TE Vwgh Erkenntnis 1997/12/16 97/09/0084

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Veröffentlicht am 16.12.1997
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Index

60/04 Arbeitsrecht allgemein;
62 Arbeitsmarktverwaltung;

Norm

AuslBG §12a Abs2 idF 1995/257;
BHZÜV 1995 §1 Z3 lita;
BHZÜV 1995 §1 Z3 litb;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Blaschek und Dr. Rosenmayr als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Loibl, über die Beschwerde der Römisch-katholischen Pfarre St. Rochus und Sebastian in Wien, vertreten durch Dr. Wolfgang Weber, Rechtsanwalt in Wien I, Wollzeile 12/1/27, gegen den Bescheid der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Wien vom 26. Februar 1997, Zl. 10/13113/165 6361, betreffend Nichterteilung einer Beschäftigungsbewilligung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die beschwerdeführende Partei hat dem Arbeitsmarktservice Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die beschwerdeführende Partei beantragte beim Arbeitsmarktservice Handel-Transport-Verkehr-Landwirtschaft Wien die Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG) für den iranischen Staatsangehörigen Mohammad Biaresh-Foumani (geboren am 22. September 1948) für die berufliche Tätigkeit als Bote.

Diesen Antrag wies das Arbeitsmarktservice Handel-Transport-Verkehr-Landwirtschaft Wien mit Bescheid vom 27. Dezember 1996 gemäß § 4 Abs. 7 AuslBG (in Zusammenhalt mit der Kundmachung des Bundesministers für Arbeit und Soziales über die Bundeshöchstzahl 1996 und der Bundeshöchstzahlenüberziehungsverordnung) ab.

Dagegen erhob die beschwerdeführende Partei Berufung. Sie brachte darin vor, sie erachte den erstinstanzlichen Bescheid für nicht gerechtfertigt, da die beantragte ausländische Arbeitskraft "für uns eine Schlüsselkraft ist (sprich: dies ist ein vertraulicher Posten)".

Mit dem im Instanzenzug ergangenen, nunmehr angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 26. Februar 1997 wurde die Berufung der beschwerdeführenden Partei gemäß § 66 Abs. 4 AVG in Verbindung mit § 4 Abs. 7 AuslBG (in Zusammenhalt mit § 12a Abs. 1 und 2 sowie der Kundmachung des Bundesministers für Arbeit und Soziales über die Bundeshöchstzahl 1997 und die Bundeshöchstzahlenüberziehungsverordnung) abgewiesen und damit der erstinstanzliche Bescheid bestätigt. Zur Begründung führte die belangte Behörde nach Darlegung der maßgebenden Rechtslage - soweit für den Beschwerdefall relevant - aus, auf die mit Kundmachung des Bundesministers für Arbeit und Soziales vom 26. November 1996, BGBl. Nr. 646/1996, festgesetzte Bundeshöchstzahl für das Kalenderjahr 1997 (262 246) seien laut Statistik des Arbeitsmarktservice Österreich derzeit (Stand 1. Februar 1997) 264 872 Ausländer anzurechnen. Die Bundeshöchstzahl 1997 sei daher (um 1 %) überschritten. Selbst wenn der beantragten ausländischen Arbeitskraft die in der Berufung behauptete Vertrauensstellung zukomme, bestehe an dieser Beschäftigung kein gesamtwirtschaftliches Interesse. Die Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung sei nach § 1 Z. 3 der genannten Verordnung zudem nur zulässig, wenn die beantragte ausländische Arbeitskraft über eine besondere Ausbildung, spezielle Kenntnisse oder besondere Erfahrungen für die vorgesehene Verwendung verfüge. Für die beabsichtige Beschäftigung als Boten sei auch diese Voraussetzung nicht erfüllt. Der Erteilung der beantragten Beschäftigungsbewilligung stehe daher der Versagungsgrund nach § 4 Abs. 7 AuslBG entgegen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig als unbegründet abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Die beschwerdeführende Partei erachtet sich in dem Recht auf Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung für den beantragten Ausländer verletzt. Sie bringt im wesentlichen vor, der beantragte Ausländer sei vom "mohammedanischen zum katholischen Glauben" (richtig wohl: vom Islam zur römisch-katholischen Kirche) übergetreten. Dieser Übertritt komme im Iran einem Landesverrat gleich. Sollte die iranische Vertretungsbehörde in Österreich von seinem Übertritt Kenntnis erlangen, habe der beantragte Ausländer mit ärgsten Repressalien (möglicherweise mit Gefahr für sein Leben) zu rechnen. Dieser Glaubensübertritt komme "einer Situation im Sinne des § 12 Aufenthaltsgesetz gleich". Der beantragte Ausländer sei an seiner rechten Hand körperbehindert. Es sei nicht berücksichtigt worden, daß der beantragte Ausländer "eine Schlüsselkraft darstelle, da es sich um eine Vertrauensstellung handelt".

Dieses Vorbringen vermag der Beschwerde nicht zum Erfolg zu verhelfen.

Die belangte Behörde hat die Ablehnung der Erteilung der beantragten Beschäftigungsbewilligung ausschließlich auf § 4 Abs. 7 AuslBG (in Verbindung mit § 12a Abs. 1 und 2 AuslBG sowie der nach dem Zeitpunkt der Bescheiderlassung in Betracht kommenden Kundmachung über die Bundeshöchstzahl 1997 und die Verordnung BGBl. Nr. 278/1995) gestützt.

