TE Bvwg Erkenntnis 2020/4/6 W194 2224917-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 06.04.2020
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Entscheidungsdatum

06.04.2020

Norm

B-VG Art133 Abs4
ECG §13 Abs1
ECG §13 Abs2
ECG §14
ECG §15
ECG §16
ECG §17
TKG 2003 §109 Abs1
TKG 2003 §109 Abs4
TKG 2003 §111
TKG 2003 §117
TKG 2003 §121a
Urheberrechtsgesetz §81 Abs1
Urheberrechtsgesetz §81 Abs1a
VwGVG §24 Abs2 Z1
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2
ZPO §228

Spruch

W194 2224917-1/10E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr. Daniela Sabetzer als Vorsitzende sowie die Richter Dr. Christian Eisner und Mag. Eduard Hartwig Paulus als Beisitzer über die Beschwerde der XXXX , vertreten durch Hule Bachmayr-Heyda Nordberg Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, gegen den Bescheid der Telekom-Control-Kommission vom 19.08.2019, S 13/19-23, (weitere Verfahrenspartei: XXXX ) zu Recht erkannt:

A)

Der Beschwerde wird insoweit Folge gegeben, als der angefochtene Bescheid in folgender Weise abgeändert wird:

Der Antrag der weiteren Verfahrenspartei vom 30.04.2019, die belangte Behörde möge feststellen, "dass die Unterlassung der Online-Verbindung in Form einer DNS-Sperre zur Webseite XXXX durch die [weitere Verfahrenspartei] gegen Art 3 Abs 3 UA 3 VO (EU) 2015/2120 verstoßen würde", wird als unzulässig zurückgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Die beschwerdeführende Partei vertreibt XXXX der Marke " XXXX ". Diese Produkte stellt sie auf der Webseite " XXXX " vor. Die weitere Verfahrenspartei betreibt ein öffentliches Kommunikationsnetz im Sinne des TKG 2003 und erbringt Kommunikationsdienste einschließlich Internetzugangsdiensten.

2. Mit Schreiben vom 15.03.2019 forderte die beschwerdeführende Partei die weitere Verfahrenspartei auf, deren Kunden ab sofort keinen Zugang mehr zu der unter der Domain " XXXX " geführten Webseite zu vermitteln, wenn über diese Webseite eine Kopie und/oder Nachahmung von Teilen des Designs der Webseite " XXXX " zur Verfügung gestellt werde, da das Layout der Webseite " XXXX " als Gebrauchsgrafik urheberrechtlich geschützt sei. Dies gelte auch für die dort verwendeten Lichtbilder, an welchen der beschwerdeführenden Partei Werknutzungsrechte zustehen würden. Bei der Webseite " XXXX " handle es sich um eine Kopie der Webseite der beschwerdeführenden Partei; sie stelle eine unzulässige Vervielfältigung dieses Werkes dar. Die beschwerdeführende Partei wende sich an die weitere Verfahrenspartei, weil der Inhaber der Webseite " XXXX " sein Fehlverhalten offenbar bewusst setze; er habe zahlreiche schriftliche Versuche der beschwerdeführenden Partei Kontakt aufzunehmen ignoriert und versuche offenbar, seine wahre Identität zu verbergen. Nahezu alle Links der Webseite " XXXX " würden zu Fehlermeldungen führen.

3. Mit Schriftsatz vom 30.04.2019 stellte die weitere Verfahrenspartei bei der belangten Behörde den Antrag auf Feststellung, dass "die Unterlassung der Online-Verbindung in Form einer DNS-Sperre zur Webseite XXXX durch die [weitere Verfahrenspartei] gegen Art 3 Abs 3 UA 3 VO (EU) 2015/2120 verstoßen würde". Diesen Antrag begründete die weitere Verfahrenspartei im Wesentlichen damit, dass es sich bei der Webseite XXXX um keine strukturell urheberrechtsverletzende Seite handle und § 81 Abs. 1a UrhG keine Rechtsgrundlage für eine Sperre der Webseite darstelle. Durch die Nicht-Sperre der Webseite drohe der weiteren Verfahrenspartei ein kostspieliges zivilrechtliches Verfahren, das letztlich in einem Urteil enden könnte, welches die weitere Verfahrenspartei zur Sperre verpflichte. Gleichzeitig drohe der weiteren Verfahrenspartei durch eine Sperre der Webseite ohne einschlägige Rechtsgrundlage oder gerichtlichen Titel eine Verwaltungsstrafe, wenn in einem Verfahren vor der belangten Behörde festgestellt werde, dass die weitere Verfahrenspartei mit der Sperre gegen Art. 3 Abs. 3 der Verordnung (EU) 2015/2120 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. November 2015 über Maßnahmen zum Zugang zum offenen Internet und zur Änderung der Richtlinie 2002/22/EG über den Universaldienst und Nutzerrechte bei elektronischen Kommunikationsnetzen und -diensten sowie der Verordnung (EU) Nr. 531/2012 über das Roaming in öffentlichen Mobilfunknetzen in der Union (im Folgenden TSM-VO) verstoßen habe.

4. Die belangte Behörde leitete mit Beschluss vom 13.05.2019 ein Verfahren zur Feststellung der (Un-)Zulässigkeit der Einrichtung von Zugangssperren zur Webseite " XXXX " ein. Diesem zog sie die nunmehr beschwerdeführende Partei bei.

5. Mit dem angefochtenen Bescheid vom 19.08.2019 sprach die belangte Behörde aus:

"Auf Antrag der [weiteren Verfahrenspartei] wird festgestellt, dass die Ergreifung einer Verkehrsmanagementmaßnahme im Sinne des Art 3 Abs 3 UAbs 3 VO (EU) 2015/2120 idF VO (EU) 2018/1971 in Form einer DNS-Sperre durch die [weitere Verfahrenspartei] zur Unterbindung der Zugangsvermittlung ihrer Endnutzer zur Website unter dem Domainnamen ? XXXX ' auf Grund von Art 3 Abs 3 VO (EU) 2015/2120 idF VO (EU) 2018/1971 unzulässig ist."

5.1. Die Zulässigkeit des Feststellungsbegehrens der weiteren Verfahrenspartei begründete die belangte Behörde im Wesentlichen wie folgt:

Würde die weitere Verfahrenspartei die durch die beschwerdeführende Partei begehrte Webseitensperre durchführen, würde dies - sofern die belangte Behörde diese Verkehrsmanagementmaßnahme als potentiell unzulässig ansehe - ein amtswegiges Verfahren zur Prüfung der Übereinstimmung mit Art. 3 TSM-VO nach sich ziehen. Ein Zuwiderhandeln gegen Art. 3 TSM-VO stelle gemäß § 109 Abs. 4 Z 10 TKG 2003 eine Verwaltungsübertretung dar. Dies gelte auch für ein Zuwiderhandeln gegen einen Bescheid der belangten Behörde aufgrund der TSM-VO. Die weitere Verfahrenspartei habe daher ein berechtigtes rechtliches Interesse an der Feststellung, ob die betreffende Verkehrsmanagementmaßnahme gemäß Art. 3 Abs. 3 TSM-VO zulässig sei. Der begehrte Feststellungsbescheid sei auch geeignet, die Rechtsgefährdung der weiteren Verfahrenspartei zu beseitigen und für Rechtssicherheit zu sorgen. Die Zulässigkeit der Webseitensperre könne in keinem anderen Verwaltungsverfahren geklärt werden, weil ein Aufsichtsverfahren gemäß Art. 5 TSM-VO erst nach Ergreifung einer Verkehrsmanagementmaßnahme von Amts wegen eingeleitet werden könne. Zwar stelle die Erwirkung eines Feststellungsbescheides nur einen subsidiären Rechtsbehelf dar, jedoch sei es der weiteren Verfahrenspartei nicht zumutbar, sich einem Strafverfahren auszusetzen, um eine Lösung der Rechtsfrage herbeizuführen. Sohin sei es der weiteren Verfahrenspartei nicht zumutbar, die Webseitensperre ohne die begehrte Feststellung durchzuführen, weil diese sich der Gefahr einer Verwaltungsstrafe gemäß § 109 Abs. 4 Z 10 TKG 2003 aussetzen würde. Zwar wäre ein Feststellungantrag vor den ordentlichen Gerichten betreffend einen Anspruch gemäß § 81 Abs. 1a UrhG unter den Voraussetzungen gemäß § 228 ZPO möglich, jedoch würde die Gerichtsentscheidung das rechtliche Interesse der weiteren Verfahrenspartei nicht vollumfänglich abdecken. Denn das Verfahren vor der belangten Behörde sei auf die "umfassende Beurteilung" der Frage gerichtet, ob eine konkrete Verkehrsmanagementmaßnahme zur Beschränkung des Zugangs der Endnutzer zur Webseite " XXXX " gesetzt werden dürfe und ob diese Maßnahme unverhältnismäßige Auswirkungen für Endnutzer im Sinne des Art. 3 Abs. 1 TSM-VO habe. Bei der Sicherstellung des Zugangs zum offenen Internet nach Art. 5 iVm Art. 3 TSM-VO würden nämlich auch die Rechte aller Endnutzer von der belangten Behörde amtswegig in einem einheitlichen Verfahren berücksichtigt werden. Das ordentliche Gericht würde hingegen lediglich über die Vorfrage und nicht über die Hauptfrage entscheiden, zumal der Streitgegenstand vor Gericht nicht dem Verfahrensgegenstand vor der belangten Behörde entspreche. Daher erweise sich das Feststellungsbegehren der weiteren Verfahrenspartei als zulässig.

