TE Bvwg Erkenntnis 2019/12/9 W170 2224828-1

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Veröffentlicht am 09.12.2019
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Entscheidungsdatum

09.12.2019

Norm

BDG 1979 §112 Abs6
B-VG Art133 Abs4

Spruch

W170 2224828-1/10E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Thomas MARTH über die Beschwerde von XXXX , vertreten durch Rechtsanwalt Mag. Franz SCHARF, gegen den Bescheid der Disziplinarkommission beim Bundesministerium für Inneres, Senat 1, vom 24.09.2019, Zl. BMI-40002-0032-DK-Senat 1/2016, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht:

A) Die Beschwerde wird gemäß §§ 28 Abs. 1 und 2 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 33/2013 in der Fassung BGBl. I Nr. 57/2018, 112 Abs. 6 Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979, BGBl. Nr. 333/1979 in der Fassung BGBl. I Nr. 104/2019, abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz, BGBl. Nr. 1/1930 in der Fassung BGBl. I Nr. 57/2019, nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

Das Bundesverwaltungsgericht hat über die rechtzeitige und zulässige Beschwerde erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. XXXX (in Folge: Beschwerdeführer) wurde mit Bescheid der Disziplinarkommission beim Bundesministerium für Inneres, Senat 1 (in Folge: belangte Behörde) vom 13.07.2016, BMI-40002/0003-DK-Senat 1/2016, wegen des Verdachtes, er habe im Zeitraum von zumindest Oktober 2004 bis Anfang 2016 in Wien und an anderen Orten oftmals wiederholt (1.) mit dem Vorsatz, dadurch andere in ihren Rechten auf Geheimhaltung und Datenschutz zu schädigen, seine Befugnisse, im Namen des Bundes als dessen Organ in Vollziehung der Gesetze Amtsgeschäfte vorzunehmen, wissentlich missbraucht, indem er unter Ausnutzung seiner Dienststellung geheime Informationen eingeholt und diese gegen Bezahlung weitergegeben habe, (2.) als Amtsträger für die pflichtwidrige Vornahme der unter Punkt 1. beschriebenen Amtsgeschäfte im unter Punkt 1. angeführten Zeitraum Vorteile für sich in Form von Geldzahlungen in Höhe von insgesamt zumindest 66.500 Euro angenommen, wobei er die Tat in Bezug auf einen 50.000 Euro übersteigenden Wert des Vorteils begangen hätte, und dadurch Dienstpflichtverletzungen begangen, vom Dienst suspendiert.

Der Bescheid wurde dem Beschwerdeführer am 19.07.2016 zugestellt und ist gegen diesen Bescheid ein Rechtsmittel nicht erhoben worden.

Gegen den Beschwerdeführer wurde mit Einleitungsbeschluss der belangten Behörde vom 13.07.2016, BMI-400002/0004-DK-Senat 1/2016, ein Disziplinarverfahren wegen des Verdachtes, er habe im Zeitraum von zumindest Oktober 2004 bis Anfang 2016 in Wien und an anderen Orten oftmals wiederholt (1.) mit dem Vorsatz, dadurch andere in ihren Rechten auf Geheimhaltung und Datenschutz zu schädigen, seine Befugnisse, im Namen des Bundes als dessen Organ in Vollziehung der Gesetze Amtsgeschäfte vorzunehmen, wissentlich missbraucht, indem er unter Ausnutzung seiner Dienststellung geheime Informationen eingeholt und diese gegen Bezahlung weitergegeben habe, (2.) als Amtsträger für die pflichtwidrige Vornahme der unter Punkt 1. beschriebenen Amtsgeschäfte im unter Punkt 1. angeführten Zeitraum Vorteile für sich in Form von Geldzahlungen in Höhe von insgesamt zumindest 66.500 Euro angenommen, wobei er die Tat in Bezug auf einen 50.000 Euro übersteigenden Wert des Vorteils begangen hätte, und dadurch Dienstpflichtverletzungen begangen, eingeleitet.

Der Bescheid wurde dem Beschwerdeführer am 19.07.2016 zugestellt und ist gegen diesen Bescheid ein Rechtsmittel nicht erhoben worden.

Das Disziplinarverfahren ist bis dato nicht erledigt.

1.2. Mit Antrag des Beschwerdeführers vom 16.09.2019 wurde die Aufhebung der Suspendierung beantragt. Unter einem hat der Beschwerdeführer beim Bundesminister für Inneres eine Erklärung zur Versetzung in den Ruhestand gemäß "§ 15b BDG 1979" abgegeben.

Der Antrag des Beschwerdeführers auf Aufhebung der Suspendierung wurde mit Bescheid der Disziplinarkommission beim Bundesministerium für Inneres, Senat 1, vom 24.09.2019, Zl. BMI-40002-0032-DK-Senat 1/2016, abgewiesen; der Bescheid wurde dem inzwischen eingeschrittenen Vertreter des Beschwerdeführers am 26.09.2019 zugestellt.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die am 23.10.2019 bei der Behörde eingebrachte Beschwerde.