Die beschwerdeführende Partei tritt den im angefochtenen Bescheid getroffenen Feststellungen, wonach die im Beschwerdefall maßgebende Bundeshöchstzahl 1997 im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides überschritten und die sachverhaltsmäßigen Voraussetzungen für die Anwendbarkeit des Bundeshöchstzahlenüberziehungsverfahrens gegeben gewesen seien, nicht entgegen. Es geht im Beschwerdefall demnach ausschließlich darum, ob - auch ungeachtet dieser Überschreitung der Bundeshöchtszahl - im Bundeshöchstzahlenüberziehungsverfahren die Beschäftigungsbewilligung für die beantragte ausländische Arbeitskraft erteilt werden durfte.

Gemäß § 1 der Verordnung des Bundesministers für Arbeit und Soziales, mit der die Gesamtzahl der unselbständig beschäftigten arbeitslosen Ausländer überzogen wird (in ihrer im Beschwerdefall noch anzuwendenden Fassung BGBl. Nr. 278/1995; Bundeshöchstzahlenüberziehungsverordnung - BHZÜV), dürfen unter anderem nach der (aus Sicht des Beschwerdefalles relevanten) Z. 3 über die Gesamtzahl der unselbständig beschäftigten und arbeitslosen Ausländer (Bundeshöchstzahl) gemäß § 12a Abs. 1 AuslBG hinaus Sicherungsbescheinigungen ausgestellt und Beschäftigungsbewilligungen erteilt werden für:

"Ausländer, an deren Beschäftigung

a) im Hinblick auf ihre besondere Ausbildung, speziellen Kenntnisse und Fertigkeiten oder besonderen Erfahrung oder

b) im Hinblick auf den mit der Beschäftigung verbundenen Transfer von Investitionskapital gesamtwirtschaftliche Interessen bestehen;".

Wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung dargetan hat (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 18. Oktober 1996, Zl. 96/09/0293, und vom 23. Jänner 1997, Zl. 96/09/0391) müssen nach § 1 Z. 3 lit. a BHZÜV zwei Voraussetzungen kumulativ erfüllt sein:

1. Eine besondere Qualifikation des Ausländers in bezug auf die beantragte Beschäftigung (subjektive, in der Person des beantragten Ausländers gelegene Komponente) und

2. ein gesamtwirtschaftliches Interesse an der Beschäftigung des qualifizierten Ausländers (objektive Komponente).

Das gesamtwirtschaftliche Interesse an der Beschäftigung des beantragten Ausländers (die objektive Komponente) setzt nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ein qualifiziertes, über das betriebsbezogene wirtschaftliche Interesse des Betriebes an der Befriedigung eines derartigen Arbeitskräftebedarfes hinausgehendes Interesse voraus (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 15. September 1994, Zl. 93/09/0330, und vom 7. September 1995, Zl. 94/09/0355, u.a.).

Im Beschwerdefall konnte die belangte Behörde nach dem von der beschwerdeführenden Partei Verwaltungsverfahren erstatteten Vorbringen davon ausgehen, daß die tatbestandlichen Voraussetzungen nach § 1 Z. 3 BHZÜV nicht erfüllt sind. Denn die beschwerdeführende Partei hat (im gesamten Verfahren) weder eine besondere Qualifikation der beantragten ausländischen Arbeitskraft behauptet, noch kann die in der Berufung allein ins Treffen geführte "Vertrauensstellung" als qualifiziertes, über das Interesse des Arbeitgebers hinausgehendes gesamtwirtschaftliches Interesse angesehen werden. Auch in der an den Verwaltungsgerichtshof erhobenen Beschwerde wird kein Sachverhalt dargelegt, der eine Zuordnung der beantragten Arbeitskraft zum Personenkreis nach § 1 Z. 3 BHZÜV zulassen würde. Dazu kommt, daß eine (allenfalls in einem Asylverfahren relevante) Verfolgungssituation des beantragten Ausländers durch seinen Heimatstaat und dessen körperliche Behinderung im Verwaltungsverfahren nicht vorgebracht wurden; dieses erstmals in der Beschwerde erstattete Vorbringen muß daher auch an dem im verwaltungsgerichtlichen Verfahren geltenden Neuerungsverbot scheitern (vgl. das hg. Erkenntnis vom 10. April 1997, Zl. 95/09/0099, und die darin angegebene Judikatur). Insoweit erstmals in der Beschwerde eine "Situation im Sinne des § 12 Aufenthaltsgesetz" behauptet wird, verkennt die beschwerdeführende Partei, daß sie weder im Verwaltungsverfahren noch in ihrer Beschwerde dargelegt hat, inwieweit der beantragte Ausländer einer Gruppe von Fremden angehört, auf die die Voraussetzungen nach § 12 Aufenthaltsgesetz zutreffen und für die eine Verordnung im Sinne dieser Gesetzesstelle erlassen wurde.

Der Verwaltungsgerichtshof vermag den angefochtenen Bescheid daher nicht als rechtswidrig zu erkennen, wenn die belangte Behörde aufgrund des von der beschwerdeführenden Partei erstatteten Vorbringen zu dem Ergebnis gelangte, daß im Beschwerdefall die Voraussetzungen für eine Zuordnung der beantragten Arbeitskraft zum Personenkreis des § 1 BHZÜV nicht vorlägen.

Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet. Sie war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit § 41 AMSG und der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1997:1997090084.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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