abs. 1 und § 64 Abs. 4 Universitätsgesetz 2002 (UG), BGBl. I Nr. 120/2002 idgF, § 2 des Curriculums für das Doktoratsstudium Technische Wissenschaften sowie Art. 4 des Abkommens zwischen Österreich und Deutschland über Gleichwertigkeiten im Hochschulbereich, BGBl. III Nr. 6/2004, als unbegründet abgewiesen. In der Begründung führte die belangte Behörde aus, dass aufgrund der Anrechnung von an einer Höheren Technischen Lehranstalt erbrachten Leistungen und Berufspraxis im Umfang von 120 ECTS-Anrechnungspunkten eine Gleichwertigkeit im Sinne des § 64 Abs. 4 nicht einmal grundsätzlich gegeben sei.

7. Mit Schreiben vom 19.06.2019 brachte der Beschwerdeführer rechtzeitig das Rechtsmittel des Vorlageantrages ein. Er rügte die unrichtige rechtliche Beurteilung, die mangelnde Sachverhaltsdarstellung sowie die unrichtige Beweiswürdigung. Der Beschwerde beigelegt war ein umfangreiches Konvolut an Rechtsbelehrungen des Beschwerdeführers und Auszügen aus unterschiedlichen Rechtsvorschriften.

8. Mit Schreiben vom 01.07.2019, eingelangt am 08.07.2019, legte die belangte Behörde den Vorlageantrag samt dem Bezug habenden Verwaltungsakt dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vor.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der Beschwerdeführer schloss am 15.09.2017 den Studiengang "Elektrotechnik" Studienrichtung "Automatisierungstechnik" mit dem Gesamtprädikat Gut (1,6) an der Hochschule Mittweida, Sachsen, Deutschland ab und wurde ihm der akademische Grad Diplom-Ingenieur (FH) (Dipl.-lng. (FH) verliehen. Das absolvierte Studium umfasst 240 ECTS-Anrechnungspunkte. Der Beschwerdeführer hat in folgenden Modulprüfungen Studienleistungen erbracht und wurde wie folgt beurteilt (Notenskala 1.0 (sehr gut) bis 5.0 (ungenügend/nicht ausreichend); BE=bestanden):

Modulprüfung

ECTS-Credits

Modulnoten

Mathematik 1

5

BE

Elektrotechnik 1

5

BE

Grundlagen der Informatik

5

BE

Produkt- und Projektentwicklung

5

BE

Betriebswirtschaft/Arbeitswissenschaft

5

BE

Naturwissenschaftliche Grundlagen

10

BE

Mathematik 2

5

BE

Grundlagen Elektronik

5

BE

Grundlagen Programmierung

5

BE

Kommunikation und Präsentation

5

BE

Studium Generale

5

BE

Messtechnik

5

BE

Steuerungs- und Reglungstechnik

5

BE

Digitaltechnik

5

BE

Mikroprozessortechnik

5

BE

Praxisprojekt

5

BE

Fremdsprache/Englisch

5

BE

Mathematik 3

5

2

Leistungselektronik

5

3

Elektrotechnik 2

5

2

Industrielle Steuerung

5

1

Elektrische Maschinen

5

1

Energiesystemtechnik

5

2

Kostenrechnung und Controlling

5

1,3

Qualitätsmanagement

5

2

CAD-Elektroprojektierung

5

1

Industrielle Kommunikation

5

1

Geregelte Antriebe

5

2

Energieeffizienz in Produktionsprozessen

5

2

Projektmanagement

5

1

Prozesskopplung, Datenbanken, Leitsysteme

5

1

Datenbanken

5

2,3

Prozessautomation

5

1

Modellierung und Simulation

5

1

Sensorik, Aktorik

5

1,3

Echtzeitsysteme

5

2

Praxis

30

BE

Diplomprojekt

25

1,9

 

240

 

Am 31.07.2018 stellte der Beschwerdeführer einen Antrag auf Zulassung zum Doktoratsstudium der Technischen Wissenschaften mit dem Dissertationsfach Bioinformatik. Zum Nachweis der allgemeinen Universitätsreife legte er das Abschlusszeugnis über die Diplomprüfung im Studiengang "Elektrotechnik" an der Hochschule Mittweida in Deutschland vom 15.09.2017 vor.

