TE Bvwg Erkenntnis 2020/4/15 W136 2223925-1

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Veröffentlicht am 15.04.2020
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Entscheidungsdatum

15.04.2020

Norm

B-VG Art133 Abs4
SDG §4a
SDG §6 Abs1
SDG §6 Abs2
SDG §6 Abs3

Spruch

W136 2223925-1/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. HABERMAYER-BINDER über die Beschwerde von XXXX gegen den Bescheid der Präsidentin des Handelsgerichtes Wien vom 28.08.2019, Zl. Pers 9-K-667, betreffend Rezertifizierung als Sachverständiger zu Recht:

A) Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 2 Z 1 VwGVG als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer XXXX (im Folgenden BF) ist seit Juli 1987 in der Gerichtssachverständigenliste für die Fachgebiete "17.20 Eisenbahn, Seilbahn, Unfallanalyse - nur für Verkehrsplanung für U-Bahn" und "72.15 Eisenbahnanlagen nur für U-Bahnbau" eingetragen Diese Eintragung war zuletzt bis 31.12.2018 befristet. Der BF beantragte rechtzeitig seine Rezertifizierung und legte hierzu neben anderen Unterlagen drei Privatgutachten vom April 2015, Februar 2016 und April 2018 vor, die jedoch nicht speziell sein Fachgebiet betrafen (Verkehrswertermittlung Einfamilienhaus, Wasseraustritt aus Schwimmbecken bzw. Heizungsrohr).

Nachdem der BF auch keine Fortbildungen nachgewiesen hatte - seinen Angaben zufolge, weil es solche nicht gibt, - ersuchte die belangte Behörde gemäß § 6 Abs. 3 iVm § 4a SDG die Kommission um eine begründete Stellungnahme über die weitere Eignung des Sachverständigen. Nach Übersendung der Ladung zur Prüfung für den 11.9.2019 erklärte der Sachverständige, dass er "im 74. Lebensjahr keine Prüfung" ablegen werde.

2. Mit dem bekämpften Bescheid wurde der Rezertifizierungsantrag des BF mit der Begründung abgewiesen, dass in Folge der Weigerung des Sachverständigen, sich der Prüfung durch die Kommission (§ 4a SDG) zu stellen, dessen Sachkunde für das eingetragene Fachgebiet ungeachtet seiner besonderen Expertise durch seine jahrzehntelange Arbeit auf dem Gebiet des U-Bahn-Baus nicht überprüft werden könne. Damit fehle es bereits an einer Grundlage, von der weiteren Eignung des Sachverständigen auszugehen, somit an einer Voraussetzung für die Verlängerung der Eintragung in der Gerichtssachverständigenliste.

3. In der gegen diesen Bescheid fristgerecht erhobenen Beschwerde wird ausgeführt, dass die belangte Behörde den Sachverhalt fehlerlos festgestellt habe, jedoch unrichtig rechtlich beurteilt. Der BF sei trotz der Einschränkung seines Fachgebietes auf U-Bahn-Bau aufgrund von Bitten des SV-Verbandes immer als Prüfer für das Fachgebiet Eisenbahnwesen zur Verfügung gestanden, er lehne es ab, sich als Prüfer prüfen zu lassen, da keiner der Prüfer aus dem Fachgebiet war und nicht speziell mit dem U-Bahn-Bau vertraut sei. Im Übrigen seien die Privatgutachten nicht ausreichend berücksichtigt worden, das das Gutachten über den Wasseraustritt aus einem Schwimmbecken eine Frage über die Qualität der Abdichtung war, das Gutachten über wasseraustritt aus Heizungsrohren konnte nur aus der Erfahrung mit ähnlichen Schäden im U-Bahn-Bau gelöst werden. Fortbildungsangebote für das Fachgebiet des BF wären europaweit nicht gegeben. Die Fachkunde des BF stehe somit aufgrund unstrittiger Angaben und der vorgelegten Gutachten fest, es könne ihm weder mangelnde Fortbildung noch mangelnde Gutachtertätigkeit für Gerichte zum Vorwurf gemacht werden, wenn diese ihn mangels Aktenanfalls nicht anforderten.

