TE Bvwg Erkenntnis 2020/4/24 W117 2203887-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 24.04.2020
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Entscheidungsdatum

24.04.2020

Norm

BFA-VG §21 Abs5
B-VG Art133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs9
FPG §53 Abs1
FPG §53 Abs3 Z1

Spruch

W117 2203887-1/12E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Andreas DRUCKENTHANER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Georgien, vertreten durch den Verein Menschenrechte Österreich, dieser vertreten durch XXXX , gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 24.07.2018, Zl. 1188901405/180398262, nach § 28 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG), BGBI. I. Nr 33/2013 idgF, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde hinsichtlich der Spruchpunkte II. und III. wird gemäß § 52 Abs. 9 FPG idgF und § 46 FPG idgF sowie § 53 Abs. 1 und 3 Z 1 FPG idgF als unbegründet abgewiesen sowie gemäß § 21 Abs. 5 BFA-VG festgestellt, dass seine Abschiebung nach Georgien zulässig war.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz idgF, nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger von Georgien. Er war seit 27.10.2017 wegen Ladendiebstahls im österreichischen Bundesgebiet zur Fahndung ausgeschrieben.

An seiner ab 04.12.2017 bestehenden Meldeadresse im Bundesgebiet hat er sich nach polizeilichen Ermittlungen jedoch nicht aufgehalten.

Der Beschwerdeführer wurde am 25.04.2018 im Eingangsbereich einer Versicherungsanstalt festgenommen und in die Justizanstalt eingeliefert, wobei ein Reisepass, ein Führerschein und ein Personalausweis sichergestellt wurden. Anlässlich seiner niederschriftlichen Einvernahme bei der LPD Steiermark am selben Tag gab er an, geschieden zu sein und keine Sorgepflichten zu haben. Er habe 11 Jahre die Schule besucht und 5 Jahre ein Studium für Metallverarbeitung absolviert.

Der Beschwerdeführer wurde mit rechtskräftigem Urteil eines Landesgerichtes vom 30.05.2018 wegen §§ 127, 129 Abs.1 Z 1, Abs. 2 Z 1, 15 StGB [(versuchten) Einbruchs und Diebstahls] zu einer Freiheitstrafe von 24 Monaten, davon 16 Monate bedingt auf eine Probezeit von 3 Jahren verurteilt.

Mit Schriftsatz des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (Bundesamt) vom 22.06.2018 wurde der Beschwerdeführer von den beabsichtigen fremdenrechtlichen Maßnahmen infolge seiner Verurteilung sowie aktuellen Länderberichten für Georgien in Kenntnis gesetzt und ihm Gelegenheit zur Stellungnahme sowie Beantwortung eines Fragenkatalogs binnen vier Wochen eingeräumt.

Bezugnehmend darauf teilte der Beschwerdeführer am 15.07.2018 auf Deutsch mit, dass er "für sich und seine Familie die Existenzgrundlage in Österreich verdiene". Ein weiteres Vorbringen erstattete er nicht.

