TE Lvwg Erkenntnis 2020/8/4 LVwG-2020/25/1122-4

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Veröffentlicht am 04.08.2020
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Entscheidungsdatum

04.08.2020

Index

40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

VStG §9 Abs2

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Tirol erkennt durch seinen Richter Dr. Hohenhorst über die Beschwerde von AA, geboren xx.xx.xxxx, wohnhaft Adresse 1, RO-Z, vertreten durch Rechtsanwalt BB, Adresse 2, Y, vom 02.06.2020, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft U vom 02.05.2020, ***, betreffend Übertretung nach dem Lohn- und Sozialdumpingbekämpfungsgesetz nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung,

zu Recht:

1.       Der Beschwerde wird Folge gegeben, das bekämpfte Straferkenntnis behoben und das Verfahren eingestellt.

2.       Die ordentliche Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.       Verfahrensgang:

Im bekämpften Straferkenntnis wird AA folgende Übertretung angelastet und Strafe über sie verhängt:

„Sie haben als verantwortliche Person der Firma CC S.R.L. mit Sitz in Adresse 3, Z, RUMÄNIEN, diese ist Arbeitgeber/in mit Sitz in einem EU-Mitgliedstaat oder EWR-Staat oder der Schweizerischen Eidgenossenschaft zu verantworten, dass der angeführte mobile Arbeitnehmer im Transportbereich im Bundesgebiet beschäftigt wurde und unten angeführte Unterlagen im Fahrzeug während des Entsendezeitraums nicht bereitgehalten und auch vor Ort nicht unmittelbar in elektronischer Form zugänglich gemacht wurden, obwohl eine Verwaltungsübertretung begeht, wer die erforderlichen Unterlagen entgegen § 21 Abs. 1 nicht bereithält oder den Abgabenbehörden oder der Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungskasse vor Ort nicht unmittelbar in elektronischer Form zugänglich macht.

Folgende Unterlagen wurden nicht im Fahrzeug im Inland bereitgehalten oder unmittelbar zugänglich gemacht:

Die im Punkt 1 der nachangeführten Liste

1.   Unterlagen über die Anmeldung des Arbeitnehmers zur Sozialversicherung (Sozialversicherungsdokument E 101 nach der Verordnung (EG) Nr. 1408/71, oder Sozialversicherungsdokument A1 nach der Verordnung (EG) Nr. 883/04 zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit), sofern für den entsandten Arbeitnehmer in Österreich keine Sozialversicherungspflicht besteht.

2.   Da zum Zeitpunkt der Erhebung durch Nachweise in deutscher Sprache belegt werden konnte, dass Ihnen die Erwirkung der Ausstellung dieser Dokumente durch den zuständigen Sozialversicherungsträger vor der Entsendung nicht möglich war, wären gleichwertige Unterlagen in deutscher Sprache (Antrag auf Ausstellung des Sozialversicherungsdokuments E 101 oder A 1, und die Bestätigung des zuständigen Sozialversicherungsträgers, dass der Arbeitnehmer für die Dauer der Entsendung der ausländischen Sozialversicherung unterliegt) bereitzuhalten gewesen. Diese wurden jedoch nicht bereitgehalten.

3.   die Meldung der Entsendung gemäß § 19

4.   die behördliche Genehmigung der Beschäftigung der entsandten Arbeitnehmer im Sitzstaat

des Arbeitgebers gemäß § 19 Abs. 3 Z 11 oder Abs. 7 Z 8, da eine solche erforderlich ist.

a)

Arbeitnehmer/in: DD

geb.: xx.xx.xxxx

Staatsangehörigkeit: Rumänien

Tätigkeit: Auftrag zur Verbringung der Ladung von Österreich nach Italien

Kennzeichen des Fahrzeuges: ***

Kennzeichen des Anhängers: —

Arbeits(Einsatz)ort und Kontrollzeit: 30.08.2019, gg.12.50 Uhr in X, Adresse 4 Kontrollstelle X, in Fahrtrichtung W

b)