5.2. In der Sache verneinte die belangte Behörde die Zulässigkeit der Webseitensperre " XXXX " und stellte die Unzulässigkeit der betreffenden Verkehrsmanagementmaßnahme fest, weil der beschwerdeführenden Partei kein Unterlassungsanspruch gemäß § 81 Abs. 1a UrhG gegen die weitere Verfahrenspartei zustehe. Denn Layout und Inhalte ihrer Webseite " XXXX " würden mangels schöpferischer Leistung ohne Mindestmaß an Eigentümlichkeit den Werkbegriff des § 1 Abs. 1 UrhG nicht erfüllen und könnten daher keinen Urheberrechtsschutz gemäß § 3 UrhG genießen. Folglich könne der beschwerdeführenden Partei kein urheberrechtlicher Unterlassungsanspruch gemäß § 81 Abs. 1 UrhG gegen die weitere Verfahrenspartei zukommen. Es sei antragsgemäß festzustellen, dass die Verkehrsmanagementmaßnahme der Unterlassung der Vermittlung des Zugangs zur Webseite " XXXX " aufgrund von Art. 3 Abs. 3 TSM-VO unzulässig sei.

6. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde vom 13.09.2019, in welcher Folgendes zusammengefasst vorgebracht wird:

Die belangte Behörde hätte nicht von der mangelnden urheberrechtlichen Schutzfähigkeit der Webseite " XXXX " ausgehen dürfen. Vielmehr wäre der Urheberrechtsschutz der Webseite als Werk der bildenden Künste und als Sammelwerk zu bejahen gewesen. Daran anschließend hätte die belangte Behörde von einem Anspruch gemäß § 81 Abs. 1a UrhG der beschwerdeführenden Partei gegen die weitere Verfahrenspartei, die Vermittlung des Zugangs zur Webseite " XXXX " zu unterlassen, auszugehen gehabt. Dementsprechend wäre die Webseitensperre der Ausnahme vom Verbot von Verkehrsmanagementmaßnahmen gemäß Art. 3 Abs. 3 UAbs. 3 lit. a TSM-VO zu unterstellen gewesen. Vor diesem Hintergrund hätte die belangte Behörde den Feststellungsantrag der weiteren Verfahrenspartei abweisen und die Zulässigkeit der Unterlassung der Zugangsvermittlung zu " XXXX " feststellen müssen.

7. Die belangte Behörde legte den Akt betreffend das vorliegende Verfahren mit Schriftsatz vom 28.10.2019 dem Bundesverwaltungsgericht vor. Die belangte Behörde sah von der Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung ab.

8. Mit Schreiben vom 13.11.2019 übermittelte das Bundesverwaltungsgericht der weiteren Verfahrenspartei die gegenständliche Beschwerde zur Kenntnis und allfälligen Stellungnahme.

9. Mit Schreiben vom 03.12.2019 übermittelte das Bundesverwaltungsgericht der beschwerdeführenden Partei sowie der weiteren Verfahrenspartei die Beschwerdevorlage der belangten Behörde zur Kenntnis und allfälligen Stellungnahme.

10. Mit Schreiben vom 18.12.2019 gab die beschwerdeführende Partei eine Stellungnahme ab.

11. Mit Schreiben vom selben Tag legte die belangte Behörde dem Bundesverwaltungsgericht folgende Aktenvermerke vor:

Laut einem Aktenvermerk der belangten Behörde vom 05.12.2019 habe die Webseite "XXXX" am 05.12.2019 nicht abgerufen werden können. Daher werde die Abteilung Technik der RTR-GmbH ersucht, die technischen Ursachen für die fehlende Erreichbarkeit der Webseite zu ermitteln. Zudem wird in diesem Aktenvermerk festgehalten, dass bereits bei der Überprüfung der Erreichbarkeit der Webseite am 07.11.2019 das gleiche Ergebnis erzielt worden sei.

Aus einem weiteren Aktenvermerk der belangten Behörde vom 09.12.2019 geht hervor, dass für die Domain "XXXX" kein "A-Record" gesetzt worden sei. Eine WHOIS-Abfrage zeige, dass sich die Domain im Status "pendingDelete" befinde, sodass eine Löschung der Domain innerhalb von etwa acht Wochen zu erwarten sei. Im Zeitraum von 10:00 Uhr am 12.11.2019 bis 12:00 Uhr am 09.12.2019 seien stündlich eine DNS-Abfrage nach dem A-Record und eine WHOIS-Abfrage durchgeführt worden; sämtliche der Abfragen hätten zum genannten Ergebnis geführt. Diese Beobachtung lasse darauf schließen, dass die Domain "XXXX" derzeit über keinen Inhalt verfüge und in den nächsten Wochen durch den österreichischen Registrar gelöscht werde.

12. Das Bundesverwaltungsgericht übermittelte mit Schreiben vom 09.01.2020 der beschwerdeführenden Partei und der weiteren Verfahrenspartei die erwähnten Aktenvermerke sowie der belangten Behörde und der weiteren Verfahrenspartei die Stellungnahme der beschwerdeführenden Partei vom 18.12.2019 zur Kenntnis und Stellungnahme.

13. Die beschwerdeführende Partei verwies mit Schreiben vom 14.01.2020 darauf, dass im vorliegenden Verfahren die Vorfrage zu klären sei, ob die beschwerdeführende Partei gegen die weitere Verfahrenspartei einen Unterlassungsanspruch nach § 81 Abs. 1a UrhG habe. Für diesen Unterlassungsanspruch sei das Bestehen von Erstbegehungs- oder Wiederholungsgefahr maßgeblich. Nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes falle die Wiederholungsgefahr auch nicht durch Löschung der zu beanstandenden Webseite weg, weil solche technischen Vorgänge jederzeit wieder rückgängig gemacht werden könnten. Die vorgelegten Aktenvermerke seien daher ohne Relevanz für das Beschwerdeverfahren. Alle Anträge würden aufrecht bleiben.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Den Verfahrensgang stellt das Bundesverwaltungsgericht - wie unter I. beschrieben - fest.

Die beschwerdeführende Partei hat ihren Sitz in XXXX und vertreibt XXXX diverser Marken, darunter auch XXXX Produkte der Marke " XXXX ". Diese Produkte stellt sie auf der Webseite " XXXX " vor.

Die weitere Verfahrenspartei betreibt ein öffentliches Kommunikationsnetz im Sinne des TKG 2003 und erbringt Kommunikationsdienste einschließlich Internetzugangsdienste.

Unter der verfahrensgegenständlichen Domain " XXXX " sind seit dem 07.11.2019 keine Webseiten mehr abrufbar. Die Domain verfügt derzeit über keine Inhalte. Der (frühere) Inhaber dieser Domain stammt aus XXXX .

2. Beweiswürdigung:

Die Ausführungen unter I. gründen sich auf die erwähnten Entscheidungen, Unterlagen und Schriftsätze, welche Teil der dem Bundesverwaltungsgericht vorliegenden Akten sind.

Die zur beschwerdeführenden Partei und weiteren Verfahrenspartei sowie zum (früheren) Inhaber der Domain " XXXX " getroffenen Feststellungen sind unstrittig und gehen unzweifelhaft aus dem Verwaltungsakt hervor.