Nach einer Mitteilung der Haftanstalt vom 19.07.2018 wolle der Beschwerdeführer nur nach Italien ausreisen.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 24.07.2018 wurde dem Beschwerdeführer ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt und gemäß § 10 Abs. 2 AsylG iVm § 9 BFA-VG gegen den Beschwerdeführer gemäß § 52 Abs. 1 Z 1 FPG eine Rückkehrentscheidung erlassen (Spruchpunkt I.), gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass seine Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Georgien zulässig sei (Spruchpunkt II.), gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 3 Z. 1 FPG gegen den Beschwerdeführer ein auf die Dauer von 5 Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt III.) sowie einer Rückkehrentscheidung gemäß § 18 Abs. 2 Z 1 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt IV.). In der Begründung führte das Bundesamt aus, dass der Beschwerdeführer als georgischer Staatsbürger im Bundesgebiet ein Fremder sei. Seine Identität stehe fest. Er sei vermutlich geschieden und übe keinen Beruf aus. Er habe in Österreich eine Scheinmeldung vorgenommen sowie auf diese Adresse ein Kfz angemeldet. In Georgien sei er an einer näher bezeichneten Anschrift in XXXX wohnhaft. Aktuell verbüße er seit 25.05.2018 den unbedingten Teil von 8 Monaten der rechtskräftig und teilbedingt verhängten Haftstrafe von insgesamt 24 Monaten wegen (versuchten) Einbruchsdiebstahls bzw. Diebstahls. Er sei in Österreich weder beruflich noch sozial verankert, sei im Bundesgebiet nie einer legalen Erwerbstätigkeit nachgegangen und habe seinen Lebensunterhalt aus unbekannten Geldmitteln bestritten. Er verfüge im Bundesgebiet weder über Verwandte noch über Bekannte, befinde sich in Haft und habe vorgebracht, hier für sich und seine Familie "die Existenzgrundlage zu verdienen". Auf Grund seines strafbaren Verhaltens und mangels einer positiven Prognose sei von einer schwerwiegenden Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit auszugehen und erscheine die Verhängung eines Einreiseverbotes für die Dauer von 5 Jahren angemessen. Angesichts seines dargestellten Verhaltens sei seine sofortige Ausreise im Interesse der öffentlichen Ordnung und Sicherheit erforderlich. Auf Grund seines Verhaltens und seiner Gleichgültigkeit gegenüber der österreichischen Rechtsordnung könne auf seine Einstellung zum österreichischen Staat geschlossen werden, welche wohl geeignet sei, das ordentliche und sichere Zusammenleben er Gemeinschaft zu gefährden, weshalb das Interesse an seiner zwingenden Rückkehr allfällig entwickelt Bindungen überwiege. Aus seiner Stellungnahme zum Parteiengehör ergäben sich keine Anhaltspunkte, welche gegen die Erlassung eines Einreiseverbotes sprechen würden. Er sei im Herkunftsstaat fest verankert und verfüge dort auch über einen Wohnsitz. Es hätten sich keine Anhaltspunkte dafür ergeben, dass er seinen Lebensunterhalt nicht aus Eigenem bestreiten könne. Ferner sei davon auszugehen, dass er den Großteil seines Lebens im Herkunftsstaat verbracht habe und dort über familiäre und soziale Anknüpfungspunkte verfüge. Rechtlich wurde ausgeführt, dass die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG 2005 nicht gegeben seien und eine Integration des Beschwerdeführers in Österreich nicht erkennbar sei und sein persönliches Verhalten das Interesse des Staates an der Verhinderung von Straftaten beeinträchtige. Mangels günstiger Zukunftsprognose stelle die Erlassung einer Rückkehrentscheidung samt Einreiseverbot die einzig adäquate Maßnahme dar. Die öffentlichen Interessen würden erheblich schwerer wiegen als die Auswirkungen auf seine Lebenssituation, zumal er über keinen Aufenthaltstitel in Österreich verfüge. Er habe zudem seinen Lebensunterhalt im Bundesgebiet teilweise durch strafbare Handlungen bestritten (zu Spruchpunkt I.). Mangels ersichtlichen Gründen im Sinne von § 50 FPG sei eine Abschiebung nach Georgien, das als sicherer Herkunftsstaat festgelegt worden sei, zulässig (zu Spruchpunkt II.). Da er durch die von ihm begangene Straftat offensichtlich seinen Lebensunterhalt habe aufbessern wollen, erscheine eine hohe Wiederholungsgefahr gegeben und im Hinblick auf die Ziele des Art. 8 Abs. 2 EMKR die Erlassung eines Einreiseverbotes für die Dauer von 5 Jahren dringend geboten (zu Spruchpunkt III.). Die Voraussetzungen für die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung gemäß § 18 Abs. 2 Z 1 BFA-VG lägen vor und sei seine sofortige Ausreise im Interesse der öffentlichen Ordnung und Sicherheit erforderlich. Mangels realer menschenrechtlich relevanter Gefahr sei ihm das Abwarten des Verfahrens im Herkunftsstaat zumutbar und sei er zur unverzüglichen Ausreise verpflichtet anderenfalls er abgeschoben werden könne (zu Spruchpunkt IV.).

Zur Situation im Herkunftsland wurde im bekämpften Bescheid wie folgt festgestellt:

1. Neueste Ereignisse - Integrierte Kurzinformationen

KI vom 15.11.2017, Gemeinde- und Bürgermeisterwahlen (relevant für Abschnitt 2/ Politische Lage)

Am 21.10. und 12.11.2017 fanden Gemeinde- und Bürgermeisterwahlen statt. In der ersten Runde am 21.10.2017 gewann die Regierungspartei, Georgischer Traum, in allen Wahlkreisen und sicherte sich 63 von 64 Bürgermeisterämter, darunter in der Hauptstadt Tiflis (RFE/RL 12.11.2017). Das Parteienbündnis des Georgischen Traums erhielt landesweit im Durchschnitt 55,7% der Wählerstimmen. Die führende Oppositionspartei, die Vereinte Nationale Bewegung, erhielt als zweitstärkste Kraft 17,1%. Die Wahlbeteiligung fiel mit 45,6% verhältnismäßig schwach aus (GA 23.10.2017). Bei der Bügermeisterstichwahl am 12.11.2017 gewannen in fünf der sechs ausstehenden Städte ebenfalls die Kandidaten des Georgischen Traums. Nur in Ozurgeti siegte ein unabhängiger Kandidat (Civil.ge 13.11.2017).

Laut der OSCE-Wahlbeobachtungsmission untergrub zwischen den beiden Wahlrunden die hohe Zahl von Beschwerden, die aus verfahrensrechtlichen oder formalistischen Gründen abgewiesen wurden, das Recht der Kandidaten und Wähler auf wirksame Rechtsmittel und somit das Vertrauen der Öffentlichkeit in die Streitbeilegung. Der Wahltag verlief reibungslos und professionell, wobei die Stimmabgabe, die Auszählung und das Wahlermittlungsverfahren von Beobachtern positiv beurteilt wurden, obwohl Hinweise auf mögliche Einschüchterungen und Druck auf die Wähler Anlass zur Besorgnis gaben (OSCE 13.11.2017).

