TE Bvwg Erkenntnis 2019/10/29 L515 2125043-1

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Veröffentlicht am 29.10.2019
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Entscheidungsdatum

29.10.2019

Norm

B-VG Art133 Abs4
FPG §46a Abs1
FPG §46a Abs4
VwGVG §28 Abs1

Spruch

L515 2125043-1/68E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. H. LEITNER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX alias XXXX alias XXXX alias XXXX auch XXXX auch XXXX auch XXXX alias XXXX alias XXXX , geb. am XXXX alias XXXX , Staatsangehörigkeit ungeklärt (eventuell StA der Republik Armenien, eventuell StA der Republik Ukraine, eventuell StA der Republik Georgien, eventuell StA der Russischen Föderation, eventuell staatenlos), vertreten durch den MigrantInnenverein St. Marx, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 30.03.2016, Zl. " XXXX ", nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 22.11.2016, zu Recht erkannt:

A) Der Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz), BGBl I 33/2013 idgF, § 46a FPG BGBl I Nr. 100/2005 idgF BGBl. I Nr. 70/2015 stattgegeben. Der Aufenthalt von XXXX alias XXXX alias XXXX alias XXXX auch XXXX auch XXXX auch XXXX alias XXXX alias XXXX , geb. am XXXX alias XXXX , Staatsangehörigkeit ungeklärt (eventuell StA der Republik Armenien, eventuell StA der Republik Ukraine, eventuell StA der Republik Georgien, eventuell StA der Russischen Föderation, eventuell staatenlos), vertreten durch den MigrantInnenverein St. Marx ist vorübergehend geduldet.

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrenshergang

I.1.1. Die beschwerdeführende Partei (in weiterer Folge kurz als "bP" und bezeichnet), stellte am 1.12.2011 und am 20.12.2012bei der belangten Behörde ("bB") einen Antrag auf Ausstellung einer Karte für Geduldete.

I.1.2. In Bezug auf das bisherige verfahrensrechtliche Schicksal und das Vorbringen der bP in Österreich wird vorerst auf die Ausführungen der bB im angefochtenen Bescheid verwiesen, welche wie folgt wiedergegeben werden:

"

- Sie reisten zu einem der Behörde nicht bekannten Zeitpunkt in das österreichische Bundesgebiet ein.

- Sie bedienten sich im Laufe der Verfahren zahlreicher Identitäten. So behaupteten Sie, der XXXX alias XXXX alias XXXX alias XXXX alias XXXX alias XXXX alias XXXX alias XXXX alias XXXX , geboren am XXXX alias XXXX , StA Armenien alias Ukraine alias staatenlos, verheiratet alias in Lebensgemeinschaft lebend alias ledig, und moslemischen alias christlichen alias jezidischen ..Glaubens zu sein, konnten aber keine einzige dieser Identitäten durch die Vorlage entsprechender Personendokumente nachweisen.

- Sie stellten unter verschiedenen Identitäten insgesamt 5 Anträge auf internationalen Schutz (am 09.05.2005, 19.05.2006, 25.05.2007, 14.09.2007 und 08.04.2009) und wurden sämtliche dieser Asylverfahren rechtskräftig negativ entschieden (mit 25.10.2005, 20.02.2007, 11.02.2009, 29.10.2008 und 14.09.2010).

- Ihrer damit verbundenen Ausreiseverpflichtung sind Sie bis dato nicht nachgekommen.

- Es wurde von der Behörde versucht für Sie ein Heimreisezertifikat zu erlangen, jedoch wirkten Sie am Verfahren nicht mit, indem Sie bei den niederschriftlichen Einvernahmen am 04.09.2007 und am 17.03.2009 ausdrücklich verweigerten das dafür notwenige Formerfordenis auszufertigen bzw. die dafür benötigten Angaben zu machen. Somit konnte aufgrund der von Ihnen bisher getätigten Angaben weder bei der armenischen noch bei der ukrainischen Vertretungsbehörde für Sie ein Ersatzreisedokument in Form eines Heimreisezertifikats erlangt werden.

- Am 01.12.2011 und am 20.12.2012 stellten Sie einen Antrag auf Erteilung einer Duldungskarte, da Sie der Ansicht waren, aus von Ihnen nicht zu vertretenden Gründen nicht in Ihr Heimatland abgeschoben werden zu können. Der Antrag auf Duldung wurde mit Bescheid des BFA vom 23.10.2014 zurückgewiesen. Im Beschwerdeverfahren wurde dieser Bescheid mit Beschluss des BVwG vom 11.06.2015 aufgehoben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an das BFA zurückverwiesen.

- Am 12.11.2015 wurden Sie in einer niederschriftlichen Einvernahme erneut zu Ihren persönlichen Angaben befragt und gaben Sie im Wesentlichen an, dass Sie der XXXX wären, dass Sie abermals nicht bei der Erlangung eines Ersatzreisedokumentes mitwirken und kein Formerfordernis ausfertigen wollen, und dass Sie nicht gewillt sind, das österreichische Bundesgebiet zu verlassen."

I.1.3. Im Zuge des Verfahrens legte die bP ein Schreiben der Botschaft der Republik Armenien in Wien vor, wonach ein armenischer Staatsbürger mit dem dort genannten Namen nicht existiert.

Weiters legte sie das Schreiben eines jezidischen Vereins in Österreich vor, wonach die bP dort Mitglied sei.

Ebenso legte sie eine Mitgliedskarte der Union of Ezidian Youth XXXX (mit Foto), sowie ein Schreiben dieser Organisation vor, wonach sie bP Jezide und ein "member of spiritual council of Ezidians of XXXX " sei, vor.

I.2. Mit im Spruch genannten Bescheid wurde der Antrag abgewiesen. Die bB ging davon aus, dass die bP ihre Identität verschleiere und durch ihre unrichtigen Angaben bzw. der "Weigerung der Ausfertigung des Formerfordernisses für ein Heimreisezertifikat "zusätzlich der Tatbestand der mangelnden Mitwirkung an der Klärung der Identität und zur Erlangung eines Reisedokuments" vorliegen.

Beweiswürdigend (vermengt mit Elementen der rechtlichen Beurteilung) führe die bB Folgendes aus:

" ...

Sie behaupten der XXXX , geboren am XXXX , StA Armenien alias Ukraine alias staatenlos, verheiratet alias in Lebensgemeinschaft lebend alias ledig, und moslemischen alias christlichen alias jezidischen alias sonstigen Glaubens (Sonnenanbeter) zu sein.

Vorname, Nachname, Geburtsdatum und Staatsangehörigkeit sind wesentliche Bestandteile der Identität, zu Ihrer Person haben Sie lt. Aktenlage in den verschiedenen Verfahren insgesamt 4 Vornamen, 6 Nachnamen, 2 Geburtsdaten und 3 Staatsangehörigkeiten behauptet.

Mangels Vorliegen entsprechender Personendokumente wurden und werden Sie auch weiterhin bis zum Vorliegen entsprechender Dokumente unter der Verfahrensidentität XXXX geb., StA: ungeklärt, geführt.

...

Gem. § 46a Abs. 3 Zi. 1 kann eine Duldung nicht gewährt werden, wenn der Fremde seine Identität verschleiert. Durch die Angabe von 4 Vornamen, 6 Nachnamen, 2 Geburtsdaten und 3 Staatsangehörigkeiten haben Sie eindeutig Ihre Identität verschleiert um dadurch weiteren fremdenpolizeilichen Maßnahmen zu entgehen.

Gem. § 46a Abs. 3 Zi. 3 kann eine Duldung nicht gewährt werden, wenn der Fremde an den zur Erlangung eines Ersatzreisedokumentes notwendigen Schritten nicht mitwirkt oder diese vereitelt. Sie haben die Erlangung eines Ersatzreisedokumentes nicht nur die zahlreichen Identitätsangaben vereitelt, sondern haben Sie bei den Niederschriften am 04.09.2007, am 17.03.2009 und am 12.11.2015 die Ausfertigung eines Formerfordernisses für ein Heimreisezertifikat bzw. die Angabe der dafür notwendigen Daten komplett verweigert und konnte daher mangels Ihrer Mitwirkung kein Heimreisezertifikat erlangt werden.

Somit liegen zwei gewichtige Gründe vor, die ausschließlich Sie selbst zu vertreten haben, dass Ihre Abschiebung bislang nicht erfolgen konnte und liegt somit auch keinerlei Voraussetzung für die Duldung Ihres Aufenthaltes vor."