1.3. Gegen den Beschwerdeführer wurde weder die Untersuchungshaft verhängt noch liegt eine rechtswirksame Anklage im von der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft geführten Strafverfahren wegen der oben dargestellten Vorwürfe vor.

Seit der Erlassung des Bescheides der Disziplinarkommission beim Bundesministerium für Inneres, Senat 1 vom 13.07.2016, BMI-40002/0003-DK-Senat 1/2016, hat sich hinsichtlich der Frage, ob sich durch die Belassung bzw. Rückkehr des Beschwerdeführers in den Dienst wegen der Art der ihm zur Last gelegten Dienstpflichtverletzungen das Ansehen des Amtes oder wesentliche Interessen des Dienstes gefährdet würden, keine wesentliche Änderung ergeben. Insbesondere würde die wenn auch nur kurzfristige Rückkehr des Beschwerdeführers, dem der Missbrauch von Daten vorgeworfen wurde, in den Polizeidienst, der unweigerlich mit der Verwendung von Daten aus den polizeilichen Datenbanken verbunden ist, das Ansehen des Amtes gefährden.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen ergeben sich aus der Aktenlage und dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A)

3.1. Der gegenständliche Antrag richtet sich darauf, die mit Bescheid der Disziplinarkommission beim Bundesministerium für Inneres, Senat 1 (in Folge: belangte Behörde), vom 13.07.2016, BMI-40002/0003-DK-Senat 1/2016, rechtskräftig ausgesprochene Suspendierung aufzuheben. Dieser Antrag - und in weiterer Folge die Beschwerde gegen den abweisenden Bescheid - sind im Wesentlichen damit begründet, dass der Beschwerdeführer "gemäß § 15b BDG" in den Ruhestand treten wolle und eine entsprechende Erklärung abgegeben habe, aber wegen der aufrechten Suspendierung dies nicht könne und entfalte die Suspendierung damit Strafcharakter, da das Einkommen im Ruhestand höher wäre als das wegen der Suspendierung gekürzte Aktiveinkommen.

3.2. Gemäß §§ 112 Abs. 1, 20 Abs. 1 Z 3a Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979, BGBl. Nr. 333/1979 in der Fassung BGBl. I Nr. 104/2019 (in Folge: BDG), hat die Dienstbehörde die vorläufige Suspendierung einer Beamtin oder eines Beamten zu verfügen, (1.) wenn über sie oder ihn die Untersuchungshaft verhängt wird oder (2.) wenn gegen sie oder ihn eine rechtswirksame Anklage wegen eines Vorsatzdelikts gemäß den §§ 92, 201 bis 217, 312 und 312a Strafgesetzbuch, BGBl. Nr. 60/1974 in der Fassung BGBl. I Nr. 105/2019, angeführten Delikts vorliegt und sich die Anklage auf die Tatbegehung ab dem 1. Jänner 2013 bezieht oder (3.) wenn durch ihre oder seine Belassung im Dienst wegen der Art der ihr oder ihm zur Last gelegten Dienstpflichtverletzungen das Ansehen des Amtes oder wesentliche Interessen des Dienstes gefährdet würden. Gemäß § 112 Abs. 2 letzter Satz BDG hat ab dem Einlangen der Disziplinaranzeige bei der Disziplinarkommission diese bei Vorliegen der in Abs. 1 genannten Voraussetzungen die Suspendierung zu verfügen. Gemäß § 112 Abs. 6 BDG endet die Suspendierung spätestens mit dem rechtskräftigen Abschluss des Disziplinarverfahrens. Fallen die Umstände, die für die Suspendierung der Beamtin oder des Beamten maßgebend gewesen sind, vorher weg, so ist die Suspendierung von der Bundesdisziplinarbehörde unverzüglich aufzuheben.

Gemäß § 15b Abs. 1 BDG kann die Beamtin oder der Beamte durch schriftliche Erklärung, aus dem Dienststand ausscheiden zu wollen, ihre oder seine Versetzung in den Ruhestand bewirken, wenn sie oder er zum Zeitpunkt der Wirksamkeit der Versetzung in den Ruhestand eine nach dem vollendeten 18. Lebensjahr zurückgelegte ruhegenussfähige Gesamtdienstzeit (pensionswirksame Zeit bei Beamtinnen und Beamten, auf die § 1 Abs. 14 des Pensionsgesetzes 1965, BGBl. Nr. 340/1965 in der Fassung BGBl. I Nr. 98/2019, anzuwenden ist) von 504 Monaten, davon mindestens 120 Schwerarbeitsmonate innerhalb der letzten 240 Kalendermonate vor dem Zeitpunkt der Wirksamkeit der Versetzung in den Ruhestand, aufweist. Die Versetzung in den Ruhestand kann frühestens mit Ablauf des Monats in Anspruch genommen werden, in dem das 60. Lebensjahr vollendet wird. Beamtinnen und Beamten, die die Anspruchsvoraussetzungen zum Zeitpunkt der Vollendung des 60. Lebensjahres oder danach erfüllen, bleiben diese auch bei einer späteren Ruhestandsversetzung gewahrt. Gemäß § 15b Abs. 5 1. Fall BDG kann während einer Suspendierung nach § 112 eine Erklärung nach § 15b Abs. 1 BDG nicht wirksam werden. In diesem Fall wird die Erklärung frühestens mit Ablauf des Monats wirksam, in dem die (vorläufige) Suspendierung oder die (vorläufige) Dienstenthebung geendet hat.