4. Mit Note vom 24.09.2019 wurde die Beschwerde samt den Verfahrensakten dem Bundesverwaltungsgericht von der belangten Behörde vorgelegt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen und Beweiswürdigung:

Der im oben unter I. Verfahrensgang festgestellte Sachverhalt, insbesondere der Umstand, dass der BF nicht bereit ist, sich einer Überprüfung durch die Rezertifizierungskommission zu unterziehen, ergibt aus der Aktenlage in Übereinstimmung mit dem Beschwerdevorbingen.

2. Rechtliche Beurteilung:

Aus § 11 SDG ergibt sich die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts für die Beschwerde gegen den verfahrensgegenständlichen Bescheid der Präsidentin des Handelsgerichts Wien. Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Mangels materienspezifischer Sonderregelung im SDG besteht somit gegenständlich Einzelrichterzuständigkeit.

Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG Abstand genommen werden. Der BF hat die Durchführung einer mündlichen Verhandlung nicht beantragt und erscheint der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt, weshalb eine mündliche Erörterung die weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt.

Zu A)

1. Die maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen des Sachverständigen- und Dolmetschergesetzes (SDG), BGBl. Nr. 137/1975, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 44/2019 lauten auszugsweise wie folgt:

§ 4a. (1) Den Vorsitz der in § 4 Abs. 2 genannten Kommission führt ein vom entscheidenden Präsidenten zu bestimmender - allenfalls auch im Ruhestand befindlicher - Richter, der auch einem anderen Gerichtssprengel angehören kann. Erforderlichenfalls hat der entscheidende Präsident mehrere Richter zu bestellen, welche in gleichmäßiger Reihenfolge heranzuziehen sind. Der Vorsitzende hat unter Beachtung allfälliger Befangenheitsgründe in ausgewogener Weise mindestens zwei weitere qualifizierte und unabhängige Fachleute in die Kommission zu berufen, die

1. nach Möglichkeit für das betreffende Fachgebiet in die Gerichtssachverständigen- und Gerichtsdolmetscherliste eingetragen sind und

2. von der Kammer (gesetzlichen Interessensvertretung), zu der das betreffende Fachgebiet gehört, sowie vom Hauptverband der allgemein beeideten und gerichtlich zertifizierten Sachverständigen Österreichs (Hauptverband der Gerichtssachverständigen) oder von einer anderen Vereinigung, die sich die Wahrnehmung der Belange der allgemein beeideten und gerichtlich zertifizierten Sachverständigen zahlreicher Fachgebiete zur Aufgabe macht und eine große Anzahl dieser Sachverständigen für das Fachgebiet des Bewerbers als Mitglieder in sich vereinigt, namhaft gemacht wurden.

(2) Die Kommissionsmitglieder haben ihre Tätigkeit unparteiisch auszuüben. Die Kommission hat den Bewerber grundsätzlich mündlich zu prüfen. Wenn dies zweckmäßig ist, ist der Bewerber auch schriftlich zu prüfen, wobei ihm insbesondere die Erstattung eines Probegutachtens aufgetragen werden kann. Die Kommission hat die Prüfungsschritte zu dokumentieren und eine begründete Stellungnahme zu erstatten. Sie entscheidet mit Stimmenmehrheit; bei Stimmengleichheit gibt die Stimme des Vorsitzenden den Ausschlag. Hat eine Bewerberin oder ein Bewerber eine Lehrbefugnis für das betreffende wissenschaftliche Fach an einer Hochschule eines EWR-Vertragsstaats oder der Schweizerischen Eidgenossenschaft oder die Befugnis, einen Beruf auszuüben, dessen Zugangs- und Ausübungsvoraussetzungen in einer österreichischen Berufsordnung umfassend gesetzlich festgelegt sind und zu dem auch die Erstattung von Gutachten gehört, so ist die Sachkunde nach § 2 Abs. 2 Z1 lit. a nicht zu prüfen.