Die Hochschule Mittweida - Hochschule für angewandte Wissenschaften ist gemäß § 1 Abs. 1 Z 3 lit. c Sächsisches Hochschulfreiheitsgesetz (SächsHSFG), SächsGVBl. 2013, Nr 1, S. 3, idF SächsGVBl. 2019Nr. 6, S. 245 eine staatliche Hochschule (rechtsfähige Körperschaft des öffentlichen Rechts) im Freistaat Sachsen. Gemäß § 39 Abs. 1 SächsHSFG verleihen die Fachhochschulen aufgrund einer bestandenen Hochschulprüfung, den Diplomgrad mit Angabe der Fachrichtung oder Berufsbezeichnung und mit Angabe der Fachrichtung und dem Zusatz "Fachhochschule" oder "FH".

Gemäß § 40 Abs. 2 SächsHSFG kann zur Promotion zugelassen werden, wer einen Diplom-, Master- oder Magistergrad an einer Hochschule oder das Staatsexamen erworben hat. Bei der Zulassung sind Absolventen von Universitäten und Fachhochschulen gleich zu behandeln.

Gemäß Art. 5 Abs. 3 Nr. 5 des deutschen Studienakkreditierungsstaatsvertrages gehört es zu den Aufgaben des Akkreditierungsrates, Agenturen für eine Tätigkeit in Deutschland zuzulassen.

Die Akkreditierungsagentur für Studiengänge der Ingenieurwissenschaften, der Informatik, der Naturwissenschaften und der Mathematik (ASSIN) ist vom Akkreditierungsrat für eine Tätigkeit in Deutschland zugelassen worden.

Das Studium "Elektrotechnik" an der Hochschule Mittweida wurde am 29.09.2017 von der ASSIN akkreditiert und wurde das Siegel ASIIN, EUR-ACE(r) verliehen.

Der Begründung des bekämpften Bescheides mangelt es an einer eindeutigen, einer nachprüfenden Kontrolle zugänglichen Darstellung, von welcher konkreten Sachverhaltsannahme die belangte Behörde bei ihrem Bescheid ausgegangen ist und worauf sich die getroffenen Tatsachenfeststellungen im Einzelnen stützen.

Im behördlichen Verfahren wurden notwendige Ermittlungen des Sachverhalts nur ansatzweise und unzureichend geführt. Ein abschließender, für die Beurteilung der verfahrensgegenständlichen Rechtslage relevanter Sachverhalt konnte nicht festgestellt werden.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen ergeben sich aus dem Verwaltungsakt, dem Verfahren vor der belangten Behörde und der Beschwerde.

Die Rechts- und Sachlage in der Bundesrepublik Deutschland konnte durch Einschau in folgende Quellen festgestellt werden:

Zur staatlichen Anerkennung der Hochschule Mittweida.

Recht und Vorschriftenverwaltung Sachsen (REVOSax): https://www.revosax.sachsen.de/ [abgefragt am 08.04.219].

Zur Zulassung der Akkreditierungsagentur für Studiengänge der Ingenieurwissenschaften, der Informatik, der Naturwissenschaften und der Mathematik (ASIIN).

Homepage der Stiftung Akkreditierungsrat:

https://akkreditierungsrat.de/index.php/de/akkreditierungssystem/agenturen/agenturen [abgefragt am 08.04.2019].

Zur Akkreditierung und Zertifizierung des Studienganges "Elektrotechnik" an der Hochschule Mittweida.

Homepage der ASIIN e.V.:

http://www.asiin-ev.de/pages/de/asiin/akkreditierung-studiengaenge/akkreditierte-studiengaenge.php?id=6036 [abgefragt am 08.04.2019].