I.3. Gegen den genannten Bescheid wurde eine Beschwerde eingebracht. Im Wesentlichen wurde das bisherige Vorbringen wiederholt ging die davon aus, dass die Voraussetzungen für die Ausstellung einer Karte für Geduldete vorliegen.

Die bP hätte sich bisher immer kooperativ verhalten und alle Termine wahrgenommen. Das Ausfüllen von Formblättern der armenischen Staatsmacht sei ihr als Jeziden nicht zumutbar und gefährlich.

Sie wäre stets zur erkennungsdienstlichen Behandlung bereit.

In weiterer Folge ergingen allgemeine rechtliche Ausführungen, an die an den entsprechenden Stellen des gegenständlichen Erkenntnisses eingegangen wird.

Es folgten weitere allgemeine rechtliche Ausführungen, auf welche an den entsprechenden Stellen des gegenständlichen Erkenntnisses eingegangen wird.

Letztlich wurde neben der Ausstellung der Karte für geduldete beantragt, der bB Kostenersatz (in nicht genannter Höhe) aufzutragen.

Die bP beantragte die Durchführung einer Beschwerdeverhandlung.

I.4.1. Nach Einlangen der Beschwerde wurde der bP mit ho. Schreiben vom 17.5.2016 ein Fragenkatalog zu ihrer Person übermittelt. Nach Fristverlängerung brachte die bP einen Schriftsatz ein, wo sie zur konkreten Frage nach ihrem vollständigen Namen und Geburtsdatum lediglich angab, dass sie diese Daten "bereits gleichlautend im Asylverfahren etc. genannt" hätte. Selbst nach einem neuerlichen Hinweis auf die konkrete Fragestellung wurde diese Frage nicht beantwortet.

Die bP nannte weitere Daten zu ihrem Geburtsort, Eltern und Geschwistern.

Auf die Frage, alle Urkunden zu benennen, welche für die bP ausgestellt worden wären, gab sie an, sie hätte eine Geburtsurkunde gehabt, deren Verbleib ihr unbekannt ist. Weiters hätte sie im Jahre 1988 in Armenien den Führerscheingemacht und diesen im Jahre 2000 in einen ukrainischen Führerschein umschreiben lassen, welcher ihr in der Slowakei abgenommen worden wäre. Weiters gäbe es einen "Yesiden-Ausweis" [Anm.: gemeint ist der Ausweis der Union of Ezidian Youth of XXXX ].

I.4.2. Seitens des ho. Gerichts wurden über die Abteilung Dublin und Internationales der belangten Behörde Konsultationen mit der Slowakei hinsichtlich der Behauptungen der bP geführt. Hierbei stellte sich heraus, dass die bP dort unter einem anderen Namen einen Antrag auf internationalen Schutz stellte, hierbei jedoch kein Identitätsdokument, insbesondere nicht den genannten ukrainischen Führerschein vorlegte.

I.4.3. Aufgrund der seitens der bP genannten Daten wurde über einen armenischen Vertrauensanwalt eine Anfrage gestellt, welche die Durchführung von Recherchen vor Ort beinhielt. Hierbei konnte die Identität der bP weder im armenischen Wählerregister, noch bei der seitens der bP genannten Personenstandsbehörde verifiziert werden. Es ergab sich jedoch, dass einige Familien mit dem Namen " XXXX " im Dorf leben. Diese Familien gaben an, dass ein XXXX mit seinen Geschwistern (die Schwester ist in Armenien gemeldet und registriert, hat jedoch ebenfalls das Land verlassen) und Eltern im Dorf lebte, die Familie jedoch in den frühen 90ern Armenien verließ.

I.4.4. In weiterer Folge wurden die seitens der bP vorgelegten Unterlagen der Union of Ezidian Youth of XXXX dem Verbindungsbeamten des BMI in XXXX mit dem Ersuchen auf Überprüfung der Echtheit übermittelt. In einem entsprechenden Antwortschreiben gab dieser bekannt, dass er mit dem angeblichen Aussteller des Ausweises sprach, welcher dem Verbindungsbeamten mitteilte, dass es sich um eine Totalfälschung handelte. Zum einen wurden solche Ausweise im Jahr zum vorgegebenen Ausstellungsdatum nicht mehr ausgestellt und zum anderen wurde die Unterschrift des Ausstellers gefälscht.

I.5.1. Am 22.1.2016 führte das ho. Gericht eine Beschwerdeverhandlung durch. Deren wesentliche Verlauf wird wie folgt wiedergegeben:

"...

RI: Nennen Sie ihren vollständigen Vor- und Familiennamen.

Auf Armenisch heiße ich XXXX .

RI: Haben Sie einmal einen anderen Namen geführt?

P: Ja. Ich habe einen falschen Namen gehabt. Nachgefragt gebe ich an, dass dieser XXXX lautete.

RI: Wo sind Sie geboren?

P: In XXXX .

RI: Wann sind Sie geboren?

P: XXXX .

RI: Haben Sie einmal vor österreichischen Behörden oder vor den Behörden eines anderen Staates einen anderen Namen oder ein anderes Geburtsdatum angegeben?

P: Nur XXXX ).

RI: Wie kam es in den Akten zur Protokollierung von verschiedenen Identitäten ( XXXX geb.,) und verschiedenen Staatsbürgerschaften (Armenien, Ukraine, staatenlos, StA ungeklärt)

P: Diese Schreibweisen entstanden durch den Fehler des Dolmetschers, ich sagte ich heiße XXXX , aber er hat es falsch protokolliert.

RI: Wie lange lebten Sie in Armenien?

P: Bis 1990.

RI: Wann haben Sie Armenien verlassen?

P: 1990. Nachgefragt gebe ich an, dass es im April oder Mai war, genau kann ich es nicht sagen. Ich habe noch ein Schreiben aus XXXX das ich ihnen zeigen kann.

RI: Mit wem verließen Sie Armenien?

P: Wir alle XXXX . Nachgefragt gebe ich an, dass meine Brüder, meine Schwestern, alle.

RI: Wie alt waren Sie damals?

P: XXXX bzw. XXXX Jahre.

RI: War das noch zu Sowjetzeiten oder war Armenien schon ein eigener Staat?

P: Ich war damals 21 oder 22, ich bin vom Militärdienst zurückgekommen, ich bin zwei Jahre geblieben und als der Krieg begann bin ich weggegangen. Armenien war damals noch nicht selbstständig.

RI: Wo waren Sie beim Militär?

P: In Russland in XXXX . Damals war es die UdSSR.

RI: Bei welcher Einheit waren Sie?

P: XXXX truppen.

RI: Was haben Sie seit der Einreise nach Österreich alles unternommen (sei es erfolgreich oder erfolglos), um frühere Wohnsitze, ihre Staatsangehörigkeit und Identität bescheinigen zu können?

P: Ich bin nach Österreich gekommen um hier zu leben, dort war es nicht mehr möglich zu leben. Ich habe keinen armenischen Pass bekommen und wie Sie selbst wissen wie es in Russland ist kann ich nicht dort bleiben. Ich habe ihnen eine Bestätigung vorgelegt dass ich keinen armenischen Reisepass bekommen habe.

RI: Warum wäre es für Sie gefährlich, wenn Sie armenische Formblätter ausfüllen würden?

P: Weil damals in Armenien Krieg war, man wollte mich in den Krieg ziehen aber ich wollte das nicht. Nach mir wird bis jetzt gefahndet.

RI: Woher wissen Sie dass das nach Ihnen gefahndet wird?

P: Weil damals nach mir gefahndet wurde. Ich konnte nicht nach Armenien, ich konnte nicht in die Ukraine, deshalb bin ich nach Österreich gekommen.

RI: Ihnen wurde seitens des ho. Gerichts ein Fragenkatalog übersandt. Welchen Sie mit Schreiben vom 8.6.2016 schriftlich beantworteten. Entsprechen Ihre Angaben der Wahrheit und haben Sie den Fragekatalog nach bestem Wissen und Gewissen beantwortet?

P: Ja, ich habe nicht gelogen, ich bin ein ehrlicher Mensch. Das mit dem Namen kann vielleicht stimmen, ich habe aus Angst einen falschen Namen angegeben.

RI: Sie legten im Beschwerdeverfahren die Kopie eines Ausweises der "Union of Ezidian Youth of XXXX " vor. Ist das richtig?

P legt Ausweis vor. P: Es gibt ein Zertifikat dazu. Ich habe dieses Dokument in XXXX ausgestellt bekommen als beweis, dass ich XXXX bin.

