TE Bvwg Erkenntnis 2020/4/20 I411 2186908-3

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 20.04.2020
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Entscheidungsdatum

20.04.2020

Norm

AsylG 2005 §3
AsylG 2005 §8
AVG §68 Abs1
BFA-VG §17
BFA-VG §21 Abs7
B-VG Art133 Abs4
EMRK Art2
EMRK Art3
VwGVG §24
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2
VwGVG §31 Abs1

Spruch

I411 2186908-3/6E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Robert POLLANZ als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX, alias XXXX, alias XXXX, alias XXXX, geb. XXXX, alias XXXX, alias XXXX, StA. Nigeria, vertreten durch den Verein Menschenrechte Österreich, Alser Straße 20, 1090 Wien, gegen den Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl, Erstaufnahmestelle West, vom 29.11.2019, Zl. XXXX, zu Recht erkannt:

A)

I. Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

II. Der Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung wird als unzulässig zurückgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer stellte am 04.09.2016 einen Antrag auf internationalen Schutz, den er mit der politischen Situation in Nigeria aufgrund der Biafra Bewegung begründete.

2. Im Rahmen seiner niederschriftlichen Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (in Folge: BFA / belangte Behörde) am 16.02.2017 gab er, befragt zu seinen Fluchtgründen, an, dass er in Nigeria von der Biafra Bewegung rekrutiert und in den Kampf für eine unabhängige Region Biafra geschickt worden sei. Hierbei habe er auch Soldaten getötet, sodass er nunmehr von der nigerianischen Regierung gesucht werde. Aus Angst um sein Leben habe er seinen Herkunftsstaat in Richtung Libyen verlassen. Dort habe Krieg geherrscht, weswegen er weiter via Italien nach Österreich gereist sei.

3. Aufgrund von Vergehen des unerlaubten Umganges mit Suchtgiften wurde der Beschwerdeführer mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 27.02.2017, GZ XXXX, zu einer bedingten Freiheitsstrafe in der Dauer von fünf Monaten unter Setzung einer Probezeit von drei Jahren verurteilt.

4. Von der belangten Behörde wurde am 03.03.2017 ein Bescheid erlassen. Dieser konnte dem Beschwerdeführer nicht zugestellt werden. Mit Schreiben vom 29.03.2017 wurde der Beschwerdeführer neuerlich zur Einvernahme im Asylverfahren geladen.

5. Mit Beschluss des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 05.04.2017, GZ XXXX wurde über den Beschwerdeführer wegen Tatbegehungsgefahr die Untersuchungshaft verhängt, denn es bestehe der dringende Tatverdacht, er habe im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit einem weiteren unbekannten Täter vorschriftswidrig Suchtgift auf einer öffentlichen Verkehrsfläche einem anderen gegen Entgelt zu überlassen versucht. Am 27.05.2017 wurde der Beschwerdeführer aus der Untersuchungshaft entlassen.

6. Mit Straferkenntnis der LPD Wien vom 22.08.2017 wurde über den Beschwerdeführer eine Geldstrafe von Euro 266,67 wegen aggressiven Verhaltens gegenüber einem Organ der öffentlichen Aufsicht sowie wegen der Erregung ungebührlicher Weise störenden Lärms verhängt.

7. Nach einem Erhebungsauftrag konnte die neue Wohnadresse des Beschwerdeführers ermittelt, ihm neuerlich eine Ladung zugestellt und der Beschwerdeführer am 04.01.2018 abermals niederschriftlich vor der belangten Behörde einvernommen werden. Befragt zu seinen Fluchtgründen gab er hierbei an, für die Biafra-Gruppe "Age Bogu" gearbeitet zu haben. Man habe ihm gesagt es gäbe einen Job und man würde auch Geld dafür bekommen. Sein Auftrag sei es gewesen, für die Biafra-Bewegung zu kämpfen. Er habe bereits viele Male getötet, zuletzt im Jahr 2015. Immer wenn "Age Bogu" ihm etwas aufgetragen habe, habe er dies erledigt, er töte immer. Als er noch klein war, habe er das Töten bei einem Kult gelernt. Zuvor sei er bei den "Arubaga" Kultisten gewesen. Bei einem Feuergefecht im Rahmen einer Auseinandersetzung am 25.01.2015 sei ein Freund des Beschwerdeführers getroffen worden, während er selbst von einem Soldaten mit dem Gewehrkolben auf den Kopf geschlagen worden sei. Er sei bewusstlos geworden und erst wieder in einer Polizei- oder Soldatenkaserne aufgewacht. Er habe den Namen seines Führers nicht nennen wollen und sei daraufhin mit Benzin übergossen und angezündet worden. Der Beschwerdeführer habe dies überlebt und sei in weiterer Folge nach Benin City gegangen. Dort sei seine Cousine getötet worden, sie hätten sein Haus zerstört und ihm eine Nachricht hinterlassen, dass sie auch ihn holen würden. Er sei dann zu seinen Eltern in sein Heimatdorf zurückgekehrt. Auch seine Mutter habe eine Nachricht bekommen, dass man nach dem Beschwerdeführer suchen würde. Seine Mutter habe ihn "an diese Leute" verraten wollen. Daher sei er ausgereist.

8. Mit Bescheid vom 17.01.2018, ZI. XXXX, wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz vom 04.09.2016 hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) sowie hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf seinen Herkunftsstaat Nigeria (Spruchpunkt II.) als unbegründet ab. Zugleich erteilte sie dem Beschwerdeführer keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erließ gegen ihn eine Rückkehrentscheidung und stellte fest, dass seine Abschiebung nach Nigeria zulässig ist (Spruchpunkt III.). Eine Frist für die freiwillige Ausreise wurde ihm nicht gewährt (Spruchpunkt IV.). Zugleich erkannte die belangte Behörde einer Beschwerde gegen diese Entscheidung die aufschiebende Wirkung ab (Spruchpunkt V.). Ferner wurde gegen den Beschwerdeführer ein auf die Dauer von sechs Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt VI.). Darüber hinaus wurde festgestellt, dass der Beschwerdeführer das Recht zum Aufenthalt im Bundesgebiet ab dem 06.02.2017 verloren hat (Spruchpunkt VII.).

9. Die gegen die Spruchpunkte I. bis V. und VII. des Bescheides vom 17.01.2018, ZI. XXXX, fristgerecht erhobene Beschwerde vom 20.02.2018 wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes (in Folge: BVwG) vom 06.03.2018, Zl. I414 2186908-1/3E, als unbegründet abgewiesen. Der Beschwerde gegen Spruchpunkt VI. wurde hingegen insoweit stattgegeben, als die Dauer des befristeten Einreiseverbotes auf drei Jahre herabgesetzt wurde. Die Entscheidung erwuchs in Rechtskraft.

10. Am 07.05.2019 stellte der Beschwerdeführer einen Folgeantrag auf internationalen Schutz, wobei er vorbrachte, dass die Fluchtgründe aus seinem ersten Asylverfahren gleichgeblieben seien. Ein Asylantrag sei die einzige Möglichkeit für den Beschwerdeführer, hier zu bleiben. Wenn er zurückgeschickt werde, bedeute das seinen Tod; um das zu verhindern, beantrage er neuerlich Asyl. Er wolle jedenfalls hier in Österreich bleiben und könne sich nicht vorstellen, Österreich zu verlassen.

11. Im Rahmen seiner niederschriftlichen Einvernahme vor der belangten Behörde am 20.05.2019 gab er, befragt zu den Gründen seiner neuerlichen Asylantragsstellung, an, in Nigeria nirgendwo hinzukönnen und dort niemanden zu haben. Seine Ausreisegründe seien dieselben wie im ersten Verfahren, doch habe er letztes Jahr etwas Furchtbares erlebt: Er habe einen Freund in Nigeria angerufen und habe dieser dem Beschwerdeführer gesagt, dass "all seine Leute" in Nigeria getötet worden seien. Auf konkrete Nachfrage des Einvernahmeleiters, wen der Beschwerdeführer mit "all seine Leute" meinen würde, gab dieser an, ein guter Freund, welcher gemeinsam mit dem Beschwerdeführer ausgereist sei, zwischenzeitlich jedoch wieder nach Nigeria zurückgekehrt wäre, sei dort getötet worden.

