TE Lvwg Erkenntnis 2020/7/28 LVwG-AV-736/001-2020

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 28.07.2020
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Entscheidungsdatum

28.07.2020

Norm

AWG 2002 §73 Abs1
VVG 1991 §4

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich erkennt durch MMag. Horrer als Einzelrichter über die Beschwerde der Frau A gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Tulln vom 16. Juni 2020, Zl. ***, betreffend eine Anordnung einer Ersatzvornahme und betreffend die Vorauszahlung der Kosten der Ersatzvornahme in einer Angelegenheit nach dem Abfallwirtschaftsgesetz 2002 (AWG 2002) zu Recht:

1.   Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 1 und 2 Verwaltungsgerichtsverfahrens-gesetz - VwGVG als unbegründet abgewiesen; gleichzeitig wird die Frist für die Vorauszahlung der Kosten der Ersatzvornahme an die Bezirkshauptmannschaft Tulln in der Höhe von € 13.062,50 bis spätestens 30. September 2020 neu festgelegt.

2.   Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 - VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof im Sinne des Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe:

Aus dem von der Bezirkshauptmannschaft Tulln (im Folgenden: belangte Behörde) vorgelegten Verwaltungsakt und der Beschwerde der Frau A (im Folgenden: Beschwerdeführerin) ergibt sich für das gegenständliche Gerichtsverfahren im Wesentlichen folgender relevanter Sachverhalt:

Aufgrund der Einholung eines Gutachtens eines Amtssachverständigen für KFZ-Technik sowie diverser Erhebungen der Technischen Gewässeraufsicht der belangten Behörde, in welchen festgestellt wurde, dass Herr B, Sohn der Beschwerdeführerin, die verfahrensgegenständlichen Abfälle auf die verfahrensgegenständlichen Grundstücke Nrn. ***, *** und ***, je KG ***, verbracht und diese dort gelagert hat, erließ die belangte Behörde gegen die Beschwerdeführerin als Eigentümerin der verfahrensgegenständlichen Grundstücke den Bescheid vom 9. September 2019, Zl. ***, mit welchem die Beschwerdeführerin wie folgt verpflichtet wurde:

„Frau A, wohnhaft in ***, ***, wird verpflichtet, die Altfahrzeuge LKW (bis 3,5t), Volkswagen, Type LT31, weiß, mit der Aufschrift ‚***‘ und LKW, Renault, Type F40 Kasten, weiß, Fahrgestellnummer ***, sowie verschiedenste Baumaterialien in unterschiedlichen Lagermengen, Alteisen in jeglicher Form, diverse Gegenstände in Kunststoff ausgeführt, Sperrmüll, Bauholz gestapelt und in loser Schüttung und Leergebinde aller Art, insgesamt Ablagerungen in einer Menge von ca. 30 m³, unverzüglich, jedoch bis spätestens 15. Oktober 2019, von den Grundstücken Nr. ***, Nr. *** und Nr. ***, alle KG ***, zu entfernen und nachweislich einem Befugten zur Entsorgung zu übergeben.

Die Nachweise über die Entsorgung der genannten Abfälle, ausgestellt von einem Befugten, sind der Bezirkshauptmannschaft Tulln bis spätestens 15. Oktober 2019 vorzulegen.

Die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen diesen Bescheid wird ausgeschlossen, das heißt dieser Bescheid kann trotz einer Beschwerde vollstreckt werden.

Rechtsgrundlagen

§ 73 Abs. 1 des Abfallwirtschaftsgesetzes 2002, BGBI. I Nr. 102/2002, in der Fassung BGBI. I Nr. 71/2019,

§ 13 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz, BGBI. Nr. 33/2013, in der Fassung BGBI. I Nr. 57/2018.“

Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass die im Verfahren eingeholten Gutachten und Stellungnahmen, auch jene der Technischen Gewässeraufsicht, schlüssig und nachvollziehbar seien, weswegen die Entscheidung auf diese gestützt werden könne. Um eine Beeinträchtigung der öffentlichen Interessen hintanzuhalten, insbesondere damit die Umwelt nicht über das unvermeidliche Ausmaß hinaus verunreinigt werde, sei der Auftrag zu erteilen gewesen, die im Spruch genannten Altfahrzeuge und Abfälle zu entfernen und einer ordnungsgemäßen Entsorgung zuzuführen. Aufgrund des von den Amtssachverständigen beschriebenen Zustandes der Altfahrzeuge und der übrigen gelagerten Abfälle auf den gegenständlichen Grundstücken könne eine Verunreinigung des Bodens und des Grundwassers nicht ausgeschlossen werden, weswegen einer Beschwerde die aufschiebende Wirkung abzuerkennen gewesen sei.