Arbeitnehmer/in: EE

geb.: xx.xx.xxxx

Staatsangehörigkeit: Rumänien

Tätigkeit: Auftrag zur Verbringung der Ladung von Österreich nach Italien

Kennzeichen des Fahrzeuges: ***

Kennzeichen des Anhängers: —

Arbeits(Einsatz)ort und Kontrollzeit: 30.08.2019, gg.12.50 Uhr in X, Adresse 4 Kontrollstelle X, in Fahrtrichtung W

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

a und b) § 21 Abs. 1 Z 1 Abs. 1 iVm. 26 Abs. 1 Z 3 1 Fall LSD-BG

Wegen dieser Verwaltungsübertretungen wird über Sie folgende Strafe verhängt:

Geldstrafe (€):

2000,00

Gemäß:

§ 26 Abs. 1 Z 3 1 Fall LSD-BG

Ersatzfreiheitsstrafe:

67 Stunden

Im Falle der Uneinbringlichkeit der Geldstrafe tritt an deren Stelle die Ersatzfreiheitsstrafe.

Weitere Verfügungen (z.B. Verfallsausspruch, Anrechnung von Vorhaft):

Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG) zu zahlen:

€ 200,00 als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, das sind 10% der Strafe, wobei jedoch mindestens € 10,00 zu bemessen sind.

Bei Freiheitsstrafen ist zur Berechnung der Kosten ein Tag Freiheitsstrafe mit 100 Euro anzusetzen.

€ 0,00 als Ersatz der Barauslagen für

Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten/Barauslagen) beträgt daher: € 2200.00“

Dagegen richtet sich die fristgerechte und zulässige Beschwerde, in welcher AA durch ihren Rechtsvertreter im Wesentlichen ausführt, dass sie keine Verantwortlichkeit für die angelastete Übertretung treffe, da sie nur für einen abgegrenzten Bereich des Unternehmens verantwortlich wäre. In der Gesellschafterversammlung Nr. *** vom 13.05.2020 sei beschlossen worden, dass die Beschwerdeführerin lediglich für den Bereich des Handels verantwortlich ist und ihre Verantwortlichkeiten in der Organisation, Administration, dem Abschluss von kommerziellen Verträgen mit diversen Geschäftspartnern, der Kontrolle der Handelstätigkeit des Unternehmens, der Vornahme von Bankgeschäften in Lei sowie in fremder Währung und der Besorgung von Handelsgütern lägen. Für den Bereich des Transports sei ausschließlich FF zuständig. Ihm obliege es, allein den Bereich des Transports zu organisieren, zu repräsentieren, in diesem Bereich Verträge abzuschließen und Personal einzustellen. Da somit alle in Verbindung mit dem Transport stehenden Tätigkeiten des Unternehmens in den alleinigen Verantwortungsbereich des FF fielen, obliege es ausschließlich diesem, die Einhaltung der Vorschriften des LSD-BG zu überwachen.

Das Unternehmen sei der Aufforderung, die nachgeforderten Unterlagen bis 03.09.2019 zu übermitteln, fristgerecht nachgekommen und habe den Nachweis, dass die erforderlichen Schritte unternommen worden seien, um das A1-Dokument für die beiden Personen zu beschaffen, sowie das ZKO-3-Dokument für beide Fahrer sowie den Arbeitsvertrag in deutscher Sprache für beide Fahrer vorgelegt. Sämtliche im Straferkenntnis angeführten Dokumente seien somit fristgerecht übermittelt worden.