Quellen:

- Civil.ge (13.11.2017): GDDG Wins Most Mayoral Runoff Races, http://www.civil.ge/eng/article.php?id=30622, Zugriff 15.11.2017

- Georgien Aktuelle (23.10.2017): Regierungsbündnis "Georgischer Traum" setzt sich bei Regionalwahlen durch, http://georgien-aktuell.info/de/politik/innenpolitik/article/13321-regionalwahlen, Zugriff 15.11.2017

- OSCE/ODIHR - Organization for Security and Co-Operation in Europe/ Office for Democratic Institutions and Human Rights (13.11.2017): Election Observation Mission Georgia, Local Elections, Second Round, 12 November 2017, http://www.osce.org/odihr/elections/georgia/356146?download=true, Zugriff 15.11.2017

- Radio Free Europe/Radio Liberty (12.11.2017): Georgians In Six Municipalities Vote In Local Election Runoffs, https://www.rferl.org/a/georgia-local-elections-second-round/28849358.html, Zugriff 15.11.2017

KI vom 13.4.2017, Präsidentschaftswahlen in Südossetien (relevant für Abschnitt 2/ Politische Lage)

Bei den Präsidentschaftswahlen in Südossetien am 9.4.2017 gewann der bisherige Parlamentsvorsitzende, Anatoly Bibilov mit 54,8% Prozent (PEC 12.4.2017). Der bisherige Amtsinhaber, Leonid Tibilov, der seitens Moskau unterstützt wurde, erhielt 30% (RFE/RL 11.4.2017; vgl. EN 12.4.2017). Analysten sahen nebst der schlechten Wirtschaftslage die Parteinahme des Kremels und die wachsende Präsenz russischer Offizieller im südossetischen Staatsapparat als Hauptursache für die Niederlage Tibilovs (EN 12.4.2017). Gleichwohl verfolgt der Sieger Bibilov im Unterschied zu Tibilov, der seine Politik der Interessenslage Russlands anpasste, eine möglichst schnelle Aufnahme in den russischen Staatsverband und folglich die Vereinigung mit Nordossetien. Hierfür schlug er bereits ein Referendum bis Ende 2017 vor (RFE/RL 11.4.2017. Die Europäische Union und USA verurteilten die Wahlen als unzulässig (EN 12.4.2017).

Quellen:

- EN - EurasiaNet.org (12.4.2017): South Ossetia: Voters Opt Against the Kremlin Favorite, http://www.eurasianet.org/node/83221, Zugriff 13.4.2017

- RFE/RL - Radio Free Europe/ Radio Liberty (11.4.2017): South Ossetia's Bibilov Wins Election, Puts Moscow In A Bind, http://www.rferl.org/a/south-ossetia-bibilov-victory-presidential-election/28424108.html, Zugriff 13.4.2017

- PEC - "" [südossetische Nachrichtenagentur]: Anatoly Bibilov won the presidential election with 54.8% of votes - the CEC, http://cominf.org/en/node/1166511548, Zugriff 13.7.2017

KI vom 30.3.2017, Visafreiheit (relevant für Abschnitt 19/ Bewegungsfreiheit)

Für Georgien ist am 28.3.2017 der visumfreie Reiseverkehr mit der Europäischen Union in Kraft getreten. Nach den neuen Regeln dürfen georgische Bürger die Länder des Schengen-Abkommens bis zu 90 Tage ohne ein Visum besuchen. Vorangegangen waren mehrjährige Verhandlungen (DW 28.3.2017).

Die Einreise georgischer Staatsbürger in die Europäische Union ist auch nach der neuen Regelung an bestimmte Auflagen gebunden, wie an das Vorhandensein eines biometrischen Passes und den Nachweis ausreichender finanzieller Mittel für den Aufenthalt im Mitgliedstaat der EU, nachgewiesen etwa durch Kreditkarten oder Bargeld (GS o.D.).

Der georgische Innenminister, Giorgi Mghebrishvili, kündigte am 27.3.2017 an, dass die georgischen Grenzbeamten georgische Reisende in den Schengenraum detailliert befragen werden, um einen Missbrauch des Visaregimes und folglich dessen mögliche Suspendierung durch die EU zu verhindern. Bei Überschreitung des Aufenthaltes, der auf 90 Tage innerhalb von 180 Tagen beschränkt ist, würden laut Innenminister die EU-Mitgliedsstaaten proaktiv informiert werden. Überdies gab Mghebrishvili bekannt, dass Georgien am 4.4.2017 ein Partnerschaftsabkommen mit EUROPOL unterzeichnen werde (Civil.ge 28.3.2017).