12. Mit Bescheid vom 24.05.2019, Zl. XXXX, wies die belangte Behörde den ersten Folgeantrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz vom 07.05.2019 hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) sowie hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf seinen Herkunftsstaat Nigeria (Spruchpunkt II.) wegen entschiedener Sache gemäß § 68 AVG zurück. Weiters wurde dem Beschwerdeführer aufgetragen, ab 07.05.2019 in folgendem Quartier Unterkunft zu nehmen: BS West AIBE Thalham 80, 4880 St. Georgen im Attergau (Spruchpunkt III.).

13. Eine gegen diesen Bescheid vom 24.05.2019, Zl. XXXX, fristgerecht erhobene Beschwerde vom 29.05.2019 wurde mit Erkenntnis des BVwG vom 29.07.2019,

Zl. I411 2186908-2/5E, rechtskräftig als unbegründet abgewiesen.

14. Am 20.11.2019 stellte der Beschwerdeführer seinen verfahrensgegenständlichen zweiten Folgeantrag, sohin seinen insgesamt dritten Antrag auf internationalen Schutz. Begründend gab er hierbei an, ein psychologisches Problem zu haben. Er leide an Aggressionsschüben, welche er nicht kontrollieren könne und benötige psychiatrische Betreuung. In seinem Zustand könne er nicht in sein Heimatland zurückkehren.

15. Mit Bescheid der belangten Behörde vom 21.11.2019, Zl. XXXX, wurde über den Beschwerdeführer zur Sicherung des Verfahrens über seinen zweiten Folgeantrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme die Schubhaft verhängt.

16. Mit Verfahrensanordnungen der belangten Behörde jeweils vom 22.11.2019 wurde dem Beschwerdeführer zu Kenntnis gebracht, dass beabsichtigt werde, seinen verfahrensgegenständlichen zweiten Folgeantrag auf internationalen Schutz wegen entschiedener Sache zurückzuweisen, und sei er überdies verpflichtet, ein Rückkehrberatungsgespräch in Anspruch zu nehmen.

17. Am 26.11.2019 wurde der Beschwerdeführer niederschriftlich vor der belangten Behörde einvernommen. Hierbei gab er, befragt zu den Gründen seiner neuerlichen Asylantragsstellung, an, seit seiner Einreise nach Europa gesundheitliche Probleme "mit seinem Kopf" zu haben, gegen welche er "gelegentlich Tabletten bekommen" habe. Überdies habe er Probleme mit einer Person in Nigeria, der er Geld schulden würde, welches er nicht zurückzahlen könne. Auch sei seine Cousine in Nigeria, bei welcher er früher gelebt habe, zwischenzeitlich verstorben, sodass er in Nigeria keine Unterkunft mehr habe. Am Ende seiner Einvernahme gab der Beschwerdeführer hingegen ausdrücklich zu Protokoll, er könne wieder nach Nigeria zurückkehren, sobald Biafra unabhängig sei.

18. Mit dem gegenständlich angefochtenen Bescheid vom 29.11.2019, Zl. XXXX, wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz vom 20.11.2019 hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) sowie hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf seinen Herkunftsstaat Nigeria (Spruchpunkt II.) wegen entschiedener Sache gemäß § 68 AVG zurück.

19. Gegen den gegenständlich angefochtenen Bescheid vom 29.11.2019, Zl. XXXX, richtet sich die fristgerecht erhobene Beschwerde vom 12.12.2019 (bei der belangten Behörde eingelangt am selben Tag); darüber hinaus wurde die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung beantragt.

20. Mit Schriftsatz vom 13.12.2019, beim Bundesverwaltungsgericht eingelangt am 16.12.2019, legte die belangte Behörde dem Bundesverwaltungsgericht die Beschwerde samt Verwaltungsakt vor.

21. Am 02.12.2019, während seiner Anhaltung in Schubhaft, brachte der Beschwerdeführer bei der belangten Behörde einen Antrag für unterstützte freiwillige Rückkehrhilfe nach Nigeria ein, welcher abgelehnt wurde.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Zur Person des Beschwerdeführers:

Der volljährige Beschwerdeführer ist ledig, kinderlos, Staatsangehöriger von Nigeria und bekennt sich zum christlichen Glauben. Er gehört der Volksgruppe der I(g)bo an. Seine Identität steht nicht fest.

Der Beschwerdeführer leidet an keiner lebensbedrohlichen oder dauerhaft behandlungsbedürftigen Gesundheitsbeeinträchtigung, die einer Rückführung in seinen Herkunftsstaat entgegenstünde. Er ist erwerbsfähig.

Der Beschwerdeführer reiste illegal ohne Reisedokument aus Nigeria über Libyen nach Italien aus und gelangte weiter nach Österreich. Er hält sich seit (mindestens) 04.09.2016 in Österreich auf, dies jedoch nicht durchgängig, da er das Bundesgebiet inzwischen verlassen hat und in Italien und Deutschland aufhältig war, ehe er wieder illegal nach Österreich eingereist ist.

Die Familie des Beschwerdeführers, insbesondere sein Vater sowie fünf Geschwister, lebt in Nigeria. Er steht weiterhin in Kontakt mit seiner Familie. In Österreich verfügt der Beschwerdeführer über keine Verwandten und über keine maßgeblichen privaten und familiären Beziehungen.

Der Beschwerdeführer besuchte sechs Jahre lang die Grundschule und arbeitete anschließend in einem Laden, wo er mit allerlei Gütern handelte; er war auch als Fliesenleger tätig. Aufgrund seiner Arbeitserfahrung in Nigeria hat er eine Chance auch hinkünftig am nigerianischen Arbeitsmarkt unterzukommen.

Der Beschwerdeführer ist in Österreich vorbestraft. Mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 27.02.2017, GZ XXXX, wurde der Beschwerdeführer wegen Vergehens des unerlaubten Umganges mit Suchtgiften in drei Fällen zu einer bedingten Freiheitsstrafe von fünf Monaten unter Setzung einer Probezeit von drei Jahren verurteilt. Überdies wurde mit Straferkenntnis der LPD Wien vom 22.08.2017 über den Beschwerdeführer eine Geldstrafe von Euro 266,67 wegen aggressiven Verhaltens gegenüber einem Organ der öffentlichen Aufsicht sowie wegen der Erregung ungebührlicher Weise störenden Lärms verhängt.

Er ging in Österreich zu keinem Zeitpunkt einer legalen Beschäftigung nach und bezog Leistungen von der staatlichen Grundversorgung. Seit dem 20.01.2020 verfügt der Beschwerdeführer über keine aufrechte Wohnsitzmeldung mehr im Bundesgebiet.

Der Beschwerdeführer weist in Österreich keine maßgeblichen Integrationsmerkmale in sprachlicher, beruflicher und kultureller Hinsicht auf.

1.2. Zum Vorbringen des Beschwerdeführers:

Der erste Asylantrag des Beschwerdeführers vom 04.09.2016 wurde mit Bescheid des BFA vom 17.01.2018, ZI. XXXX, abgewiesen; die dagegen erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des BVwG vom 06.03.2018, Zl. I414 2186908-1/3E, abgewiesen und erwuchs die Entscheidung in Rechtskraft.

Der zweite Asylantrag des Beschwerdeführers vom 07.05.2019 wurde mit Bescheid des BFA vom 24.05.2019, Zl. XXXX, abgewiesen; die dagegen erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des BVwG vom 29.07.2019, Zl. I411 2186908-2/5E, abgewiesen und erwuchs die Entscheidung in Rechtskraft.

Bei seinem verfahrensgegenständlichen zweiten Folgeantrag, sohin seinem insgesamt dritten Antrag auf internationalen Schutz vom 20.11.2019 hielt der Beschwerdeführer seine bisher geltend gemachten Fluchtgründe aufrecht, brachte jedoch ergänzend vor, dass er psychologische Probleme habe. Überdies habe er Probleme mit einer Person in Nigeria, welcher er Geld schulden würde. Dieser Folgeantrag wurde mit dem gegenständlich angefochtenen Bescheid des BFA vom 29.11.2019, Zl. XXXX, wegen entschiedener Sache gemäß § 68 AVG zurückgewiesen.