Weiters erfolgten Ausführungen zur Unionsrechtswidrigkeit der österreichischen Bestimmungen zum LSD-BG, zumal diese den freien Waren- und Dienstleistungsverkehr unverhältnismäßig einschränken würden. Insbesondere sei auch die im § 12 LSD-BG normierte zweitägige Frist unverhältnismäßig kurz und stelle eine erhebliche Hürde für die entsendenden Unternehmen dar. Durch das angefochtene Straferkenntnis liege somit eine Beeinträchtigung der Dienstleistungsfreiheit nach den Art 56 bis 62 AEUV sowie der Waren- und Verkehrsfreiheit nach den Art 28 bis 37 AEUV und auch ein Eingriff in die Berufsfreiheit des Beschwerdeführers nach Art 15 Abs 2 GRC vor, zumal sich das Straferkenntnis auf Bestimmungen des österreichischen Rechts stütze, die eine nicht hinnehmbare, unangemessene und unverhältnismäßige Einschränkung der genannten Freiheiten und Grundrechte darstellen würde. In diesem Zusammenhang wurde angeregt, ein Vorabentscheidungsverfahren beim EuGH einzuleiten.

Auch die Strafhöhe seien im Hinblick auf die zum EuGH-Urteilung Maksimovic ergangenen Judikatur unverhältnismäßig und unionsrechtswidrig.

Als Verfahrensmangel werde weiters die Verletzung der Anleitungspflicht der Behörde normiert, zumal der Beschwerdeführerin nicht ausreichend mitgeteilt worden sei, dass die geforderten Unterlagen in deutscher Sprache vorzulegen seien. Weiters sei das Straferkenntnis mit Begründungsmängeln und Verfahrensmängeln im Sinne der Verletzung des rechtlichen Gehörs behaftet, weshalb beantragt wurde, eine mündliche Verhandlung durchzuführen, das angefochtene Straferkenntnis ersatzlos zu beheben und das Verfahren einzustellen, in eventu lediglich eine Ermahnung aussprechen sowie in eventu ein Vorabentscheidungsverfahren beim EuGH einzuleiten in eventu die Strafe schuld- und tatangemessen herabzusetzen.

In der mündlichen Verhandlung am 06.07.2020 verwies die Beschwerdeführerin abermals auf den Gesellschafterbeschluss vom 13.05.2019, aus dem sich ergebe, dass sie für die Administration der Handelsaktivitäten und FF für die Transportaktivitäten zuständig sei. Nachgereicht wurde von der Beschwerdeführerin die Niederschrift über die Gesellschafterversammlung vom 13.05.2019, sowohl in der rumänischen Urfassung als auch in einer beglaubigten Übersetzung ins Deutsche.

II.      Sachverhalt:

FF, geboren xx.xx.xxxx und AA, geboren xx.xx.xxxx sind handelsrechtliche Geschäftsführer der CC S.R.L. in der Ortschlaft Z, Adresse 3, Kreis V, Rumänien. Die Eintragungsnummer im Handelsregister lautet ***. Diese Gesellschaft besteht seit dem Jahr 2001. Diese Gesellschaft verfügt über das Handelsgewerbe und das Transportgewerbe. Mit Beschluss der Gesellschafterversammlung vom 13.05.2019 wurde festgelegt, dass FF für den Bereich des Transports ausschließlich zuständig ist und die Beschwerdeführerin AA für den Bereich des Handels verantwortlich ist, worunter die Organisation, Administration, der Abschluss von kommerziellen Verträgen mit diversen Geschäftspartnern, die Kontrolle der Handelstätigkeit des Unternehmens, die Vornahme von Bankgeschäften in Lei sowie in fremder Währung und die Besorgung von Handelsgütern fallen.