Im Gegensatz dazu kennt § 13 BDG, der den Übertritt in den Ruhestand bei Erreichen des gesetzlichen Pensionsalters regelt, keine § 15b Abs. 5 1. Fall BDG entsprechende Norm.

3.3. Für den gegenständlichen Fall bedeutet das, dass der Beschwerdeführer im Falle der Aufhebung der Suspendierung sofort wieder in den Dienst zurückkehren würde und seine Versetzung in den Ruhestand gemäß § 15b BDG am Ende des Monats - so die Voraussetzungen des § 15b BDG vorliegen -, also frühestens mit Ablauf des Monats Dezember wirksam werden würde. Daher liegt derzeit diesbezüglich - das Verwaltungsgericht hat nur die Sach- und Rechtslage zum Entscheidungszeitpunkt zu beurteilen (VwGH 21.10.2014, Ro 2014/03/0076) - weiterhin die Situation vor, dass der Beschwerdeführer als Exekutivbeamter in den Exekutivdienst zurückkehren würde, wenn auch nur für kurze Zeit; diesbezüglich hat sich also weder aus diesem Grund noch sonst etwas an der Sachlage seit Erlassung bzw. Rechtskraft des Suspendierungsbescheides geändert. Die Rückkehr des Beschwerdeführers in den Exekutivdienst würde aber - wie sich auch aus dem rechtskräftigen Suspendierungsbescheides ergibt - auf Grund der dem Beschwerdeführer im Verdachtsbereich vorgeworfenen Delikte und auf Grund des Umstandes, dass eine exekutive Tätigkeit praktisch immer den Umgang mit Daten aus polizeilichen Datenbanken erfordert, weiterhin das Ansehen des Amtes oder wesentliche Interessen des Dienstes - nämlich die Wahrung des Grundrechts auf Datenschutz der betroffenen Personen sowie die Verhinderung diesbezüglicher Rechtsverletzungen durch die Behörde - gefährdet. Daher hat die Suspendierung aufrecht zu bleiben.

3.4. Daher ist auch der Beweisantrag zurückzuweisen, weil diesem keine Entscheidungsrelevanz zukommt, da der Beschwerdeführer, würde die Suspendierung nunmehr aufgehoben, nicht unmittelbar in den Ruhestand nach § 15b BDG treten würde.

3.5. Dass auch das Gesetz keinen Zusammenhang zwischen einer Ruhestandsversetzung und dem Wegfallen der Gründe für eine Suspendierung, wie ihn der Beschwerdeführer argumentiert, sieht bzw. herstellen will, erschließt sich aus einer Zusammenschau der §§ 15b, 112 BDG. Zwar will das Gesetz eine Ruhestandsversetzung bei offener Suspendierung offenbar verhindern - der Gesetzgeber ist sich also bewusst, dass hier ein tatsächlicher Zusammenhang bestehen kann -, aber regelt das Gesetz trotz des Erkennens des Zusammenhanges nicht, dass die Möglichkeit einer Ruhestandsversetzung nach § 15b BDG ein Suspendierungsaufhebungsgrund ist. Vielmehr will der Gesetzgeber suspendierte Beamte offenbar im aktiven Dienststand wissen, wie sich etwa auch aus §§ 14 Abs. 8, 78e Abs. 6 Z 4 BDG ergibt. Auch aus dieser Zusammenschau erschließt sich, dass der Gesetzgeber in der Möglichkeit, in einen anderen als den "Altersruhestand" nach § 13 BDG einzutreten, keine Änderung der zur Suspendierung notwendigen Umstände gesehen hat; dies mag man für unsachlich halten, das Bundesverwaltungsgericht hat aber im gegenständlichen Verfahren die Normen des § 15b BDG nicht anzuwenden und kann diese allfälligen Bedenken daher nicht zum Gegenstand eines Normprüfungsverfahrens machen.

Auch daher ist die Beschwerde abzuweisen.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985, BGBl. Nr. 10/1985 in der Fassung BGBl. I Nr. 104/2019, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz, BGBl. Nr. 1/1930 in der Fassung BGBl. I Nr. 57/2019 (in Folge: B-VG), zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Daher ist auch dem dementsprechenden Antrag des Beschwerdeführers nicht zu folgen.

Schlagworte

Ansehen des Amtes Datenschutz Disziplinarkommission Disziplinarverfahren Exekutivdienst Suspendierung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:W170.2224828.1.00

Im RIS seit

08.09.2020

Zuletzt aktualisiert am

08.09.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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