Die Feststellungen zum rechtserheblichen Sachverhalt konnten aufgrund der Aktenlage nicht erfolgen.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

3.2. Zu A)

3.2.1. Gemäß Art. 130 Abs. 4 B-VG und § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z. 1 B-VG (außer in Verwaltungsstrafsachen) in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der Sachverhalt feststeht oder wenn die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

Gemäß § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen, wenn die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen hat. Diese Vorgangsweise setzt voraus, dass die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht nicht im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

In seinem Erkenntnis vom 26. Juni 2014, Zl. Ro 2014/03/0063, hielt der Verwaltungsgerichtshof fest, dass eine Zurückverweisung der Sache an die Verwaltungsbehörde zur Durchführung notwendiger Ermittlungen nach § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG insbesondere dann in Betracht kommen wird, wenn die Verwaltungsbehörde jegliche erforderliche Ermittlungstätigkeit unterlassen hat, wenn sie zur Ermittlung des maßgebenden Sachverhalts lediglich völlig ungeeignete Ermittlungsschritte gesetzt oder bloß ansatzweise ermittelt hat. Gleiches gilt, wenn konkrete Anhaltspunkte annehmen lassen, dass die Verwaltungsbehörde (etwa schwierige) Ermittlungen unterließ, damit diese dann durch das Verwaltungsgericht vorgenommen werden (etwa im Sinn einer "Delegierung" der Entscheidung an das Verwaltungsgericht, vgl. Holoubek, Kognitionsbefugnis, Beschwerdelegitimation und Beschwerdegegenstand, in: Holoubek/Lang [Hrsg], Die Verwaltungsgerichtsbarkeit, erster Instanz, 2013, S. 127 und S. 137; siehe schon Merli, Die Kognitionsbefugnis der Verwaltungsgerichte erster Instanz, in: Holoubek/Lang [Hrsg], Die Schaffung einer Verwaltungsgerichtsbarkeit erster Instanz, 2008, S. 65 und S. 73 f.).

3.2.2. Der angefochtene Bescheid ist aus folgenden Gründen mangelhaft:

Der Begründung fehlen schlüssige Feststellungen, aus welchen Gründen die belangte Behörde davon ausgeht, dass keine volle Gleichwertigkeit vorliegt, und worauf sie die Vorschreibung von zusätzlich zu absolvierenden Prüfungen stützt. Die belangte Behörde ignoriert die geltende Rechtslage und erschöpft sich in einer Abqualifikation des vom Beschwerdeführer in Deutschland absolvierten Studiums bzw. dessen Zugangsvoraussetzungen, ohne sich inhaltlich mit den Studienordnungen zu befassen.

Gegenständlich fehlt sohin eine notwendige, ausreichende Auseinandersetzung mit dem Sachverhalt, ebenso wie klare und übersichtliche, auf eigenständige Erwägungen bei der Würdigung der vorliegenden Beweismittel gegründete, Sachverhaltsfeststellungen über die jeweils relevanten Umstände.

Diese dem angefochtenen Bescheid anhaftenden Feststellungsmängel haben zur Folge, dass die Überprüfung des angefochtenen Bescheides auf die Rechtmäßigkeit seines Inhaltes gehindert wird.

3.2.3. Da somit die erforderlichen entscheidungswesentlichen Feststellungen nicht getroffen wurden, ist der Sachverhalt in wesentlichen Punkten ergänzungsbedürftig geblieben und eine Beurteilung des Vorliegens der allgemeinen Universitätsreife für die Zulassung zu Doktoratsstudien gemäß § 64 Abs. 4 UG nicht möglich. Es kann auch nicht gesagt werden, dass die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Bundesverwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist. Die Voraussetzungen des § 28 Abs. 2 VwGVG sind somit im gegenständlichen Beschwerdefall nicht gegeben. Folglich war das Verfahren zur neuerlichen Entscheidung an die belangte Behörde zurückzuverweisen.

