TE Vwgh Erkenntnis 1997/12/2 97/05/0283

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Veröffentlicht am 02.12.1997
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Index

L80204 Flächenwidmung Bebauungsplan einzelner Gemeinden
Oberösterreich;
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
10/07 Verwaltungsgerichtshof;

Norm

B-VG Art139 Abs1;
B-VG Art139 Abs6;
B-VG Art18 Abs2;
FlWPl 2 Altenberg 1985;
VwGG §42 Abs2 Z1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Degischer und die Hofräte Dr. Giendl, Dr. Kail, Dr. Pallitsch und Dr. Bernegger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Oberkommissärin Dr. Gritsch, über die Beschwerde der Gemeinde Altenberg bei Linz, vertreten durch Dr. Bruno Binder und Dr. Georg Lehner, Rechtsanwälte in Linz, Wischerstraße 30, gegen den Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 30. September 1994, Zl. BauR-P-011045/4-1994 Els, betreffend Versagung der Genehmigung einer Änderung des Flächenwidmungsplanes, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Oberösterreich hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Beschluß des Gemeinderates der Beschwerdeführerin vom 8. November 1975 wurde der Flächenwidmungsplan Altenberg erstellt (Ersterstellung). Nach Genehmigung durch die Aufsichtsbehörde wurde dieser Plan am 29. April 1976 kundgemacht und tags darauf an der Gemeindetafel angeschlagen. Das Grundstück Nr. 601/12, KG Katzgraben, liegt laut diesem Flächenwidmungsplan im Bauland-Wohngebiet. Mit Beschluß des Gemeinderates der Beschwerdeführerin vom 24. April 1985 wurde dieser Flächenwidmungsplan geändert (Bezeichnung: Flächenwidmungsplan 2, Südblatt), welcher nach Genehmigung durch die belangte Behörde am 2. August 1985 durch Anschlag an der Gemeindetafel kundgemacht worden ist. Das Grundstück Nr. 601/12, KG Katzgraben, blieb zwar weiterhin als Bauland-Wohngebiet gewidmet, bezüglich dieses Grundstückes weist jedoch der Plan entlang der an den Wald grenzenden Südseite zusätzlich eine schraffierte, das vorzitierte Grundstück nahezu zu 3/4 (in natura rund 10 m Breite) bedeckende, nicht näher umgrenzte Fläche auf, welche nach der Legende des Flächenwidmungsplanes unter der Rubrik "Planzeichen, 1. Widmungen, 1.1. Bauland" als "Grünfläche im Bauland" ausgewiesen ist.

Mit Verständigung vom 1. Oktober 1993 teilte die Beschwerdeführerin der belangten Behörde die beabsichtigte Änderung des - zwischenzeitig neuerlich, das verfahrensgegenständliche Grundstück Nr. 601/12, KG Katzgraben, jedoch nicht betreffende, geänderten - Flächenwidmungsplanes Nr. III mit. Unter Punkt 13. dieser Verständigung wurde ausgeführt:

"Verringerung des Waldbestandes auf Grundstück Nr. 601/12, KG Katzgraben, von 10 auf 5 m, um so diese Parzelle (früherer Bauplatz) den Anforderungen entsprechend bebauen zu können."

Diesbezüglich sprach sich die belangte Behörde unter Hinweis auf die negative Stellungnahme der Abteilung Forstdienst gegen die beabsichtigte "Änderung" aus.

Am 9. März 1994 faßte der Gemeinderat der Beschwerdeführerin folgenden Beschluß:

"Der Flächenwidmungsplan Nr. III, mit den Änderungen Nr. 3 bis 13, in Form des Planes vom 6. März 1990, verfaßt vom Team M., wird genehmigt und zum Beschluß erhoben."

Dieser Beschluß wurde der belangten Behörde gemäß § 34 Abs. 1 in Verbindung mit § 36 des Oberösterreichischen Raumordnungsgesetzes 1994 (O.ö. ROG 1994) unter Anschluß der Änderungspläne mit dem Ersuchen um aufsichtsbehördliche Genehmigung durch die Beschwerdeführerin vorgelegt.

Aufgrund der Mitteilung der belangten Behörde mit Schreiben vom 18. April 1994, dem vorliegenden Plan die Genehmigung zu versagen, weil er in der gegenständlichen Form den Bestimmungen des § 21 Abs. 1 O.ö. ROG 1994 widerspreche, faßte der Gemeinderat der Beschwerdeführerin am 13. Juli 1994 einen "Beharrungsbeschluß".