RI: Beschreiben Sie genau dessen Ausstellung und wie Sie in dessen Besitz gelangten.

P: Ich habe diesen zugeschickt bekommen im Jahr 2013.

RI: Warum hat man Ihnen diesen zugeschickt?

P: Das ich ein XXXX bin.

RI wiederholt die Frage.

P: Ja, ich habe diesen bekommen das ich hier eine Gemeinde mit Yeziden gründe, ich habe eine Unterschriftenliste.

RI nach nochmaliger Wiederholung der Frage: Warum hat diese Organisation diesen Ausweis an diesem Tag ausgestellt?

P: So einen Ausweis bekommt nicht jeder XXXX , ich habe diesen bekommen weil sie dort wissen dass ich ein XXXX bin. Hier gibt es eine Bestätigung (wird von P vorgelegt), eine iranische Frau, sie bestätigt dass ich ein XXXX bin. Wir können zwar nicht kommunizieren weil wir verschiedene Sprachen sprechen aber sie hat bestätigt dass ich ein XXXX bin.

RI: Wer konkret ist an diese Organisation herangetreten und hat um die Ausstellung dieses Dokuments ersucht?

P: ich habe darum ersucht.

Es gibt in XXXX eine Gemeinde, XXXX , Das steht im Schreiben.

RI: Wer hat vor Ort die Ausstellung des Dokuments beantragt?

P: Es ist ein Yezide nach XXXX gefahren, er ist dorthin gegangen und gesagt es gibt in Österreich einen XXXX , die Person dort hat gefragt wer das ist, er sagte es ist XXXX , der Sohn von XXXX , er sagte dann das er mich kenne und mir den Ausweis per Post zugeschickt.

RI: Von welchen Dokumenten wissen Sie, die auf ihre Person ausgestellt wurden?

P: Geburtsurkunde, einen sowjetischen Pass. In der Ukraine wurde mein Pass zerrissen.

RI: Wo befindet sich die Geburtsurkunde?

P: Ich weiß es nicht, ich kann es nicht sagen. Ich weiß nicht wo ich diese liegen lassen habe. Ich hatte noch ein Militärdienstbuch, das war bei der Geburtsurkunde dabei.

RI: Hatten Sie einen Führerschein?

P: Ja, sogar zwei. Einen Ukrainischen und einen georgischen. Den georgischen habe ich wahrscheinlich verloren, den ukrainischen haben mir die slowakischen Behörden abgenommen.

RI: Warum hatten Sie einen georgischen Führerschein?

P: Den haben sie mir mit dem Schreiben der Union of Ezidian Youth of XXXX mitgeschickt.

RI: Wie kamen die georgischen Behörden dazu Ihnen einen Führerschein auszustellen?

P: Mein ukrainischer Führerschein wurde mir in der Slowakei abgenommen. (Nach Wiederholung der Frage) Das haben die Georgier so mit dem XXXX Ausweis für mich besorgt.

RI: Wo ist der georgische Führerschein?

P: Ich habe diesen verloren, ich weiß es nicht. Ich habe ihn mit meinem Handy verloren.

RI: In welchen Staaten der Europäischen Union waren Sie nach dem Verlassen Armeniens aufhältig und wo haben Sie Asylanträge gestellt?

P: Nur in Österreich. Im Jahr 2005 als ich nach Österreich kommen wollte hat mich die slowakische Polizei festgenommen, mir den ukrainischen Führerschein abgenommen und mich gehen lassen. In Folge dessen bin ich nach Österreich gekommen. Ich habe dann ein Schreiben an die slowakische Polizei geschickt, dass mir mein Führerschein wieder ausgehändigt wird, aber ich habe weder eine Antwort noch meinen Führerschein bekommen.

RI: Haben Sie nach 2005 Österreich einmal verlassen?

P: Nein, ich wurde abgeschoben und bin dann wieder zurückgekommen.

RI: Wohin wurden Sie abgeschoben?

P: In die Slowakei.

RI: Wann?

P: Im XXXX oder XXXX 2005.

RI: Seitens des ho. Gerichts wurden Konsultationen mit der Slowakei durchgeführt. Das Ergebnis wird ihnen hiermit zur Kenntnis gebracht.

P (nach Erörterung der Konsultationen): Im Jahr 2012 im Jänner war ich spazieren in der Slowakei, plötzlich wurde ich auf der Straße angehalten, ich hatte damals eine Grüne Asylkarte. Ich wurde gezwungen einen Asylantrag zu stellen. Ansonsten würde man mich nicht mehr frei lassen. Ich war gezwungen einen Asylantrag zu stellen und nach nicht einmal 20 Tagen nachdem man mich freigelassen hat bin ich nach Österreich zurückgekehrt. Bei meiner Anhaltung habe ich den slowakischen Behörden gesagt dass ich eine grüne österreichische Asylkarte habe.

RI: Seitens des ho. Gerichts wurden Recherchen in Armenien über einen Vertrauensanwalt (Qualifikationsprofil wird erörtert) durchgeführt.

P (nach Erörterung des Ermittlungsergebnisses): Ja wir sind alle weggegangen als der Krieg ausgebrochen ist.

RI: Seitens des ho. Gerichts wurden Recherchen in Georgien über den VB des BMI (Begriff und Qualifikationsprofil wird erörtert) durchgeführt.

P (nach Erörterung des Ermittlungsergebnisses): Das weiß ich nicht, ich habe das von dort zugeschickt bekommen. Es ist ein Stempel drauf. Ich wollte nur beweisen dass ich ein XXXX bin, aber gibt es auch österreichische Stempel drauf, ist das auch falsch?

RI fragt die P, ob sie noch etwas Ergänzendes vorbringen will;

P: Nein, ich möchte nur ein Dokument haben.

RI: Waren Sie persönlich jemals in Georgien?

P: Als ich noch jung war früher. Meine Schwestern haben dort geheiratet, aber sie sind jetzt nicht mehr dort, sie sind jetzt alle in Europa.

RI fragt, ob eine weitere Erörterung des Akteninhaltes gewünscht wird, dies wird verneint.

RI fragt die P, ob sie den Dolmetscher gut verstanden habe; dies wird bejaht.

Weitere Beweisanträge: keine.

Sonstige Anträge: keine.

Die von der bF vorgelegten Dokumente werden in Kopie dem Akt beigelegt.

..."

I.5.2. Die bB entsandte keinen Behördenvertreter und brachte sich auch sonst nicht im Beschwerdeverfahren ein.

I.5.3. Die Beschwerde wurde mit ho. Erkenntnis vom 16.12.2016 abgewiesen. Das ho. Gericht ging davon aus, dass in Bezug auf die beide zitierten Ausschlusstatbestände (§ 46a Abs. 3 Z 1 und Z 3 FPG) vorlägen. Ihre Identität stehe nicht fest, weil sie dazu - und ebenso zu ihrer Staatsbürgerschaft - widersprüchliche Angaben gemacht habe; sie habe (außerdem) versucht, die Behörden durch Vorlage eines gefälschten Beweismittels, nämlich eines gefälschten Ausweis eines georgischen Jesidenvereines, zu täuschen und die ihr zumutbare Mitwirkung zur Erlangung eines Reisedokuments, etwa durch das wahrheitsgemäße Ausfüllen eines Formulars zur Erlangung eines Ersatzreisedokuments ("Heimreisezertifikat"), verweigert. Fest stehe lediglich, dass sie aus Armenien stamme und in verschiedenen Asylverfahren rechtskräftig festgestellt worden sei, dass sie armenischer Staatsbürger sei.

I.5.4. Die Ausführungen des ho. Gerichts im Detail:

"...

Die Feststellungen zur Verschleierung der Identität ergeben sich aus dem bereits beschriebenen Verfahrenshergang. Hieraus ergibt sich, dass die bP wiederholt unter verschiedenen Identitäten, aber auch unter Angabe von verschiedenen Staatsangehörigkeiten und Religionsbekenntnissen auftrat. Hier wird auch auf die widersprüchlichen Angaben der bP zu ihrem bisherigen Lebensweg exemplarisch darauf hingewiesen, dass sie im Rahmen ihrer schriftlichen Stellungnahme angab, im Alter von 22 Jahren Armenien verlassen zu haben und dann bis zum Jahre 1993 für die Dauer von 7,5 Jahren in der Russischen Föderation gelebt hätte. Im Rahmen der Beschwerdeverhandlung brachte sie jedoch vor, im Jahre 1990 Armenien im Alter von 31 oder 32 Jahren verlassen zu haben. Andererseits brachte sie vor im Jahre 1967 bzw. 1968 (je nach Version) geboren zu sein. Die seitens der bP gemachten Angaben sind somit mit den Gesetzen der Arithmetik nicht in Einklang zu bringen. Es kann hier auch nicht von bloßen Schätzungsungenauigkeiten gesprochen werden, sondern es liegen gehäufte und massive Ungereimtheiten vor.