Insbesondere beruhen die Feststellungen zur Domain " XXXX " auf den Aktenvermerken der belangten Behörde vom 05.12.2019 und 09.12.2019. Die darin dokumentierten Erhebungsergebnisse der belangten Behörde zur (Nicht-)Abrufbarkeit von Webseiten unter der Domain wurden durch die übrigen Verfahrensparteien nicht bestritten und konnten daher den Feststellungen zugrunde gelegt werden.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A)

3.1. Zu den für den Beschwerdefall maßgeblichen Bestimmungen:

3.1.1. Die TSM-VO lautet auszugsweise:

"DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION

[...]

In Erwägung nachstehender Gründe:

(1) Mit dieser Verordnung sollen gemeinsame Regeln zur Wahrung der gleichberechtigten und nichtdiskriminierenden Behandlung des Datenverkehrs bei der Bereitstellung von Internetzugangsdiensten und damit verbundener Rechte der Endnutzer geschaffen werden. Mit der Verordnung sollen die Endnutzer geschützt und es soll gleichzeitig gewährleistet werden, dass das ?Ökosystem' des Internets weiterhin als Innovationsmotor funktionieren kann. Reformen im Bereich des Roamings sollten bei den Endnutzern das Vertrauen schaffen, auch auf Reisen in der Union vernetzt zu bleiben, und dazu führen, dass sich im Laufe der Zeit die Preise und andere Bedingungen in der Union einander angleichen werden.

[...]

(3) Das Internet hat sich in den vergangenen Jahrzehnten zu einer offenen Plattform für Innovation mit niedrigen Zugangsschranken für Endnutzer, Anbieter von Inhalten, Anwendungen und Diensten sowie Anbieter von Internetzugangsdiensten entwickelt. Der bisherige Rechtsrahmen zielt darauf ab, Endnutzern die Möglichkeit zu geben, Informationen und Inhalte abzurufen und zu verbreiten bzw. Anwendungen und Dienste ihrer Wahl zu nutzen. Sehr viele Endnutzer sind jedoch von einer Verkehrsmanagementpraxis betroffen, die bestimmte Anwendungen oder Dienste blockiert oder verlangsamt. Diese Tendenzen erfordern gemeinsame Regeln auf Unionsebene, damit gewährleistet ist, dass das Internet offen bleibt und es nicht zu einer Fragmentierung des Binnenmarkts durch individuelle Maßnahmen der Mitgliedstaaten kommt.

(4) Ein Internetzugangsdienst bietet unabhängig von den vom Endnutzer verwendeten Netztechnologien und Endgeräten den Zugang zum Internet und somit grundsätzlich zu all seinen Abschlusspunkten. Es ist jedoch möglich, dass aus nicht von den Internetzugangsanbietern zu vertretenden Gründen bestimmte Abschlusspunkte des Internets nicht immer zugänglich sind. Daher sollte gelten, dass ein Anbieter seiner Verpflichtung im Zusammenhang mit der Bereitstellung eines Internetzugangsdienstes im Sinne dieser Verordnung nachgekommen ist, wenn der betreffende Dienst eine Anbindung an nahezu alle Abschlusspunkte des Internets bereitstellt. Daher sollten die Internetzugangsanbieter die Anbindung an keinen zugänglichen Abschlusspunkt des Internets beschränken.

[...]

(6) Endnutzer sollten das Recht haben, über ihren Internetzugangsdienst ohne Diskriminierung Informationen und Inhalte abzurufen und zu verbreiten und Anwendungen und Dienste zu nutzen und bereitzustellen. Die Ausübung dieses Rechts sollte unbeschadet des Unionsrechts und des mit dem Unionsrecht im Einklang stehenden nationalen Rechts zur Regelung der Rechtmäßigkeit von Inhalten, Anwendungen oder Diensten erfolgen. Mit dieser Verordnung wird nicht angestrebt, die Rechtmäßigkeit von Inhalten, Anwendungen oder Diensten oder der damit verbundenen Verfahren, Anforderungen und Sicherheitsmechanismen zu regeln. Diese Angelegenheiten fallen somit weiterhin unter das Unionsrecht oder unter im Einklang mit dem Unionsrecht stehendes nationales Recht.

[...]

(8) Bei der Bereitstellung der Internetzugangsdienste sollten Anbieter dieser Dienste den gesamten Datenverkehr ohne Diskriminierung, Beschränkung oder Störung, ungeachtet des Senders, des Empfängers, des Inhalts, der Anwendung, des Dienstes oder des Endgeräts, gleich behandeln. Entsprechend den allgemeinen Grundsätzen des Unionsrechts und der ständigen Rechtsprechung sollten vergleichbare Situationen nicht unterschiedlich und unterschiedliche Situationen nicht gleich behandelt werden, es sei denn, eine solche Behandlung ist objektiv gerechtfertigt.

(9) Ziel eines angemessenen Verkehrsmanagements ist es, zu einer effizienten Nutzung der Netzressourcen und zur Optimierung der Gesamtübermittlungsqualität entsprechend den objektiv unterschiedlichen Anforderungen an die technische Qualität der Dienste bei speziellen Verkehrskategorien und somit den übermittelten Inhalten, Anwendungen und Diensten beizutragen. Von den Internetzugangsanbietern angewandte angemessene Verkehrsmanagementmaßnahmen sollten transparent, nichtdiskriminierend und verhältnismäßig sein, und sie sollten nicht auf kommerziellen Erwägungen beruhen. Die Anforderung, dass Verkehrsmanagementmaßnahmen nicht diskriminierend sein dürfen, schließt nicht aus, dass die Internetzugangsanbieter zur Optimierung der Gesamtübermittlungsqualität Verkehrsmanagementmaßnahmen anwenden, bei denen zwischen objektiv verschiedenen Verkehrskategorien unterschieden wird. Um die Gesamtqualität und das Nutzererlebnis zu optimieren, sollte jede derartige Differenzierung nur auf der Grundlage objektiv verschiedener Anforderungen an die technische Qualität der Dienste (beispielsweise in Bezug auf Verzögerung, Verzögerungsschwankung, Paketverlust und Bandbreite) bei bestimmten Verkehrskategorien, nicht aber auf Grundlage kommerzieller Erwägungen zulässig sein. Derartige differenzierende Maßnahmen sollten in einem angemessenen Verhältnis zum Zweck der Optimierung der Gesamtqualität stehen und gleichartigen Verkehr gleich behandeln. Derartige Maßnahmen sollten nicht länger als erforderlich beibehalten werden.

(10) Ein angemessenes Verkehrsmanagement erfordert keine Techniken zur Überwachung spezifischer Inhalte des Datenverkehrs, der über den Internetzugangsdienst übertragen wird.

(11) Jede Verkehrsmanagementpraxis, die über solche angemessenen Verkehrsmanagementmaßnahmen hinausgeht indem sie eine Blockierung, Verlangsamung, Veränderung, Beschränkung, Störung, Schädigung oder Diskriminierung je nach spezifischen Inhalten, Anwendungen oder Diensten oder spezifischen Kategorien derselben vornimmt, sollte - vorbehaltlich begründeter und genau festgelegter Ausnahmen nach Maßgabe dieser Verordnung - verboten werden. Diese Ausnahmen sollten einer strengen Auslegung und strengen Anforderungen an die Verhältnismäßigkeit unterliegen. Bestimmte Inhalte, Anwendungen und Dienste, wie auch bestimmte Kategorien derselben, sollten geschützt werden wegen der negativen Auswirkungen, die eine Blockierung oder andere, nicht unter die begründeten Ausnahmen fallende Beschränkungsmaßnahmen auf die Wahl der Endnutzer und die Innovation haben. Regeln gegen die Veränderung von Inhalten, Anwendungen oder Diensten beziehen sich auf eine Veränderung des Inhalts der Kommunikation, sind aber nicht mit einem Verbot nichtdiskriminierender Datenkomprimierungstechniken verbunden, mit denen die Größe einer Datei ohne irgendeine Veränderung des Inhalts reduziert wird. Eine solche Datenkomprimierung ermöglicht eine effizientere Nutzung knapper Ressourcen und dient dem Interesse der Endnutzer, indem das Datenvolumen verringert, die Geschwindigkeit erhöht und das Nutzererlebnis bei der Nutzung der betreffenden Inhalte, Anwendungen oder Dienste verbessert wird.

(12) Verkehrsmanagementmaßnahmen, die über die oben angegebenen angemessenen Verkehrsmanagementmaßnahmen hinausgehen, sollten nur soweit und so lange angewandt werden können, wie es erforderlich ist, um den in dieser Verordnung vorgesehenen begründeten Ausnahmen zu entsprechen.