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 30. September 1994 wurde "gemäß § 36 in Verbindung mit § 34 Abs. 2 Z. 4 O.ö. Raumordnungsgesetz 1994" neuerlich "der Änderung Nr. 13 zum Flächenwidmungsplan Nr. 3/1990 der Gemeinde Altenberg bei Linz die Genehmigung versagt". In der Begründung führte die belangte Behörde hiezu aus, die Aufzählung der im § 21 Abs. 1 O.ö. ROG erwähnten Flächen, welche nicht als Bauland gewidmet werden dürften, sei nur demonstrativ und widersprächen daher auch Gefährdungen aus anderen Gründen einer solchen Widmung. Im Hinblick auf die der Beschwerdeführerin bereits mitgeteilten und somit bekannten Verstöße gegen Raumordnungsgrundsätze und gesetzliche Bestimmungen, die zufolge des Ergebnisses des Prüfungsverfahrens weiterhin bestünden, sehe sich die belangte Behörde veranlaßt, der vom Gemeinderat der Beschwerdeführerin am 9. März 1994 beschlossenen Änderung Nr. 13 zum Flächenwidmungsplan Nr. 3/1990 aus den Gründen des § 34 Abs. 2 Z. 4 O.ö. ROG 1994 die Genehmigung zu versagen.

In der in der Begründung des angefochtenen Bescheides erwähnten Stellungnahme vom 25. Februar 1994 hat die belangte Behörde zur hier maßgeblichen Änderung des Flächenwidmungsplanes Nr. 13 (Reduktion der Grünfläche im Bauland von ca. 10 m auf 5 m im Bereich des Katzgrabens) ausgeführt, "daß neben der Gefährdung durch die Nähe zum angrenzenden Wald auch die mangelnde Wohnqualität (Verschattung) gegen eine Bebauung dieses Grundstückes spricht". Im übrigen wurde auf die negative Stellungnahme der Abteilung Forstdienst hingewiesen.

In der dagegen erhobenen Beschwerde wird Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in welcher die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird.

Aus Anlaß der Prüfung des vorliegenden Beschwerdefalles sind beim Verwaltungsgerichtshof Bedenken in bezug auf die Gesetzmäßigkeit der Änderung des Flächenwidmungsplanes der Gemeinde Altenberg, Flächenwidmungsplan 2, Südblatt, beschlossen vom Gemeinderat der Beschwerdeführerin am 24. April 1985 entstanden, weshalb mit hg. Beschluß vom 29. August 1995, Zl. A 95/123, an den Verfassungsgerichtshof gemäß Art. 139 Abs. 1 B-VG der Antrag gestellt wurde, den Flächenwidmungsplan 2, Südblatt, der Beschwerdeführerin, soweit hievon das Grundstück Nr. 601/12, KG Katzgraben, betroffen ist, als gesetzwidrig aufzuheben.

Mit Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 8. Oktober 1997, V 160/95-12, wurde der Flächenwidmungsplan 2, Südblatt, der Beschwerdeführerin als gesetzwidrig aufgehoben, soweit hievon das Grundstück Nr. 601/12, KG Katzgraben, betroffen ist. Der Verfassungsgerichtshof teilte die vom Verwaltungsgerichtshof vertretene Rechtsansicht, daß für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit des Genehmigungsbescheides, damit aber auch der Rechtswidrigkeit der von der Gemeinde Altenberg beschlossenen Änderung Nr. 13 des Flächenwidmungsplanes 3 betreffend das Grundstück Nr. 601/12, KG Katzgraben, die geltende Flächenwidmung dieses Grundstückes von Belang ist, weil im Hinblick auf diese Widmung die Änderungsvoraussetzungen gemäß § 36 O.ö. ROG 1994 vorliegen müssen. Der Verfassungsgerichtshof erachtete die im Flächenwidmungsplan 2, Südblatt, für das Grundstück Nr. 601/12, KG Katzgraben, festgesetzte und mit einer schraffierten Fläche gekennzeichnete Widmungskategorie "Grünflächen im Bauland" keinesfalls mit der aus rechtsstaatlichen Gründen erforderlichen Präzision bezeichnet und hat daher die Widmung dieses Grundstückes aus diesen Gründen gemäß Art 139 Abs. 1 B-VG aufgehoben.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die hier anzuwendenden Vorschriften des Landesgesetzes vom 6. Oktober 1993 über die Raumordnung im Land Oberösterreich (O.ö. Raumordnungsgesetz 1994, O.ö. ROG 1994), LGBl. Nr. 114/1993, haben folgenden Wortlaut:

"§ 34 Aufsichtsverfahren und Kundmachung

(1) Beschließt der Gemeinderat einen Flächenwidmungsplan, so ist dieser mit dem dazugehörigen Akt und den Planunterlagen vor Kundmachung des Beschlusses der Landesregierung als Aufsichtsbehörde zur Genehmigung vorzulegen. ...

...

(2) Die Genehmigung darf nur versagt werden, wenn der Plan

...

4. sonstigen gesetzlichen Bestimmungen, insbesondere den Verfahrensbestimmungen, widerspricht ...

...

(3) Vor Versagung der Genehmigung hat die Landesregierung der Gemeinde den Versagungsgrund mitzuteilen und ihr Gelegenheit zu geben, hiezu binnen einer angemessenen, jedoch mindestens sechs Wochen betragenden Frist Stellung zu nehmen.