Quellen:

* Civil.ge (28.3.2017): Government Speaks on Safeguards against Visa-Waiver Abuse, http://www.civil.ge/eng/article.php?id=29970, Zugriff 30.3.2017

* DW - Deutsche Welle (28.3.2017): Georgier dürfen ohne Visum in die EU reisen, http://www.dw.com/de/georgier-d%C3%BCrfen-ohne-visum-in-die-eu-reisen/a-38164800, Zugriff 30.3.2017

GS - Georgienseite (o.D.): Visafreiheit für georgische Staatsangehörige, http://www.georgienseite.de/startseite/magazin-georgien-nachrichten-bilder-galerien/georgien-nachrichten-news-tbilissi-magazin/informationen-der-deutschen-botschaft/, Zugriff 30.3.2017

2. Politische Lage

In Georgien leben mit Stand 1.1.2016 laut georgischem Statistikamt 3,72 Mio. Menschen. 2014 waren es noch rund 4,49 Mio. Menschen auf 69.700 km² (GeoStat 2017).

Georgien ist eine demokratische Republik. Das politische System hat sich durch die Verfassungsreform 2013 von einer semi-präsidentiellen zu einer parlamentarischen Demokratie gewandelt, (AA 11.2016a). Staatspräsident ist seit 17.11.2013 Giorgi Margvelashvili (RFE/RL 17.11.2013). Regierungschef ist seit dem überraschenden Rücktritt von Irakli Garibaschwili Giorgi Kvirikashvili (seit 29.12.2015) (RFE/RL 29.12.2015). Beide gehören der Partei bzw. dem Parteienbündnis "Georgischer Traum" an.

Georgien besitzt ein Einkammerparlament mit 150 Sitzen, das durch eine Kombination aus Verhältnis- und Mehrheitswahlrecht für vier Jahre gewählt wird. Am 8.10. und 30.10.2016 fanden Parlamentswahlen in Georgien statt. Die bislang regierende Partei, "Georgischer Traum", sicherte sich die Verfassungsmehrheit, indem sie 115 der 150 Sitze im Parlament gewann. Die "Vereinigte Nationale Bewegung" (UNM) des Expräsidenten Mikheil Saakashvili errang 27 und die "Allianz der Patrioten Georgiens" (APG) sechs Sitze (RFE/RL 1.11.2016). Mit der APG, die im ersten Wahlgang am 8.10.2016 knapp die Fünf-Prozent-Hürde schaffte, ist erstmals eine pro-russische Partei im Parlament vertreten.

In der notwendigen Stichwahl am 30.10.2016 in 50 Wahlkreisen, die nach dem Mehrheitswahlrecht bestimmt werden, gewann der "Georgische Traum" 48 Wahlkreise (Standard 31.10.2016). Die übrigen zwei Sitze gingen jeweils an einen unabhängigen Kandidaten und einen Vertreter der "Partei der Industriellen" (VK 31.10.2016).

Die Wahlbeobachtungsmission der OSZE bewertete gemeinsam mit anderen internationalen Beobachtern die Stichwahl als kompetitiv und in einer Weise administriert, die die Rechte der Kandidaten und Wähler respektierte. Allerdings wurde das Prinzip der Transparenz sowie das Recht auf angemessene Rechtsmittel bei der Untersuchung und Beurteilung von Disputen durch die Wahlkommissionen und Gerichte oft nicht respektiert (OSCE/ODIHR u.a. 30.10.2016). Transparency International - Georgia beurteilte den Wahlgang als ruhig. Obgleich 70 relativ ernsthafte prozedurale Verstöße festgestellt wurden, hatten diese keinen entscheidenden Einfluss auf den Wahlausgang (TI-G 31.10.2016).

Die Opposition warf dem Regierungslager Wahlmanipulationen vor. Unter anderem sollen Wähler unter Druck gesetzt und Stimmen gekauft worden (Standard 31.10.2016, vgl. CK 31.10.2016).

Bei der Präsidentschaftswahl im Oktober 2013 konnte sich der Kandidat von "Georgischer Traum", Georgi Margwelaschwili, mit klarer Mehrheit bereits im ersten Wahldurchgang gegen den Wunschkandidaten des amtierenden Präsidenten Michail Saakaschwili (Vereinte Nationale Bewegung), durchsetzen. Saakaschwili, zuletzt umstritten, durfte nach zwei Amtszeiten laut Verfassung nicht mehr zur Wahl antreten. Diese Wahl brachte den ersten demokratischen Machtwechsel an der georgischen Staatsspitze seit dem Zerfall der Sowjetunion (FAZ 27.10.2013).

Die Regierungspartei "Georgischer Traum" sicherte sich infolge eines überwältigenden Sieges bei den Gemeinderatswahlen im Sommer 2014 die Kontrolle über die lokalen Selbstverwaltungskörperschaften. Medien und Nichtregierungsorganisationen (NGOs) berichteten, dass es im Vorwahlkampf angeblich Druck auf oppositionelle Kandidaten gab, ihre Kandidatur zurückzuziehen. Überdies sei es zu Störungen von Versammlungen der Opposition und zu etlichen Vorfällen von Gewalt gegen Wahlaktivisten gekommen. Obschon diese den Behörden bekannt waren, blieb eine amtliche Verfolgung aus (HRW 29.1.2015).