Das Ermittlungsverfahren aufgrund des verfahrensgegenständlichen zweiten Folgeantrages ergab, dass keine neu entstandenen Fluchtgründe vorgebracht wurden und sich die individuelle Situation für den Beschwerdeführer hinsichtlich seines Herkunftsstaates Nigeria nicht in einem Umfang verändert hat, dass von einer wesentlichen Änderung des Sachverhalts auszugehen ist.

1.3. Zu den Feststellungen zur Lage in Nigeria:

Hinsichtlich der aktuellen Lage im Herkunftsstaat des Beschwerdeführers sind gegenüber den im angefochtenen Bescheid vom 29.11.2019 getroffenen Feststellungen keine entscheidungsmaßgeblichen Änderungen eingetreten. Im angefochtenen Bescheid wurde das aktuelle "Länderinformationsblatt der Staatendokumentation" zu Nigeria auszugsweise zitiert. Im Rahmen des Beschwerdeverfahrens ist auch keine Änderung bekannt geworden, sodass das Bundesverwaltungsgericht sich diesen Ausführungen vollinhaltlich anschließt und auch zu den seinen erhebt.

Das politische System Nigerias orientiert sich stark am System der Vereinigten Staaten; in der Verfassungswirklichkeit dominieren der Präsident und die ebenfalls direkt gewählten Gouverneure. Die lange regierende People¿s Democratic Party (PDP) musste nach den Wahlen 2015 erstmals seit 1999 in die Opposition; seither ist die All Progressives¿ Congress (APC) unter Präsident Muhammadu Buhari an der Macht.

In Nigeria herrscht keine Bürgerkriegssituation, allerdings sind der Nordosten, der Middle Belt und das Nigerdelta von Unruhen und Spannungen geprägt. Für einzelne Teile Nigerias besteht eine Reisewarnung, insbesondere aufgrund des hohen Entführungsrisikos.

Im Norden und Nordosten Nigerias hat sich die Sicherheitslage verbessert; in den ländlichen Teilen der Bundesstaaten Borno, Yobe und Adamawa kommt es aber weiterhin zu Anschlägen der Boko Haram. Es gelang den Sicherheitskräften zwar, Boko Haram aus den meisten ihrer Stellungen zu vertreiben, doch war es kaum möglich, die Gebiete vor weiteren Angriffen durch die Islamisten zu schützen. Der nigerianischen Armee wird vorgeworfen, im Kampf gegen Boko Haram zahlreiche Menschenrechtsverletzungen begangen zu haben; die von Präsident Buhari versprochene Untersuchung blieb bisher aber folgenlos.

Das Nigerdelta (Bundesstaaten Ondo, Edo, Delta, Bayelsa, Rivers, Imo, Abia, Akwa Ibom und Cross River) ist seit Jahren von gewalttätigen Auseinandersetzungen und Spannungen rund um die Verteilung der Einnahmen aus den Öl- und Gasreserven geprägt. Von 2000 bis 2010 agierten in der Region militante Gruppen, die durch ein im Jahr 2009 ins Leben gerufene Amnestieprogramm zunächst beruhigt wurden. Nach dem Auslaufen des Programmes Ende 2015 brachen wieder Unruhen aus, so dass eine weitere Verlängerung beschlossen wurde. Die Lage hat sich seit November 2016 wieder beruhigt, doch bleibt sie volatil. Insbesondere haben Angriffe auf die Ölinfrastrukturen in den letzten zwei Jahren wieder zugenommen. Abgelegene Gebiete im Nigerdelta sind teils auch heute noch unter der Kontrolle separatistischer und krimineller Gruppen.

In Zentralnigeria (Middle Belt bzw. Jos Plateau) kommt es immer wieder zu lokalen Konflikten zwischen ethnischen, sozialen und religiösen Gruppen. Der Middle Belt bildet eine Brücke zwischen dem vorwiegend muslimischen Nordnigeria und dem hauptsächlich christlichen Süden. Der Ursprung dieser Auseinandersetzungen, etwa zwischen (überwiegend muslimischen nomadischen) Hirten und (überwiegend christlichen) Bauern, liegt oft nicht in religiösen Konflikten, entwickelt sich aber häufig dazu.

Die Justiz Nigerias hat ein gewisses Maß an Unabhängigkeit und Professionalität erreicht, doch bleibt sie politischem Einfluss, Korruption und einem Mangel an Ressourcen ausgesetzt. Eine systematisch diskriminierende Strafverfolgung ist nicht erkennbar, doch werden aufgrund der herrschenden Korruption tendenziell Ungebildete und Arme benachteiligt. Das Institut der Pflichtverteidigung gibt es erst in einigen Bundesstaaten. In insgesamt zwölf nördlichen Bundesstaaten wird die Scharia angewendet, Christen steht es aber frei, sich einem staatlichen Gerichtsverfahren zu unterwerfen. Der Polizei, die durch geringe Besoldung und schlechte Ausrüstung eingeschränkt ist, wird oftmals die Armee zur Seite gestellt. Insgesamt ist trotz der zweifelsohne vorhandenen Probleme im Allgemeinen davon auszugehen, dass die nigerianischen Behörden gewillt und fähig sind, Schutz vor nichtstaatlichen Akteuren zu bieten. Problematisch ist aber insbesondere, dass Gefangene häufig Folterung und Misshandlung ausgesetzt sind. Disziplinarrechtliche oder strafrechtliche Folgen hat dies kaum. Die Bedingungen in den Haftanstalten sind hart und lebensbedrohlich. Nigeria hält an der Todesstrafe fest, diese ist seit 2006 de facto ausgesetzt, wobei es in den Jahren 2013 und 2016 in Edo State aber zu einzelnen Hinrichtungen gekommen war. Die Regierung Buharis hat der Korruption den Kampf erklärt, doch mangelt es ihr an effektiven Mechanismen.

Die Menschenrechtssituation in Nigeria hat sich in den letzten 20 Jahren verbessert, schwierig bleiben aber die allgemeinen Lebensbedingungen. Die Versammlungsfreiheit ist verfassungsrechtlich garantiert, wird aber gelegentlich durch das Eingreifen von Sicherheitsorganen bei politisch unliebsamen Versammlungen eingeschränkt. Die politische Opposition kann sich aber grundsätzlich frei betätigen; es gibt auch keine Erkenntnisse über die Verfolgung von Exilpolitikern durch die nigerianische Regierung. Gelegentlich gibt es aber, vor allem bei Gruppen mit sezessionistischen Zielen, Eingriffe seitens der Staatsgewalt. Dabei ist insbesondere die Bewegung im Süden und Südosten Nigerias zu nennen, die einen unabhängigen Staat Biafra fordert. Dafür treten sowohl das Movement for the Actualisation of the Sovereign State of Biafra (MASSOB) und die Indigenous People of Biafra (IPOB) ein. Seit der Verhaftung des Leiters des inzwischen verbotenen Radiosenders "Radio Biafra" im Oktober 2015 kommt es vermehrt zu Demonstrationen von Biafra-Anhänger, gegen die laut verschiedenen Berichten, unter anderem von Amnesty International, von den nigerianischen Sicherheitskräften mit Gewalt vorgegangen worden sein soll.

Im Vielvölkerstaat Nigeria ist Religionsfreiheit einer der Grundpfeiler des Staatswesens. Etwa 50% der Bevölkerung sind Muslime, 40 bis 45% Christen und der Rest Anhänger von Naturreligionen. Im Norden dominieren Muslime, im Süden Christen. Religiöse Diskriminierung ist verboten. In der Praxis bevorzugen die Bundesstaaten aber in der Regel die jeweils durch die lokale Mehrheitsbevölkerung ausgeübte Religion. Insbesondere in den Scharia-Staaten ist die Situation für Christen sehr schwierig. Die Toleranz zwischen den Glaubensgemeinschaften ist nur unzureichend ausgeprägt, mit Ausnahme der Yoruba im Südwesten Nigerias, unter denen auch Ehen zwischen Christen und Muslimen verbreitet sind. Speziell in Zentralnigeria kommt es zu lokalen religiösen Auseinandersetzungen, die auch zahlreiche Todesopfer gefordert haben. In Nigeria gibt es auch noch Anhänger von Naturreligionen ("Juju"); eine Verweigerung der Übernahme einer Rolle als Priester kann schwierig sein, doch wird dies nicht als Affront gegen den Schrein empfunden und sind auch keine Fälle bekannt, in denen dies zu einer Bedrohung geführt hätte. Im Süden Nigerias sind auch Kulte und Geheimgesellschaften vorhanden; insbesondere im Bundesstaat Rivers überschneiden sich Kulte häufig mit Straßenbanden, kriminellen Syndikaten etc. Mafiöse Kulte prägen trotz ihres Verbotes das Leben auf den Universitäten; es wird auch über Menschenopfer berichtet.