3.2.4. Gemäß § 64 Abs. 4 Universitätsgesetz 2002 (UG), BGBl. I Nr. 120/2002 idgF ist die allgemeine Universitätsreife für die Zulassung zu Doktoratsstudien [...] durch den Abschluss eines fachlich in Frage kommenden Diplomstudiums oder Masterstudiums, eines fachlich in Frage kommenden Fachhochschul-Diplomstudienganges oder Fachhochschul-Masterstudienganges gemäß § 6 Abs. 4 des Fachhochschul-Studiengesetzes, oder eines anderen gleichwertigen Studiums an einer anerkannten inländischen oder ausländischen postsekundären Bildungseinrichtung nachzuweisen. Wenn die Gleichwertigkeit grundsätzlich gegeben ist und nur einzelne Ergänzungen auf die volle Gleichwertigkeit fehlen, ist das Rektorat berechtigt, die Feststellung der Gleichwertigkeit mit der Auflage von Prüfungen zu verbinden, die während des jeweiligen Doktoratsstudiums abzulegen sind. Das Rektorat kann festlegen, welche dieser Prüfungen Voraussetzung für die Ablegung von im Curriculum des Doktoratsstudiums vorgesehenen Prüfungen sind.

Gemäß Art. 4 Abs. 1 des Abkommens zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung der Bundesrepublik Deutschland über Gleichwertigkeiten im Hochschulbereich (Abkommen mit Deutschland), BGBl. III Nr. 6/2004 eröffnen Hochschulgrade und akademische Grade im Sinne des Artikels 2 Absätze 1 und 2 sowie Zeugnisse über gleichrangige Staatsprüfungen den Zugang zu einem weiterführenden beziehungsweise einem weiteren Studium oder zu Studien mit dem Ziel der Promotion im jeweils anderen Staat in dem Ausmaß, in dem dies im Herkunftsstaat möglich ist, gegebenenfalls nach weiterer Maßgabe der für die Hochschulen im Aufnahmestaat geltenden Regelungen.

3.2.5. Bei der Beurteilung der Anerkennung von Studien und Anerkennung von Prüfungen im Hinblick auf die Frage der Gleichwertigkeit ist, insbesondere unter Heranziehung der jeweils zur Anwendung kommenden studienrechtlichen Vorschriften darzulegen, welcher Stoff in welchem Schwierigkeitsgrad und in welchem Umfang durch die zu vergleichenden Lehrveranstaltungen vermittelt wird (siehe für viele VwGH vom 29.06.2006, 2003/10/0251).

Der Nachweis der allgemeinen Universitätsreife für ein angestrebtes Doktoratsstudium der Technischen Wissenschaften wäre dann erbracht, wenn das absolvierte Masterstudium für das angestrebte Doktoratsstudium gemäß § 64 Abs. 4 UG 2002 als "fachlich in Frage kommend" (facheinschlägig) oder zumindest als grundsätzlich gleichwertig angesehen werden könnte. Ob die Facheinschlägigkeit im Sinn dieser Bestimmung gegeben ist, dh ob in qualitativer und quantitativer Hinsicht die fachlichen Grundlagen für das beantragte Studium vermittelt werden, ist aus der Sicht des angestrebten Doktoratsstudiums zu beurteilen. Nichts Anderes gilt für die Frage, ob ein Studium vorliegt, das einem Studium, das für das Doktoratsstudium fachlich in Frage kommt, gleichwertig ist (vgl. VwGH 21.05.2012, 2011/10/0113).

Wenn durch das absolvierte Studium zwar eine grundsätzliche, aber nicht die volle Gleichwertigkeit gegeben ist, sieht das Gesetz die Herstellung der Gleichwertigkeit durch die Vorschreibung von Prüfungen vor, die während des jeweiligen Doktoratsstudiums abzulegen sind.

Maßgeblich sind dabei der akademische Grad und jene studienrechtlichen Vorschriften, auf Grund deren er erworben wurde. Wie gegenständlich festzustellen ist, berechtigt das vom Beschwerdeführer absolvierte Studium nach den maßgeblichen Vorschriften des Freistaates Sachsen, die Zulassung zur Promotion.