Laut des sich im vorgelegten Akt der belangten Behörde befindlichen Zustellnachweises wurde dieser Bescheid der Beschwerdeführerin am 10. September 2019 ordnungsgemäß zugestellt und erwuchs dieser mangels Erhebung eines Rechtsmittels in Rechtskraft.

Nachdem die Beschwerdeführerin ihren Verpflichtungen nicht rechtzeitig nachgekommen war, drohte die belangte Behörde der Beschwerdeführerin mit Schreiben vom 16. Oktober 2019 gemäß § 4 Verwaltungsvollstreckungsgesetz 1991 – VVG die Ersatzvornahme an und setzte sie ihr nochmals eine Frist bis zum 31. Oktober 2019 zur Erbringung der ihr aufgetragenen Leistungen. Gleichzeitig hielt sie fest, dass veranlasst werde, dass die Leistungen auf Gefahr und Kosten der Beschwerdeführerin von jemand anderem erbracht würden, sollte sie ihre Verpflichtungen bis dahin wieder nicht erfüllt haben.

Nachdem die Beschwerdeführerin auch in der Folge ihren Verpflichtungen nicht nachgekommen war, holte die belangte Behörde sodann von diversen Firmen Voranschläge über die zu erwartenden Kosten der Erfüllung ihrer aufgetragenen Verpflichtungen ein und wurden die Kostenvoranschläge der Firmen C GmbH, *** vom 6. Dezember 2019, der D GmbH, *** vom 13. Dezember 2019 und der E GmbH, *** vom 29. November 2019 der Amtssachverständigen für Abfallchemie des Amtes der NÖ Landesregierung, Frau F, zur gutachtlichen Stellungnahme hinsichtlich deren Sachlichkeit und Preisangemessenheit übermittelt.

In ihrer Stellungnahme vom 19. Februar 2020 führte diese im Wesentlichen aus, dass die Angebote der C GmbH, ***, der D GmbH, *** und der E GmbH, ***, zur Erledigung der im Bescheid genannten Arbeiten inhaltlich vergleichbar, sachlich richtig und zielführend seien. Aus fachlicher Sicht sei festzuhalten, dass alle Firmen sachkundig erscheinen würden, um die Arbeiten fachgerecht erledigen zu können.

Zusammenfassend werde aus fachlicher Sicht festgestellt, dass der Auftrag an die Firma D GmbH, ***, vergeben werden könne, weil das Angebot vollständig sei, im Kostenvoranschlag alle Leistungen aus dem Titelbescheid enthalten seien, das Angebot als angemessen anzusehen sei und im Preisvergleich der drei Kostenvoranschläge das Angebot der D GmbH als preisgünstiger einzustufen sei.

Mit Schreiben vom 20. Februar 2020 übermittelte die belangte Behörde der Beschwerdeführerin sodann nachweislich die drei Kostenvoranschläge sowie die Stellungnahme der Amtssachverständigen und räumte sie ihr die Möglichkeit ein, hiezu binnen zwei Wochen eine Stellungnahme abzugeben; eine Stellungnahme gab die Beschwerdeführerin jedoch nicht ab.

Mit Bescheid vom 16. Juni 2020, Zl. ***, ordnete die belangte Behörde sodann gegenüber der Beschwerdeführerin die Ersatzvornahme sowie die Vorauszahlung der Kosten der Ersatzvornahme wie folgt an:

„I.

Die mit rechtskräftigem Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Tulln vom 09. September 2019, ***, auferlegte Verpflichtung, die Altfahrzeuge LKW (bis 3,5t), Volkswagen, Type LT31, weiß, mit der Aufschrift ‚***‘, und den LKW, Renault, Type F40 Kasten, weiß, Fahrgestellnummer ***, sowie verschiedenste Baumaterialien in unterschiedlichen Lagermengen, Alteisen in jeglicher Form, diverse Gegenstände in Kunststoff ausgeführt, Sperrmüll, Bauholz gestapelt und in loser Schüttung und Leergebinde aller Art, insgesamt Ablagerungen in einer Menge von ca. 30 m³, unverzüglich, jedoch bis spätestens 15. Oktober 2019 von den Grundstücken Nr. ***, Nr. *** und Nr. ***, alle KG ***, zu entfernen und nachweislich einem Befugten zur Entsorgung zu übergeben und die Nachweise über die Entsorgung der obgenannten Abfälle, ausgestellt von einem Befugten, der Bezirkshauptmannschaft Tulln bis spätestens 15. Oktober 2019 vorzulegen, wurde nicht erfüllt.