Insgesamt gibt es (je nach Zählweise) mehr als 250 oder 500 Ethnien in Nigeria. Die wichtigsten sind die Hausa/Fulani im Norden, die Yoruba im Südwesten und die Igbo im Südosten. Generell herrscht in Nigeria Bewegungsfreiheit und ist Diskriminierung aufgrund der Zugehörigkeit zu einer bestimmten Ethnie verboten. Allerdings diskriminieren Gesetze jene ethnischen Gruppen, die am jeweiligen Wohnort nicht eigentlich indigen sind. So werden etwa Angehörige der Volksgruppe Hausa/Fulani im Bundesstaat Plateau diskriminiert.

Generell besteht aufgrund des fehlenden Meldewesens in vielen Fällen die Möglichkeit, Verfolgung durch Umzug in einen anderen Teil des Landes auszuweichen. Dies kann aber mit gravierenden wirtschaftlichen und sozialen Problemen verbunden sein, wenn man sich an einen Ort begibt, in dem keinerlei Verwandtschaft oder Bindung zur Dorfgemeinschaft besteht.

Nigeria verfügt über sehr große Öl- und Gasvorkommen, der Großteil der Bevölkerung ist aber in der Landwirtschaft beschäftigt. Abgesehen vom Norden gibt es keine Lebensmittelknappheit. Mehr als zwei Drittel der Bevölkerung leben in absoluter Armut. Offizielle Arbeitslosenstatistiken gibt es nicht, allerdings gehen verschiedene Studien von einer Arbeitslosigkeit von 80% aus. Die Großfamilie unterstützt beschäftigungslose Angehörige.

Die medizinische Versorgung ist mit jener in Europa nicht vergleichbar, sie ist vor allem im ländlichen Bereich problematisch. Leistungen der Krankenversicherung kommen nur etwa 10 % der Bevölkerung zugute. In den Großstädten ist eine medizinische Grundversorgung zu finden, doch sind die Behandlungskosten selbst zu tragen. Medikamente sind verfügbar, können aber teuer sein.

Besondere Probleme für abgeschobene Asylwerber nach ihrer Rückkehr nach Nigeria sind nicht bekannt. Das "Decree 33", das eine Doppelbestrafung wegen im Ausland begangener Drogendelikte theoretisch ermöglichen würde, wird nach aktueller Berichtslage nicht angewandt.

Eine nach Nigeria zurückkehrende Person, bei welcher keine berücksichtigungswürdigen Gründe vorliegen, wird durch eine Rückkehr nicht automatisch in eine unmenschliche Lage versetzt.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Zum Sachverhalt:

Zur Feststellung des für die Entscheidung maßgebenden Sachverhaltes wurden im Rahmen des Ermittlungsverfahrens Beweise erhoben durch die Einsichtnahme in den Akt der belangten Behörde unter zentraler Berücksichtigung der niederschriftlichen Angaben des Beschwerdeführers vor dieser und den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes, in den bekämpften Bescheid und in den Beschwerdeschriftsatz sowie in das aktuelle "Länderinformationsblatt der Staatendokumentation" zu Nigeria.

Der Beschwerdeführer bestreitet den von der belangten Behörde festgestellten Sachverhalt nicht substantiiert und erstattete in der Beschwerde auch kein konkretes sachverhaltsbezogenes Vorbringen, sodass das Bundesverwaltungsgericht den maßgeblichen Sachverhalt als ausreichend ermittelt ansieht und sich der von der belangten Behörde vorgenommenen, nachvollziehbaren Beweiswürdigung vollumfänglich anschließt.

Die belangte Behörde hat ein ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren durchgeführt und in der Begründung des angefochtenen Bescheides die Ergebnisse dieses Verfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammengefasst. Das Bundesverwaltungsgericht verweist daher zunächst auf diese schlüssigen und nachvollziehbaren beweiswürdigenden Ausführungen der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid. Auch der Beschwerde vermag das Bundesverwaltungsgericht keine neuen Sachverhaltselemente zu entnehmen, welche geeignet wären, die von der erstinstanzlichen Behörde getroffenen Entscheidungen in Frage zu stellen.

2.2. Zur Person des Beschwerdeführers:

Die Feststellungen zu seinen Lebensumständen, seinen Familienverhältnissen, seiner Herkunft, seiner Glaubens- und Volksgruppenzugehörigkeit sowie seiner Staatsangehörigkeit gründen sich auf die diesbezüglichen glaubhaften Angaben des Beschwerdeführers vor der belangten Behörde (Protokolle des Erstverfahrens vom 04.09.2016, 16.02.2017 und 04.01.2018; Protokolle des Zweitverfahrens vom 07.05.2019 und 20.05.2019; sowie Protokolle des gegenständlichen, dritten Verfahrens vom 20.11.2019 und 26.11.2019). Die belangte Behörde hat diese Feststellungen korrekt und nachvollziehbar gewürdigt. Aus dem Beschwerdevorbringen sind keine Zweifel an der Richtigkeit dieser Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers aufgekommen.

Da der Beschwerdeführer den österreichischen Behörden keine identitätsbezeugenden Dokumente vorlegen konnte, steht seine Identität nicht zweifelsfrei fest.

Zum Gesundheitszustand des Beschwerdeführers ist festzuhalten, dass dieser in seinen ersten beiden Asylverfahren - abgesehen von "Schmerzen am Fuß" im Zweitverfahren (vgl. Protokoll vom 20.05.2019) - keinerlei Gesundheitsbeeinträchtigungen geltend gemacht hat. Im Rahmen seines gegenständlichen, dritten Verfahrens brachte er nunmehr vor, bereits seit seiner Einreise nach Europa ein gesundheitliches Problem "mit seinem Kopf" zu haben (vgl. Protokoll vom 26.11.2019; im Rahmen seiner Erstbefragung am 20.11.2019 sprach er explizit von "psychologischen Problemen", aufgrund derer er "psychiatrische Betreuung" benötige). Der Beschwerdeführer brachte diesbezüglich jedoch keinerlei medizinische Befunde in Vorlage und behauptete lediglich, er habe "gelegentlich Tabletten bekommen". Die Eingangsfrage im Rahmen seiner niederschriftlichen Einvernahme vor der belangten Behörde am 26.11.2019, ob er sich körperlich und geistig in der Lage fühle, an der Einvernahme mitzuwirken, bejahte der Beschwerdeführer, und gab er gegen Ende der Einvernahme wiederum ausdrücklich zu Protokoll, er könne nach Nigeria zurückkehren, sobald Biafra unabhängig sei, ohne hierbei auf seine angeblichen gesundheitlichen Probleme zu verweisen. Dem Akt ist auch keinerlei stationäre medizinische Behandlung des Beschwerdeführers während seiner Anhaltung in Schubhaft zu entnehmen, hingegen antwortete er im Rahmen einer fremdenrechtlichen Einvernahme im Polizeianhaltezentrum Salzburg am 21.11.2019 auf die Frage, ob er an einer schwerwiegenden Krankheit leide, mit "Nein", wie dem im Akt enthaltenen Protokoll zu entnehmen ist. Nicht zuletzt stellte er am 02.12.2019 bei der belangten Behörde einen Antrag für unterstützte freiwillige Rückkehrhilfe nach Nigeria, und fanden etwaige gesundheitliche Probleme des Beschwerdeführers in seinem Beschwerdeschriftsatz vom 12.12.2019 nicht einmal rudimentär Erwähnung, sodass aufgrund des erhobenen Sachverhaltes ausgeschlossen werden kann, dass der Beschwerdeführer an einer lebensbedrohlichen oder dauerhaft behandlungsbedürftigen Gesundheitsbeeinträchtigung leidet, die einer Rückführung in seinen Herkunftsstaat entgegensteht. Angesichts des Umstandes, dass der Beschwerdeführer in seinem Antragsformular für unterstützte freiwillige Rückkehrhilfe vom 02.12.2019 zudem ausführte, Hilfe und Geld zu benötigen, um einen Shop in Nigeria zu eröffnen ("I need help with money and help to open my shop"), ist auch keinerlei Minderung seiner Arbeitsfähigkeit ersichtlich.