Am 30.08.2019 um 12.50 Uhr wurde an der Kontrollstelle an X der Adresse 4 der auf die CC S.R.L. zugelassene LKW-Zug mit den rumänischen Kennzeichen *** (LKW) und *** (Anhänger) angehalten und nach den Bestimmungen des LSD-BG kontrolliert. Im LKW befanden sich der Fahrer EE und die Beifahrerin DD, beide rumänische Staatsangehörige. Es wurde eine Lieferung von Österreich nach Italien durchgeführt. Für beide Mitarbeiter konnten keine Meldungen gemäß § 19 LSD-BG, keine A1-Versicherungsdokumente sowie keine Arbeitsverträge in deutscher oder englischer Sprache bereitgehalten oder elektronisch zugänglich gemacht werden. Datenbankabfragen ergaben, dass keine Meldung gemäß § 19 LSD-BG erstattet wurde. Dem Lenker wurde die Aufforderung zur Nachreichung der A1- Versicherungsdokumente für beide Arbeitnehmer und der Arbeitsverträge in deutscher oder englischer Sprache für beide Arbeitnehmer übergeben. Am 03.09.2019 wurden seitens der Firma CC S.R.L. per E-Mail der Arbeitsvertrag in deutscher Sprache für beide Arbeitnehmer, die Meldungen gemäß § 19 LSD-BG vom 03.09.2019 für beide Arbeitnehmer und ein Dokument in rumänischer Sprache übermittelt.

III.     Beweiswürdigung:

Dieser Sachverhalt ergibt sich aus den Akten der Bezirkshauptmannschaft U und des Landesverwaltungsgerichts Tirol, den Aussagen von AA und FF in der mündlichen Verhandlung am 06.07.2020 sowie aus dem in rumänischer Sprache und in beglaubigter deutscher Übersetzung nachgereichten Beschluss der Gesellschaftergeneralversammlung vom 13.05.2019. Dieser Beschluss wurde von der rumänischen Gerichtsdolmetscherin GG übersetzt und deren Unterschrift notariell beglaubigt. Es besteht für das Verwaltungsgericht somit kein Grund, die Richtigkeit dieses Dokuments in Zweifel zu ziehen.

IV.      Rechtslage:

Im gegenständlichen Verfahren ist folgende Bestimmung des Verwaltungsstrafgesetzes maßgeblich:

㤠9

Besondere Fälle der Verantwortlichkeit

1) Für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch juristische Personen oder eingetragene Personengesellschaften ist, sofern die Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmen und soweit nicht verantwortliche Beauftragte (Abs. 2) bestellt sind, strafrechtlich verantwortlich, wer zur Vertretung nach außen berufen ist.

(2) Die zur Vertretung nach außen Berufenen sind berechtigt und, soweit es sich zur Sicherstellung der strafrechtlichen Verantwortlichkeit als erforderlich erweist, auf Verlangen der Behörde verpflichtet, aus ihrem Kreis eine oder mehrere Personen als verantwortliche Beauftragte zu bestellen, denen für das ganze Unternehmen oder für bestimmte räumlich oder sachlich abgegrenzte Bereiche des Unternehmens die Verantwortung für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften obliegt. Für bestimmte räumlich oder sachlich abgegrenzte Bereiche des Unternehmens können aber auch andere Personen zu verantwortlichen Beauftragten bestellt werden.

(3) Eine natürliche Person, die Inhaber eines räumlich oder sachlich gegliederten Unternehmens ist, kann für bestimmte räumlich oder sachlich abgegrenzte Bereiche ihres Unternehmens einen verantwortlichen Beauftragten bestellen.

(4) Verantwortlicher Beauftragter kann nur eine Person mit Hauptwohnsitz im Inland sein, die strafrechtlich verfolgt werden kann, ihrer Bestellung nachweislich zugestimmt hat und der für den ihrer Verantwortung unterliegenden klar abzugrenzenden Bereich eine entsprechende Anordnungsbefugnis zugewiesen ist. Das Erfordernis des Hauptwohnsitzes im Inland gilt nicht für Staatsangehörige von EWR-Vertragsstaaten, falls Zustellungen im Verwaltungsstrafverfahren durch Staatsverträge mit dem Vertragsstaat des Wohnsitzes des verantwortlichen Beauftragten oder auf andere Weise sichergestellt sind.

(5) Verletzt der verantwortliche Beauftragte auf Grund einer besonderen Weisung des Auftraggebers eine Verwaltungsvorschrift, so ist er dann nicht verantwortlich, wenn er glaubhaft zu machen vermag, daß ihm die Einhaltung dieser Verwaltungsvorschrift unzumutbar war.