Am 27.6.2014 unterzeichneten die EU und Georgien ein Assoziierungsabkommen. Das Abkommen soll Georgien in den Binnenmarkt integrieren, wobei die Prioritäten in der Zusammenarbeit in Bereichen wie Außen- und Sicherheitspolitik sowie Justiz und Sicherheit liegen. Russland sah sich hierdurch veranlasst, seinen Druck auf die Regierung in Tiflis zu erhöhen.

Am 24. November 2014 unterzeichneten Russland und das abtrünnige georgische Gebiet Abchasien eine Vereinbarung über eine "strategische Partnerschaft", mit der Moskau seine militärische und wirtschaftliche Kontrolle in Abchasien erheblich ausweitete (EP 5.12.2014).

Die EU würdigte im Juni 2016 im Rahmen ihrer Globalen Strategie zur Europäischen Außen- und Sicherheitspolitik die Rolle Georgiens als friedliche und stabile Demokratie in der Region. Am 1.7.2016 trat das Assoziierungsabkommen zwischen der EU und Georgien in Kraft, wodurch laut der EU die politische Assoziierung und wirtschaftliche Integration zwischen Georgien und der Union merkbar gestärkt werden. Georgien hat seine Demokratie und Rechtsstaatlichkeit konsolidiert und die Respektierung der Menschenrechte, der Grundfreiheiten sowie der Anti-Diskriminierung gestärkt (EC 25.11.2016).

Quellen:

* AA - Auswärtiges Amt (11.2016a): Innenpolitik, http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Georgien/Innenpolitik_node.html, Zugriff 20.3.2017

* CK - Caucasian Knot (31.10.2016): In Georgia, "UNM" Party claims mass violations at elections, http://www.eng.kavkaz-uzel.eu/articles/37376/, Zugriff 21.2.2017

* Der Standard (31.10.2016): Regierungspartei kann Georgien im Alleingang regieren, http://derstandard.at/2000046738001/Wahlsieg-von-Regierungspartei-in-Georgien-in-zweiter-Runde-bestaetigt, Zugriff 21.2.2017

* EC - European Commission (25.11.2016): Association Implementation Report on Georgia [SWD (2016) 423 final], https://eeas.europa.eu/sites/eeas/files/1_en_jswd_georgia.pdf, Zugriff 21.2.2017

* EP - Europäisches Parlament (5.12.2014): Assoziierungsabkommen EU-Georgien, http://www.europarl.europa.eu/EPRS/EPRS-AaG-542175-EU-Georgia-Association-Agreement-DE.pdf, Zugriff 21.2.2017

* FAZ - Frankfurter Allgemeine Zeitung (27.10.2013): Georgi Margwelaschwili gewinnt mit klarer Mehrheit, http://www.faz.net/aktuell/politik/ausland/europa/praesidentschaftswahl-in-georgien-georgi-margwelaschwili-gewinnt-mit-klarer-mehrheit-12636443.html, Zugriff 21.2.2017

* GeoStat - National Statistics Office of Georgia (2017): population, http://www.geostat.ge/index.php?action=page&p_id=473&lang=eng, Zugriff 21.2.2017

* HRW - Human Rights Watch (29.1.2015): World Report 2015 - Georgia, http://www.ecoi.net/local_link/295489/430521_de.html, Zugriff 21.2.2017

* IFES - International Foundation for Electoral Systems (9.3.2015a): Election Guide, Democracy Assistance & Elections News - Georgia, http://www.electionguide.org/elections/id/2287/, Zugriff 10.11.2015

* OSCE/ODIHR u.a. - Organization for Security and Co-operation in Europe/Office for Democratic Institutions and Human Rights, European Parliament, OSCE Parliamentary Assembly, Parliamentary Assembly of the Council of Europe (30.10.2016): International Election Observation Mission, Georgia - Parliamentary Elections, Second Round - Statement of Preliminary Findings and Conclusions, Preliminary Conclusions, http://www.osce.org/odihr/elections/georgia/278146?download=true, Zugriff 21.2.2017

* RFE/RL - Radio Free Europe / Radio Liberty (17.11.2013): Margvelashvili Sworn In As Georgia's New President, http://www.rferl.org/content/georgia-president-inauguration/25170650.html, Zugriff 21.2.2017

* RFE/RL - Radio Free Europe / Radio Liberty (29.12.2015): Giorgi Kvirikashvili Confirmed As Georgia's New Premier, http://www.rferl.org/content/georgian-parliament-vote-kvirikashvili-government-december-29/27454801.html, Zugriff 21.2.2017

