TE Vwgh Erkenntnis 1997/12/10 95/13/0230

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Veröffentlicht am 10.12.1997
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Index

32/04 Steuern vom Umsatz;

Norm

UStG 1994 §18 Abs2;
UStG 1994 §18 Abs7;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Dr. Fellner, Dr. Hargassner, Mag. Heinzl und Dr. Fuchs als Richter, im Beisein des Schriftführers DDDr. Jahn, über die Beschwerde der S Gesellschaft m.b.H. in W, vertreten durch Dr. Manfred Hintersteininger, Rechtsanwalt in Wien I, Riemergasse 11, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 25. August 1995, Zl. 11-92/2098/01, betreffend nachträgliche Trennung der Entgelte gemäß § 18 Abs. 7 UStG 1994, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die beschwerdeführende GmbH betreibt ein Gastronomieunternehmen. Mit einer Eingabe vom 22. Mai 1991 beantragte die Beschwerdeführerin die "nachträgliche Trennung der Entgelte unter Berücksichtigung des Wareneinkaufs". Die Berechnung werde so durchgeführt, daß der nicht begünstigte Umsatz (20 %) und der Kaffee- und Teeumsatz (10 %) mit den tatsächlichen Rohaufschlägen im Wareneingangsbuch kalkuliert werde; die Differenz zum Gesamtumsatz ergebe den begünstigten Küchenumsatz.

Mit Bescheid vom 8. August 1991 wurde der Antrag abgewiesen. In der Gastronomiebranche könne nicht angenommen werden, daß die Trennung der Entgelte nach Steuersätzen unzumutbar sei. Es würden im Fachhandel "Losungsbogen" angeboten, die eine solche Trennung ermöglichten. Darüber hinaus müßten für diverse interne Abrechnungen (z.B. für Kellner, für Küche, für Alkoholabgabe und Getränkesteuer) Aufzeichnungen geführt werden. Bei einem Gastronomiebetrieb änderten sich die Umsatzstruktur und die Einstandspreise laufend, sodaß ein durchschnittlicher Aufschlagsatz nicht errechnet werden könne. Ein solcher Durchschnittssatz sei auch wegen der Abgabe von Mixgetränken und Heißgetränken nicht zu ermitteln.

In der Berufung gegen diesen Bescheid wurde ausgeführt, bei Einzelhandelsgeschäften sei eine Trennung der Entgelte nicht zumutbar, ebenso bei Betrieben, die über keine entsprechende Registrierkasse verfügten, keine Abrechnungen in Form von Paragonblöcken vornähmen und nur Inklusivpreise verrechneten. Alle drei Voraussetzungen träfen bei der Beschwerdeführerin zu. Für das Bedienungspersonal sei es unmöglich, zu bedienen, zu kassieren und gleichzeitig einen Losungsbogen auszufüllen, der nach Warenarten und Steuersätzen getrennt ist. Die von der Beschwerdeführerin beschäftigten Kellner seien Fixlöhner, sodaß sich der Umsatz nicht auf den Lohn auswirke. Die Losungsermittlung erfolge dadurch, daß bei Geschäftsschluß das Tagesinkasso des Kellners abgezählt wird, welches damit der erzielten Tageslosung entspreche. Eine Ermittlung nach kalkulierten Erlösen für Zwecke der Alkoholsteuer und der Getränkesteuer sei nach Warengruppen ebenfalls möglich. Ansonsten müßten die Entgelte nach den einzelnen Warengruppen schon beim Kassieren in folgender Weise getrennt aufgezeichnet werden:

                   USt       AL        Getränkesteuer

Kaffee u. Tee      10 %      --        10 %

Wein               20 %       5 %      10 %

Bier und

Spirituosen        20 %      10 %      10 %

Alkoholfreie

Getränke           20 %      --        10 %

Speisen            10 %      --        --

         Es werde nicht ein durchschnittlicher Aufschlagssatz

auf alle Warengruppen ermittelt; vielmehr würden von den

nichtbegünstigten Waren die tatsächlichen Verkaufspreise

"auskalkuliert".

Nach einem entsprechenden Vorhalt wurde in einer Eingabe vom 25. Oktober 1991 angegeben, daß das Gastlokal über 40 Sitzplätze und weitere 40 Gartenplätze verfüge. Das Bedienungspersonal müsse sich darauf verlassen, daß die Gäste ihre gesamte Konsumation angeben, bzw. müsse auf sein eigenes Gedächtnis vertrauen. Eine Überwachung des Bedienungspersonals sei nur mittels Kalkulation aus dem Wareneinkauf möglich.

Auf einen weiteren Vorhalt wurde von der Beschwerdeführerin in einer Eingabe vom 4. April 1995 ausgeführt, auf den Bestellzetteln für Küchenumsätze sei nur die Küchenbestellung ohne Preis festgehalten. Weder die Espressomaschine noch der Zapfhahn besäßen ein Zählwerk. Würden die Bestellzettel mit Preisen versehen, so würden dies und die Multiplikation der Bestellzettel einen täglichen Arbeitsaufwand von ein bis zwei Stunden schaffen. Auf den Vorhalt, die Umsatzsteuervoranmeldungen von Jänner 1990 bis Jänner 1991 hätten eine Trennung der Entgelte nach Steuersätzen ausgewiesen, wurde in der Eingabe ausgeführt, die Umsätze des Jahres 1992 hätten sich gegenüber jenen des Jahres 1991 verdoppelt.