Die Feststellung über die strafgerichtliche Verurteilung des Beschwerdeführers ergibt sich aus einer Abfrage des Strafregisters der Republik Österreich vom 15.04.2020.

Der Umstand, dass der Beschwerdeführer seit dem 20.01.2020 nicht mehr aufrecht im Bundesgebiet gemeldet ist, ergibt sich aus einer Abfrage im zentralen Melderegister der Republik Österreich vom 15.04.2020.

Die Feststellung zu seinem Bezug der Grundversorgung ergibt sich aus einem dem Bundesverwaltungsgericht vorliegenden, am 15.04.2020 abgefragten Speicherauszug aus dem Betreuungsinformationssystem.

Der Umstand, dass der Beschwerdeführer in Österreich zu keinem Zeitpunkt einer legalen Erwerbstätigkeit nachging, ergibt sich aus einem dem Bundesverwaltungsgericht vorliegenden, am 15.04.2020 abgefragten Speicherauszug aus dem Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger.

2.3. Zum Vorbringen des Beschwerdeführers:

Der Beschwerdeführer begründete seinen ersten Asylantrag im Zuge seiner polizeilichen Erstbefragung am 04.09.2016 mit der politischen Situation in Nigeria aufgrund der Biafra Bewegung. Im Rahmen seiner niederschriftlichen Einvernahme vor der belangten Behörde am 16.02.2017 gab er, befragt zu seinen Fluchtgründen, an, dass er in Nigeria von der Biafra Bewegung rekrutiert und in den Kampf für eine unabhängige Region Biafra geschickt worden sei. Hierbei habe er auch Soldaten getötet, sodass er nunmehr von der nigerianischen Regierung gesucht werde. Aus Angst um sein Leben habe er seinen Herkunftsstaat in Richtung Libyen verlassen. Dort habe Krieg geherrscht, weswegen er weiter via Italien nach Österreich gereist sei. Bei einer weiteren niederschriftlichen Einvernahme durch die belangte Behörde am 04.01.2018 gab er an, für die Biafra-Gruppe "Age Bogu" gearbeitet zu haben. Man habe ihm gesagt es gäbe einen Job und man würde auch Geld dafür bekommen. Sein Auftrag sei es gewesen, für die Biafra-Bewegung zu kämpfen. Er habe bereits viele Male getötet, zuletzt im Jahr 2015. Immer wenn "Age Bogu" ihm etwas aufgetragen habe, habe er dies erledigt, er töte immer. Als er noch klein war, habe er das Töten bei einem Kult gelernt. Zuvor sei er bei den "Arubaga" Kultisten gewesen. Bei einem Feuergefecht im Rahmen einer Auseinandersetzung am 25.01.2015 sei ein Freund des Beschwerdeführers getroffen worden, während er selbst von einem Soldaten mit dem Gewehrkolben auf den Kopf geschlagen worden sei. Er sei bewusstlos geworden und erst wieder in einer Polizei- oder Soldatenkaserne aufgewacht. Er habe den Namen seines Führers nicht nennen wollen und sei daraufhin mit Benzin übergossen und angezündet worden. Der Beschwerdeführer habe dies überlebt und sei in weiterer Folge nach Benin City gegangen. Dort sei seine Cousine getötet worden, sie hätten sein Haus zerstört und ihm eine Nachricht hinterlassen, dass sie auch ihn holen würden. Er sei dann zu seinen Eltern in sein Heimatdorf zurückgekehrt. Auch seine Mutter habe eine Nachricht bekommen, dass man nach dem Beschwerdeführer suchen würde. Seine Mutter habe ihn "an diese Leute" verraten wollen. Daher sei er ausgereist.

Die belangte Behörde kam zum Schluss, dass dem Vorbringen des Beschwerdeführers kein Glauben zu schenken ist und keine asylrelevanten Fluchtgründe vorliegen; darüber hinaus befand die belangte Behörde die Schilderungen des Beschwerdeführers als unglaubwürdig und das Vorbringen als nicht glaubhaft. Der Antrag wurde daher mit Bescheid vom 17.01.2018, ZI. XXXX, abgewiesen und erwuchs die Entscheidung in Rechtskraft.

Im Verfahren zu seinem ersten Folgeantrag auf internationalen Schutz vom 07.05.2019 hielt der Beschwerdeführer die Fluchtgründe aus seinem Erstverfahren im Wesentlichen aufrecht, ergänzte jedoch im Rahmen seiner niederschriftlichen Einvernahme vor der belangten Behörde am 20.05.2019 den Umstand, dass er zwischenzeitlich telefonisch erfahren habe, dass ein Freund, welcher mit dem Beschwerdeführer gemeinsam für die Biafra-Bewegung gekämpft und auch mit ihm zusammen ausgereist sei, später nach Nigeria zurückgekehrt und dort getötet worden sei.

Die belangte Behörde kam zum Schluss, dass das Vorbringen des Beschwerdeführers nicht geeignet ist, einen geänderten Sachverhalt darzulegen, und lediglich eine unsubstantiierte Behauptung aufgestellt wurde, um den Fluchtgrund seines ersten Asylverfahrens zu bekräftigen. Der Antrag wurde daher mit Bescheid vom 24.05.2019, ZI. XXXX, wegen entschiedener Sache zurückgewiesen und erwuchs auch diese Entscheidung in Rechtskraft.

Seinen verfahrensgegenständlichen zweiten Folgeantrag auf internationalen Schutz vom 20.11.2019 begründete der Beschwerdeführer zunächst primär mit gesundheitlichen Problemen. Er gab an, unter psychischen Problemen "mit dem Kopf" zu leiden - ohne diese substantiiert darzulegen oder durch medizinische Unterlagen zu bescheinigen - sodass er nicht nach Nigeria zurückkehren könne. Diesem Vorbringen ist keinerlei Gefahr einer individuell gegen den Beschwerdeführer gerichteten Verfolgung zu entnehmen, sodass ihm auch keinerlei Asylrelevanz zukommt, doch sind die Asylbehörden im Rahmen von Folgeanträgen auch dafür zuständig, mögliche Sachverhaltsänderungen in Bezug auf den subsidiären Schutzstatus des Antragstellers einer Prüfung zu unterziehen (vgl VwGH 15.05.2012, 2012/18/0041). Wie unter Punkt A) 2.2. ausgeführt, kann aufgrund des erhobenen Sachverhaltes jedoch ausgeschlossen werden, dass der Beschwerdeführer an einer lebensbedrohlichen oder dauerhaft behandlungsbedürftigen Gesundheitsbeeinträchtigung leidet, sodass im gegenständlichen Beschwerdefall insoweit auch keine wesentlichen, in der Person des Beschwerdeführers gelegenen neuen Sachverhaltselemente bekannt geworden sind, welche eine neuerliche umfassende Refoulementprüfung notwendig erscheinen ließen. Selbst bei hypothetischer Annahme einer etwaigen Behandlungserforderlichkeit im Hinblick auf eine psychische Erkrankung des Beschwerdeführers ist auf die Judikatur des Verfassungsgerichtshofes zu verweisen, wonach kein Fremder ein Recht hat, in einem fremden Aufenthaltsstaat zu verbleiben, bloß um dort medizinisch behandelt zu werden, und zwar selbst dann nicht, wenn er an einer schweren Krankheit leidet oder selbstmordgefährdet ist. Dass die Behandlung im Zielland nicht gleichwertig, schwer zugänglich oder kostenintensiver als im fremden Aufenthaltsland ist, ist unerheblich, solange es grundsätzlich Behandlungsmöglichkeiten im Zielstaat bzw. in einem bestimmten Teil des Zielstaates gibt (vgl. dazu das Erkenntnis VfSlg. 19.086/2010, in dem der Verfassungsgerichtshof sich auf die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte stützt). Wie dem "Länderinformationsblatt der Staatendokumentation" zu Nigeria zu entnehmen ist (vgl. dazu die Ausführungen unter Punkt A) 1.3.), ist die medizinische Grundversorgung insbesondere in den städtischen Bereichen sichergestellt. Sofern der Beschwerdeführer im Rahmen seiner niederschriftlichen Einvernahme vor dem BFA am 26.11.2019 zudem ausdrücklich vorbrachte, bereits seit seiner Einreise nach Europa unter den in Rede stehenden psychischen Problemen zu leiden, so stützt er sich im Hinblick auf dieses Vorbringen überdies auf (behauptete) Umstände, die selbst bei hypothetischem Zutreffen bereits während seiner beiden vorangegangenen, rechtskräftig abgeschlossenen Asylverfahren existent gewesen wären. Dies gilt gleichermaßen für sein Vorbringen, wonach seine Cousine, bei welcher er gewohnt habe, getötet worden sei, sodass er in Nigeria keine Unterkunft mehr habe. Auch diesen Umstand machte der Beschwerdeführer bereits in seinem ersten Asylverfahren geltend und wurde dieser bereits den beiden vorangegangenen, rechtskräftig negativen Entscheidungen des BVwG zugrunde gelegt.