* RFE/RL - Radio Free Europe/Radio Liberty (1.11.2016): Georgia's Ruling Party Wins Constitutional Majority, http://www.rferl.org/a/georgia-elections-second-round-georgian-dream-super-majority/28085474.html, Zugriff 21.2.2017

* TI-G - Transparency International - Georgia (31.10.2016): Assessment of the 2016 Parliamentary runoff elections, http://www.transparency.ge/en/blog/assessment-2016-parliamentary-runoff-elections, Zugriff 21.2.2017

* Vestnik Kavkaza (31.10.2016): Georgian Dream wins 48 districts out of 50, http://vestnikkavkaza.net/news/Georgian-Dream-wins-48-districts-out-of-50.html, Zugriff 21.2.2017

3. Sicherheitslage

Die Lage in Georgien ist - mit Ausnahme der Konfliktgebiete Abchasien und Südossetien - insgesamt ruhig. Beide genannte Gebiete befinden sich nicht unter der Kontrolle der Regierung in Tiflis. In den Gebieten und an ihren Verwaltungsgrenzen sind russische Truppen stationiert (AA 20.3.2017a).

Im Zuge der Auflösung der UdSSR erhöhten sich die Spannungen innerhalb Georgiens in den Gebieten Abchasien und Südossetien, als der autonome Status der Provinzen von georgischen Nationalisten in Frage gestellt wurde. Nach der georgischen Unabhängigkeit führten heftige Auseinandersetzungen mit der Zentralregierung 1992 zu Unabhängigkeitserklärungen Südossetiens und Abchasiens, die aber von der internationalen Gemeinschaft nicht anerkannt wurden. Der Einfluss des nördlichen Nachbarlandes wuchs kontinuierlich, unter anderem durch Ausgabe russischer Pässe an die abchasische und südossetische Bevölkerung. Nach zahlreichen blutigen Zwischenfällen und Provokationen aller Seiten eskalierte der Konflikt um Südossetien am 7. August 2008 nach einem Vorstoß georgischer Truppen in die südossetische Hauptstadt Tskhinvali zu einem georgisch-russischen Krieg, der nach fünf Tagen durch einen von der EU vermittelten Waffenstillstand beendet wurde. Am 26. August 2008 erkannte Russland Abchasien und Südossetien, einseitig und unter Verletzung des völkerrechtlichen Prinzips der territorialen Integrität Georgiens, als unabhängige Staaten an und schloss wenig später mit diesen Freundschaftsverträge ab, die auch die Stationierung russischer Truppen in den Gebieten vorsehen. Infolge des Krieges wurden nach Schätzungen internationaler Hilfsorganisationen bis zu 138.000 Personen vorübergehend zu Vertriebenen und Flüchtlingen. Etwa 30.000 Georgier aus Südossetien konnten bis heute nicht in ihre Heimat zurückkehren. Die zivile EU-Beobachtermission EUMM nahm Anfang Oktober 2008 in Georgien ihre Arbeit auf. Das OSZE-Mandat lief Ende 2008 aus, UNOMIG endete im Juni 2009. EUMM ist damit die einzige verbliebene internationale Präsenz zur Stabilisierung in Georgien (AA 11.2016b).

Ein wichtiges diplomatisches Instrument zur Deeskalation des Konflikts sind die sogenannten "Geneva International Discussions - GID" (Genfer Internationale Gespräche). Diese finden seit 2008 unter Beteiligung der involvierten Konfliktparteien unter dem gemeinsamen Vorsitz von Vertretern der Vereinten Nationen, der Europäischen Union und der OSZE statt. Aus den Genfer Gesprächen resultierte der "Incident Prevention and Response Mechanism (IPRM)" sowie die Involvierung der EUMM, sodass die lokalen Sicherheitsbehörden der Konfliktparteien vor Ort in Kontakt treten können bzw. ihnen die Möglichkeit zum Dialog eröffnet wird (OSCE 6.11.2014).

Abchasien und Südossetien bleiben außerhalb der Kontrolle der Zentralregierung und werden von mehreren tausend russischen Truppen und Grenzpolizisten unterstützt. Russische Grenzschutzbeamte beschränken die Bewegung der örtlichen Bevölkerung.

Die Behörden beschränken die Rechte, vor allem von ethnischen Georgiern, am politischen Prozess teilzuhaben, in Eigentumsfragen oder bei der Registrierung von Unternehmen. Überdies ist die Reisefreiheit eingeschränkt. Die südossetischen Behörden verweigern den meisten ethnischen Georgien, die während und nach dem Krieg von 2008 vertrieben wurden, nach Südossetien zurückzukehren.

Die Behörden erlauben den meisten internationalen Organisationen keinen regelmäßigen Zugang zu Südossetien, um humanitäre Hilfe zu leisten. Die Russische "Grenzziehung" der administrativen Grenzen der besetzten Gebiete setzte sich während des Jahres fort, trennte die Bewohner aus ihren Gemeinden und untergrub ihren Lebensunterhalt (USDOS 3.3.2017).