Es wird daher die mit Schreiben der Bezirkshauptmannschaft Tulln vom 16.10.2019, ***, angedrohte Ersatzvornahme angeordnet.

Der Auftrag wird auf Gefahr und Kosten der Frau A, ***, ***, durch das von der Behörde beauftragte Unternehmen durchgeführt werden.

II.

Frau A, ***, ***, wird verpflichtet, als Vorauszahlung für die Kosten der Ersatzvornahme den Betrag von € 13.062,50 bis spätestens 20. Juli 2020 an die Bezirkshauptmannschaft Tulln zu bezahlen.

IBAN: ***

BIC: ***

Zahlungsreferenz: ***

Bankbezeichnung: ***

Empfänger: Bezirkshauptmannschaft Tulln - Amtskassa

Rechtsgrundlagen

zu I.: § 4 Abs. 1 Verwaltungsvollstreckungsgesetz 1991 – VVG, BGBI. Nr. 53/1991, in der Fassung BGBI. I Nr. 33/2013

zu II.: § 4 Abs. 2 Verwaltungsvollstreckungsgesetz 1991 – VVG, BGBI. Nr. 53/1991, in der Fassung BGBI. I Nr. 33/2013.“

Nach Darstellung des verfahrensgegenständlichen Sachverhaltes und der angewendeten Rechtsvorschriften wurde im Wesentlichen begründend ausgeführt, dass bis dato kein Nachweis über die Entsorgung der Abfälle vorgelegt und somit den verfahrensgegenständlichen Verpflichtungen nicht vollständig entsprochen worden sei. Für diesen Fall sehe § 4 VVG 1991 vor, dass die mangelnde Leistung auf Gefahr und Kosten des Verpflichteten von der Behörde bewerkstelligt werden könne, weswegen spruchgemäß zu entscheiden gewesen sei.

Weiters seien auch drei Kostenvoranschläge für die Entsorgung der Abfälle auf dem Grundstück Nr. ***, KG ***, von Befugten eingeholt worden. Am 6. Dezember 2019 sei der Kostenvoranschlag der C GmbH, ***, mit einem Betrag von € 17.160,--, eingelangt, die D GmbH, ***, habe den Kostenvoranschlag vom 13. Dezember 2019 mit einem Betrag von € 13.062,50 und die E GmbH, ***, den Kostenvoranschlag vom 29. November 2019 mit einem Betrag von € 14.280,-- vorgelegt. Von der Amtssachverständigen für Abfallchemie sei mit Stellungnahme vom 19. Februar 2020 zu den vorgelegten Kostenvoranschlägen festgehalten worden, dass sie inhaltlich vergleichbar und sachlich richtig seien. Der Auftrag könne an die D GmbH vergeben werden, weil das Angebot vollständig sei, im Kostenvoranschlag alle Leistungen aus dem Titelbescheid enthalten seien, das Angebot als angemessen anzusehen sei und im Preisvergleich das Angebot der D GmbH als preisgünstiger einzustufen sei. Die Kostenvoranschläge und die Stellungnahme der Amtssachverständigen für Abfallchemie seien ihr mit Schreiben vom 20. Februar 2020 nachweislich zur Kenntnis gebracht worden; eine Stellungnahme hiezu sei bis dato nicht eingelangt.

Es sei daher spruchgemäß zu entscheiden gewesen.

In der dagegen rechtzeitig erhobenen Beschwerde behauptete die Beschwerdeführerin im Wesentlichen, dass nicht sie, sondern ihr entmündigter Sohn B die verfahrensgegenständlichen Gegenstände ohne ihr Wissen auf ihre Grundstücke verbracht hätte und ihr Sohn trotz mehrerer Aufforderungen, diese zu entsorgen, diesen Aufforderungen nicht nachgekommen sei. Sie habe nun ihren Sohn B angezeigt und warte nun auf Nachricht von den zuständigen Behörden. Ihrer Beschwerde legte sie gleichzeitig eine Anzeigenbestätigung bei.