Hinsichtlich des nunmehr ergänzenden Vorbringens des Beschwerdeführers im gegenständlichen Verfahren in seiner Einvernahme vor dem BFA am 26.11.2019, wonach er Probleme mit einer Person in Nigeria habe, welcher er Geld schulde, ist festzuhalten, dass er diesen Umstand - entgegen seiner Behauptung vor dem BFA - in seinen beiden vorangegangenen Verfahren bislang nicht geltend gemacht hat. Dieses Vorbringen, welches abermals über die bloße Behauptungsebene nicht hinausgeht, gestaltete sich jedoch derart vage und oberflächlich, dass ihm jeglicher glaubhafte Kern zu versagen war. So gab der Beschwerdeführer an, eine namentlich nicht näher bezeichnete Person würde ihm "Probleme machen", da der Beschwerdeführer die Wohnung seines Vaters an diese Person verkauft habe, und die Familie des Beschwerdeführers der Person die Wohnung im Anschluss wieder weggenommen habe, da sie der Ansicht gewesen sei, der Beschwerdeführe habe nicht das Recht gehabt, die Wohnung zu veräußern. Ungeachtet dessen, dass sich aus diesem vagen Konstrukt ohnedies keinerlei Verfolgungsgefahr von maßgeblichen Intensität im Hinblick auf die Person des Beschwerdeführers ableiten lässt (Arg.: "Er macht mir Probleme, deshalb kann ich dort nicht mehr leben."), so hätte sich auch dieser Vorfall bei hypothetischer Wahrunterstellung bereits vor der Ausreise des Beschwerdeführers aus Nigeria und somit vor rechtskräftigem Abschluss seiner beiden vorangegangenen Asylverfahren in Österreich ereignet.

Bei keinem der im gegenständlichen Verfahren nunmehr ergänzend dargelegten Vorbringen des Beschwerdeführers handelt es sich sohin um "nova producta", die eine neue Entscheidung in der Sache seines zweiten Folgeantrages auf internationalen Schutz zulässig machen würden. Der gegenständliche Antrag stützt sich somit ausschließlich auf bereits vor Beendigung des Verfahrens über den vorangegangenen Asylantrag verwirklichte Sachverhalte, denen die Rechtskraft des über den ersten Folgeantrag absprechenden Erkenntnisses des Bundesverwaltungsgerichtes vom 29.07.2019 entgegensteht (vgl VwGH 25.04.2007, 2004/20/0100; VwGH 17.09.2008, 2008/23/0684; VwGH 06.11.2009, 2008/19/0783). Es liegt daher in Bezug auf diese vorgebrachten Fluchtgründe kein geänderter Sachverhalt vor.

Gegen Ende seiner niederschriftlichen Einvernahme vor dem BFA am 26.11.2019 gab der Beschwerdeführer wiederum an, er könne nach Nigeria zurückkehren, sobald Biafra unabhängig sei. Hierbei bezieht er sich wiederum unstreitig auf das zentrale Fluchtvorbringen, welches bereits seinen ersten beiden, rechtskräftig abgeschlossenen Asylverfahren zugrunde gelegt wurde.

Aus dem Gesagten ist für das Bundesverwaltungsgericht schlüssig nachvollziehbar, dass die belangte Behörde das verfahrensgegenständliche Fluchtvorbringen des Beschwerdeführers als bereits rechtskräftig entschiedene Sache einstuft. Die Beschwerde zeigt keinerlei Gründe auf, die für die Rechtswidrigkeit des Ermittlungsverfahrens oder für die Mangelhaftigkeit der Beweiswürdigung der belangten Behörde sprechen, sodass für das Bundesverwaltungsgericht kein Grund besteht, an der Würdigung der belangten Behörde zu zweifeln. Daher schließt sich das Bundesverwaltungsgericht dieser Beweiswürdigung vollinhaltlich an.

Das Bundesverwaltungsgericht kommt daher zum Schluss, dass der Beschwerdeführer in seinem verfahrensgegenständlichen dritten Asylverfahren keine entscheidungsrelevanten neuen Fluchtgründe vorbrachte.

Auch eine Änderung der allgemeinen Situation in Nigeria wurde in der Beschwerde nicht behauptet und entspricht dies auch nicht dem Amtswissen des Bundesverwaltungsgerichtes. Auch in Bezug auf eine etwaige Rückkehrgefährdung im Sinne einer realen Gefahr einer Verletzung der in Art. 2 und 3 EMRK verankerten Rechte des Beschwerdeführers ist daher keine Änderung des Sachverhaltes erkenntlich, zumal das vorangegangene Asylverfahren vor lediglich etwa neun Monaten beendet wurde.

2.4. Zum Herkunftsstaat:

Die Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat beruhen auf dem aktuellen "Länderinformationsbericht der Staatendokumentation" für Nigeria samt den dort publizierten Quellen und Nachweisen. Dieser Länderinformationsbericht stützt sich auf Berichte verschiedener ausländischer Behörden, etwa die allgemein anerkannten Berichte des Deutschen Auswärtigen Amtes, als auch jene von Nichtregierungsorganisationen, wie bspw. Open Doors, sowie Berichte von allgemein anerkannten unabhängigen Nachrichtenorganisationen.

Die Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat in Nigeria ergeben sich insbesondere aus den folgenden Meldungen und Berichten:

- AA - Auswärtiges Amt (21.11.2016): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Bundesrepublik Nigeria

- AA - Auswärtiges Amt (4.2017a): Nigeria - Innenpolitik, http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Nigeria/Innenpolitik_node.html, Zugriff 6.7.2017

- AA - Auswärtiges Amt (4.2017c): Nigeria - Wirtschaft, http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Nigeria/Wirtschaft_node.html, Zugriff 26.7.2017

- AA - Auswärtiges Amt (24.7.2017): Nigeria - Reise- und Sicherheitshinweise (Teilreisewarnung), http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Laenderinformationen/00-SiHi/NigeriaSicherheit.html, Zugriff 24.7.2017

- AI - Amnesty International (6.2017): Submission To The United Nations Committee On The Elimination Of Discrimination Against Women, https://www.ecoi.net/file_upload/1930_1500389874_int-cedaw-ngo-nga-27623-e.pdf, Zugriff 28.7.2017

- AI - Amnesty International (24.2.2016): Amnesty International Report 2015/16 - The State of the World's Human Rights - Nigeria, http://www.ecoi.net/local_link/319680/458848_de.html, Zugriff 28.7.2017

- AI - Amnesty International (24.11.2016): Sicherheitskräfte töten mindestens 150 friedliche Demonstrierende, https://www.amnesty.de/2016/11/22/nigeria-sicherheitskraefte-toeten-mindestens-150-friedliche-demonstrierende, Zugriff 13.6.2017

