TE Bvwg Beschluss 2020/5/7 W138 2216521-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 07.05.2020
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Entscheidungsdatum

07.05.2020

Norm

ABGB §833
ABGB §834
ABGB §835
ABGB §836
ABGB §837
ABGB §838
ABGB §838a
B-VG Art133 Abs4
VermG §18a Abs2
VermG §25 Abs2
VermG §3 Abs4
VwGVG §14 Abs1
VwGVG §15 Abs1
VwGVG §24 Abs2 Z1
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §31 Abs1

Spruch

W138 2216521-1/2E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht fasst durch den Richter Mag Klaus HOCHSTEINER über die Beschwerde des A XXXX , anwaltlich vertreten durch RA Dr. Robert EITER, gegen einen Bescheid des Vermessungsamts Imst vom 11.12.2018, XXXX , in der Fassung der Beschwerdevorentscheidung vom 12.02.2019, XXXX nach Vorlageantrag vom 06.03.2019 folgenden Beschluss:

A)

Die Beschwerde wird als unzulässig zurückgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG zulässig.

Text

BEGRÜNDUNG:

I. Verfahrensgang:

1. Aufgrund des Antrages der XXXX XXXX GmbH vom 23.08.2018 wurde am 25.09.2018 beim Grundstück 123 der KG XXXX eine Grenzverhandlung gemäß § 18a Abs 2 VermG abgehalten. Bezüglich der Grenze des Grundstücks 131/1, der KG XXXX des Beschwerdeführers zu dem Grundstücken 123 der KG XXXX , der XXXX GmbH beginnende bei Grenzpunkt 4415 über 4432, 4414, 3036 bis zu Grenzpunkt 4923 wurde keine Einigung erreicht.

2. Die beiden grundbücherlichen Miteigentümer des Grundstücks 131/1, KG XXXX wurden mit Bescheid des Vermessungsamtes Imst vom 11.12.2018, GFN XXXX aufgefordert, binnen 6 Wochen ein für die Bereinigung des Grenzstreites bestimmtes gerichtliches Verfahren anhängig zu machen.

3. Gegen diesen Gerichtsverweis erhob nur der Beschwerdeführer alleine mit Schreiben vom 09.01.2019 Beschwerde. Die Beschwerde wurde somit nicht gemeinsam mit dem weiteren Miteigentümer des Grundstücks 131/1, KG XXXX , A XXXX erhoben.

4. Mit Beschwerdevorentscheidung des Vermessungsamtes Imst vom 12.02.2019, XXXX , wurde die Beschwerde des Beschwerdeführers vom 09.01.2019 abgewiesen und der bekämpfte Bescheid vollinhaltlich bestätigt.

5. Der Beschwerdeführer alleine erhob gegen die Beschwerdevorentscheidung vom 12.02.2019 mit Schreiben vom 06.03.2019 einen Vorlageantrag.

6. Am 23.01.2019 brachte der Beschwerdeführer alleine beim Bezirksgericht Landeck einen Antrag auf die gerichtliche Erneuerung der Grenze bezüglich des Grenzverlaufes zwischen Grundstück 131/1 und 123 gemäß § 850 ABGB ein. Weiters stellte er den Antrag, dass das einzuleitende zivilgerichtliche Verfahren unterbrochen werde bis über die Beschwerde des Beschwerdeführers gegen den Bescheid des Vermessungsamtes vom 11.12.2018 entschieden sei.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Die obige Verfahrensgangschilderung wird als spruchrelevanter Sachverhalt festgestellt.

Über den vorstehenden Verfahrensgang hinaus ist festzustellen, dass der Beschwerdeführer und A XXXX zum Zeitpunkt der Bescheiderlassung und auch aktuell je zur Hälfte schlichte und damit ideelle Miteigentümer des Grundstücks 131/1, der Katastralgemeinde XXXX waren bzw sind.

2. Beweiswürdigung:

Der Sachverhalt ergibt sich aus dem Akteninhalt.

3. Rechtliche Beurteilung:

§ 25 Abs 2 VermG, BGBl. Nr. 306/1968 lautet:

"(2) Einigen sich die Eigentümer nicht über den Grenzverlauf und ist noch kein gerichtliches Verfahren anhängig, so ist der Eigentümer, der behauptet, daß die Grenze nicht mit dem sich auf Grund der Behelfe ergebenden Grenzverlauf übereinstimmt, aufzufordern, binnen sechs Wochen ein für die Bereinigung des Grenzstreites bestimmtes gerichtliches Verfahren anhängig zu machen. Läßt sich auf diese Weise der zur Einleitung des gerichtlichen Verfahrens aufzufordernde Eigentümer nicht ermitteln, so ist derjenige Eigentümer aufzufordern, dessen Behauptung den sonstigen in der Grenzverhandlung hervorgekommenen Umständen nach den geringeren Grad der Wahrscheinlichkeit besitzt."