Ebenso ergibt sich aus den Konsultationen mit der Slowakei, wo die bP ebenfalls unter einer anderen Identität in Erscheinung trat, dass sie die Existenz eines ukrainischen Identitätsdokuments vortäuschte. Auch hier ergaben sich weitere Widersprüche, zumal sie in der aufgetragenen schriftlichen Stellungnahme von einem armenischen Führerschein sprach, welcher umgeschrieben wurde, in der Beschwerdeverhandlung sprach sie jedoch von einem georgischen Führerschein.

Im Rahmen der schriftlichen Aufforderung, sämtliche Urkunden bekannt zu geben, welche für sie ausgestellt wurden, nannten sie den sowjetischen Pass, den sie in der Beschwerdeverhandlung erwähnte, nicht.

Der Umstand, dass die bP ein gefälschtes Beweismittel zur Täuschung der Behörde vorlag, ergibt sich aus der seitens der Verfahrensparteien nicht konkret und substantiiert bekämpften Auskunft des Verbindungsbeamten des BMI in Tiflis.

Wenn sich die bP in der Verhandlung auf Unkenntnis ihrerseits bzw. auf Versehen der den Amtshandlungen beigezogenen Personen beruft und es so ohne ihr Verschulden zu den verschiedenen Identitäten und der Vorlage von gefälschten Bescheinigungsmitteln kommt, ist festzuhalten, dass seitens des ho. Gerichts ein derartig gehäuftes Auftreten derartiger Umstände in einem einzigen Fall als ausgeschlossen zu betrachten ist und es sich hier sichtlich um einen misslungenen Versuch seitens der bP handelt, ihre Täuschungshandlungen aus Opportunitätserwägungen im Hinblick auf den erhofften Verfahrenshergang zu verschleiern.

Weiters konnte auch die Recherche vor Ort keinen Nachweis erbringen, dass es sich bei der bP um eine Person namens XXXX handelt, sondern ergab sich hieraus, dass in der genannten Region in der Vergangenheit eine Person mit diesem Namen wohnte. Diese Auskunft kann jedoch in Verbindung mit den sonstigen massiven Ungereimtheiten nicht als Nachweis bzw. der Glaubhaftmachung der Identität gesehen werden.

Das genannte Schreiben der armenischen Botschaft in Wien bescheinigt allenfalls, dass in Armenien keine Person als Bürger dieses Staates lebt, welche die von den bP behauptete Identitäten führt. Nicht bescheinigt wird hierdurch jedoch, dass es sich bei der von den bP angegebenen Namen um deren wahre Identität handelt. Das genannten Schreiben indizieren viel mehr, dass die bP unter falscher Identität auftritt, weil gerade der armenische Staat sehr wohl Aufzeichnungen, etwa in Form eines zentralen Melde- und Wählerregisters (letzteres unter www.elections.am sogar öffentlich einsehbar) über die Existenz seiner Bürger führt und daher im Falle, dass die bP unter ihrer wahren Identität auftreten würde, der armenische Staat in der Lage wäre, die Staatsbürgerschaft der bP zu verifizieren.

Die unterbliebene Mitwirkung der bP, welche letztlich dazu führte, dass die bP bis dato nicht abgeschoben werden konnte, ergeben sich aus dem außer Zweifel stehenden Akteninhalt, wo diese Umstände dokumentiert wurden, sowie den in den Vorabsätzen getroffenen Ausführungen. Die bP trat dem Akteninhalt und den seitens der bB gezogenen Schlüssen nicht konkret und substantiiert entgegen. Sie brachte lediglich allgemein vor, sich kooperativ und freundlich verhalten zu haben. Diese nicht näher konkretisierte Äußerung ist einem substanzlosen Bestreiten gleichzuhalten, welches nicht geeignet ist, die Ausführungen der bB in Zweifel zu ziehen. Hier geht auch der Einwand der bP ins Leere, dass ihr das Ausfüllen des HRZ-Formulars aus den von ihr genannten nicht möglich bzw. zumutbar sei, zumal in Bezug auf die wiederholt Asylverfahren geführt wurden und hierbei rechtskräftig festgestellt wurde, dass sie im Falle einer Rückkehr nach Armenien mit keinen relevanten Gefahren zu rechnen hätte und sie auch im gegenständlichen Verfahren keinerlei Umstände vorbrachte, welche entstanden wären, nachdem über einen Antrag auf internationalen Schutz letztmalig inhaltlich entschieden worden wäre.

Die bP stammt aus einem Staat, von dem es al notorisch bekannt anzusehen ist, dass er die Existenz seiner (auch ehemaligen) Bürger dokumentiert(e), entsprechende Register führt und deren Identität durch die Ausstellung entsprechender Dokumente bescheinigt (hierzu sind im RIS eine Vielzahl von Entscheidungen des AsylGH und ho. Gerichts veröffentlicht, wo auf diesen Umstand eingegangen wurde).

Es ist daher davon auszugehen, dass die bP bei entsprechender Mitwirkung in der Lage gewesen wären, ihre Identität zu bescheinigen. Zum einen ist davon auszugehen, dass solche Dokumente existieren und zum anderen kann ebenso davon ausgegangen werden, dass die volljährigen bP logistisch in der Lage wären, bei Verlust entsprechende Duplikate zu erlangen. Man denke nur an die Vorsprache bei der armenischen Botschaft in Wien, an die Bevollmächtigung einer in armenischen aufhältigen Vertrauensperson oder eines armenischen Anwaltes, wozu der Rechtsfreund der bP sicherlich in der Lage gewesen wäre (die armenische Rechtsanwaltskammer betreibt eine Homepage unter http://www.advocates.am/en/ und sind deren Kontakteten über eine einfache Google-Recherche jederzeit auffindbar. Dies setzt natürlich selbstredende voraus, dass die bP unter ihrer wahren Identität auftritt.

Abgesehen von den im Vorabsatz angeführten Überlegungen wäre es der bP zumindest möglich und zumutbar gewesen, vor den österreichischen Behörden und dem ho. Gericht dermaßen wahrheitsgemäße und detaillierte Angaben zu machen, dass diese durch Recherchen vor Ort verifiziert werden könnten. Auch hierzu wäre es jedoch eine unabdingbare Voraussetzung gewesen, dass die bP ihre wahre Identität und Herkunft bekannt geben.

Gerade auf Einwohner der ehemaligen UdSSR und ihrer Nachfolgestaaten kann es als notorisch bekannt angesehen werden, dass in diesen Staaten Personenstandsbehörden existieren, welche die Personenstandsfälle sowie die physische Existenz ihrer Bürger dokumentieren.

Die offensichtlich falschen Angaben zur Identität und Herkunft bzw. sonstige dokumentierte unterlassene Mitwirkung im Verfahren verunmöglichten es der bB bzw. dem ho. Gericht, weitere zielführende Ermittlungen zielgerichtet zu führen und haben sich jene Recherchemöglichkeiten, welche dem ho. Gericht vernünftiger Weise zugemutet werden, und welche nicht in einen unzulässigen Erkundungsbeweis münden, erschöpft bzw. hat sich hieraus ergeben, dass die Angaben der bP zu ihrer Identität und Herkunft aus ihr zu vertretenden Gründen nicht festgestellt werden können.

Aus der unbestrittener Weiser anzunehmenden qualifizierten Obliegenheit zur Mitwirkung im antragsbedürftigen Verfahren ist herleitbar, dass die Antragsteller verpflichtet sind, vor der Behörde entsprechende Auskünfte zu erteilen, welche sie in die Lage versetzen, den maßgeblichen Sachverhalt zu ermitteln. Eine fehlende Bereitschaft zur Mitwirkung kann zwar nicht unmittelbar erzwungen werden (ggf. wäre aber an Zwangsstrafen gem. dem VVG im Rahmen von Amtshandlungen gem. § 46 FPG zu denken), es steht den Behörden bzw. dem ho. Gericht jedoch frei, diese fehlende Bereitschaft zur Mitwirkung im Verfahren der freien Beweiswürdigung zu unterziehen, hieraus entsprechende Schlüsse abzuleiten und die unterlassene Mitwirkung an der Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes damit auch bei der Beurteilung der Glaubhaftmachung -idR zum Nachteil der Partei- zu berücksichtigen (VwGH 26.2.2002, 2001/11/0220; Thienel, Verwaltungsverfahrensrecht, 3. Auflage, S 172; Feßl/Holzschuster, Asylgesetz 2005 Kommentar, S 385 mwN auf die Judikatur des VwGH).