Das Landesverwaltungsgericht hat zu diesem Sachverhalt rechtlich erwogen:

Zu Spruchpunkt 1.:

Gemäß § 28 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz - VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen; andernfalls zufolge § 31 Abs. 1 VwGVG mit Beschluss.

Nach Abs. 2 dieser Gesetzesstelle hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z. 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn

1.         der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder

2.   die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

Soweit das Verwaltungsgericht nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, hat es den angefochtenen Bescheid auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z. 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen.

In seinem Verfahren hat das Verwaltungsgericht – soweit sich nicht aus dem VwGVG anderes ergibt – die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, in Verwaltungsstrafsachen jene des VStG mit Ausnahme des 5. Abschnittes des II. Teiles und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte (§§ 17, 38 VwGVG).

Gemäß § 4 Abs. 1 Verwaltungsvollstreckungsgesetz 1991 – VVG kann die mangelnde Leistung nach vorheriger Androhung auf Gefahr und Kosten des Verpflichteten bewerkstelligt werden, wenn der zu einer Arbeits- oder Naturalleistung Verpflichtete dieser Pflicht gar nicht oder nicht vollständig oder nicht zur gehörigen Zeit nachgekommen ist.

Nach Abs. 2 dieser Gesetzesstelle kann die Vollstreckungsbehörde in einem solchen Fall dem Verpflichteten die Vorauszahlung der Kosten gegen nachträgliche Verrechnung auftragen. Der Auftrag zur Vorauszahlung ist vollstreckbar.

Gemäß § 10 Abs. 1 VVG sind auf das Vollstreckungsverfahren, soweit sich aus diesem Bundesgesetz nicht anderes ergibt, der I. Teil, hinsichtlich der Rechtsmittelbelehrung die §§ 58 Abs. 1 und 61 und der 2. und 3. Abschnitt des IV. Teiles des AVG sinngemäß anzuwenden.

Nach Abs. 2 dieser Gesetzesstelle hat die Beschwerde beim Verwaltungsgericht gegen die Vollstreckungsverfügung keine aufschiebende Wirkung.

Aufgrund des Inhaltes des von der belangten Behörde vorgelegten Verwaltungsaktes sowie aufgrund des Inhaltes der Beschwerde steht für das erkennende Gericht folgendes fest:

Unbestritten steht fest, dass die belangte Behörde ihren Verpflichtungsbescheid vom 9. September 2019 betreffend die Entfernung und Entsorgung der verfahrensgegenständlichen Abfälle von den verfahrensgegenständlichen Grundstücken gegenüber der Beschwerdeführerin erlassen hat und sie darin die Verpflichtete ist.

Weiters steht unbestritten fest, dass dieser Verpflichtungsbescheid vom 9. September 2019 mangels Anfechtung durch die Beschwerdeführerin ihr gegenüber in Rechtskraft erwachsen ist.

Auch steht für das erkennende Gericht fest, dass dieser Verpflichtungsbescheid als Titelbescheid für das gegenständliche Vollstreckungsverfahren hinreichend bestimmt und somit vollstreckbar ist, zumal der Umfang der verfahrensgegenständlichen Verpflichtungen durch einen Fachmann leicht festgestellt werden kann.

Wenn die Beschwerdeführerin nun in ihrer Beschwerde vorbringt, dass die verfahrensgegenständlichen Abfälle von ihren entmündigten Sohn auf die verfahrensgegenständlichen Grundstücke verbracht und gelagert werden und sie auch eine Anzeige gegen ihn erstattet habe, so ist seitens des erkennenden Gerichtes hiezu festzuhalten, dass der belangten Behörde bereits im Zeitpunkt der Erlassung des Titelbescheides vom 9. September 2019 aufgrund ihres Vorbringens bekannt war, dass nicht sie, sondern ihr Sohn, Herr B, die verfahrensgegenständlichen Abfälle auf diese Grundstücke verbracht und dort gelagert hat.