(13) Erstens können Situationen entstehen, in denen Internetzugangsanbieter Gesetzgebungsakten der Union oder nationalen Rechtsvorschriften unterliegen, die mit dem Unionsrecht im Einklang stehen (beispielsweise die Rechtmäßigkeit von Inhalten, Anwendungen oder Diensten, oder die öffentliche Sicherheit betreffend), einschließlich strafrechtlicher Vorschriften, die beispielsweise die Blockierung bestimmter Inhalte, Anwendungen oder Dienste vorschreiben. Außerdem können Situationen entstehen, in denen diese Anbieter Maßnahmen, die mit dem Unionsrecht im Einklang stehen, zur Umsetzung oder Anwendung von Gesetzgebungsakten der Union oder nationalen Rechtsvorschriften unterliegen - wie etwa Maßnahmen mit allgemeiner Geltung, gerichtlichen Anordnungen, Entscheidungen von mit entsprechenden Befugnissen ausgestatteten Behörden - oder anderen Maßnahmen zur Gewährleistung der Einhaltung dieser Gesetzgebungsakte der Union oder nationalen Rechtsvorschriften (beispielsweise Verpflichtungen zur Befolgung gerichtlicher oder behördlicher Anordnungen über die Blockierung unrechtmäßiger Inhalte). Die Anforderung der Einhaltung des Unionsrechts bezieht sich unter anderem auf die Anforderungen der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (im Folgenden ?die Charta') in Bezug auf Einschränkungen der Grundrechte und -freiheiten. Gemäß der Richtlinie 2002/21/EG des Europäischen Parlaments und des Rates dürfen Maßnahmen, die diese Grundrechte und -freiheiten einschränken können, nur dann auferlegt werden, wenn sie im Rahmen einer demokratischen Gesellschaft angemessen, verhältnismäßig und notwendig sind, und ist ihre Anwendung angemessenen Verfahrensgarantien im Sinne der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten zu unterwerfen, einschließlich des Rechts auf effektiven Rechtsschutz und auf ein faires Verfahren.

[...]

(33) Diese Verordnung wahrt die Grundrechte und Grundsätze, die insbesondere in der Charta niedergelegt sind, vor allem den Schutz personenbezogener Daten, die Freiheit der Meinungsäußerung und der Informationsfreiheit, die unternehmerische Freiheit, die Nichtdiskriminierung und den Verbraucherschutz.

[...]

HABEN FOLGENDE VERORDNUNG ERLASSEN:

Artikel 1

Gegenstand und Geltungsbereich

(1) In dieser Verordnung werden gemeinsame Regeln zur Wahrung der gleichberechtigten und nichtdiskriminierenden Behandlung des Verkehrs bei der Bereitstellung von Internetzugangsdiensten und der damit verbundenen Rechte der Endnutzer festgelegt.

(2) Mit dieser Verordnung wird ein neuer Mechanismus für die Endkundenpreise für unionsweite regulierte Roamingdienste festgelegt, um Roamingaufschläge für Endkunden abzuschaffen, ohne die inländischen und die besuchten Märkte zu verzerren.

Artikel 2

Begriffsbestimmungen

Für die Zwecke dieser Verordnung gelten die Begriffsbestimmungen des Artikels 2 der Richtlinie 2002/21/EG.

Darüber hinaus gelten die folgenden Begriffsbestimmungen:

1. ?Anbieter öffentlicher elektronischer Kommunikation': ein Unternehmen, das öffentliche Kommunikationsnetze oder öffentlich zugängliche elektronische Kommunikationsdienste bereitstellt;

2. ?Internetzugangsdienst': ein öffentlich zugänglicher elektronischer Kommunikationsdienst, der unabhängig von der verwendeten Netztechnologie und den verwendeten Endgeräten Zugang zum Internet und somit Verbindungen zu praktisch allen Abschlusspunkten des Internets bietet.

Artikel 3

Gewährleistung des Zugangs zum offenen Internet

(1) Endnutzer haben das Recht, über ihren Internetzugangsdienst, unabhängig vom Standort des Endnutzers oder des Anbieters und unabhängig von Standort, Ursprung oder Bestimmungsort der Informationen, Inhalte, Anwendungen oder Dienste, Informationen und Inhalte abzurufen und zu verbreiten, Anwendungen und Dienste zu nutzen und bereitzustellen und Endgeräte ihrer Wahl zu nutzen.

Dieser Absatz lässt das Unionsrecht und das mit dem Unionsrecht im Einklang stehende nationale Recht in Bezug auf die Rechtmäßigkeit von Inhalten, Anwendungen oder Diensten unberührt.

(2) Vereinbarungen zwischen Anbietern von Internetzugangsdiensten und Endnutzern über die gewerblichen und technischen Bedingungen und die Merkmale von Internetzugangsdiensten wie Preis, Datenvolumina oder Geschwindigkeit sowie die Geschäftspraxis der Anbieter von Internetzugangsdiensten dürfen die Ausübung der Rechte der Endnutzer gemäß Absatz 1 nicht einschränken.

(3) Anbieter von Internetzugangsdiensten behandeln den gesamten Verkehr bei der Erbringung von Internetzugangsdiensten gleich, ohne Diskriminierung, Beschränkung oder Störung, sowie unabhängig von Sender und Empfänger, den abgerufenen oder verbreiteten Inhalten, den genutzten oder bereitgestellten Anwendungen oder Diensten oder den verwendeten Endgeräten.

Unterabsatz 1 hindert die Anbieter von Internetzugangsdiensten nicht daran, angemessene Verkehrsmanagementmaßnahmen anzuwenden. Damit derartige Maßnahmen als angemessen gelten, müssen sie transparent, nichtdiskriminierend und verhältnismäßig sein und dürfen nicht auf kommerziellen Erwägungen, sondern auf objektiv unterschiedlichen technischen Anforderungen an die Dienstqualität bestimmter Datenverkehrskategorien beruhen. Mit diesen Maßnahmen darf nicht der konkrete Inhalt überwacht werden, und sie dürfen nicht länger als erforderlich aufrechterhalten werden.

Anbieter von Internetzugangsdiensten wenden keine Verkehrsmanagementmaßnahmen an, die über die Maßnahmen gemäß Unterabsatz 2 hinausgehen; insbesondere dürfen sie nicht bestimmte Inhalte, Anwendungen oder Dienste - oder bestimmte Kategorien von diesen - blockieren, verlangsamen, verändern, einschränken, stören, verschlechtern oder diskriminieren, außer soweit und solange es erforderlich ist, um

a) Gesetzgebungsakten der Union oder mit dem Unionsrecht im Einklang stehenden nationalen Rechtsvorschriften, denen der Internetzugangsanbieter unterliegt, oder mit dem Unionsrecht im Einklang stehenden Maßnahmen zur Umsetzung dieser Gesetzgebungsakte der Union oder dieser nationalen Rechtsvorschriften zu entsprechen, einschließlich Verfügungen von Gerichten oder Behörden, die über die entsprechenden Befugnisse verfügen;

b) die Integrität und Sicherheit des Netzes, der über dieses Netz erbrachten Dienste und der Endgeräte der Endnutzer zu wahren;

c) eine drohende Netzüberlastung zu verhindern oder die Auswirkungen einer außergewöhnlichen oder vorübergehenden Netzüberlastung abzumildern, sofern gleichwertige Verkehrsarten gleich behandelt werden.

(4) Im Zuge etwaiger Verkehrsmanagementmaßnahmen dürfen personenbezogene Daten nur verarbeitet werden, wenn diese Verarbeitung zur Erreichung der in Absatz 3 genannten Ziele erforderlich und verhältnismäßig ist. Die Verarbeitung solcher Daten muss nach Maßgabe der Richtlinie 95/46/EG des Europäischen Parlaments und des Rates (10) erfolgen. Verkehrsmanagementmaßnahmen müssen ebenfalls den Anforderungen der Richtlinie 2002/58/EG des Europäischen Parlaments und des Rates (11) entsprechen.

(5) Den Anbietern öffentlicher elektronischer Kommunikation, einschließlich der Internetzugangsanbieter und der Anbieter von Inhalten, Anwendungen und Diensten, steht es frei, andere Dienste, die keine Internetzugangsdienste sind, anzubieten, die für bestimmte Inhalte, Anwendungen oder Dienste oder eine Kombination derselben optimiert sind, wenn die Optimierung erforderlich ist, um den Anforderungen der Inhalte, Anwendungen oder Dienste an ein bestimmtes Qualitätsniveau zu genügen.