Weiters wurden in der Eingabe vom 4. April 1995 die Monatsumsätze der Jahre 1993 und 1994 folgendermaßen aufgegliedert:

                   1993                     1994

      20 %         10 %          20 %            10 %

I    146.332,50     8.799,10     70.676,67      19.914,55

II   110.606,67    26.748,19    113.808,34      18.869,10

III  104.615,00    32.607,28    109.383,34      60.090,91

IV    86.383,34    20.839,10     31.893,34      14.392,73

V     63.010,00    26.055,46     84.575,00      35.989,10

VI    18.883,34     5.985,46     45.835,00       6.188,20

VII    3.732,00       ---,--        ---,--         ---,--

VIII  42.768,34       ---,--     33.316,66      12.808,19

IX    36.006,67    13.980,00     38.613,34      18.841,82

X     63.148,34     4.818,19     76.200,00      21.275,46

XI    65.160,00    16.983,64     71.326,67      20.897,28

XII   74.600,00    36.143,64    123.343,34      41.549,10

Se   815.246,20   192.960,06    798.971,70     270.816,44

total        1.008.206,26                 1.069.788,14

Die Trennung des Wareneinganges in den ersten drei Monaten des Jahres 1993 und die daraus ermittelten Berechnungsgrundlagen der Umsätze wurden auf folgende Weise dargestellt:

Kalkulierter Verkaufspreis (inkl. USt) laut Wareneingangsbuch:

                  I/1993        II/1993       III/1993

Bier              78.079,00      72.160,00      75.084,00

Wein              61.368,00      30.872,00      17.112,00

Spirituosen        9.000,00         ---,--       7.750,00

Alkoholfreies     22.640,00      29.696,00      25.592,00

Zigaretten         4.512,00         ---,--         ---,--

Erlöse inkl.20%

USt (kalkuliert) 175.599,00     132.728,00     125.538,00

Erlöse inkl.10%

USt (kalkuliert)

Kaffee, Tee        5.300,00       5.300,00      10.600,00

                 180.899,00     138.028,00     136.138,00

Gesamtlosung     185.278,00     162.151,00     161.406,00

Losung

10 % USt Küche     4.379,00      24.123,00      25.268,00

Berechnungsgrundlage für die USt:

                   I/1993         II/1993        III/1993

Kaffee,

Tee 10%               5.300,00        5.300,00       10.600,00

Küche 10%             4.379,00       24.123,00       25.268,00

Losung 10%

inkl.USt              9.679,00       29.423,00       25.868,00

Losung 10%

exkl.USt      8.799,10       26.748,19       32.607,28

Losung 20%

inkl.USt            175.599,00      132.728,00      125.538,00

Losung 20%

exkl.USt    146.332,50      110.606,67      104.615,00

Entgelte    155.131,60      137.354,86      137.222,28

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde die Berufung als unbegründet abgewiesen. In der Begründung wurde von der belangten Behörde ausgeführt, in der Gastgewerbebranche würden die Entgelte mit Hilfe von Losungslisten nach Steuersätzen getrennt, wenn keine mechanischen Hilfsmittel wie eine Registrierkasse eingesetzt würden. Dieses branchenübliche Verhalten bestimme den Maßstab der dem Unternehmer zumutbaren Bemühungen zur Trennung der Entgelte nach Steuersätzen. Der dafür erforderliche organisatorische, personelle und zeitliche Aufwand sei zumutbar. Diese Vorgangsweise sei von der Beschwerdeführerin selbst gehandhabt worden. Da die Gesamtbeträge der Entgelte 1993 und 1994 gegenüber 1990 nur eine geringe Veränderung aufwiesen, die Personalsituation bei durchschnittlich drei Mitarbeitern gleichbleibend sei und in den Jahren 1992 und 1993 sogar über mehrere Monate hindurch vier Mitarbeiter beschäftigt worden seien, sei in der vorübergehenden Umsatzausweitung des Jahres 1992 gegenüber dem Jahr 1991 kein Grund gegeben gewesen, eine Unzumutbarkeit (der Losungstrennung) anzunehmen. Warum die Überwachung des Bedienungspersonals nur mittels Kalkulation aus dem Wareneinkauf möglich sei, sei nicht erläutert worden und widerspreche auch der Erfahrung in Gastgewerbebetrieben, in denen Einzelbonierungen erfolgen. Es werde nicht verlangt, daß die Bestellzettel (für Küchenwaren) mit Preisen versehen und diese Bestellzettel ausmultipliziert würden, sondern daß diese Grundaufzeichnungen in eine Strichliste oder auf andere Weise bei der Trennung der Entgelte verarbeitet würden. Nach Auffassung der belangten Behörde war daher die Voraussetzung für eine Ermessensentscheidung i.S.d. § 18 Abs. 1 UStG 1994, nämlich das Vorliegen von Unzumutbarkeit, nicht gegeben.

