TE Lvwg Erkenntnis 2020/7/31 LVwG-AV-1325/001-2019

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Veröffentlicht am 31.07.2020
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Entscheidungsdatum

31.07.2020

Norm

WRG 1959 §75 Abs1
WRG 1959 §75 Abs2

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich erkennt durch den Richter

Hofrat Mag. Wallner über die Beschwerde von A und B sowie C, alle vertreten durch Rechtsanwalt D und E, ***, ***, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Baden vom 29.10.2019, ***, mit dem der Antrag vom 14.08.2019 betreffend eine Wassergenossenschaft mit Beitrittszwang nach dem Wasserrechtsgesetz 1959 (WRG 1959) abgewiesen wurde, nach durchgeführter öffentlicher mündlicher Verhandlung am 29.06.2020 zu Recht:

1.   Die Beschwerde wird gemäß § 28 Absatz 1 und Absatz 2 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) als unbegründet abgewiesen.

F, Eigentümer des Grundstückes Nr. ***, KG ***, kann nicht zum Beitritt zur Wassergenossenschaft *** verhalten werden.

2.   Eine Revision nach Artikel 133 Absatz 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) ist gegen dieses Erkenntnis nicht zulässig.

Entscheidungsgründe:

Mit Antrag vom 23.05.2017 begehrte B (im Zuge des Bewilligungsverfahrens später dann auch A und C) die nachträgliche wasserrechtliche Bewilligung für zwei Quellen auf dem Grundstück Nr. ***, KG ***. Im Schreiben vom 14.08.2019 beantragten die Beschwerdeführer gemäß § 75 WRG 1959, den Wasserbezugsberechtigten F, ***, ***, durch Bescheid zum Beitritt zur noch zu bildenden Wassergenossenschaft *** verhalten. Eine Satzung für die zu bildende Wassergenossenschaft mit Fassung vom 18.07.2019 legten die Beschwerdeführer vorab mit Schreiben vom 08.08.2019 der Bezirkshauptmannschaft Baden vor.

Im selben Verfahrensakt erteilte die belangte Behörde mit Bescheid vom 11.06.2020, ***, den Beschwerdeführern die nachträgliche wasserrechtliche Bewilligung zum Antrag vom 23.05.2017.

Die Bezirkshauptmannschaft Baden wies dann den Antrag vom 14.08.2019 mit Bescheid vom 29.10.2019 als unbegründet ab. In der dagegen fristgerecht erhobenen Beschwerde der rechtsfreundlichen Vertreter der Beschwerdeführer wurde vorgebracht, dass F Wasserbezugsberechtigter, aber auch Wasserleistungspflichtiger gegenüber dem Eigentümer der Liegenschaft Grundstück Nr. ***, KG ***, wäre und auch zu einer Wasserqualität als Trinkwasser verpflichtet wäre. Daher würde § 75 Abs. 1 WRG 1959 vorliegen, weil die Einbeziehung von F von Nutzen für die Gesamtheit der Beteiligten wäre. Auch wäre die Annahme unrichtig, dass § 75 Abs. 2 WRG nicht vorliege, da bereits aus der Verhandlungsschrift vom 01.06.2017 unzweifelhaft hervorgehe, dass F als Liegenschaftseigentümer im Bereich des Quelleinzugsgebietes zweimal pro Jahr Düngemaßnahmen vornähme, wodurch es zu einer Verunreinigung der Wasserversorgungsanlage käme, die der in Gründung befindlichen Wassergenossenschaft diene. Es lägen daher auch die Tatbestandsvoraussetzungen des § 75 Abs. 2 WRG vor. Es wäre daher F in die Gründung der Wassergenossenschaft einzubeziehen. Auch aufgrund der Tatsache, dass von ihm Verunreinigungen von Gewässern im Einzugsbereich der Wasserversorgungsanlage verursacht werden würden, wäre er in die Genossenschaft einzubeziehen. Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung werde beantragt.

Daraufhin hielt das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich am 29.06.2020 eine öffentliche mündliche Verhandlung in Anwesenheit des Rechtsvertreters der Beschwerdeführer sowie des Beschwerdeführers C und der Vertreterin der belangten Behörde ab. Beweis wurde dabei erhoben durch Einvernahme des Beschwerdeführervertreters, des Beschwerdeführers C und Befragung der Vertreterin der belangten Behörde.