...

(5) Innerhalb von zwei Wochen nach Einlangen des genehmigten Planes bei der Gemeinde oder nach Fristablauf ist der Plan kundzumachen. Bei Versagung der Genehmigung hat eine Kundmachung des Planes zu unterbleiben. Zwei Ausfertigungen des kundgemachten Planes sind dem Amt der Landesregierung vorzulegen.

...

§ 36 Änderung des Flächenwidmungsplanes und des

Bebauungsplanes

(1) Flächenwidmungspläne (einschließlich dem örtlichen Entwicklungskonzept) und Bebauungspläne sind

1.

bei Änderung der maßgeblichen Rechtslage oder

2.

wenn es das Gemeinwohl erfordert,

zu ändern.

(2) Flächenwidmungspläne und Bebauungspläne können geändert werden, wenn

1. öffentliche Interessen, die nach dem Landesgesetz bei der Erlassung von solchen Plänen zu berücksichtigen sind, dafür sprechen oder

2. diese Änderung den Planungszielen der Gemeinde nicht widerspricht und

3. Interessen Dritter nicht verletzt werden.

...

(4) Für das Verfahren gelten die Bestimmungen des § 33 und des § 34, ...

(5) Auf Nutzungen, die der bisherigen Widmung entsprechen, ist bei Änderung der Flächenwidmungspläne und Bebauungspläne möglichst Rücksicht zu nehmen.

(6) Die Änderung eines Flächenwidmungsplanes oder eines Bebauungsplanes ist durch den Gemeinderat zu begründen; bei der Änderung von Flächenwidmungsplänen muß der Begründung oder den Planungsunterlagen überdies die erforderliche Grundlagenforschung und Interessenabwägung zu entnehmen sein."

Die belangte Behörde hat der vom Gemeinderat der Beschwerdeführerin beschlossenen Änderung Nr. 13 zum Flächenwidmungsplan Nr. 3/1990 im Grunde des § 36 O.ö. ROG 1994 in Verbindung mit § 34 Abs. 2 Z. 4 leg. cit. deshalb die Genehmigung versagt, weil bezüglich des hier gegenständlichen Grundstückes Nr. 601/12, KG Katzgraben, die beabsichtigte Verringerung der ohnehin schon sehr geringen Schutzzone in Form einer Grünfläche im Bauland zwischen dem Bauland und dem angrenzenden Wald von derzeit 10 m auf 5 m mit den Bestimmungen des § 21 Abs. 1 O.ö. ROG 1994 keinesfalls vereinbar sei.

Aufgrund der mit Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 8. Oktober 1997, V 160/95-12, erfolgten Aufhebung des Flächenwidmungsplanes 2, Südblatt, soweit hievon das Grundstück Nr. 601/12, KG Katzgraben, betroffen ist, hat der Verwaltungsgerichtshof nunmehr diese geänderte Rechtslage zu beachten.

Gemäß Art. 139 Abs. 6 B-VG ist eine vom Verfassungsgerichtshof als gesetzwidrig aufgehobene Verordnung - anders als bei allen anderen vor der Aufhebung verwirklichten Tatbeständen - in bezug auf den Anlaßfall nicht anzuwenden. Da es sich beim vorliegenden Beschwerdefall um einen solchen Anlaßfall handelt, ist dieser im fortgesetzten Beschwerdeverfahren beim Verwaltungsgerichtshof anhand der bereinigten Rechtslage nach Wegfall des angeführten Teiles des Flächenwidmungsplanes 2, Südblatt, der Beschwerdeführerin zu prüfen. Hiebei hat der Verwaltungsgerichtshof entsprechend der Judikatur des Verfassungsgerichtshofes zu berücksichtigen, daß die Aufhebung einer Änderung einer Verordnung nicht bewirkt, daß diese Verordnung in der Form vor ihrer Änderung durch die aufhebende Verordnung wieder in Kraft tritt (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 27. Februar 1996, Zlen. 96/05/0017, 0018).

Im vorliegenden Fall erweist sich der angefochtene Bescheid schon deshalb als rechtswidrig, weil die belangte Behörde bei der ausdrücklich auf § 36 O.ö. ROG 1994 in Verbindung mit § 34 Abs. 2 Z. 4 leg. cit. gestützten Versagung der Genehmigung der Änderung Nr. 13 zum Flächenwidmungsplan Nr. 3/1990 der Beschwerdeführerin von der aufgrund des Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofes vom 8. Oktober 1997 als gesetzwidrig erkannten und demnach auf den Anlaßfall nicht anzuwendenden Rechtslage ausging, wonach eine "Schutzzone in Form einer Grünfläche im Bauland zwischen dem Bauland und dem angrenzenden Wald von derzeit 10 m" vorliege, deren Verringerung "auf 5 m mit den Bestimmungen des § 21 Abs. 1 O.ö. ROG 1994 keinesfalls vereinbar" sei.

Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1997:1997050283.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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