- BMEIA - Außenministerium (24.7.2017): Reiseinformationen - Nigeria, http://www.bmeia.gv.at/aussenministerium/buergerservice/reiseinformation/a-z-laender/nigeria-de.html, Zugriff 24.7.2017

- BS - Bertelsmann Stiftung (2016): BTI 2016 - Nigeria Country Report, https://www.bti-project.org/fileadmin/files/BTI/Downloads/Reports/2016/pdf/BTI_2016_Nigeria.pdf, Zugriff 6.7.2017

- EASO - European Asylum Support Office (6.2017): EASO Country of Origin Information Report Nigeria Country Focus, http://www.ecoi.net/file_upload/90_1496729214_easo-country-focus-nigeria-june2017.pdf, Zugriff 21.6.2017

- FFP - Fund for Peace (10.12.2012): Beyond Terror and Militants: Assessing Conflict in Nigeria, http://www.fundforpeace.org/global/library/cungr1215-unlocknigeria-12e.pdf, Zugriff 21.6.2017

- FH - Freedom House (1.2017): Freedom in the World 2017 - Nigeria, https://www.ecoi.net/local_link/341818/485138_de.html, Zugriff 26.7.2017

- FH - Freedom House (2.6.2017): Freedom in the World 2017 - Nigeria, http://www.refworld.org/docid/5936a4663.html, Zugriff 12.6.2017

- GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (7.2017a): Nigeria - Geschichte und Staat, http://liportal.giz.de/nigeria/geschichte-staat.html, Zugriff 2.8.2017

- GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (4.2017b): Nigeria - Ge-sellschaft, http://liportal.giz.de/nigeria/gesellschaft.html, Zugriff 13.6.2017

- IOM - International Organization for Migration (8.2014): Nigeria - Country Fact Sheet, https://milo.bamf.de/milop/livelink.exe/fetch/2000/702450/698578/704870/698704/8628861/17247436/17297905/Nigeria_-_Country_Fact_Sheet_2014%2C_deutsch.pdf?nodeid=17298000&vernum=-2, Zugriff 21.6.2017

- ÖBA - Österreichische Botschaft Abuja (9.2016): Asylländerbericht Nigeria

- OD - Open Doors (2017): Nigeria, https://www.opendoors.de/christenverfolgung/weltverfolgungsindex/laenderprofile/2017/nigeria, Zugriff 14.6.2017

- SBM - SBM Intel (7.1.2017): A Look at Nigeria's Security Situation, http://sbmintel.com/wp-content/uploads/2016/03/201701_Security-report.pdf, Zugriff 24.7.2017

- UKHO - United Kingdom Home Office (8.2016b): Country Information and Guidance Ni-geria: Women fearing gender-based harm or violence, https://www.gov.uk/government/uploads/system/uploads/attachment_data/file/595734/CIG_-_Nigeria_-_Women.pdf, Zugriff 12.6.2017

- USCIRF - United States Commission on International Religious Freedom (26.4.2017): Nigeria, https://www.ecoi.net/file_upload/5250_1494486149_nigeria-2017.pdf, Zugriff 7.7.2017

- USDOS - U.S. Department of State (19.7.2017): Country Report on Terrorism 2016 - Chapter 2 - Nigeria, https://www.ecoi.net/local_link/344128/487671_de.html, Zugriff 28.7.2017

- USDOS - U.S. Department of State (3.3.2017): Country Report on Human Rights Prac-tices 2016 - Nigeria, http://www.ecoi.net/local_link/337224/479988_de.html, Zugriff 8.6.2017

Angesichts der Seriosität und Plausibilität der angeführten Erkenntnisquellen sowie dem Umstand, dass diese Berichte auf einer Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängigen Quellen beruhen und dennoch ein in den Kernaussagen übereinstimmendes Gesamtbild ohne wissentliche Widersprüche darbieten, besteht kein Grund, an der Richtigkeit der Angaben zu zweifeln.

Der Beschwerdeführer trat diesen Quellen und deren Kernaussagen zur Situation im Herkunftsland nicht substantiiert entgegen.

Aufgrund der Kürze der verstrichenen Zeit zwischen der Erlassung des bekämpften Bescheides und der vorliegenden Entscheidung ergeben sich keine Änderungen zu den im bekämpften Bescheid getroffenen Länderfeststellungen. Das Bundesverwaltungsgericht schließt sich daher diesen Feststellungen vollinhaltlich an.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A) Abweisung der Beschwerde

3.1. Zur Zurückweisung wegen entschiedener Sache (Spruchpunkt I. und II. des angefochtenen Bescheides):

3.1.1. Rechtslage

Gemäß § 68 Abs. 1 AVG sind Anbringen von Beteiligten, die außer den Fällen der §§ 69 und 71 AVG die Abänderung eines der Beschwerde nicht oder nicht mehr unterliegenden Bescheides begehren, wegen entschiedener Sache zurückzuweisen, wenn die Behörde nicht Anlass zu einer Verfügung gemäß § 68 Abs. 2 bis 4 AVG findet.

Eine neue Sachentscheidung ist, wie sich aus § 69 Abs. 1 Z 2 AVG ergibt, auch im Fall desselben Begehrens aufgrund von Tatsachen und Beweismitteln, die schon vor Abschluss des vorangegangenen Verfahrens bestanden haben, ausgeschlossen, sodass einem Asylfolgeantrag, der sich auf einen vor Beendigung des Verfahrens über den ersten Asylantrag verwirklichten Sachverhalt stützt, die Rechtskraft des über den Erstantrag absprechenden Bescheides entgegensteht (vgl. VwGH 25.04.2007, 2004/20/0100, mwN).

Die Behörde hat sich bei der Prüfung der Zulässigkeit des (neuerlichen) Asylantrages mit der Glaubwürdigkeit des Vorbringens des Erstbeschwerdeführers (und gegebenenfalls mit der Beweiskraft von Urkunden) auseinander zu setzen. Ergeben die Ermittlungen der Behörde, dass eine Sachverhaltsänderung, die eine andere Beurteilung nicht von vornherein ausgeschlossen erscheinen ließe, entgegen den Behauptungen der Partei in Wahrheit nicht eingetreten ist, so ist der Asylantrag gemäß § 68 Abs. 1 AVG zurückzuweisen. (VwGH 21.10.1999, 98/20/0467; vgl. auch VwGH 17.09.2008, 2008/23/0684; 19.02.2009, 2008/01/0344).

Ein auf das AsylG 2005 gestützter Antrag auf internationalen Schutz ist nicht bloß auf die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft, sondern hilfsweise - für den Fall der Nichtzuerkennung dieses Status - auch auf die Gewährung von subsidiärem Schutz gerichtet. Dies wirkt sich ebenso bei der Prüfung eines Folgeantrages nach dem AsylG 2005 aus: Asylbehörden sind verpflichtet, Sachverhaltsänderungen nicht nur in Bezug auf den Asylstatus, sondern auch auf den subsidiären Schutzstatus zu prüfen (vgl. VfGH 29.06.2011, U 1533/10; VwGH 19.02.2009, 2008/01/0344 mwN).

Die Rechtsmittelbehörde darf nur über die Frage entscheiden, ob die Zurückweisung (wegen entschiedener Sache) durch die Vorinstanz zu Recht erfolgt ist und hat dementsprechend entweder - im Falle des Vorliegens entschiedener Sache - das Rechtsmittel abzuweisen oder - im Falle der Unrichtigkeit dieser Auffassung - den bekämpften Bescheid ersatzlos mit der Konsequenz zu beheben, dass die erstinstanzliche Behörde in Bindung an die Auffassung der Rechtsmittelbehörde den gestellten Antrag jedenfalls nicht neuerlich wegen entschiedener Sache zurückweisen darf. Es ist der Rechtsmittelbehörde aber verwehrt, über den Antrag selbst meritorisch zu entscheiden (VwSlg. 2066A/1951, VwGH 30.05.1995, 93/08/0207; Walter/Thienel, Verwaltungsverfahren2, 1433 mwH).