Die Anbieter öffentlicher elektronischer Kommunikation einschließlich der Internetzugangsanbieter dürfen diese anderen Dienste nur dann anbieten oder ermöglichen, wenn die Netzkapazität ausreicht, um sie zusätzlich zu den bereitgestellten Internetzugangsdiensten zu erbringen. Diese anderen Dienste dürfen nicht als Ersatz für Internetzugangsdienste nutzbar sein oder angeboten werden und dürfen nicht zu Nachteilen bei der Verfügbarkeit oder der allgemeinen Qualität der Internetzugangsdienste für Endnutzer führen.

[...]

Artikel 5

Aufsicht und Durchsetzung

(1) Die nationalen Regulierungsbehörden überwachen genau und stellen sicher, dass Artikel 3 und 4 des vorliegenden Artikels eingehalten werden, und fördern die kontinuierliche Verfügbarkeit von nichtdiskriminierenden Internetzugangsdiensten auf einem Qualitätsniveau, das den Fortschritt der Technik widerspiegelt. Für diese Zwecke können die nationalen Regulierungsbehörden Anforderungen an technische Merkmale, Mindestanforderungen an die Dienstqualität und sonstige geeignete und erforderliche Maßnahmen für einen oder mehrere Anbieter öffentlicher elektronischer Kommunikation, einschließlich der Anbieter von Internetzugangsdiensten, vorschreiben.

Die nationalen Regulierungsbehörden veröffentlichen jährlich Berichte über ihre Überwachungstätigkeit und ihre Erkenntnisse und übermitteln der Kommission und dem GEREK diese Berichte.

(2) Anbieter öffentlicher elektronischer Kommunikation, einschließlich der Anbieter von Internetzugangsdiensten, legen auf Ersuchen der nationalen Regulierungsbehörde dieser Informationen im Zusammenhang mit den Verpflichtungen nach den Artikeln 3 und 4 vor, insbesondere Informationen darüber, wie sie ihren Netzverkehr und ihre Netzkapazitäten verwalten, sowie Rechtfertigungen für etwaige Verkehrsmanagementmaßnahmen. Die Anbieter übermitteln die angeforderten Informationen gemäß dem von der nationalen Regulierungsbehörde verlangten Zeitplan und Detaillierungsgrad.

(3) Um einen Beitrag zur einheitlichen Anwendung dieser Verordnung zu leisten, gibt das GEREK spätestens bis zum 30. August 2016, nach Anhörung der Interessenträger und in enger Zusammenarbeit mit der Kommission, Leitlinien für die Umsetzung der Verpflichtungen der nationalen Regulierungsbehörden nach diesem Artikel heraus.

(4) Dieser Artikel lässt die Aufgaben unberührt, die die Mitgliedstaaten den nationalen Regulierungsbehörden oder anderen zuständigen Behörden nach Maßgabe des Unionsrechts übertragen haben.

Artikel 6

Sanktionen

Die Mitgliedstaaten erlassen für Verstöße gegen die Artikel 3, 4 und 5 Vorschriften über Sanktionen und treffen alle zu deren Anwendung erforderlichen Maßnahmen. Die Sanktionen müssen wirksam, verhältnismäßig und abschreckend sein. Die Mitgliedstaaten teilen der Kommission diese Vorschriften und Maßnahmen bis zum 30. April 2016 mit und melden ihr spätere Änderungen unverzüglich.

[...]"

3.1.2. Das Telekommunikationsgesetz 2003, BGBl I 70 idF I 111/2018, (im Folgenden TKG 2003) lautet auszugsweise:

"13. Abschnitt

Strafbestimmungen

[...]

Verwaltungsstrafbestimmungen

§ 109. (1) Eine Verwaltungsübertretung begeht und ist mit einer Geldstrafe bis zu 4 000 Euro zu bestrafen, wer

[...]

6. einer auf Grund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnung der RTR-GmbH sowie der KommAustria oder einem auf Grund dieses Bundesgesetzes oder der VO (EU) 2015/2120 oder der VO (EU) 531/2012 erlassenen Bescheid der RTR-GmbH, der Telekom-Control-Kommission oder der KommAustria zuwiderhandelt;

[...]

10. den Artikeln 3, 4 Abs. 1, Art. 4 Abs. 2 oder Art. 5 Abs. 2 der Verordnung (EU) Nr. 2015/2120 zuwiderhandelt.

[...]

Abschöpfung der Bereicherung

§ 111. (1) Stellt die Regulierungsbehörde fest, dass ein Unternehmen durch eine gegen dieses Bundesgesetz oder gegen die VO (EU) 2015/2120 oder gegen die VO (EU) 531/2012, gegen die Bestimmungen einer auf Grund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnung oder gegen einen auf Grund dieses Bundesgesetzes oder der VO (EU) 2015/2120 oder der VO (EU) 531/2012 erlassenen Bescheid verstoßende rechtswidrige Handlung einen wirtschaftlichen Vorteil erlangt hat, kann die Regulierungsbehörde beim Kartellgericht den Antrag stellen, einen Betrag festzusetzen und für abgeschöpft zu erklären. Die Höhe der Abschöpfung richtet sich nach dem Ausmaß des wirtschaftlichen Vorteils und kann vom Kartellgericht mit bis zu 10% des Unternehmensumsatzes des Vorjahres festgesetzt werden. Die Regulierungsbehörde hat in diesem Verfahren Parteistellung.

(1a) Ist der Beweis über die Höhe des in rechtswidriger Weise erlangten Vorteils gar nicht oder nur mit unverhältnismäßigen Schwierigkeiten zu erbringen, so kann das Kartellgericht auf Antrag oder von Amts wegen einen angemessenen Betrag nach freier Überzeugung festsetzen.

(2) Der abgeschöpfte Betrag fließt der Rundfunk und Telekom Regulierungs-GmbH zu deren Finanzierung zu.

14. Abschnitt

Behörden

[...]

Telekom-Control-Kommission

§ 116. (1) Zur Erfüllung der im § 117 genannten Aufgaben ist die Telekom-Control-Kommission eingerichtet.

(2) Die Telekom-Control-Kommission ist bei der Rundfunk und Telekom Regulierungs-GmbH angesiedelt. Die Geschäftsführung der Telekom-Control-Kommission obliegt der Rundfunk und Telekom Regulierungs-GmbH. Im Rahmen ihrer Tätigkeit für die Telekom-Control-Kommission ist das Personal der Rundfunk und Telekom Regulierungs-GmbH an die Weisungen des Vorsitzenden oder des in der Geschäftsordnung bezeichneten Mitgliedes gebunden.

(3) Die Mitglieder der Telekom-Control-Kommission sind gemäß Art. 20 Abs. 2 B-VG bei der Ausübung ihres Amtes an keine Weisungen gebunden.

Aufgaben

§ 117. Der Telekom-Control-Kommission sind folgende Aufgaben zugewiesen:

[...]

17. Entscheidung über geeignete und erforderliche Maßnahmen nach Art. 5 Abs. 1 Verordnung (EU) 2015/2120 im Einzelfall.

[...]

Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht

§ 121a (2) Das Bundesverwaltungsgericht entscheidet über Beschwerden in jenen Fällen, in denen die Telekom-Control-Kommission belangte Behörde ist (§ 2 VwGVG), durch Senate."

3.1.3. Die Richtlinie 2001/29/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Mai 2001 zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft lautet auszugsweise:

"KAPITEL IV

ALLGEMEINE BESTIMMUNGEN

Artikel 8

Sanktionen und Rechtsbehelfe

[...]

(3) Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass die Rechtsinhaber gerichtliche Anordnungen gegen Vermittler beantragen können, deren Dienste von einem Dritten zur Verletzung eines Urheberrechts oder verwandter Schutzrechte genutzt werden."

3.1.4. Das Urheberrechtsgesetz, BGBl 111/1936 idF I 105/2018, (im Folgenden UrhG) lautet auszugsweise:

"Unterlassungsanspruch

§ 81. (1) Wer in einem auf dieses Gesetz gegründeten Ausschließungsrecht verletzt worden ist oder eine solche Verletzung zu besorgen hat, kann auf Unterlassung klagen. Der Inhaber eines Unternehmens kann hierauf auch dann geklagt werden, wenn eine solche Verletzung im Betrieb seines Unternehmens von einem Bediensteten oder Beauftragten begangen worden ist oder droht; § 81 Abs. 1a gilt sinngemäß.

(1a) Bedient sich derjenige, der eine solche Verletzung begangen hat oder von dem eine solche Verletzung droht, hiezu der Dienste eines Vermittlers, so kann auch dieser auf Unterlassung nach Abs. 1 geklagt werden. Wenn, bei diesem die Voraussetzungen für einen Ausschluss der Verantwortlichkeit nach den §§ 13 bis 17 ECG vorliegen, kann er jedoch erst nach Abmahnung geklagt werden."