Im Rahmen einer Gesamtschau geht das ho. Gericht daher davon aus, dass die bP ihre wahre Identität und Herkunft verschleiert und an der Erlangung eines Reisedokuments nicht mitwirkt. Im Ergebnis schließt sich das ho. Gericht daher den Ausführungen der bB an."

I.6. Gegen das ho. abweisliche Erkenntnis brachte die bP eine außerordentliche Revision beim VwGH ein, welcher mit do. Erk. vom 31.8.2017 stattgegeben wurde. In seiner Begründung führte das Höchstgericht Folgendes aus:

"...

12 Gemäß dem dann vorgelegten Bericht unternahm dieser Vertrauensanwalt Nachforschungen im genannten Geburtsort des Revisionswerbers. Einsicht in die Register bzw. Nachfragen "at the mayor's office" hätten kein Ergebnis erbracht, "there were no information on the mentioned family found". Der Vertrauensanwalt habe jedoch - so heißt es im Bericht weiter - darüber hinaus gehende Nachforschungen angestellt und bei verschiedenen Familien jesidischen Ursprungs (mit dem Nachnamen des Revisionswerbers) nachgefragt. Diese hätten die Namen folgender Familienmitglieder bestätigt: (Revisionswerber), sein Bruder und seine Schwester (Namen wie vom Revisionswerber angegeben). Der Bruder sei (auch dies entspricht den Angaben des Revisionswerbers) verstorben, die Schwester, die im armenischen Wählerverzeichnis aufscheine, lebe im Ausland. Die Eltern der Geschwister seien Mr. H. B. und Mrs. Z. U. (auch diese Namen hatte der Revisionswerber, von geringfügigen Abweichungen in der Schreibweise abgesehen, so angegeben). Das genaue Alter des Revisionswerbers sei nicht bekannt, er sollte aber zwischen XXXX und XXXX Jahre alt sein. Der Bericht schließt dann damit, es sei noch mitgeteilt worden, dass die Familie ihren gesamten Besitz im Geburtsort verkauft habe und seit ihrer Abreise nach Russland in den frühen 90er Jahren nicht mehr zurückgekehrt sei.

13 Zu diesem Ermittlungsergebnis hielt das BVwG letztlich nur fest, es ergebe sich daraus bloß, dass "in der genannten Region in der Vergangenheit eine Person mit diesem Namen (wie ihn der Revisionswerber seit 2006 durchgehend als den seinen bezeichnete) wohnte". Das greift indes zu kurz und blendet aus, dass der dargestellte Bericht auch sonst die Angaben des Revisionswerbers, insbesondere zu den Namen der Familienmitglieder, bestätigt. Das lässt sich - Richtigkeit des vom Vertrauensanwalt übermittelten Berichts unterstellt - am naheliegendsten nur so erklären, dass der Revisionswerber tatsächlich jene Person ist, die er seit 2006 zu sein behauptet. Andere Möglichkeiten sind zwar nicht ausgeschlossen, irgendwelche diesbezüglichen Anhaltspunkte sind aber nicht ersichtlich.

14 Aus dem Bericht des Vertrauensanwaltes ergibt sich aber offensichtlich weiter, dass eine Person mit dem vom Revisionswerber angegebenen Namen in den offiziellen armenischen Registern nicht aufscheint. Dessen ungeachtet habe aber eine Person mit diesem Namen - jesidischen Ursprungs - im behaupteten Geburtsort des Revisionswerbers bis in die frühen 90er Jahre gelebt. Das entzieht dann aber einerseits dem Argument des BVwG den Boden, dass "der armenische Staat sehr wohl Aufzeichnungen,

etwa in Form eines zentralen Melde- und Wählerregisters ... über die Existenz seiner Bürger führt und daher im Falle, dass (der Revisionswerber) unter (seiner) wahren Identität auftreten würde, ... in der Lage wäre, die Staatsbürgerschaft (des Revisionswerbers) zu verifizieren". Andererseits böte das eine nachvollziehbare Erklärung dafür, dass gemäß dem vom Revisionswerber vorgelegten Schreiben der Botschaft der Republik Armenien vom 17. April 2013 keine Angaben über die Staatsbürgerschaft einer Person des von ihm angegebenen Namens "vorhanden sind". Dass das genannte Schreiben indiziere, der Revisionswerber trete (zuletzt) unter falscher Identität auf, trifft jedenfalls nicht zu.

15 Weiters ist dem BVwG in diesem Kontext bzw. im Zusammenhang mit seiner von ihm als notorisch erachteten Tatsache, dass Armenien die Existenz seiner (auch ehemaligen) Bürger dokumentiere, entsprechende Register führe und die Identität seiner Bürger durch die Ausstellung entsprechender Dokumente bescheinige, noch entgegenzuhalten, dass der Revisionswerber, der als Jeside offensichtlich nicht der armenischen Volksgruppe angehören würde, nach seinen zuletzt erstatteten Angaben Armenien 1990 verließ. Dass der Revisionswerber in der Beschwerdeverhandlung zunächst angab, er hätte Armenien im Alter von XXXX bzw. XXXX Jahren verlassen, was ausgehend von seinem behaupteten Geburtsdatum eine Ausreise 1998 oder 1999 ergeben würde, ist dadurch relativiert, dass er im unmittelbaren Anschluss daran - ohne Vorhalt der Jahresdivergenz - auf ein Alter von XXXX oder XXXX Jahren zu sprechen kam. Im Übrigen stünde ein Verlassen Armeniens 1990 auch mit dem schon mehrfach erwähnten Bericht des armenischen Vertrauensanwaltes in Einklang. Ginge man aber von einem Verlassen Armeniens 1990 bzw. Anfang der 90er Jahre aus, so wäre in die "Dokumentenfrage" miteinzubeziehen gewesen, dass Armenien erst im September 1991 unabhängig wurde und das armenische Staatsangehörigkeitsgesetz erst 1995 in Kraft trat. Vor diesem Hintergrund ist die vom Revisionswerber (seit 2007 immer gleich) behauptete Staatenlosigkeit, für die auch das genannte Botschaftsschreiben vom 17. April 2013 einen zusätzlichen Anhaltspunkt bietet, nicht unplausibel. Auch das wäre vom BVwG zu beachten und näher zu prüfen gewesen.

16 Zusammenfassend ist daher festzuhalten, dass das BVwG maßgebliche Gesichtspunkte aus dem dargestellten Bericht des armenischen Vertrauensanwaltes nicht in seine Überlegungen zur Identität des Revisionswerbers miteinbezogen und relevante Umstände für die Beurteilung der Frage von dessen Staatsangehörigkeit nicht berücksichtigt hat. Seine Überlegungen erweisen sich daher insgesamt als nicht tragfähig und ließen letztlich noch nicht die Annahme zu, der Revisionswerber verschleiere im Sinn des § 46a Abs. 3 Z 1 FPG (aktuell) seine Identität. Insbesondere vermochten sie nach dem Gesagten aber auch nicht die vom BVwG zugrunde gelegte Annahme zu rechtfertigen, der Revisionswerber sei tatsächlich Staatsangehöriger der Republik Armenien und seine Staatsangehörigkeit wäre seitens des armenischen Staates zu verifizieren, würde er unter seiner wahren Identität auftreten. Wenn das BVwG aber überdies darauf rekurriert, dass in verschiedenen Asylverfahren rechtskräftig festgestellt worden sei, es handle sich beim Revisionswerber um einen armenischen Staatsangehörigen, so ist darauf zu verweisen, dass eine in den Asylverfahren allenfalls getroffene Feststellung zu seiner Staatsangehörigkeit keine Rechtskraftwirkungen zu entfalten vermag.