Es kann nur eine solche Änderung des Sachverhaltes zu einer neuen Sachentscheidung führen, die für sich allein oder in Verbindung mit anderen Tatsachen den Schluss zulässt, dass nunmehr bei Bedachtnahme auf die damals als maßgebend erachteten Erwägungen eine andere Beurteilung jener Umstände, die seinerzeit den Grund für die Abweisung des Parteibegehrens gebildet haben, nicht von vornherein als ausgeschlossen gelten kann (vgl. VwGH 09.09.1999, 97/21/0913). Darüber hinaus muss die behauptete Sachverhaltsänderung zumindest einen glaubhaften Kern aufweisen, dem Asylrelevanz zukommt und an den eine positive Entscheidungsprognose anknüpfen kann (VwGH 22.12.2005, 2005/20/0556; 26.07.2005, 2005/20/0343, mwN).

Ist davon auszugehen, dass ein Asylwerber einen weiteren Antrag auf internationalen Schutz auf behauptete Tatsachen stützt, die bereits zum Zeitpunkt des ersten Asylverfahrens bestanden haben, die dieser jedoch nicht bereits im ersten Verfahren vorgebracht hat, liegt schon aus diesem Grund keine Sachverhaltsänderung vor und ist der weitere Antrag wegen entschiedener Sache zurückzuweisen (vgl VwGH 4.11.2004, 2002/20/0391; VwGH 24.8.2004; 2003/01/0431; VwGH 21.11.2002, 2002/20/0315; VwGH 24.2.2000, 99/20/0173; VwGH 21.10.1999, 98/20/0467).

3.1.2. Anwendung der Rechtslage auf den gegenständlichen Fall

Wie bereits oben näher ausgeführt, hat der Beschwerdeführer in seinem gegenständlichen dritten Asylverfahren keine entscheidungsrelevanten neuen Fluchtgründe vorgebracht. Seinem nunmehr ergänzenden Vorbringen fehlt es einerseits an einem glaubhaften Kern und andererseits stützt es sich durchwegs auf bereits vor Beendigung des Verfahrens über seinen vorangegangenen Asylantrag verwirklichte Sachverhalte, denen die Rechtskraft des über seinen ersten Folgeantrag absprechenden Erkenntnisses des Bundesverwaltungsgerichtes vom 29.07.2019 entgegensteht.

Da der Beschwerdeführer somit keinen neuen entscheidungswesentlichen Sachverhalt darzustellen vermochte, liegt entschiedene Sache vor. Die Zurückweisung des Antrages auf internationalen Schutz wegen entschiedener Sache war sohin rechtmäßig, weshalb die Beschwerde gemäß § 28 Abs. 1 und 2 VwGVG iVm § 68 AVG abzuweisen war.

4. Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung

Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht.

Eine mündliche Verhandlung kann unterbleiben, wenn der für die rechtliche Beurteilung entscheidungsrelevante Sachverhalt von der Verwaltungsbehörde vollständig in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren erhoben wurde und bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts immer noch die gesetzlich gebotene Aktualität und Vollständigkeit aufweist. Ferner muss die Verwaltungsbehörde die die entscheidungsmaßgeblichen Feststellungen tragende Beweiswürdigung in gesetzmäßiger Weise offengelegt haben und das Bundesverwaltungsgericht diese tragenden Erwägungen der verwaltungsbehördlichen Beweiswürdigung in seiner Entscheidung teilen. Auch darf im Rahmen der Beschwerde kein dem Ergebnis des behördlichen Ermittlungsverfahrens entgegenstehender oder darüber hinausgehender für die Beurteilung relevanter Sachverhalt behauptet werden, wobei bloß unsubstantiiertes Bestreiten ebenso außer Betracht zu bleiben hat, wie ein Vorbringen, das gegen das in § 20 BFA-VG festgelegte Neuerungsverbot verstößt (VwGH 28.05.2014, 2014/20/0017). Eine mündliche Verhandlung ist bei konkretem sachverhaltsbezogenem Vorbringen des Revisionswerbers vor dem VwG durchzuführen (VwGH 30.06.2015, Ra 2015/06/0050, mwN). Eine mündliche Verhandlung ist ebenfalls durchzuführen zur mündlichen Erörterung von nach der Aktenlage strittigen Rechtsfragen zwischen den Parteien und dem Gericht (VwGH 30.09.2015, Ra 2015/06/0007, mwN) sowie auch vor einer ergänzenden Beweiswürdigung durch das VwG (VwGH 16.02.2017, Ra 2016/05/0038). § 21 Abs. 7 BFA-VG erlaubt andererseits das Unterbleiben einer Verhandlung, wenn - wie im vorliegenden Fall - deren Durchführung in der Beschwerde ausdrücklich beantragt wurde, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint (VwGH 23.11.2016, Ra 2016/04/0085; 22.01.2015, Ra 2014/21/0052 ua). Diese Regelung steht im Einklang mit Art. 47 Abs. 2 GRC (VwGH 25.02.2016, Ra 2016/21/0022).

Die vorgenannten Kriterien treffen in diesem Fall zu. Der Sachverhalt ist durch die belangte Behörde vollständig erhoben und weist die gebotene Aktualität auf. Der Beweiswürdigung durch die belangte Behörde hat sich das Bundesverwaltungsgericht zur Gänze angeschlossen. Das Beschwerdevorbringen wirft keine neuen oder noch zu klärenden Sachverhaltsfragen auf, vielmehr ist der Sachverhalt aufgrund des vorliegenden Verwaltungsaktes in Verbindung mit der Beschwerde geklärt, weshalb keine neuen Beweise aufzunehmen waren.

Das Bundesverwaltungsgericht musste sich auch keinen persönlicher Eindruck vom Beschwerdeführer im vorliegenden Fall trotz des Vorliegens einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme verschaffen, da selbst unter Berücksichtigung aller zugunsten des Beschwerdeführers sprechenden Fakten auch dann für den Beschwerdeführer kein günstigeres Ergebnis zu erwarten ist, wenn sich das Bundesverwaltungsgericht von ihm einen persönlichen Eindruck verschafft, weshalb eine mündliche Verhandlung unterbleiben konnte (VwGH 26.01.2017, Ra 2016/21/0233; 18.10.2017, Ra 2017/19/0422 bis 0423, Ra 2017/19/0424).

Daher konnte aufgrund der Aktenlage entschieden werden und die Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung sohin gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG iVm § 24 VwGVG unterbleiben.

5. Zum Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung

In der Beschwerde wurde vom Beschwerdeführer die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung beantragt. Dabei wird übersehen, dass § 17 BFA-VG - anders als § 13 Abs. 3 und 4 und § 22 Abs. 1 und 3 VwGVG sowie § 30 Abs. 2 VwGG (vgl. VwGH 16.03.2016, Ra 2016/21/0081) - keine Rechtsgrundlage für einen Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung darstellt: Neben dem Rechtsschutz der amtswegigen Prüfung im Beschwerdeverfahren ist ein eigenes Provisorialverfahren betreffend eine Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung nach § 17 BFA-VG gesetzlich nicht vorgesehen. Es kann dem Gesetzgeber auch nicht unterstellt werden, er habe im Hinblick auf die Frage der aufschiebenden Wirkung einen doppelgleisigen Rechtsschutz schaffen wollen. Ein (zusätzlicher) Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung nach § 17 BFA-VG, wie ihn der Beschwerdeführer vorliegend gestellt hat, ist somit unzulässig. Das Bundesverwaltungsgericht ist verpflichtet, über einen unzulässigen Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung in Form einer Zurückweisung zu entscheiden (VwGH 13.09.2016, Fr 2016/01/0014).

Zu B) (Un)Zulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen.

Schlagworte

aggressives Verhalten Asylverfahren aufschiebende Wirkung aufschiebende Wirkung - Entfall Bindungswirkung entschiedene Sache Folgeantrag Identität der Sache real risk reale Gefahr Rechtsgrundlage Rechtskraft der Entscheidung Rechtskraftwirkung res iudicata subsidiärer Schutz Suchtmitteldelikt unzulässiger Antrag Zurückweisung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:I411.2186908.3.00

Im RIS seit

14.09.2020

Zuletzt aktualisiert am

14.09.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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