3.1.5. Das E-Commerce-Gesetz, BGBl I 152/2001 idF I 34/2015, (im Folgenden ECG) lautet auszugsweise:

"5. Abschnitt

Verantwortlichkeit von Diensteanbietern

Ausschluss der Verantwortlichkeit bei Durchleitung

§ 13. (1) Ein Diensteanbieter, der von einem Nutzer eingegebene Informationen in einem Kommunikationsnetz übermittelt oder den Zugang zu einem Kommunikationsnetz vermittelt, ist für die übermittelten Informationen nicht verantwortlich, sofern er

1. die Übermittlung nicht veranlasst,

2. den Empfänger der übermittelten Informationen nicht auswählt und

3. die übermittelten Informationen weder auswählt noch verändert.

(2) Die Übermittlung von Informationen und die Vermittlung des Zugangs im Sinn des Abs. 1 umfassen auch die automatische kurzzeitige Zwischenspeicherung der übermittelten Informationen, soweit diese Zwischenspeicherung nur der Durchführung der Übermittlung im Kommunikationsnetz dient und die Information nicht länger gespeichert wird, als es für die Übermittlung üblicherweise erforderlich ist.

Ausschluss der Verantwortlichkeit bei Suchmaschinen

§ 14. (1) Ein Diensteanbieter, der Nutzern eine Suchmaschine oder andere elektronische Hilfsmittel zur Suche nach fremden Informationen bereitstellt, ist für die abgefragten Informationen nicht verantwortlich, sofern er

1. die Übermittlung der abgefragten Informationen nicht veranlasst,

2. den Empfänger der abgefragten Informationen nicht auswählt und

3. die abgefragten Informationen weder auswählt noch verändert.

(2) Abs. 1 ist nicht anzuwenden, wenn die Person, von der die abgefragten Informationen stammen, dem Diensteanbieter untersteht oder von ihm beaufsichtigt wird.

Ausschluss der Verantwortlichkeit bei Zwischenspeicherungen (Caching)

§ 15. Ein Diensteanbieter, der von einem Nutzer eingegebene Informationen in einem Kommunikationsnetz übermittelt, ist für eine automatische, zeitlich begrenzte Zwischenspeicherung, die nur der effizienteren Gestaltung der auf Abruf anderer Nutzer erfolgenden Informationsübermittlung dient, nicht verantwortlich, sofern er

1. die Information nicht verändert,

2. die Bedingungen für den Zugang zur Information beachtet,

3. die Regeln für die Aktualisierung der Information, die in allgemein anerkannten und verwendeten Industriestandards festgelegt sind, beachtet,

4. die zulässige Anwendung von Technologien zur Sammlung von Daten über die Nutzung der Information, die in allgemein anerkannten und verwendeten Industriestandards festgelegt sind, nicht beeinträchtigt und

5. unverzüglich eine von ihm gespeicherte Information entfernt oder den Zugang zu ihr sperrt, sobald er tatsächliche Kenntnis davon erhalten hat, dass die Information am ursprünglichen Ausgangsort der Übertragung aus dem Netz entfernt oder der Zugang zu ihr gesperrt wurde oder dass ein Gericht oder eine Verwaltungsbehörde die Entfernung oder Sperre angeordnet hat.

Ausschluss der Verantwortlichkeit bei Speicherung fremder Inhalte (Hosting)

§ 16. (1) Ein Diensteanbieter, der von einem Nutzer eingegebene Informationen speichert, ist für die im Auftrag eines Nutzers gespeicherten Informationen nicht verantwortlich, sofern er

1. von einer rechtswidrigen Tätigkeit oder Information keine tatsächliche Kenntnis hat und sich in Bezug auf Schadenersatzansprüche auch keiner Tatsachen oder Umstände bewusst ist, aus denen eine rechtswidrige Tätigkeit oder Information offensichtlich wird, oder,

2. sobald er diese Kenntnis oder dieses Bewusstsein erhalten hat, unverzüglich tätig wird, um die Information zu entfernen oder den Zugang zu ihr zu sperren.

(2) Abs. 1 ist nicht anzuwenden, wenn der Nutzer dem Diensteanbieter untersteht oder von ihm beaufsichtigt wird.

Ausschluss der Verantwortlichkeit bei Links

§ 17. (1) Ein Diensteanbieter, der mittels eines elektronischen Verweises einen Zugang zu fremden Informationen eröffnet, ist für diese Informationen nicht verantwortlich,

1. sofern er von einer rechtswidrigen Tätigkeit oder Information keine tatsächliche Kenntnis hat und sich in Bezug auf Schadenersatzansprüche auch keiner Tatsachen oder Umstände bewusst ist, aus denen eine rechtswidrige Tätigkeit oder Information offensichtlich wird, oder,

2. sobald er diese Kenntnis oder dieses Bewusstsein erlangt hat, unverzüglich tätig wird, um den elektronischen Verweis zu entfernen.

(2) Abs. 1 ist nicht anzuwenden, wenn die Person, von der die Informationen stammen, dem Diensteanbieter untersteht oder von ihm beaufsichtigt wird oder der Diensteanbieter die fremden Informationen als seine eigenen darstellt."

3.1.6. Die Zivilprozessordnung, BGBl 111/1936 idF I 109/2018, (im Folgenden ZPO) lautet auszugsweise:

"§. 228

Es kann auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses oder Rechtes, auf Anerkennung der Echtheit einer Urkunde oder Feststellung der Unechtheit derselben Klage erhoben werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass jenes Rechtsverhältnis oder Recht oder die Urkundenechtheit durch eine gerichtliche Entscheidung alsbald festgestellt werde."

3.2. Zur Zulässigkeit der Beschwerde:

3.2.1. Die Zulässigkeit einer Beschwerde setzt voraus, dass eine Verletzung der beschwerdeführenden Partei in Rechten durch den angefochtenen Bescheid zumindest möglich ist (vgl. etwa VwGH 29.05.2019, Ra 2017/11/0314, sowie Wessely, in Raschauer/Wessely [Hrsg], Kommentar zum VwGVG § 18 Rz 2).

Das Rechtsschutzinteresse an einer Bescheidbeschwerde besteht im objektiven Interesse der beschwerdeführenden Partei an der Beseitigung des angefochtenen Verwaltungsaktes. Dieses Interesse ist dann zu verneinen, wenn es für die Rechtsstellung der beschwerdeführenden Partei keinen Unterschied (mehr) macht, ob der angefochtene Bescheid aufrecht bleibt oder aufgehoben wird bzw. wenn die Erreichung des Verfahrenszieles für die beschwerdeführende Partei keinen objektiven Nutzen hat und die in der Beschwerde aufgeworfenen Rechtsfragen soweit nur (mehr) theoretische Bedeutung besitzen (vgl. VwGH 27.07.2017, Ra 2017/07/0014).

An einer Rechtsverletzungsmöglichkeit fehlt es, wenn es ausgeschlossen ist, dass der angefochtene Bescheid (nachteilig) in die Rechtsphäre der beschwerdeführenden Partei eingreift. Auch ein Wegfall der Rechtsverletzungsmöglichkeit während eines laufenden Beschwerdeverfahrens führt zur nachträglichen Unzulässigkeit der Beschwerde und Einstellung des Verfahrens (vgl. VwGH 20.02.2018, Ra 2017/17/0314).

3.2.2. Die beschwerdeführende Partei sieht sich durch den angefochtenen Bescheid nach wie vor, dh. ungeachtet der mittlerweile mangelnden Abrufbarkeit von Webseiten unter der verfahrensgegenständlichen Domain, in ihren Rechten verletzt.

3.2.3. Das Bundesverwaltungsgericht geht aus den folgenden Gründen davon aus, dass die Möglichkeit der beschwerdeführenden Partei, durch den angefochtenen Bescheid in ihren Rechten verletzt zu sein, aufgrund der Löschung der Domain " XXXX " und des Umstands, dass unter dieser Domain keine Webseiten mehr abgerufen werden können, nicht weggefallen ist:

Die beschwerdeführende Partei behauptet, die weitere Verfahrenspartei verletze als Access Provider durch die Zugangsvermittlung zur Webseite unter der Domain " XXXX " ihre urheberrechtlich geschützten Rechtspositionen, weshalb ihr gegen diese als Vermittlerin ein Unterlassungsanspruch gemäß § 81 Abs. 1a UrhG zustehe.