17 Bestanden somit noch keine ausreichenden Anhaltspunkte dafür, dass der Revisionswerber die armenische Staatsangehörigkeit besitzt, sondern vielmehr deutliche Hinweise dafür, dass er staatenlos sei, so konnte - ohne weitere Verifizierung dieser Umstände - aber auch noch nicht gesagt werden, er habe infolge seiner Weigerung, ihm vorgelegte "Formulare für die armenische Botschaft" auszufüllen, an den zur Erlangung eines Ersatzreisedokumentes notwendigen Schritten nicht mitgewirkt und damit den Tatbestand des § 46a Abs. 3 Z 3 FPG verwirklicht.

..."

I.7. Seitens des ho. Gerichts wurde an die bB eine Anfrage gestellt, ob in Bezug auf die bP, nachdem diese rechtswidrig im Bundesgebiet aufhältig war, entsprechende Schritte zur Umsetzung des Art. 3 des Abkommens zwischen der Österreichischen Bundesregierung und der Regierung der Slowakischen Republik über die Rückübernahme von Personen mit unbefugtem Aufenthalt gesetzt wurden. Dies wurde von der bB verneint.

I.8.1. In weiterer Folge wies das ho. Gericht die Beschwerde mit Erk. vom 15.1.2018 neuerlich ab und gelangte zu folgenden Feststellungen:

"II.1.1. Die beschwerdeführende Partei

Die machte zur ihrer Identität widersprüchliche Angaben und legte einen gefälschten Ausweis vor. Erst im fortgeschrittenen Verfahrensstadium machte sie gleichbleibende Angaben. Ebenso mache die bP zu ihrer Staatsbürgerschaft widersprüchliche Angaben.

Die bP verweigerte die ihr zumutbare Mitwirkung zur Erlangung eines (Ersatz)-Reisedokuments, etwa durch das wahrheitsgemäße Ausfüllen eines Formulars zur Erlangung eines Heimreisezertifikats.

Aufgrund des gegenwärtigen Kenntnisstandes dato steht lediglich fest, dass die bP in Armenien (bzw. zu Sojwetzeiten in der Armenischen SSR) geboren wurde, Armenien Anfang der Neunzigerjahre verließ und in verschiedenen Asylverfahren festgestellt wurde, dass die bP armenischer Staatsbürger ist. Fest steht auch, dass die bP neben der Behauptung, armenischer Staatsbürger zu sein, vorbrachte, staatenlos bzw. Staatsbürger der Republik Ukraine zu sein und sich nach ihrer Ausreise aus Armenien in der Russischen Föderation (bzw. zu Sowjetzeiten in der RFSSR) und im Anschluss in der Ukraine (bzw. zu Sowjetzeiten in der Ukrainischen SSR). Ebenso steht fest, dass die bP vorbrachte, ein sowjetischer (Inlands)pass, sowie ein ukrainischer Führerschein wäre auf ihren Namen ausgestellt worden.

Nachdem Anträge auf internationalen Schutz ab- bzw. zurückgewiesen wurden, kam die bP nach der Zurückweisung des zweiten Antrages ihrer Obliegenheit zum Verlassen des Bundesgebietes nicht nach."

I.8.2.Beweiswürdigend führte das ho. Gericht Folgendes aus:

"Die personenbezogenen Feststellungen hinsichtlich der bP ergeben sich - vorbehaltlich der Feststellungen zur Identität, Herkunft und ihres Aufenthaltes vor der Einreise in das Bundesgebiet - aus ihren in diesem Punkt nicht widerlegten Angaben sowie ihren Sprach- und Ortskenntnissen, welche in den verschiedenen asyl- und fremdenpolizeilichen Verfahren getätigt wurden.

Folgende Ausführungen des ho. Gerichts blieben vom VwGH im Lichte des bereits zitierten ho., sowie des höchstgerichtlichen Erkenntnisses unbeanstandet:

- Die bP trat unter verschiedenen Identitäten auf. Erst im fortgeschrittenen Verfahrensstadium machte sie relativ gleichbleibende Angaben

- Die bP machte verschiedene Angaben zu ihrer Staatsbürgerschaft.

- Die machte widersprüchliche Angaben zu den für die ausgestellte Dokumente.

- Die bP legte kein echtes Dokument, sondern lediglich einen gefälschten Ausweis vor.

- Die bP kam ihrer Obliegenheit zum Verlassen des Bundesgebietes nicht nach.

- Die bP verweigerte die Mitwirkung an jenen Verfahrenshandlungen, welcher nach der Einschätzung der Fremdenbehörde bzw. der bB zur Erlangung eines Heimreisezertifikats erforderlich sind, indem sie etwa ein entsprechendes Formular zur Erlangung eines Heimreisezertifikats nicht ausfüllte.

- Die Annahme, dass die bP die von ihr behauptete Identität führt und mit jener Person ident ist, welche von dem seitens des Vertrauensanwaltes genannten Jeziden beschrieben wird, ist eine von mehreren -vertretbaren- Möglichkeiten (ebenso liegt es im Bereich des Möglichen, das die bP die Identität einer ihr bekannten Person, dessen familiäres Umfeld sie kennt, annahm)

- Aufgrund der unterlassenen Mitwirkung durch die bP war es der bB bis dato nicht möglich, bei den in Frage kommenden Staaten (zumindest die Republiken Armenien und die Republik Ukraine, aber letztlich auch die Russische Föderation) Heimreisezertifikate zu beantragen und ist es letztlich auch offen, zu welchem Ergebnis diese Anfragen geführt hätten, wenn sie biometrische Daten mitumfasst hätten

In Entsprechung des bereits genannten höchstgerichtlichen Erkenntnisses, wonach die in der Vergangenheit festgestellte armenische Staatsbürgerschaft im gegenständlichen Verfahren keine Rechtskraftwirkung entfaltet, sind die ho. im durch den VwGH behobenen ho. Erkenntnis angestellten Überlegungen zur Staatsbürgerschaft neu zu bewerten und ist im Lichte dieser Neubewertung nicht (mehr) auszugschließen, dass die bB Staatsbürger der Russischen Föderation oder der Republik Ukraine ist. So ist in Entsprechung einer Mehrzahl im RIS veröffentlichten Erkenntnisse des AsylGH und des ho. Gerichts davon auszugehen, dass im Zuge des Zerfalles der UdSSR in der Russischen Föderation alle Staatsbürger der ehemaligen UdSSR, die am Tag des Inkrafttretens dieses russischen Staatsbürgerschaftsgesetzes ständig auf dem Territorium der RSFSR lebten, als Staatsbürger der Russischen Föderation anerkannte wurden, sofern sie nicht innerhalb eines Jahres nach diesem Tag erklären, der Staatsbürgerschaft der Russischen Föderation nicht angehören zu wollen (vgl. ho. Erk. vom 18.2.2016, L515 1315460-5/41E mwN) und erscheint es daher im Lichte der seitens der bP beschriebenen Lebensgeschichte nicht unwahrscheinlich, dass die bP Staatsbürger der Russischen Föderation ist. Ebenso erscheint es aufgrund der Angaben der bP zu ihrer auch behaupteten ukrainischen Staatsbürgerschaft und ihres behauptetermaßen mehrjährigen Aufenthaltes in der Republik Ukraine, sowie des dort behauptetermaßen stattgefundenen Kontaktes zu den Behörden und der Ausstellung eines ukrainischen Dokuments im Bereich des Möglichen, dass sich die bP mehrere Jahre legal in der Ukraine aufhielt und dass diese die ukrainische Staatsbürgerschaft erworben hat.

Jedenfalls zeigt für das ho. Gericht das Verhalten der bP gegenüber der bB und dem ho. Gericht, indem sie sich weigerte, an der Erlangung eines Heimreisezertifikates mitzuwirken, dass sie sichtlich bestrebt war, wesentliche Sachverhaltsbestandteile zu verschleiern, was jedoch nur nachvollziehbar erscheint, wenn sie sich aus diesen Verschleierungshandlungen einen Vorteil erblickt. Ein solcher Vorteil ist wiederum im Rahmen der Denkgesetze der Logik nur in dem Umstand erkennbar, dass sie hierdurch die Erlangung eines Heimreisezertifikats vereitelt, zumal sie sich aus Österreich qualifiziert ausreiseunwillig zeigt, was wiederum bedeutet, dass die bB in die Lage versetzt würde, ein solches zu erlangen, wenn die bP von Verschleierungshandlungen Abstand nehmen würde, da sich ansonsten die Verschleierungshandlungen im Hinblick auf das angestrebte Ziel als sinnlos erweisen würden.

Zum gegenwärtigen Zeitpunkt geht erkennende Gericht davon aus, dass die bP ihre Abschiebung durch die von ihr gesetzten und bereits näher beschriebenen Handlungen vereitelte. Hätte sie im Verfahren entsprechend mitgewirkt, ist davon auszugehen, dass die bereits abgeschoben worden wäre.