Die Vereinten Nationen zeigten sich Ende Jänner 2017 besorgt darüber, dass die angekündigten Schließungen von Grenzübertrittsstellen seitens der abchasischen Behörden negative Konsequenzen für die Bevölkerung beidseits der administrativen Grenze haben werden. Für die Menschen in Abchasien wird es schwieriger sein, auf grundlegende Dienstleistungen wie Gesundheitswesen und Bildung in Georgien zurückzugreifen und an Wirtschaftsaktivitäten und gesellschaftlichen Veranstaltungen jenseits der Grenze teilzunehmen. Auch wird der Zugang zu Schulbildung für Kinder mit georgischer Muttersprache, die aus Abchasien kommend die Grenze nach Georgien überqueren, behindert (UN 26.1.2017).

Quellen:

* AA - Auswärtiges Amt (20.3.2017a): Georgien, Reise- und Sicherheitshinweise, http://www.auswaertiges-amt.de/sid_8108DEE44ECFAF67827A2F89BA2ACDB3/DE/Laenderinformationen/00-SiHi/Nodes/GeorgienSicherheit_node.html, Zugriff 20.3.2017

* AA - Auswärtiges Amt (11.2016b): Staatsaufbau/Innenpolitik, http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Georgien/Innenpolitik_node.html, Zugriff 20.3.2017

* OSCE - Organization for Security and Co-operation in Europe (6.11.2014): Geneva International Discussions remain unique and indispensable forum, Co-chairs tell OSCE Permanent Council, http://www.osce.org/cio/126442, Zugriff 21.2.2017

* UN - United Nations in Georgia (27.1.2017): Statement of Niels Scott, Resident Coordinator, on behalf of the United Nations Country Team regarding announced closure of crossing points along the Inguri River, http://www.ungeorgia.ge/eng/news_center/media_releases?info_id=507, Zugriff 22.2.2017

* USDOS - US Department of State (3.3.2017): Country Report on Human Rights Practices 2016, http://www.ecoi.net/local_link/337143/466903_en.html, 17.3.2017

4. Rechtsschutz / Justizwesen

Georgien unternimmt Anstrengungen, sich bei der Rechtsreform und der Wahrung der Menschen- und Minderheitenrechte den Standards des Europarats anzupassen. 1996 wurde ein Verfassungsgericht eingerichtet, 1997 die Todesstrafe abgeschafft und 2007 die Abschaffung der Todesstrafe in der Verfassung verankert. In den Jahren seit der "Rosenrevolution" 2003/2004 hat Georgien anerkennenswerte Fortschritte bei der Polizeireform, dem erfolgreichen Kampf gegen die "Kleine Korruption" (Korruption im alltäglichen Umgang), der Reform der Steuergesetzgebung und der Verbesserung der Investitionsbedingungen erzielt. Im Rahmen der Justizreform wurde der Instanzenzug neu geregelt und eine radikale Verjüngung der Richterschaft durchgesetzt (AA 11.2016b).

Fortschritte sind insbesondere im Justizwesen und Strafvollzug zu erkennen, wo inzwischen eine unmenschliche Behandlung (auch Folter), die in der Vergangenheit durchaus systemisch vorhanden war, in aller Regel nicht mehr festgestellt werden kann. Der Aufbau eines unabhängigen und nach rechtsstaatlichen Grundsätzen handelnden Justizwesens gehört zu den wichtigsten Zielen der aktuellen Regierung.

Zwei Reformwellen wurden bereits durchgeführt, die dritte Reformwelle steht seit einiger Zeit bevor. Sie betrifft insbesondere die unparteiische Zuteilung von Rechtsfällen an Richter und die Ernennung von Richtern aufgrund von Qualifikation und Eignung in einem transparenten Verfahren. Sehr aktive NGOs und der unabhängige Ombudsmann beobachten diesen Prozess aufmerksam (AA 10.11.2016).

Das dritte Paket an Gesetzesänderungen, das den anhaltenden Mangel an Transparenz im Justiz-Management bereinigen soll, wozu auch die Rechenschaftspflicht des Hohen Rates der Justiz sowie die zufällige Zuweisung von Fällen gehören, konnte laut Europäischer Kommission zwar Fortschritte verzeichnen, ist jedoch noch nicht vollständig angenommen worden. Die Begründungen für das Abhalten von geschlossenen oder öffentlichen Anhörungen werden nicht immer richtig kommuniziert. Die Transparenz bei der Zuteilung von Fällen, bei der Auswahl der Richteranwärter und der Gerichtsverwalter ist nicht vollständig gewährleistet. Der Umgang mit Disziplinarverfahren erfordert eine Stärkung. Die Mehrheit der Richter hat keine dauerhafte Amtszeit und die umstrittene dreijährige Probezeit für Richter besteht weiterhin. Die Justiz ist immer noch ernsthaft unterbesetzt und der Aktenrückstand steigt (EC 25.11.2016).