Zu bedenken ist, dass dieser Anspruch - sollte er der beschwerdeführenden Partei zustehen - darauf gerichtet wäre, dass es die weitere Verfahrenspartei unterlässt, ihren Kunden Zugang zur Webseite unter der Domain " XXXX " zu vermitteln. Der Anspruch wäre folglich auf jenes Verhalten der weiteren Verfahrenspartei gerichtet, das der gegenständlich angefochtene Bescheid als gegen die TSM-VO verstoßend feststellt. Verbliebe der angefochtene Bescheid somit im Rechtsbestand und würde dieser durch die Einstellung des Beschwerdeverfahrens in Rechtskraft erwachsen, könnte er einem allfälligen Unterlassungsanspruch der beschwerdeführenden Partei gegen die weitere Verfahrenspartei gemäß § 81 Abs. 1a UrhG oder dessen gerichtlicher Durchsetzung und Exekution entgegenstehen. Der angefochtene Bescheid greift also dann offenkundig nachteilig in die Rechtssphäre der beschwerdeführenden Partei ein, wenn es nicht gänzlich auszuschließen ist, dass dieser (noch) ein Unterlassungsanspruch gegen die weitere Verfahrenspartei zusteht.

Zu berücksichtigen sind hierzu die strengen Anforderungen, welche speziell im Urheberrecht (wie bei sonstigen Unterlassungsbegehren) an einen Wegfall der Wiederholungsgefahr betreffend Urheberrechtsverletzungen gestellt werden:

Vorauszuschicken ist, dass das Vorliegen einer Wiederholungsgefahr eine materielle Voraussetzung des urheberrechtlichen Unterlassungsanspruches ist, die erst bei Schluss der mündlichen Verhandlung erster Instanz des zivilgerichtlichen Verfahrens bzw. zum Zeitpunkt der Entscheidung im Provisorialverfahren vorliegen muss. Vom Vorliegen von Wiederholungsgefahr ist dann auszugehen, wenn bereits eine Rechtsverletzung erfolgt ist, solange die ernstliche Besorgnis besteht, der Verletzende werde in Zukunft weitere Störungshandlungen setzen (Guggenbichler, § 81 Rz 4 f). Schon nach einem einmaligen Gesetzesverstoß ist das Vorliegen von Wiederholungsgefahr zu vermuten (vgl. OGH 20.03.2007, 4 Ob 6/07x). Diese Vermutung kann nur widerlegt werden, wenn der Verletzende konkrete Umstände darlegt, die eine Wiederholung seiner Rechtsverletzung als ausgeschlossen oder doch zumindest als äußerst unwahrscheinlich erscheinen lassen (vgl. OGH 09.08.2006, 4 Ob 133/06x). Dieser Beweis kann dem Verletzende nur gelingen, wenn sein Verhalten in seiner Gesamtheit nach der Rechtsverletzung eine ernstliche Willensänderung erkennen lässt (vgl. OGH 07.08.2007, 4 Ob 134/07w; siehe zu alledem auch Guggenbichler, § 81 UrhG Rz 6).

Zur Frage, inwieweit technische Erschwernisse, die als Urheberrechtsverletzung ausgemachte Handlung noch einmal zu setzen, eine diesbezügliche Wiederholungsgefahr beseitigen, nimmt die zivilgerichtliche Rechtsprechung einen strengen Standpunkt ein. So beseitigt etwa die Löschung urheberrechtsverletzender Inhalte auf Internetseiten die Wiederholungsgefahr nicht, weil dadurch nicht gesichert wird, dass zukünftig nicht erneut geschützte Inhalte für den Internetauftritt verwendet werden (vgl. OGH 12.07.2005, 4 Ob 58/05s sowie Guggenbichler, § 81 Rz 12). Ähnlich wurde das Vorliegen von Wiederholungsgefahr (im insoweit vergleichbaren Wettbewerbsrecht (vgl. OGH 09.08.2006, 4 Ob 133/06x) bejaht, obwohl die Verletzende ihre Position als registrierte Berechtigte einer Domain einer Webseite mit urheberrechtsverletzenden Inhalten verloren hatte, sodass ihr zukünftiges Verhalten auf dieser Webseite nicht mehr hätte zugerechnet werden können, weil der Zugriff auf diese Domain noch im Wege eines Links über eine andere Domain der Verletzenden möglich war (vgl. OGH 19.12.2000, 4 Ob 274/00y). Schließlich geht die Wiederholungsgefahr nicht verloren, wenn die Webseite, auf der die rechtsverletzende Handlung gesetzt wurde, gelöscht und auch der zugrundeliegende Telefonanschluss gekündigt wurde, "weil diese technischen Vorgänge jederzeit leicht wieder rückgängig gemacht werden können" (ausdrücklich OGH 16.03.2004, 4 Ob 30/04x).

Im vorliegenden Fall sind die Beweggründe des früheren Inhabers der Domain XXXX , diese zunächst zu registrieren, danach dort jene Webseite abrufbar zu halten, in der die beschwerdeführende Partei eine Urheberrechtsverletzung erblickt, die betreffende Webseite wieder zu löschen und die Registrierung der Domain zu beenden, unbekannt. Genauso unbekannt ist, wie der frühere Inhaber künftig zu verfahren gedenkt; wie jedem anderen steht es ihm derzeit frei, die Domain " XXXX " zu registrieren, sodass er die von der beschwerdeführenden Partei als rechtsverletzend angesehene Webseite dort ohne weiteres erneut zugänglich machen könnte; schon dieser Umstand spricht nach der dargestellten urheberrechtlichen Rechtsprechung gegen einen Wegfall der Wiederholungsgefahr. Dass auch nicht von einer ernstlichen Willensänderung des früheren Inhabers der Domain ausgegangen werden kann, zeigt der Umstand, dass er auf die Aufforderungsschreiben der beschwerdeführenden Partei nicht reagierte und daher letztlich offenbleibt, ob die Löschung der Webseite und die Beendigung der Registrierung der Domain überhaupt eine Reaktion auf die Behauptung von Urheberrechtsverletzungen durch die beschwerdeführende Partei darstellt. Daher kann für den früheren Inhaber der Domain " XXXX " aufgrund der diesbezüglich strengen Anforderungen der Rechtsprechung nicht mit einer (eine Rechtsverletzung der beschwerdeführenden Partei gänzlich ausschließenden) Sicherheit davon ausgegangen werden, dass die - nach einer einmalig erfolgten Rechtsverletzung als vorliegend vermutete - Wiederholungsgefahr der Bereitstellung seiner früheren Webseite unter der Domain " XXXX " weggefallen. Ist die Wiederholungsgefahr infolge der Löschung der Webseite und des Registrierungsendes der Domain für den früheren Inhaber der Domain nicht mit Sicherheit weggefallen, ist auch die Wiederholungsgefahr einer erneuten Zugangsvermittlung durch die weitere Verfahrenspartei nach Wiederherstellung des früheren Zustands durch den früheren Domaininhaber nicht schon wegen Löschung der Webseite und des Endes der Registrierung der Domain weggefallen.

Auch aus dem bisherigen Verhalten der weiteren Verfahrenspartei ist kein Wegfall der sie betreffenden Wiederholungsgefahr abzuleiten. Die weitere Verfahrenspartei nahm im Verfahren vor der belangten Behörde durchgehend die Rechtsansicht ein, zur Zugangsvermittlung zur Webseite " XXXX " berechtigt und verpflichtet zu sein. Die Zivilgerichte bejahen einen Wegfall der - nach einer einmalig erfolgten Rechtsverletzung an sich als vorliegend vermuteten - Wiederholungsgefahr nur bei einer ernstlichen Willensänderung. Eine solche ernstliche Willensänderung des der Rechtsverletzung Bezichtigten ist nach der Rechtsprechung wiederum zu verneinen, solange dieser behauptet, zur beanstandeten Handlung berechtigt zu sein (OGH 29.04.2003, 4 Ob 57/03s; Guggenbichler, § 81 UrhG Rz 6). Die weitere Verfahrenspartei hat sich im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht nicht geäußert. Insoweit scheidet die Annahme einer solchen ernstlichen Willensänderung aus, was ebenso gegen die Annahme spricht, eine sie betreffende etwaige Wiederholungsgefahr sei mit jener Sicherheit weggefallen, die eine Rechtsverletzungsmöglichkeit der beschwerdeführenden Partei ausschließt.