Folgender Sachverhalt ist anhand der vorliegenden Aktenlage und des Ergebnisses der durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung als erwiesen anzusehen:

Auf unter anderem dem Grundstück Nr. ***, KG ***, im Eigentum des B, befinden sich zwei Quellen. Aufgrund Kaufvertrages vom 16.04.1971 ist zu Gunsten des Grundstückes ***, selbe KG, die Dienstbarkeit der Wasserversorgung eingeräumt, welche auch im Grundbuch verbüchert ist. Weiters ist aufgrund des Kaufvertrages vom 16.02.2012 eine Dienstbarkeit der Wasserversorgung zu Gunsten des Grundstückes ***, selbe KG, betreffend das Überwasser, welches nicht zur Versorgung des Grundstückes *** benötigt wird, für den Eigentümer des Grundstückes *** eingeräumt. Auch diese Dienstbarkeit ist im Grundbuch eingetragen. Schließlich ist auch beim Grundstück ***, selbe KG, zu Gunsten des Grundstückes ***, selbe KG, die Dienstbarkeit der Versorgung dieser Liegenschaft mit einem Drittel des Überwassers (welches dem Grundstück *** zugutekommt) im Grundbuch eingetragen. Eigentümer des Grundstückes *** ist F, jener des Grundstückes *** ist C und Eigentümerin des Grundstückes *** ist A.

Zur Versorgung der Grundstücke ***, *** und ***, alle KG ***, besteht seit 1971 eine Wasserversorgungsanlage. Die Wasserversorgungsanlage hat zuletzt nicht mehr dem Stand der Technik entsprochen und ist dem mit der nachträglichen Bewilligung vom 11.06.2020 Rechnung getragen worden. Es hat in der Vergangenheit, bereits ab 1972, immer wieder Verunreinigungen des Wassers durch Fäkalkeime, offenbar durch Düngemaßnahmen und landwirtschaftliche Ablagerungen, gegeben.

Die Beschwerdeführer beabsichtigen, eine Wassergenossenschaft mit Beitrittszwang zu bilden, der auch F angehören soll. Eine Einigung mit ihm über einen Beitritt ist nicht erfolgt. Ein entsprechender Antrag auf Verpflichtung von F zum Beitritt zu dieser Genossenschaft vom 14.08.2019 ist gestellt worden, ein Satzungsbeschluss mit der Fassung vom 18.07.2019 ist von der Mehrheit der belangten Behörde vorgelegt worden.

Dieser Sachverhalt basiert auf folgender Beweiswürdigung:

Die Eigentumsverhältnisse und die Dienstbarkeiten ergeben sich aus dem Grundbuchsstand, in welchen am 25.06.2020 vom Landesverwaltungsgericht Niederösterreich Einsicht genommen wurde. Der Sachverhalt ist insoferne unstrittig, als keine Einigung zwischen den Beschwerdeführern und F hinsichtlich der Bildung einer Genossenschaft besteht. Ebenfalls unstrittig ist die Existenz der Wasserversorgungsanlage seit 1971 sowie das in der öffentlichen mündlichen Verhandlung hervorgekommene Vorliegen von Verunreinigungen durch Fäkalkeime. Das Vorliegen einer Beschlussfassung über eine Satzung durch die Beschwerdeführer als Mehrheit sowie eines Antrages auf Bildung einer Genossenschaft mit Beitrittszwang durch Verpflichtung von F zum Beitritt zu dieser Genossenschaft wird nicht in Abrede gestellt.

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich hat erwogen:

Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

Nach § 28 Abs. 2 leg. cit. hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn

1.  der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder

2.  die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes durch das Verwaltungsgericht

selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

Die für gegenständlichen Beschwerdefall relevanten Bestimmungen des WRG 1959 lauten auszugsweise:

„Genossenschaften mit Beitrittszwang.
§ 75.

(1) Wenn über Zweck, Umfang und Art eines Unternehmens (§ 73) keine Vereinbarung aller Beteiligten zustande kommt, das Unternehmen aber von einer Mehrheit der Beteiligten begehrt wird und von unzweifelhaftem Nutzen ist, sich ferner ohne Ausdehnung auf Liegenschaften oder Anlagen einer widerstrebenden Minderheit technisch und wirtschaftlich nicht zweckmäßig durchführen läßt, hat die Wasserrechtsbehörde die widerstrebenden Beteiligten auf Antrag der Mehrheit durch Bescheid zu verhalten, der zu bildenden Genossenschaft beizutreten. Unter den gleichen Voraussetzungen kann eine freiwillige Genossenschaft in eine Genossenschaft mit Beitrittszwang umgebildet werden.

(2) Beteiligte, denen aus der Teilnahme am genossenschaftlichen Unternehmen kein Nutzen erwächst, können zum Beitritt nur insoweit verhalten werden, als sie durch unmittelbare oder mittelbare Änderung der Abflußverhältnisse oder der Bodengestaltung, durch Verunreinigung von Gewässern oder durch sonstige Eingriffe in den Wasserhaushalt das genossenschaftliche Unternehmen mitveranlaßt haben.

(3) ...

…“

Mit dem angefochtenen Bescheid vom 29.10.2019 wird ein Antrag auf Verpflichtung von F zum Beitritt zur zu bildenden Genossenschaft mit Beitrittszwang (***) abgewiesen.