Das ho. Gericht geht letztlich im Rahmen einer Gesamtbetrachtung davon aus, dass die bB in die Lage versetzt würde, den Herkunftsstaat der bP festzustellen und somit die Erlangung eines Heimreisezertifikates entsprechend wahrscheinlich wäre, wenn die bP ihrer Obliegenheit zur Mitwirkung im Verfahren entsprechen würde."

I.8.3. Das ho. Gericht ging davon aus, dass die rechtlichen Voraussetzungen für die Duldung nicht vorliegen und führte hierzu Folgendes aus:

"...

Da sich die[bP] rechtswidrig im Bundesgebiet aufhält, ihrer Verpflichtung zu dessen Verlassen nicht entsprach und sich sichtlich qualifiziert ausreiseunwillig zeigt, war gegenständlichen Fall daher die bB berechtigt bzw. sogar verpflichtet, entsprechende Schritte zu setzen, welche zur Ausstellung eines Heimreisezertifikats führen und war spiegelbildlich die bP verpflichtet, hierbei mitzuwirken, wobei hier anzumerken ist, dass die Behauptung der bP, nicht jene Staatsbürgerschaft zu besitzen, welche die bB vermute, keinen rechtlich anerkannten Mitwirkungsgrund darstellt (ebenso finden Einwände gegen die Lage im Herkunftsstaat in einem solchen Verfahren keine Beachtung). Viel mehr richtet sich die gesetzliche Obliegenheit an die bP in Bezug auf jenen Herkunftsstaat, welchen die bB vermutet und nicht in Bezug auf jenen welchen die bP -richtig oder falsch- behauptet. Erst wenn die bB ihre Ermittlungsmöglichkeiten ausschöpfte, die bP ihrer entsprechenden Verpflichtung zur Mitwirkung im vollen Umfang mitwirkte, und dennoch kein Heimreisezertifikat erwirkt werden kann, liegt die Schlussfolgerung nahe, dass die Abschiebung der bP aus tatsächlichen von ihr nicht zu vertretenen Gründen unmöglich erscheint. Ein solcher Sachverhalt liegt hier jedoch nicht vor, weil zum einen die bP an der Erlangung eines Heimreisezertifikats in entsprechender, bereits beschriebenen Weise nicht mitwirkte und der bB noch weitere Ermittlungsmöglichkeiten, insbesondere in Bezug auf die Russische Föderation und die Republik Ukraine offen stehen.

Sollte der oa. Fall eintreten, dass die bB ihre Ermittlungsmöglichkeiten ausschöpfte, die bP ihrer Verpflichtung entsprechend im vollen Umfang mitwirkte, und dennoch kein Heimreisezertifikat erwirkt werden kann, liegt einen neuer Sachverhalt vor und steht es der bP frei, einen neuen Antrag gem. § 46a FPG zu stellen.

Der Vollständigkeit halber sei auch darauf hingewiesen, dass die Obliegenheiten bB hier nicht erschöpft sind, indem sie die bP folgenlos zu einem bestimmten Verhalten auffordert, sondern sie wird -da sie im Rahmen der Hoheitsverwaltung auftritt- als Vollstreckungsbehörde auch ihre im Rahmen der Gesetze eingeräumten Befugnisse zur Durchsetzung ihres Willens anzuwenden haben (vgl. hier insbesondere § 46 Abs. 2 FPG, § 19 AVG, die Bestimmungen des VVG).

Ebenso ist seitens des ho. Gerichts in einem anhängigen Verfahren gem. § 46a FPG kein Grund ersichtlich, ihre Bemühungen zur Erlangung eines Heimreisezertifikats für die Dauer des Verfahrens gem. § 46a FPG zu unterbrechen.

..."

I.9. Gegen das oa. Erkenntnis brachte die bP neuerlich eine außerordentliche Revision beim VwGH ein, welcher mit do. Erk. vom 30.8.2018 stattgegeben wurde. In seiner Begründung führte das Höchstgericht Folgendes aus:

"...

6 In seinem die erste Entscheidung des BVwG aufhebenden Erkenntnis vom 31. August 2017 hatte der Verwaltungsgerichtshof zusammenfassend festgehalten, dass die vom BVwG angestellten Überlegungen noch nicht die Annahme zuließen, der Revisionswerber verschleiere im Sinn des § 46a Abs. 3 Z 1 FPG (aktuell) seine Identität; insbesondere rechtfertigten sie nicht die Annahme, der Revisionswerber sei tatsächlich Staatsangehöriger der Republik Armenien und seine Staatsangehörigkeit wäre seitens des armenischen Staates zu verifizieren, würde er unter seiner wahren Identität auftreten. Ausgehend davon, dass noch keine ausreichenden Anhaltspunkte dafür bestünden, der Revisionswerber besitze die armenische Staatsangehörigkeit, sondern vielmehr deutliche Hinweise dafür, er sei staatenlos, habe aber auch nicht gesagt werden können, er habe infolge seiner Weigerung, ihm vorgelegte "Formulare für die armenische Botschaft" auszufüllen, an den zur Erlangung eines Ersatzreisedokumentes notwendigen Schritten nicht mitgewirkt und damit den Tatbestand des § 46a Abs. 3 Z 3 FPG verwirklicht.

7 Das BVwG führte im bei ihm wieder anhängigen Beschwerdeverfahren keine neuen Ermittlungen in Bezug auf Armenien durch. Im nunmehr angefochtenen Erkenntnis vom 15. Jänner 2018 ging das BVwG dann auch nicht mehr davon aus, der Revisionswerber verschleiere iSd § 46a Abs. 3 Z 1 FPG seine Identität. Es legte auch nicht mehr zugrunde, er sei armenischer Staatsangehöriger, verwies aber darauf, dass er zu seiner Staatsbürgerschaft widersprüchliche Angaben gemacht habe. (Außerdem) habe er die ihm zumutbare Mitwirkung an der Erlangung eines Ersatzreisedokumentes, etwa durch das wahrheitsgemäße Ausfüllen eines Formulars zur Erlangung eines Heimreisezertifikates, verweigert; "im Rahmen einer Gesamtbetrachtung" sei davon auszugehen, dass die Erlangung eines Heimreisezertifikates entsprechend wahrscheinlich wäre, wenn der Revisionswerber seiner Obliegenheit zur Mitwirkung im Verfahren nachkommen würde.

8 Dem ist zunächst entgegenzuhalten, dass der Revisionswerber zwar ursprünglich behauptet hatte, armenischer oder ukrainischer Staatsangehöriger zu sein, dass er jedoch seit 2007 durchgehend deponierte, er sei staatenlos. Im Übrigen weigerte er sich zwar mehrfach, "Formulare für die armenische Botschaft" auszufüllen, doch ist dazu schon im Vorerkenntnis vom 31. August 2017 ausgesprochen worden, dass mangels ausreichender Anhaltspunkte für eine armenische Staatsangehörigkeit des Revisionswerbers - ohne weitere Verifizierung - noch nicht gesagt werden könne, er habe infolge dieser Weigerung an den zur Erlangung eines Ersatzreisedokumentes (von der armenischen Botschaft) notwendigen Schritten nicht mitgewirkt und damit den Tatbestand des § 46a Abs. 3 Z 3 FPG verwirklicht (siehe Rn. 17 des genannten Erkenntnisses).

9 Die angesprochene Verifizierung hat das BVwG nicht durchgeführt. Es gelangte allerdings zu dem Ergebnis, dass im Lichte einer Neubewertung der Überlegungen zur Staatsbürgerschaft des Revisionswerbers nicht (mehr) auszuschließen sei, dass er Staatsangehöriger der Russischen Föderation oder der Republik Ukraine sei.

10 Ohne auf diese, nicht auf ergänzenden Ermittlungen des BVwG beruhenden Überlegungen im Einzelnen näher einzugehen, ist dazu zunächst - der Vollständigkeit halber - festzuhalten, dass sich auch daraus nicht ableiten lässt, der Revisionswerber verschleiere aktuell seine Identität. Was aber den Vorwurf anlangt, er habe die zumutbare Mitwirkung an der Erlangung eines Ersatzreisedokumentes verweigert, so ist festzuhalten, dass sich die insoweit allein angesprochenen "Verweigerungshandlungen" (Nichtausfüllen eines Formulars zur Erlangung eines Heimreisezertifikates) ausschließlich auf Armenien beziehen. Dass daraus im gegebenen Zusammenhang nichts abzuleiten ist, wurde schon ausgeführt. Insoweit geht die dann in der rechtlichen Beurteilung des angefochtenen Erkenntnisses zum Ausdruck gebrachte Auffassung, die Mitwirkungspflicht bestehe in Bezug auf jenen Staat, welcher von der Behörde als Herkunftsstaat vermutet werde, fallbezogen ins Leere.