Vor dem Hintergrund der strengen Anforderungen, die die Zivilgerichte an den Wegfall der Wiederholungsgefahr stellen, vermag das Bundesverwaltungsgericht nicht davon auszugehen, dass diese für die weitere Verfahrenspartei mit jener Sicherheit weggefallen ist, die es ausgeschlossen erscheinen ließe, dass die beschwerdeführende Partei in ihren Rechten verletzt sein kann. Es erscheint folglich auch nicht gänzlich ausgeschlossen, dass der beschwerdeführenden Partei ein Unterlassungsanspruch gemäß § 81 Abs. 1a UrhG gegen die weitere Verfahrenspartei zustehen könnte. Wie bereits ausgeführt, folgt daraus wiederum, dass nicht gänzlich ausgeschlossen werden kann, dass der hier angefochtene Bescheid nachteilig in einen urheberrechtlichen Unterlassungsanspruch der beschwerdeführenden Partei und deren gerichtliche Durchsetzung und Exekution eingreift.

Das Bundesverwaltungsgericht sieht daher die Beschwerde trotz der aktuell mangelnden Abrufbarkeit von Webseiten bzw. fehlender Inhalte unter der verfahrensgegenständlichen Domain als zulässig an.

3.3. Zu den Voraussetzungen der Erlassung von Feststellungsbescheiden im Allgemeinen:

3.3.1. Ein Feststellungsbescheid dient im Allgemeinen der - verbindlichen - Klarstellung (VfSlg 11.764/1988; vgl. auch VwGH 16.10.1989, 89/10/0117), ob ein strittiges Recht oder Rechtsverhältnis besteht oder nicht (vgl. VwGH 20.09.1993, 92/10/0457).

Durch den Feststellungsbescheid der zuständigen Behörde wird in einer der Rechtskraft fähigen und damit für die anderen Behörden (bzw. die selbe Behörde in einem anderen Verfahren) und die Parteien (vgl. VwGH 17.02.1987, 86/05/0146) bindenden Weise über das Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses abgesprochen (vgl. VwSlg 2841 A/1953; VwGH 30.09.1997, 97/01/0144; VfSlg 2653/1954). Dem Feststellungsbescheid kommt also insofern konstitutiver Charakter zu, als durch ihn das strittige Rechtsverhältnis verbindlich entschieden wird (siehe Hengstschläger/Leeb, AVG § 56 Rz 69).

3.3.2. Die Erlassung eines Feststellungsbescheides ist nicht in jeder Konstellation zulässig:

Im Verwaltungsverfahrensrecht ist keine § 228 ZPO (über die Feststellungsklage) vergleichbare Vorschrift vorgesehen (vgl. auch VwSlg 9662 A/1978; VwGH 14.05.2004, 2000/12/0272; VfSlg 2376/1952; 2653/1954), sodass eine allgemeine Berechtigung zur bescheidförmigen Feststellung von Recht(sverhältniss)en verneint wird.

Zulässig sind Feststellungsbescheide, die Rechte oder Rechtsverhältnisse betreffen, zunächst dann, wenn sie ausdrücklich im Gesetz vorgesehen sind (VwGH 25.04.1996, 95/07/0216; VfSlg 9993/1984; 11.697/1988; 15.612/1999; siehe Hengstschläger/Leeb, AVG § 56 Rz 73).

Nach der Rechtsprechung der Gerichtshöfe öffentlichen Rechts dürfen die Behörden - ohne ausdrückliche gesetzliche Grundlage - ferner von Amts wegen (VwSlg 1566 A/1950; 9662 A/1978; VwGH 16.10.1989, 89/10/0117; VfSlg 3925/1961, 4939/1965) einen Feststellungsbescheid erlassen, wenn dieser im öffentlichen Interesse liegt (VwGH 30.03.2004, 2002/06/0199; VfSlg 6050/1969; 11.697/1988; 11.764/1988; siehe Hengstschläger/Leeb, AVG § 56 Rz 74).

Ferner besteht nach der Rechtsprechung auch ohne besondere Rechtsgrundlage ein Rechtsanspruch auf Feststellung strittiger Rechte und Rechtsverhältnisse auf Antrag einer Person, die ein rechtliches Interesse an einer solchen Feststellung hat (siehe VwSlg 2604 A/1952; VwGH 19.10.1994, 94/12/0206; VfSlg 6050/1969; 11.697/1988). Ein solches Interesse an einer bescheidförmigen Feststellung ist dann anzunehmen, wenn die betreffende Feststellung für die Partei im Einzelfall ein notwendiges Mittel zweckentsprechender "Rechtsverteidigung" (VfSlg 4460/1963; 9993/1984; 11.697/1988) oder "Rechtsverfolgung" (VwGH 30.03.2004, 2002/06/0199; VfSlg 16.684/2002; 17.055/2003) darstellt. Dies setzt wiederum voraus, dass der Feststellung in concreto die Eignung zukommt, ein Rechtsverhältnis für die Zukunft (vgl. aber auch VwGH 30.03.2004, 2002/06/0199: "geeignetes Mittel zur Beseitigung aktueller oder zukünftiger Rechtsgefährdung") klarzustellen und dadurch die Gefährdung eines subjektiven Rechts (VfSlg 11.764/1988; vgl. auch VwGH 03.04.2003, 2001/05/0386) des Antragstellers zu beseitigen (VwSlg 9662 A/1978; 12.856 A/1989; VwGH 14.05.2004, 2000/12/0272; VfGH 21.06.2004, G 4/03; siehe zu alledem Hengstschläger/Leeb, AVG § 56 Rz 75). Liegen die Voraussetzungen für eine Feststellung auf Antrag nicht vor, so ist dieser als unzulässig zurückzuweisen (VwGH 14.05.2004, 2000/12/0272; VfSlg 5203/1966; 11.764/1988; 15.612/1999).

Auch ist der (nicht ausdrücklich im Gesetz vorgesehene) Feststellungsbescheid bloß ein subsidiärer Rechtsbehelf (VwGH 14.05.2004, 2000/12/0272; VfSlg 16.979/2003; VfGH 27.09.2004, B 968/02; vgl. auch VwGH 27.01.2004, 2000/10/0062 ["notwendiges, letztes und einziges Mittel der zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung"]). Es fehlt nämlich an einem (privaten und öffentlichen [vgl. VwSlg 6127 A/1963; 29.04.2002, 98/03/0261]) Feststellungsinteresse, wenn die strittige Rechtsfrage im Rahmen eines anderen gesetzlich vorgesehenen, verwaltungsbehördlichen oder gerichtlichen Verfahrens "entschieden" (VwSlg 5972 A/1963; VwGH 01.10.2004, 2000/12/0195), dh genau genommen als Vorfrage im weiteren Sinn gelöst werden kann (vgl. VwGH 30.03.2004, 2002/06/0199).

Nach der Rechtsprechung beider Gerichtshöfe öffentlichen Rechts schließt nicht schon der Umstand, dass irgendein anderes Verfahren existiert, in dem die strittige Rechtsfrage geklärt werden kann, die Notwendigkeit der Rechtsverfolgung und damit einen Feststellungsantrag aus. Vielmehr muss das Ergebnis des betreffenden Verfahrens das rechtliche Interesse des Antragstellers abdecken (VwSlg 12.856 A/1989; VwGH 14.05.2004, 2000/12/0272). Dies ist nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes und der jüngeren Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes nur dann anzunehmen, wenn dem Antragsteller die Beschreitung des "Rechtsweges" vor den Verwaltungsbehörden oder den Gerichten (VwSlg 6789 F/1993; vgl. auch VwSlg 13.732 A/1992 verst Sen) auch zumutbar ist (VwGH 16.11.1998, 97/10/0203; VfSlg 11.697/1988) und dieser Rechtsweg damit in Hinblick auf das Rechtschutzbedürfnis gleichwertig ist (vgl. VwSlg 7017 F/1995). Die Zumutbarkeit, eines gesetzlich vorgezeichneten Rechtsweges kann aber keinesfalls schon deshalb verneint werden, weil dem Antragsteller in diesem Fall wirtschaftliche Nachteile (zB vergebliche Vertragserrichtungskosten [VfSlg 11.697/1988]) drohen [VwGH 17.09.1996, 94/05/0054; VfSlg 8047/1977; nach VwSlg 14.242 A/1995 kann ein drohendes Disziplinarverfahren (vgl. auch VwGH 19.03.1990, 88/12/0103; 14.01.1993, 92/09/0099; 01.10.2004, 2000/12/0195) oder die Gefahr einer Wettbewerbsklage (siehe VwSlg 14.242 A/1995) kein gesondertes Feststellungsinteresse begründen (siehe Hengstschläger/ Leeb, AVG § 56 Rz 79).

3.4. Zum hier angefochtenen Feststellungsb

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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