In der Beschwerde gegen diesen Bescheid werden dessen inhaltliche Rechtswidrigkeit sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht. Die Beschwerdeführerin erachtet sich in ihrem Recht auf ein gesetzmäßiges Abgabenverfahren und damit in ihrem aus § 18 Abs. 7 UStG 1994 abgeleiteten Anspruch auf Gestattung der nachträglichen Trennung der Entgelte durch Berücksichtigung des Wareneinganges verletzt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Nach dem im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides anzuwendenden § 18 Abs. 7 UStG 1994 kann das Finanzamt Unternehmern, denen nach Art und Umfang ihres Unternehmens eine Trennung der Entgelte nach Steuersätzen (vgl. § 18 Abs. 2 Z. 1, 2 und 3 UStG 1994) nicht zumutbar ist, auf Antrag gestatten, daß sie die Entgelte nachträglich unter Berücksichtigung des Wareneinganges trennen. Das Finanzamt darf nur ein Verfahren zulassen, dessen steuerliches Ergebnis nicht wesentlich von dem Ergebnis einer Aufzeichnung der Entgelte, getrennt nach Steuersätzen, abweicht.

Die belangte Behörde hat bei ihrer, eine Gestaltung der die Beschwerdeführerin betreffenden Rechtslage ablehnenden Entscheidung - zutreffend - auf die während des lange andauernden Rechtsmittelverfahrens neu entstandenen Sachverhalte Bedacht genommen. Insbesondere hat die belangte Behörde daraus, daß im Jahre 1990 und im Jänner 1991 eine Trennung der Entgelte von der Beschwerdeführerin selbst vorgenommen worden ist und daß die Erlöse der Jahre 1993 und 1994 - nach einer vorübergehenden Umsatzausweitung des Jahres 1992 - wieder ungefähr die Höhe des Jahres 1990 aufwiesen, den Schluß gezogen, daß eine solche Trennung der Entgelte für die Beschwerdeführerin nicht unzumutbar sei. Weiters hielt es die belangte Behörde nicht für unzumutbar, bei Fehlen von mechanischen oder elektronischen Hilfsmitteln die Küchenumsätze auf Grund der vorhandenen Bestellzettel anhand von Strichlisten festzuhalten. Die belangte Behörde ist somit nach einem umfangreichen und von wesentlichen Mängeln freien Ermittlungsverfahren auf Grund des Ergebnisses dieser Erhebungen zu der Folgerung gekommen, daß die Trennung der Entgelte im Sinne des § 18 Abs. 2 UStG 1994 der Beschwerdeführerin zumutbar ist. Dieses Ergebnis ist nicht zu beanstanden. Im Hinblick auf die länger andauernde Vorgangsweise der Trennung der Umsätze in den Jahren 1990 und 1991 - wobei nach den Ermittlungen der belangten Behörde in den einzelnen Voranmeldungszeiträumen erhebliche Schwankungen aufgetreten sind - kann keine Rede davon sein, daß es sich dabei um einen Versuch gehandelt habe, bei dessen Durchführung sich dessen "Unzumutbarkeit" herausgestellt habe.

Die Auffassung der Beschwerdeführerin, eine Trennung der Entgelte sei in allen Fällen unzumutbar, in denen "entsprechende Einrichtungen" (gemeint offenkundig maschinelle Einrichtungen) fehlen, kann dabei dem Gesetz nicht entnommen werden. Auf welche Weise eine solche Trennung zumutbarer Weise vorgenommen wird, ist für die vorliegende Beurteilung nicht von Bedeutung.

Aus dem zur Beurteilung von Aufwendungen als solche im Sinne des § 34 Abs. 8 EStG 1988 ergangenen Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 14. September 1994, 91/13/0229, auf das sich beide Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens bezogen, können für die Beurteilung, ob die Trennung der Umsätze zumutbar ist, im Hinblick auf die unterschiedliche Sach- und Rechtslage keine hinreichenden Schlüsse gezogen werden.

Unter dem Gesichtspunkt der Verletzung von Verfahrensvorschriften wird von der Beschwerdeführerin gerügt, die belangte Behörde habe im angefochtenen Bescheid keine Feststellung über das Vorbringen getroffen, wonach die Beschwerdeführerin über keine Registrierkasse verfüge, keine Abrechnungen in Form von Paragonblocks vornehme und Inklusivpreise verrechne. Abgesehen davon, daß die belangte Behörde von dem von der Beschwerdeführerin behaupteten Sachverhalt ausgegangen ist, kann sich die Beschwerdeführerin nicht deswegen, weil sie selbst in der Organisation ihres Unternehmens eine wirksame Kontrollmöglichkeit ausgeschlossen hat, auf die Unzumutbarkeit der Trennung der Entgelte berufen.

Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin kommt es auch für die Frage, ob eine Trennung der Entgelte zumutbar ist oder nicht, nicht entscheidend darauf an, ob in anderen Gastronomiebetrieben eine solche Trennung vorgenommen wird.

Die Beschwerde erweist sich damit zur Gänze als unbegründet, sodaß sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG i. V.m. der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1997:1995130230.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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