In diesem Zusammenhang ist auf die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. u.a. VwGH vom 26. Jänner 1995, Zl. 94/06/0204, sowie VwGH vom 22. Juni 1995, Zl. 95/06/0106, sowie VwGH vom 20. Mai 2003, Zl. 2001/05/0174, sowie VwGH vom 28. November 2013, Zl. 2013/07/0093, sowie VwGH vom 8. April 2014, Zl. 2012/05/0132, sowie VwGH vom 19. Dezember 2017, Zl. Ra 2016/06/0043) zu verweisen, wonach in einem Vollstreckungsverfahren der Einwand, dass der Titelbescheid an den falschen Adressaten ergangen und die falsche Person verpflichtet worden sei, unerheblich ist, und steht in einem Vollstreckungsverfahren zur Durchsetzung einer in einem Titelbescheid auferlegten Verpflichtung auch ein zivilrechtliches Hindernis (z.B. Eingriff in Rechte Dritter) nicht entgegen (vgl. u.a. VwGH vom 20. Mai 2003, Zl. 2001/05/0174, sowie VwGH vom 28. November 2013, Zl. 2013/07/0093 mwN, sowie VwGH vom 8. April 2014, Zl. 2012/05/0132). Mit einem Hinweis auf z.B. mangelndes Eigentum an den Abfällen wird in Wahrheit ein Mangel des Titelbescheides geltend macht, nämlich, dass der Titelbescheid zu Unrecht sie und nicht einen Dritten verpflichtet hätte, auf den aber zulässigerweise im Vollstreckungsverfahren nicht mehr eingegangen werden kann. Maßgeblich ist vielmehr, dass der Auftrag an die Beschwerdeführerin ergangen ist und daher dieses Vollstreckungsverfahren rechtens gegen sie geführt wird. Eine dritte Person, die Rechte an einem durch die Exekution betroffenen Gegenstand behauptet, hat eine Klage nach § 37 EO einzubringen, wenn sie nicht Adressat der Anordnung in einem Titelbescheid war, welcher Grundlage der Vollstreckungsverfügung im Sinne des § 4 VVG ist (vgl. u.a. VwGH vom 20. Mai 2003, Zl. 2001/05/0174, sowie VwGH vom 28. November 2013, Zl. 2013/07/0093 mwN, sowie VwGH vom 8. April 2014, Zl. 2012/05/0132).

Auch können in einem Vollstreckungsverfahren keine Einwendungen mehr vorgebracht werden, die sich gegen den Titelbescheid, also gegen den Verpflichtungsbescheid vom 9. September 2019, richten (vgl. u.a. VwGH vom 21. März 2013, Zl. 2011/06/0151 mwN, sowie VwGH vom 23. November 2016, Zl. 2013/05/0175). Solche Einwendungen wären im Verfahren des Titelbescheides vorzubringen und dieser eventuell auch anzufechten gewesen.

Da die Ersatzvornahme im Titelbescheid ihre Deckung findet und die verfahrensgegenständlichen Abfälle bis dato noch nicht entfernt und entsorgt wurden, war hinsichtlich der Ersatzvornahme spruchgemäß zu entscheiden (vgl. u.a. VwGH vom 28. Februar 2017, Zl. Ro 2014/06/0029).

Zum Kostenvorauszahlungsauftrag ist festzuhalten, dass der Beschwerdeführerin die drei verfahrensgegenständlichen Kostenvoranschläge sowie deren Überprüfung und Beurteilung durch die abfalltechnische Amtssachverständige zum Parteiengehör übermittelt worden sind und hat sie diesbezüglich keine Stellungnahme abgegeben, sodass für das erkennende Gericht mangels eines diesbezüglichen Vorbringens der Beschwerdeführerin auch feststeht, dass die vorgeschriebenen Kosten nicht unverhältnismäßig hoch sind und die darin angegebenen durchzuführenden Arbeiten auch nicht über die Leistungen, die zu erbringen sind, hinausgehen (vgl. etwa VwGH vom 21. Februar 2013, Zl. 2012/06/0180, sowie VwGH vom 8. April 2014, Zl. 2011/05/0050). Da, wie bereits zuvor dargelegt worden ist, auch die Ersatzvornahme im Titelbescheid ihre Deckung findet, ist auch die verfahrensgegenständliche Kostenvorschreibung rechtmäßig.

Die Frist zur Vorauszahlung der Kosten der Ersatzvornahme war durch den mittlerweile eingetretenen Fristablauf neu festzusetzen, wobei diese Frist in etwa dieselbe Länge aufweist wie jene der von der belangten Behörde festgesetzten Frist; dass die von der belangten Behörde festgesetzte Frist nicht ausreichend sein soll, hat die Beschwerdeführerin nicht behauptet, weshalb auch die nun vom erkennenden Gericht festgesetzte verlängerte Frist ausreichend erscheint.

Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG kann, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union entgegenstehen.