Im Sinne des Abkommens mit Deutschland obliegt es der belangten Behörde genauso wenig, die individuelle Schwerpunktsetzung durch den Vortragenden bei den, auf Grund der von der autonomen deutschen Universität anzuwendenden studienrechtlichen Vorschriften, durchgeführten Prüfungsleistungen zu hinterfragen, wie ihr verwehrt ist, die Anrechnung auf solche Prüfungsleistungen einer eigenen Bewertung zu unterziehen.

An dieser Stelle ist festzuhalten, dass gemäß § 78 Abs. 1 Z 3 UG auch in Österreich positiv beurteilte Prüfungen an einer berufsbildenden höheren Schule in den für die künftige Berufstätigkeit erforderlichen Fächern, soweit sie den im Curriculum vorgeschriebenen Prüfungen gleichwertig sind, vom für die studienrechtlichen Angelegenheiten zuständigen Organ bescheidmäßig anzuerkennen sind. Für eine pauschale Negierung der Eignung von an einer Höheren Technischen Lehranstalt erbrachten Prüfungsleistungen zur Anerkennung als Prüfungen an einer Universität, bleibt somit kein Raum.

Die belangte Behörde wird daher im weiteren Verfahren zu ermitteln und insbesondere auch in der Begründung des zu erlassenden Bescheides darzulegen haben, ob aufgrund studienrechtlichen Vorschriften in qualitativer und quantitativer Hinsicht bei dem vom Beschwerdeführer absolvierten Studium ein grundsätzlich gleichwertiges vorliegt. Gegen die Heranziehung der nach dem European Credit Transfer System (ECTS) vergebenen Anrechnungspunkte für die Beurteilung der Gleichwertigkeit des Umfangs von Lehrveranstaltungen bestehen seitens des VwGH keine grundsätzlichen Bedenken (siehe VwGH vom 21.01.2015, Ro 2014/10/0020, zu § 78 Abs. 1 UG). Wenn die Behörde, wie im bekämpften Bescheid eine Berechnung von ECTS-Anrechnungspunkten heranzieht, so ist festzuhalten, dass nach den studienrechtlichen Vorschriften das vom Beschwerdeführer absolvierte Studium einen Umfang von 240 ECTS-Anrechnungspunkten aufweist. Wenn die Behörde weiter davon ausgeht, dass ein inländisches Studium 300 ECTS-Anrechnungspunkte umfasst, wäre aus der bisherigen Rechtsprechung abzuleiten, dass bei dieser 20%-igen Abweichung alleine in quantitativer Hinsicht ein grundsätzlich gleichwertiges Studium vorliegt (siehe die Erläuterungen zur Regierungsvorlage zur Stammfassung des UniversitätsG 2002, 1134 BlgNR XXI. GP, 93 f, wonach Abweichungen bis zu 20 % als geringfügig anzusehen sind).

Somit bleibt für die Behörde in qualitativer Hinsicht und aus der Sicht des angestrebten Doktoratsstudium festzustellen, ob im Sinne der Facheinschlägigkeit mit dem Studium "Elektrotechnik" an der Hochschule Mittweida die fachlichen Grundlagen für das beantragte Studium vermittelt werden. Gegebenenfalls ist zur Herstellung der Gleichwertigkeit die Vorschreibung von Prüfungen vorzunehmen.

3.2.6. Gegenständlich konnte gemäß § 24 Abs. 2 VwGVG von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung Abstand genommen werden, da bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben ist.

3.3. Zu B) (Un)Zulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen - unter Punkt 3.2 dargestellten - Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Anerkennung von Prüfungen Anerkennung von Studienabschlüssen Beschwerdevorentscheidung Doktoratsstudium Ermittlungsmangel Ermittlungspflicht Gleichwertigkeit der Ausbildung Gleichwertigkeit von Studienabschlüssen Kassation mangelnde Feststellungen mangelnde Sachverhaltsfeststellung Vorlageantrag Zulassungsverfahren Zulassungsvoraussetzung Zurückverweisung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W128.2211087.7.00

Im RIS seit

17.09.2020

Zuletzt aktualisiert am

17.09.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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