(3) Beauftragt der entscheidende Präsident die Kommission mit der Erstattung eines Gutachtens, so hat der Bewerber oder der Verlängerungswerber (§ 6) vor Ablegung der Prüfung Prüfungsgebühren (Justizverwaltungsgebühren) zu entrichten. Die Mitglieder der Kommission erhalten für ihre Tätigkeit Vergütungen. Die Höhe der Prüfungsgebühren und der Vergütungen hat der Bundesminister für Justiz im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Finanzen durch Verordnung festzusetzen. Dabei ist auf die Art und den Umfang der Tätigkeit der Kommissionsmitglieder sowie auf den mit der Vorbereitung und Durchführung der Prüfungen verbundenen Aufwand Bedacht zu nehmen.

Befristung des Eintrags

§ 6. (1) Die Eintragung in die Gerichtssachverständigen- und Gerichtsdolmetscherliste ist zunächst mit dem Zeitraum von fünf Jahren ab dem Zeitpunkt der Eintragung für das jeweilige Fachgebiet befristet und kann danach auf Antrag um jeweils fünf Jahre verlängert werden (Rezertifizierung).

(2) Der Antrag auf Rezertifizierung ist frühestens ein Jahr und spätestens drei Monate vor Ablauf der jeweiligen Frist zu stellen (§ 4 Abs. 1 erster Satz). Der allgemein beeidete und gerichtlich zertifizierte Sachverständige bleibt über den Fristablauf hinaus jedenfalls bis zur Entscheidung über einen fristgerecht gestellten Verlängerungsantrag in die Liste eingetragen. Die Rezertifizierung kann erfolgen, wenn die Voraussetzungen nach § 2 Abs. 2, mit Ausnahme der Z 1 lit. b und der Z 2, sowie nach § 2a weiterhin gegeben sind. Über den Antrag auf Rezertifizierung ist mit Bescheid zu entscheiden.

(3) Im Antrag sind die gerichtlichen Verfahren, in denen der oder die Sachverständige seit der Eintragung, bei häufiger Heranziehung in einem maßgeblichen Zeitraum unmittelbar vor der Antragstellung, tätig geworden ist, mit Aktenzeichen und Gericht anzuführen. Weiters hat der Antrag einen Hinweis auf die absolvierten Fortbildungsaktivitäten zu enthalten. Ist die Eignung der oder des Sachverständigen dem Entscheidungsorgan nicht ohnehin - besonders wegen der häufigen Heranziehung in Gerichtsverfahren - bekannt, so sind Kopien des Antrags zur Erhebung von Stichproben Leitern von Gerichtsabteilungen, denen die von der oder dem Sachverständigen angeführten Verfahren zur Erledigung zugewiesen sind oder waren, zur schriftlichen Stellungnahme über die Eignung der oder des Sachverständigen, besonders zur Äußerung über die Sorgfalt der Befundaufnahme, über die Rechtzeitigkeit der Gutachtenserstattung sowie über die Schlüssigkeit, die Nachvollziehbarkeit und den richtigen Aufbau der Gutachten, zu übermitteln. Das Entscheidungsorgan hat auf Grund der vorgelegten Berichte und der Nachweise über die Fortbildung die weitere Eignung der oder des Sachverständigen zu prüfen. Für diese Prüfung kann das Entscheidungsorgan weitere Ermittlungen anstellen und eine begründete Stellungnahme der Kommission (§ 4a) oder eine Äußerung eines qualifizierten Mitglieds dieser Kommission einholen.

(4) (...)

2. Beschwerdegegenständlich wird vorgebracht, dass die belangte Behörde, anstatt den BF im Rahmen des Rezertifizierungsverfahrens zu einer Prüfung zu verpflichten, seine Fachkunde anhand der vorgelegten Privatgutachten hätte beurteilen können, zumal diese im Hinblick auf seine Berufserfahrung ohnehin außer Zweifel stünde.