11 Es trifft aber auch nicht zu - wie vom BVwG offenbar noch ergänzend vertreten -, dass die Abweisung des auf § 46a Abs. 1 Z 3 FPG gestützten Antrags des Revisionswerbers auf Ausstellung einer Karte für Geduldete (schon) deshalb gerechtfertigt sei, weil dem BFA noch weitere Ermittlungsmöglichkeiten, "insbesondere in Bezug auf die Russische Föderation und die Republik Ukraine" offen stünden. Abgesehen davon, dass das BVwG grundsätzlich selbst die noch für notwendig erachteten Ermittlungen vorzunehmen gehabt hätte (vgl. in diesem Sinn nur VwGH 29.5.2018, Ra 2018/21/0060, Rn. 10), könnte das Ausbleiben gebotener Ermittlungsschritte nie zulasten des Antragstellers gehen.

12 Aus den dargestellten Gründen, die im Kern auch in den Zulassungsausführungen der gegenständlichen Revision angesprochen werden, erweist sich die Revision als zulässig und berechtigt. Das angefochtene Erkenntnis, in dem im Übrigen die - wenngleich nicht entscheidungswesentlichen - Änderungen des § 46a FPG durch das FrÄG 2017 nicht beachtet wurden, war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen (prävalierender) Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

..."

I.10. Der weitere Verfahrensgang stellt sich wie folgt dar:

I.10.1. Mit Schreiben vom 11.10.2018 wurde der bB mitgeteilt, dass aufgrund des von der bP vorgetragenen Lebensweges und des bisherigen Ergebnisses des Ermittlungsverfahrens die armenische, georgische, ukrainische oder russische Staatsbürgerschaft der bP denkbar ist und wurde der bB als Verfahrenspartei im Rahmen ihrer Obliegenheit zur Mitwirkung im Verfahren ersucht, unter Ausschöpfung der ihr zu Gebote stehen Mitteln, insbesondere durch die Führung von Konsultationen mit den Botschaften der Republik Ukraine, der Russischen Föderation, der Republik Georgien und der Republik Armenien weitere Ermittlungen in Bezug auf die Staatsbürgerschaft der bP zu führen. Weiters wurde angeregt, mit der Republik Slowakei weitere Konsultationen zu führen, um allenfalls weitere Informationen zur Staatsbürgerschaft und Identität der bP zu erhalten.

Ebenso wurde die bB ersucht, das ho. Gericht über das Ergebnis dieser Ermittlungen in Kenntnis zu setzen.

I.10.2. Mit Schreiben 12.10.2018 wurde die bP nochmals angehalten, ihre Identität und Staatsbürgerschaft durch die Vorlage von unbedenklichen nationalen Dokumenten zu bescheinigen. Hierzu wurde die bP auch angehalten, bei den unter Punkt I.10.2. genannten Botschaften vorzusprechen.

I.10.3. Sowohl seitens der bP als auch seitens der bB erfolgte auf die unter Punkt I.10.1. und I.10.2 genannten Schreiben eine Reaktion.

I.10.3. Mit Schreiben vom 2.8.2019 wurde die bP neuerlich zur Vorlage von Bescheinigungsmitteln aufgefordert, worauf sie am 30.8.2019 die Kopie eines sowjetischen Wehrdienstbuches und laut Angaben der bP die Bestätigung über die Ausstellung eines ukrainischen Führerscheins vorlegte. Aufgrund einer Aufforderung durch das ho. Gericht wurden die Originale nachgereicht.

Eine Kopie, eine Übersetzung und ein Scan der Originale wurden der bB nachgereicht.

I.10.4. Mit E-Mail vom 9.9.2019 wurde die bB an das Ersuchen des ho. Gerichts zur mittelbaren Beweisaufnahme erinnert und ersucht, den bisherigen Stand der Ermittlungen bekannt zu geben. Seitens der bB erfolgte hierauf wiederum keine Reaktion.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen (Sachverhalt)

Aufgrund des gegenwärtigen Kenntnisstandes kann davon ausgegangen werden, dass die bP in Armenien (bzw. zu Sowjetzeiten in der Armenischen SSR) geboren wurde, Staatsbürger der UdSSR war, Armenien möglicherweise Anfang der Neunzigerjahre verließ und in verschiedenen Asylverfahren festgestellt wurde, dass die bP armenischer Staatsbürger ist. Fest steht auch, dass die bP neben der Behauptung, armenischer Staatsbürger zu sein, vorbrachte, staatenlos bzw. Staatsbürger der Republik Ukraine zu sein und sich nach ihrer Ausreise aus Armenien in der Russischen Föderation (bzw. zu Sowjetzeiten in der RFSSR) und im Anschluss in der Ukraine (bzw. zu Sowjetzeiten in der Ukrainischen SSR). Ebenso steht fest, dass die bP vorbrachte, ein sowjetischer (Inlands)pass, sowie ein ukrainischer Führerschein wäre auf ihren Namen ausgestellt worden.

Die bP legte nunmehr im Rahmen ihrer sehr spät nachgekommenen Obliegenheit zur Mitwirkung im Verfahren ein sowjetisches Wehrdienstbuch und die Bestätigung über die Ausstellung eines Führerscheines vor. Die Person auf diesem Foto weist eine sehr starke Ähnlichkeit mit der bP auf.

Die bB unterließ ihre Obliegenheit zur Mitwirkung im Beschwerdeverfahren abgesehen von der Mitwirkung bei der Führung von Konsultationen mit der Slowakei faktisch zur Gänze.

Der weitere relevante Sachverhalt ergibt sich aus dem beschriebenen Verfahrenshergang.

Es kann zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht festgestellt werden, dass die Abschiebung der bP aus Gründen, welche diese zu vertreten hat, nicht möglich ist.

2. Beweiswürdigung

Der maßgebliche Sachverhalt ergibt sich aus dem von den Verfahrensparteien nicht beanstandeten unzweifelhaften Akteninhalt und den nachfolgenden Ausführungen.

Die mit Rechten und Pflichten ausgestatteten Parteien sind im gegenständlichen Verfahren unzweifelhaft die bB und die bP. Es sind beide Parteien zur Verfahrensförderung (§ 39 Abs. 2a AVG) und generell zu Mitwirkung im Verfahren verpflichtet und korrespondiert die Offizialmaxime mit der Obliegenheit der Parteien zur Mitwirkung im Verfahren. Bei entsprechender Unterlassung kann die Mitwirkung der Parteien zwar regelmäßig nicht erzwungen werden, es steht dem ho. Gericht jedoch frei, diese Unterlassung der freien Beweiswürdigung zu unterziehen, hieraus entsprechende Schlüsse abzuleiten und die unterlassene Mitwirkung an der Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes damit auch bei der Beurteilung der Glaubhaftmachung -idR zum Nachteil der Partei- zu berücksichtigen (VwGH 26.2.2002, 2001/11/0220; Thienel, Verwaltungsverfahrensrecht, 3. Auflage, S 172; Feßl/Holzschuster, Asylgesetz 2005 Kommentar, S 385 mwN auf die Judikatur des VwGH). Dies gilt sowohl für die bP als auch für die bB.

Im gegenständlichen Fall ist auch darauf hinzuweisen, dass die Verfahrenspartei bB im Administrativverfahren ursprünglich zur amtswegigen Ermittlung des maßgeblichen Sachverhalts im vollen Umfang verpflichtet war und jede unterlassene Ermittlungstätigkeit im Administrativverfahren zu einem rechtswidrigen Fehlen von Ermittlungsergebnissen im verwaltungsgerichtlichen Verfahren und den daraus resultierenden Konsequenzen führt.

In seinem Urteil vom 14.6.2017, C-685 EU:C:2017:452 befasste sich der EuGH mit der Frage, ob nationale Bestimmungen, welche dem Verwaltungsgericht die amtswegige Ermittlung des maßgeblichen Sachverhalts -bei entsprechender Untätigkeit der Behörde- der in der europarechtlichen Judikatur geforderten Objektivität und Unvoreingenommenheit des Gerichts entgege

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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