Der BF und A XXXX sind unstrittig und entsprechend den eingesehenen Grundbuchsauszügen ideelle hälftige Miteigentümer des Grundstücks 131/1, KG XXXX .

Die Vertretungsbefugnis der Miteigentümergemeinschaft in Bezug auf die den Miteigentümern nach ideellen Miteigentumsanteilen gemeinsame Sache und deren Verwaltung richtet sich danach, ob in einer Sache der ordentlichen Verwaltung oder iZm wichtigen Veränderungen zu vertreten ist.

Die hier interessierenden Bestimmungen des ABGB lauten wie folgt:

Rechte der Theilhaber in der gemeinschaftlichen Sache:

a) In Rücksicht des Hauptstammes;

§ 833. Der Besitz und die Verwaltung der gemeinschaftlichen Sache kommt allen Theilhabern insgesammt zu. In Angelegenheiten, welche nur die ordentliche Verwaltung und Benützung des Hauptstammes betreffen, entscheidet die Mehrheit der Stimmen, welche nicht nach den Personen, sondern nach Verhältniß der Antheile der Theilnehmer gezählet werden.

§ 834. Bey wichtigen Veränderungen aber, welche zur Erhaltung oder bessern Benützung des Hauptstammes vorgeschlagen werden, können die Ueberstimmten Sicherstellung für künftigen Schaden; oder, wenn diese verweigert wird, den Austritt aus der Gemeinschaft verlangen.

§ 835. Wollen sie nicht austreten; oder geschähe der Austritt zur Unzeit; so soll das Los, ein Schiedsmann, oder, wofern sie sich darüber nicht einhellig vereinigen, der Richter entscheiden, ob die Veränderung unbedingt oder gegen Sicherstellung Statt finden soll oder nicht. Diese Arten der Entscheidung treten auch bey gleichen Stimmen der Mitglieder ein.

§ 836. Ist ein Verwalter der gemeinschaftlichen Sachen zu bestellen; so entscheidet über dessen Auswahl die Mehrheit der Stimmen, und in deren Abgang der Richter.

§ 837. Der Verwalter des gemeinschaftlichen Gutes [...].

§ 838. Wird die Verwaltung Mehrern [...]

§ 838a. Streitigkeiten zwischen den Teilhabern über die mit der Verwaltung und Benützung der gemeinschaftlichen Sache unmittelbar zusammenhängenden Rechte und Pflichten sind im Verfahren außer Streitsachen zu entscheiden.

Unter ordentlicher Verwaltung sind nur jene Maßnahmen zu verstehen, die zur Erhaltung und zum Betrieb notwendig und zweckmäßig sind, den Interessen aller Miteigentümer dienen und (kumulativ) keine besonderen Kosten hervorrufen, siehe dazu Welser/Kletec?ka, Bürgerliches Recht I15 Rz 925.

Die Beschreitung des Zivilrechtswegs gemäß § 25 Abs 2 VermG (mitunter zuvor im außerstreitigen Verfahren bzw sofort oder danach im streitigen Zivilverfahren, evtl bis zum OGH) ist notorisch mit besonderen und dabei nicht unerheblichen Aufwendungen verbunden. Die Entscheidung den Gerichtsweg gemäß § 25 Abs 2 VermG zu bestreiten fällt daher nicht unter die ordentliche Verwaltung und kann folglich gemäß § 833 ABGB nur von allen ideellen Miteigentümern gemeinschaftlich getroffen werden.

Ein Miteigentümer, der nur einen ideellen Miteigentumsanteil an einem im Miteigentum stehenden Grundstück hat, ist eben kein hinsichtlich der fraglichen Grundstückgrenze einzelvertretungsbefugter (Gesamt- bzw Allein-) Eigentümer und ist daher im Rahmen der außerordentlichen Verwaltung nur gemeinsam mit seinen Miteigentümer vertretungs- und entscheidungsbefugt.

Da die Grundgrenzen bei einem Grundstück denkmöglich lagemäßig immer nur für alle ideellen Miteigentümer die gleichen sein können, können die Miteigentümer auch nur gemeinschaftlich entscheiden, ob sie den von den übrigen Eigentümern in der Grenzverhandlung angegeben Grenzverlauf zustimmen, den gemäß § 25 Abs 2 VermG auferlegten idR mit erheblichen Kosten verbundene Zivilrechtsweg beschreiten oder den Gerichtsverweis der Behörde mittels einer Beschwerde beim BVwG bekämpfen.