Diesem Vorbringen kann im Hinblick auf die vorzitierten Bestimmungen des § 6 Abs. 3 SDG, wonach die belangte Behörde verpflichtet ist, auf Grund der vorgelegten Berichte und der Nachweise über die Fortbildung die weitere Eignung des Sachverständigen zu prüfen, allenfalls weitere Ermittlungen anzustellen und eine begründete Stellungnahme der Kommission (§ 4a) oder eine Äußerung eines qualifizierten Mitglieds dieser Kommission einzuholen, nicht gefolgt werden. Gerade weil der BF in 33 Jahren als in die Sachverständigenliste eingetragener Sachverständiger nur einmal als solcher von einem Gericht herangezogen wurde, weswegen er drei Privatgutachten vorgelegt hat, und auch keine Fortbildungsaktivitäten nachgewiesen hat, erscheinen die von der belangten Behörde getätigten Ermittlungen, insbesondere auch die gesetzlich ausdrücklich vorgesehene Einholung einer qualifizierten Stellungnahme der Kommission nach § 4a SDG als angemessen (vgl. dazu VwGH vom 19.12.2018, Ra 2018/03/0122)

Wenn der der BF angibt, dass er sich deswegen der Prüfung nicht unterzogen hat, weil keiner der Prüfer aus seinem Fachgebiet gewesen wäre, unterliegt er einem Irrtum. Den die die vom Vorsitzenden der Kommission heranzuziehenden vorgesehenen Fachprüfer haben jedenfalls qualifiziert nach § 4a Abs. 1 Z 1 und 2 SDG zu sein. Sofern die vorgesehenen Fachprüfer nicht die beim BF geltende Fachgebietsbeschränkung ausschließlich für den U-Bahn-Bau hätten, bedeutet dies gerade nicht, dass sie keine Expertise im Bereich des U-Bahn-Baus hätten, sondern Sachverständige für sämtliche Eisenbahnanlagen - sohin auch solche für U-Bahnen (vgl. §5 des Eisenbahngesetzes 1957) - sind. Im Übrigen ist zu bemerken, dass jene Fachprüfer, deren Heranziehung vorgesehen war, Gutachter jeweils in jenen Fachgebieten sind, in denen der BF bestellt war.

Im Übrigen ist darauf zu verweisen, dass der BF als Zivilingenieur über eine Berufsausübungsbefugnis wie in § 4a Abs. 2 letzter Satz SDG umschrieben, verfügt, weshalb gemäß § 2 Abs. 2 Z 1 lit. a SDG im Rahmen der Prüfung ohnehin über die erforderliche Sachkunde auf dem Fachgebiet kein Nachweis zu erbringen gewesen wäre. Von dieser Befreiung sind jedoch Kenntnisse über die wichtigsten Vorschriften des Verfahrensrechts, über das Sachverständigenwesen, über die Befundaufnahme sowie über den Aufbau eines schlüssigen und nachvollziehbaren Gutachtens nicht umfasst, weshalb von der Kommission zu diesen Kenntnissen eine begründetet Stellungnahme einzuholen war, um das Weiterbestehen der Eignung des BF beurteilen zu können (vgl. VwGH vom 20.11.2019, Ro 2019/03/0022).

Nachdem der BF aber nicht bereit ist, sich der gemäß § 6 Abs. 3 iVm § 4a SDG vorgesehenen Überprüfung zu stellen, kommt er seiner Mitwirkungspflicht nicht nach, kann die Kommission keine qualifizierte Stellungnahme darüber abgeben und letztendlich die belangte Behörde nicht begründet von der weiteren Eignung des BF als Sachverständiger ausgehen, weshalb sich der bekämpfte Bescheid als rechtmäßig erweist.

Nach dem Gesagten war die Beschwerde abzuweisen.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

befristete Eintragung Fortbildung Kommissionsmitglieder Kommissionsverfahren Mitwirkungspflicht Rezertifizierung Sachverständigenliste Sachverständiger

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W136.2223925.1.00

Im RIS seit

11.09.2020

Zuletzt aktualisiert am

11.09.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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