Von der Durchführung der mündlichen Verhandlung wurde Abstand genommen, weil zum einen die Verwaltungsbehörde im Zuge der Vorlage des Verwaltungsaktes auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet und die Beschwerdeführerin eine solche in ihrer Beschwerde trotz Belehrung nicht beantragt hat; zum anderen haben die verfahrensgegenständlichen Unterlagen erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten ließ.

Des Weiteren handelte es sich bei der Lösung der verfahrensgegenständlichen Fragen ausschließlich um Rechtsfragen, zu deren Lösung im Sinne der Rechtsprechung des EGMR eine mündliche Verhandlung nicht geboten war.

Art. 6 Abs. 1 EMRK sowie Art. 47 GRC stehen dem Absehen von einer mündlichen Verhandlung nicht entgegen:

Der EGMR hat in seinen Entscheidungen vom 23. November 2006, Nr. 73.053/01 (Jussila gegen Finnland), vom 10. Mai 2007, Nr. 7.401/04 (Hofbauer/Österreich Nr. 2), und vom 3. Mai 2007, Nr. 17.912/05 (Bösch/Österreich), unter Hinweis auf seine frühere Rechtsprechung dargelegt, dass eine Partei grundsätzlich ein Recht auf eine mündliche Verhandlung vor einem Tribunal hat, außer es lägen außergewöhnliche Umstände vor, die eine Ausnahme davon rechtfertigten. Der EGMR hat das Vorliegen solcher außergewöhnlichen Umstände etwa dann angenommen, wenn das Verfahren ausschließlich rechtliche oder „hoch-technische“ Fragen („exclusively legal or highly technical questions“) betrifft. Der Gerichtshof verwies in diesem Zusammenhang auch auf das Bedürfnis der nationalen Behörden nach zweckmäßiger und wirtschaftlicher Vorgangsweise, das angesichts der sonstigen Umstände des Falles zum Absehen von einer mündlichen Verhandlung berechtige (vgl. u.a. VwGH vom 12. Dezember 2008, Zl. 2005/12/0183, sowie VwGH vom 18. Februar 2015, Zl. 2015/12/0001).

In seinem Urteil vom 18. Juli 2013, Nr. 56.422/09 (Schädler-Eberle/Liechtenstein), hat der EGMR in Weiterführung seiner bisherigen Judikatur dargelegt, dass es Verfahren gebe, in denen eine Verhandlung nicht geboten sei, etwa wenn keine Fragen der Beweiswürdigung aufträten oder die Tatsachenfeststellungen nicht bestritten seien, sodass eine Verhandlung nicht notwendig sei und das Gericht auf Grund des schriftlichen Vorbringens und der schriftlichen Unterlagen entscheiden könne.

Da, wie vorhin dargelegt, der Sachverhalt hinreichend geklärt ist und ausschließlich rechtliche Fragen aufgeworfen wurden, konnte die Entscheidung daher im Sinne des § 24 VwGVG ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung getroffen werden (vgl. u.a. etwa VwGH vom 5. März 2014, Zl. 2013/05/0131).

Zu Spruchpunkt 2.:

Gemäß § 25a Abs. 1 Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 - VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die ordentliche Revision ist nicht zulässig, da im gegenständlichen Verfahren keine Rechtsfragen zu lösen waren, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukommt, weil es vorliegend bloß zu klären galt, ob der Beschwerdeführerin die Ersatzvornahme sowie die Vorauszahlung der Kosten dieser Ersatzvornahme aufgetragen werden dürfen, wobei die Beweiswürdigung auf jenen Grundsätzen aufbaut, wie sie in Lehre und Rechtsprechung anerkannt sind.

Die Entscheidungen weichen nicht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, eine solche Rechtsprechung fehlt auch nicht und werden die zu lösenden Rechtsfragen in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch einheitlich beantwortet.

Darüber hinaus betrifft die durchgeführte rechtliche Beurteilung lediglich den gegenständlichen Fall.

Schlagworte

Umweltrecht; Abfallwirtschaft; Behandlungsauftrag; Ersatzvornahme; Kosten; Vorauszahlung; Einwendungen; res iudicata; Vollstreckung;

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGNI:2020:LVwG.AV.736.001.2020

Zuletzt aktualisiert am

15.09.2020
Quelle: Landesverwaltungsgericht Niederösterreich LVwg Niederösterreic, http://www.lvwg.noe.gv.at
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