Grundsätzliche Voraussetzung für die Bildung einer derartigen Genossenschaft ist nach § 75 Abs. 1 WRG 1959, dass ein wasserwirtschaftliches Vorhaben sich nur unter Beteiligung mehrerer sinnvoll verwirklichen lässt. Damit die Ausführung derartiger Vorhaben nicht am Widerstand einzelner scheitert, ist die Bildung von Genossenschaften mit Beitrittszwang möglich. In gegenständlicher Rechtssache besteht aber die Wasserversorgungsanlage für die Versorgung diverser Grundstücke in der KG *** bereits seit 1971. Grundlage für den Betrieb dieser Versorgungsanlage sind verdinglichte Dienstbarkeiten im Grundbuch für die Katastralgemeinde *** des Bezirksgerichtes ***. Damit steht aber das Recht auf Wasserbezug einerseits für das Grundstück des zu Verpflichtenden (Grundstück Nr. ***) und andererseits des von diesem mit einem Drittel des Überwassers zu versorgenden Grundstückes Nr. *** zivilrechtlich fest. Ein Anspruch auf Wasserversorgung ist daher bereits aufgrund des Zivilrechtes gegeben. Daraus erschließt sich, dass die Errichtung der gegenständlichen Wasserversorgungsanlage nicht zwingend erforderlich ist, um die Versorgung der genannten Grundstücke mit Trinkwasser zu gewährleisten. Bereits aufgrund der verbücherten Dienstbarkeiten besteht jeweils das Recht auf Wasserversorgung. Dass dieses Recht nur durch die gegenständliche Wasserversorgungsanlage verwirklicht werden kann, ist damit nicht gesagt. Die Bildung einer Genossenschaft mit Beitrittszwang genau zum Zwecke der Errichtung der gegenständlichen Wasserversorgungsanlage ist nicht das einzige Mittel, um die Wasserversorgung zu ermöglichen. Außerdem hat die gegenständliche Wasserversorgungsanlage schon bisher aufgrund der zivilrechtlich eingeräumten Grunddienstbarkeiten Bestand gehabt. Es kann sich daher auch durch den Beitritt zur geplanten Wassergenossenschaft für F kein weiterer Nutzen ergeben. Gleiches gilt für die Beschwerdeführer.

Damit wird auch nicht die gegenständlich fehlende Einigung zwischen den Beschwerdeführern und Herrn F sowie der gestellte Antrag auf Verpflichtung dessen zum Beitritt schlagend. Eine Anwendung des Abs. 1 der Rechtsnorm in § 75 WRG 1959 kommt nicht in Betracht.

Zu prüfen ist weiters, ob Abs. 2 dieser Bestimmung heranzuziehen ist:

Voraussetzung dafür wäre, dass dem zu verpflichtenden F im Rahmen einer Art Verursacherhaftung zuzurechnen wäre, dass etwa wegen im Zuge des Beschwerdeverfahrens geltend gemachter Verunreinigungen von Gewässern (Quellwässer) die Errichtung der Wasserversorgungsanlage vorzunehmen wäre. Es müsste also die Errichtung der Wasserversorgungsanlage deshalb erforderlich werden, weil der zu Verpflichtende Gewässerverunreinigungen herbeigeführt hätte. Dies ist gegenständlich nicht der Fall. Die Wasserversorgungsanlage bestand schon seit längerem und kam es anschließend durch Maßnahmen von F immer wieder zu Verunreinigungen der gegenständlichen Quellen. Damit wird aber nicht die Errichtung der Anlage ausgelöst, sondern ein wasserrechtlicher Tatbestand verwirklicht, der Grundlage für die Erlassung eines gewässerpolizeilichen Auftrages sein könnte.

Eine wasserrechtliche Bewilligung benötigt grundsätzlich derjenige, der nicht aufgrund eines zivilrechtlichen Titels ein Wasserbezugsrecht eingeräumt bekommen hat und einen wasserrechtlichen Bewilligungstatbestand verwirklicht.

Die Beschwerde erweist sich als unbegründet.

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seiner Entscheidung auszusprechen, ob eine Revision nach Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist.

Eine Revision nach Artikel 133 Abs 4 B-VG ist nicht zulässig, da in gegenständlicher Angelegenheit keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zu lösen war. Die Entscheidung weicht weder von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab noch fehlt eine solche oder liegt eine nicht einheitliche Rechtsprechung vor.

Schlagworte

Umweltrecht; Wasserrecht; Wassergenossenschaft; Beitrittszwang;

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGNI:2020:LVwG.AV.1325.001.2019

Zuletzt aktualisiert am

09.09.2020
Quelle: Landesverwaltungsgericht Niederösterreich LVwg Niederösterreic, http://www.lvwg.noe.gv.at
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