(6) Die zur Vertretung nach außen berufenen Personen im Sinne des Abs. 1 sowie Personen im Sinne des Abs. 3 bleiben trotz Bestellung eines verantwortlichen Beauftragten – unbeschadet der Fälle des § 7 – strafrechtlich verantwortlich, wenn sie die Tat vorsätzlich nicht verhindert haben.

(7) Juristische Personen und eingetragene Personengesellschaften sowie die in Abs. 3 genannten natürlichen Personen haften für die über die zur Vertretung nach außen Berufenen oder über einen verantwortlichen Beauftragten verhängten Geldstrafen, sonstige in Geld bemessene Unrechtsfolgen und die Verfahrenskosten zur ungeteilten Hand.“

V.       Erwägungen:

Die Beschwerdeführerin hat bescheinigt, dass am 13.05.2019 dem anderen handelsrechtlichen Geschäftsführer FF die alleinige Verantwortlichkeit für die Transporttätigkeit übertragen wurde. Ihm allein oblag es, den Bereich des Transports zu organisieren, zu repräsentieren, in diesem Bereich Verträge abzuschließen und Personal einzustellen.

Der Verwaltungsgerichtshof führt in seiner Entscheidung vom 26.07.2018, Ra 2018/11/0081, zur Wirksamkeit der Bestellung verantwortlich Beauftragter aus, dass zwischen einem gemäß § 9 Abs 2 letzter Satz VStG bestellten verantwortlichen Beauftragten und einem nach § 9 Abs 2 erster Satz VStG bestellen, von ihm als „verantwortliches Vertretungsorgan“ bezeichneten verantwortlichen Beauftragten zu unterscheiden ist. Die strafrechtliche Verantwortlichkeit des verantwortlichen Beauftragten entsteht erst mit seiner rechtswirksamen Bestellung durch ein Vertretungsorgan, diese kann immer nur Teilbereiche des Unternehmens umfassen und setzt im Anwendungsbereich des § 23 Arbeitsinspektionsgesetz überdies die vorgängige Mitteilung der Bestellung an das zuständige Arbeitsinspektorat voraus. Ein verantwortliches Vertretungsorgan ist hingegen ex lege umfassend und kumulativ neben anderen Vertretungsorganen strafrechtlich verantwortlich. Seine Bestellung nach § 9 Abs 2 erster Satz VStG lässt seine strafrechtliche Verantwortlichkeit als Vertretungsorgan unberührt, sie bewirkt nur den Entfall der strafrechtlichen Verantwortlichkeit der übrigen Vertretungsorgane. Ihre Wirksamkeit hängt nicht von der Mitteilung an das zuständige Arbeitsinspektorat ab.

Da § 23 Arbeitsinspektionsgesetz Vorbild war, sah sich der Verwaltungsgerichtshof nicht veranlasst, von der in seinen Erkenntnissen 97/11/0044 und Ra 2016/02/0002 dargelegten Rechtsauffassung abzugehen, der zufolge die Bestellung eines verantwortlichen Beauftragten aus dem Kreis der vertretungsbefugten Organe nach § 9 Abs 2 erster Satz VStG von der Bestellung eines verantwortlichen Beauftragten nach § 9 Abs 2 zweiter Satz VStG aus dem Kreis der „anderen Personen“ strikt zu unterscheiden ist und Spezialvorschriften wie § 23 Abs 1 Arbeitsinspektionsgesetz über das Wirksamwerden der Bestellung eines verantwortlichen Beauftragten nicht für den Fall der Bestellung eines verantwortlichen Beauftragten nach § 9 Abs 2 erster Satz VStG gelten.

Der Verwaltungsgerichtshof führte weiters aus, dass auch § 7j Abs 1 AVRAG demzufolge dahin auszulegen ist, dass das Wirksamwerden einer Bestellung eines Beauftragten nach § 9 Abs 2 erster Satz VStG nicht zusätzlich vom Einlangen der Meldung bei der zentralen Koordinationsstelle abhängt.