Vertretungsbefugt sind im gegenständlichen Fall - mangels hier nicht behaupteter und auch sonst nicht hervorgekommener Verwalterbestellung - nur der BF und der weitere Miteigentümer A XXXX gemeinsam (sofern nicht bei Uneinhelligkeit der Miteigentümer samt Stimmengleichheit der Außerstreitrichter gemäß §§ 835 insb letzter Satz und 838a ABGB über die idZ gebotene Verwaltungs- und Vertretungsmaßnahme zu entscheiden hat, siehe dazu nochmals Welser/Kletec?ka, aaO Rz 932).

Der BF und A XXXX sind Miteigentümer und wurden daher mit dem gegenständlichen Bescheid gemeinschaftlich auf den Gerichtsweg verwiesen. Beschwerde gegen diesen Bescheid bzw. in weiterer Folge einen Vorlageantrag gegen die Beschwerdevorentscheidung hat jedoch nur der BF alleine erhoben. Miteigentümer sind entsprechend den §§ 833ff ABGB betreffend die Frage der Beschreitung des Rechtsmittelweges jedoch nur gemeinsam entscheidungs- und vertretungsbefugt und somit antragslegitimiert.

Da der BF daher nicht befugt war die gegenständliche Beschwerde ohne seinen Miteigentümer zu erheben, war diese mangels Antragslegitimation des BF zurückzuweisen.

Hinzuweisen ist darauf, dass der BF mit Antrag gemäß § 850 ABGB vom 23.01.2019 ein für die Bereinigung des Grenzstreites bestimmtes gerichtliches Verfahren beim Bezirksgericht Landeck, zur Zahl XXXX , einleitete. Der BF stellte beim Bezirksgericht Landeck gleichzeitig den Antrag, dass das über diesen Antrag einzuleitende Verfahren unterbrochen werde bis über die Beschwerde des BF gegen den Bescheid des Vermessungsamtes vom 11.12.2018 entschieden ist. Damit macht der BF klar, dass er sich weiterhin in einem subjektiven Recht verletzt erachtet und nicht der Grundstückseigentümer sein möchte, der gemäß § 25 Abs 2 VermG auf den Rechtsweg verwiesen wird. Der BF möchte das beim Bezirksgericht eingeleitete Verfahren erst fortsetzen, wenn er im Beschwerdeverfahren vor dem BVwG unterliegt und der Gerichtsverweise rechtskräftig wird. Die Beschwerde vor dem BVwG hat für den BF daher einen objektiven Nutzen und ihn mangelt es daher nicht an einer Beschwer, jedoch an der Antragslegitimation, weil er die Beschwerde nicht gemeinsam mit seinem Miteigentümer erhoben hat.

Da die Beschwerde zurückzuweisen war, konnte gemäß § 24 Abs. 2 Z 1 erster Fall VwGVG eine mündliche Verhandlung entfallen.

Zu B) Zulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG zulässig, weil die Entscheidung von der Lösung von Rechtsfrage abhängt, denen grundsätzliche Bedeutung zukommt.

Es liegt nämlich jedenfalls keine gefestigte Rsp des VwGH zu der Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vor, inwieweit bei Miteigentümern ein Miteigentümer alleine oder nur alle Miteigentümer gemeinschaftlich zur Beschwerdeerhebung an das BVwG gegen einen verwaltungsbehördlichen Gerichtsverweisungsausspruch gemäß § 25 Abs 2 VermG antragslegitimiert sind.

Insoweit erscheint damit auch unklar, ob der VwGH den vorliegenden miteigentumsspezifischen Fall auch so sehen wird wie hier das BVwG, nachdem der VwGH zB zur Zl 2004/04/0134 vor BGBl I 2014/83 nach hier vertretener Auffassung wertungsgleich zur vorliegenden Entscheidung ausgesprochen hat, dass bei einer als GesbR zu bewertenden Bietergemeinschaft im Vergaberecht nach damaliger Rechtslage die Einbringung eines Nachprüfungsantrags zur Wahrung der Vertragschancen für das gemeinsame Angebot als Maßnahme der außerordentlichen Verwaltung zu sehen war; und daher gerade nicht jeder einzelne Gesellschafter der Bietergemeinschaft allein Nachprüfungsanträge zur Verteidigung des Angebots der Bietergemeinschaft im Vergabewettbewerb an die Rechtsschutzbehörde stellen durfte.

Schlagworte

Anhängigkeit Antragslegimitation Beschwerdevorentscheidung gemeinsame Antragstellung Gerichtsbarkeit Grenzpunkt Grenzverhandlung Grenzverlauf Grenzvermessung Kostenschätzung Miteigentumsanteile Unterbrechungsantrag Unzulässigkeit der Beschwerde Vermessung Vertretungsbefugnis Verweis Vorlageantrag Zurückweisung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W138.2216521.1.00

Im RIS seit

10.09.2020

Zuletzt aktualisiert am

10.09.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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