Der Gesellschafterbeschluss vom 13.05.2019 ist - übertragen auf das österreichische Verwaltungsstrafgesetz - gleichbedeutend mit der Bestellung von verantwortlichen Vertretungsorganen im Sinn des § 9 Abs 2 erster Satz VStG auszulegen.

Alle in Verbindung mit dem Transport stehenden Tätigkeiten des Unternehmens CC S.R.L. fielen in den alleinigen Verantwortungsbereich des Geschäftsführers FF, sodass es diesem oblag, die Einhaltung der Vorschriften des LSD-BG zu überwachen.

Da § 24 Abs 1 LSD-BG inhaltlich die Parallelbestimmung zum § 7j Abs 1 AVRAG darstellt, führt dies zur rechtlichen Beurteilung, dass die Rechtswirksamkeit der Bestellung des verantwortlichen Vertretungsorganes FF zum verantwortlichen Beauftragten nicht von der Mitteilung an die zentrale Koordinationsstelle oder den zuständigen Träger der Krankenversicherung abhängig war. Diese Bestellung des FF bewirkte den Entfall der strafrechtlichen Verantwortlichkeit der Beschwerdeführerin AA für die gegenständlich angelastete Verwaltungsübertretung, weshalb der Beschwerde Folge zu geben und spruchgemäß zu entscheiden war.

VI.      Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage iSd Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen diese Entscheidung kann binnen sechs Wochen ab der Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, Freyung 8, 1010 Wien, oder außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist direkt bei diesem, die außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist beim Landesverwaltungsgericht Tirol einzubringen.

Die genannten Rechtsmittel sind von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abzufassen und einzubringen und es ist eine Eingabegebühr von Euro 240,00 zu entrichten.

Es besteht die Möglichkeit, für das Beschwerdeverfahren vor dem Verfassungsgerichtshof und für das Revisionsverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof Verfahrenshilfe zu beantragen. Verfahrenshilfe ist zur Gänze oder zum Teil zu bewilligen, wenn die Partei außerstande ist, die Kosten der Führung des Verfahrens ohne Beeinträchtigung des notwendigen Unterhalts zu bestreiten bzw wenn die zur Führung des Verfahrens erforderlichen Mittel weder von der Partei noch von den an der Führung des Verfahrens wirtschaftlich Beteiligten aufgebracht werden können und die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung nicht als offenbar mutwillig oder aussichtslos erscheint.

Der Antrag auf Verfahrenshilfe ist innerhalb der oben angeführten Frist für das Beschwerdeverfahren vor dem Verfassungsgerichtshof beim Verfassungsgerichtshof und für das Revisionsverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen. Im Antrag an den Verwaltungsgerichtshof ist, soweit dies dem Antragsteller zumutbar ist, kurz zu begründen, warum entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichtes die Revision für zulässig erachtet wird.

Zudem besteht die Möglichkeit, auf die Revision beim Verwaltungsgerichtshof und die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof zu verzichten. Ein solcher Verzicht hat zur Folge, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof und eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof nicht mehr erhoben werden können.

Hinweis:

Rechtskräftig verhängte Geldstrafen (sowie Verfahrenskostenbeiträge) sind bei der Behörde einzubezahlen (vgl § 54b Abs 1 VStG).

zusätzlicher Hinweis:

Gemäß § 35 Abs 2 LSD-BG wird darauf hingewiesen, dass mit der rechtskräftigen Bestrafung die Eintragung der/des Beschuldigten und jenes Unternehmens, dem die Bestrafung zuzurechnen ist, in die vom Kompetenzzentrum LSDB geführte Evidenz verbunden ist.

Landesverwaltungsgericht Tirol

Dr. Hohenhorst

(Richter)

Schlagworte

Verantwortliches Vertretungsorgan

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGTI:2020:LVwG.2020.25.1122.4

Zuletzt aktualisiert am

10.09.2020
Quelle: Landesverwaltungsgericht Tirol LVwg Tirol, https://www.lvwg-tirol.gv.at
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