Kritisch betrachtet werden muss weiterhin die starke Neigung von Politikern, Richtern bei Gerichtsentscheidungen in brisanten Fällen eine vorrangig politische Motivation zu unterstellen und ggf. gesetzliche Änderungen vorzuschlagen. Politisch motivierte Strafverfolgung war bis 2012 erkennbar und erfolgte in der Regel durch Vorwürfe von Korruption, Amtsmissbrauch oder Steuervergehen. Nach dem Regierungswechsel wurden 190 in Zusammenarbeit mit der Zivilgesellschaft als politische Gefangene erklärte Häftlinge entlassen.

Seit 2012 laufende Ermittlungen und teilweise schon mit rechtskräftigen Urteilen abgeschlossene Strafverfahren gegen hochrangige Mitglieder und nachgeordnete Mitarbeiter der ehemaligen Regierung werden aus Sicht des [deutschen] Auswärtigen Amtes nicht als politisch motiviert eingeschätzt, sondern sind Teil der erforderlichen juristischen Aufarbeitung der rechtswidrigen bzw. strafrechtlich relevanten Handlungen der Vorgängerregierung.

Die Tatsache, dass Gerichte hierbei nicht immer den Anträgen der Staatsanwaltschaft folgen, zeigt eine wachsende Unabhängigkeit der Justiz und deutliche Grenzen für eine etwaige politische Zielsetzung der Verfahren (AA 10.11.2016).

Freedom House bewertete Anfang 2016 die Einmischung der Regierung und der Legislative in die Justiz weiterhin als erhebliches Problem, obwohl sich die gerichtliche Transparenz und die Rechenschaftspflicht in den letzten Jahren verbessert haben, letztere zum Teil aufgrund des verstärkten Medienzugangs zu den Gerichtssälen. Menschenrechtsorganisationen haben konsequent die Praxis der Staatsanwaltschaft kritisiert, wiederholt neue Anklagen gegen Gefangene einzureichen, um ihre Zeit in der Untersuchungshaft zu verlängern, eine Vorgehensweise, die durch eine Diskrepanz zwischen dem Strafgesetzbuch und der Verfassung möglich gemacht wird. Im September 2015 allerdings befand das Verfassungsgericht im Fall des ehem. Bürgermeisters von Tiflis, Ugulava, diese Praxis der Verlängerung der Untersuchungshaft als verfassungswidrig, weil die verfassungsmäßige Grenze von neun Monaten nicht überschritten werden darf. Ugulava gehörte zu zahlreichen ehemaligen UNM-Vertretern, die seit 2012 mit Strafprozessen konfrontiert wurden, was Fragen über den politischen Einflussnahme auf den Staatsanwalt aufwarf (FH 27.1.2016).

Während viele der Richter bemerkenswerte Anstrengungen unternahmen, ihr Niveau dadurch zu verbessern, indem sie ihren Entscheidungen mehr Substanz verliehen, besonders bei hochkarätigen Fällen, bleibt die Staatsanwaltschaft das schwächste Glied im Justizbereich. Bis 2012 war die Staatsanwaltschaft ein Teil der Exekutive, und die Gerichte waren bis zu einem gewissen Grad von der Exekutive abhängig. Die Staatsanwälte haben sich mittlerweile daran gewöhnt, ihren Vorbringen eine adäquate Qualität zu verleihen. Nur bei wenigen Gelegenheiten scheinen sie zurückhaltend zu sein. Nach der Trennung der Staatsanwaltschaft vom Justizministerium wurde allerdings keine Aufsichtsbehörde für die Staatsanwaltschaft institutionalisiert. Dieser Umstand beschädigt potentiell den Ruf des gesamten Justizsystems. Die Staatsanwaltschaft hat mehr als 4.000 Anträge von Opfern angeblicher Folter, unmenschlicher Behandlung oder Zwang erhalten, sowie von Personen, welche gezwungen wurden, ihr Eigentum während der Herrschaft von Mikheil Saakaschwili aufzugeben. Seit 2012 stellt der Umfang der Strafverfahren gegen die ehemalige Führung eine Herausforderung für die aktuelle Regierung dar. Ihr wird vorgeworfen, politisch motivierte Untersuchungen einzuleiten bzw. Gerichtsprozesse zu führen. Gleichzeitig wird die Staatsanwaltschaft oft kritisiert, weil sie nicht die Fälle von Beamten untersucht hat, die ihre Befugnisse überschritten haben, oder von Polizisten, die gegen das Gesetz verstoßen haben oder von Menschen, die behaupten, im Gefängnis misshandelt worden zu sein. Als Reaktion auf diese Situation hat die Staatsanwaltschaft ihre Absicht bekundet, eine neue Abteilung zu schaffen, die im Rahmen von Gerichtsverfahren begangene Straftaten untersuchen wird (BTI 1.2016).

Das georgische Strafrecht mit dem ursprünglichen Ansatz einer "zero tolerance policy" zeigte eine enorm hohe Verurteilungsrate von 99%, mitunter wegen konstruierter Straftaten, sowie hohe Haftstrafen. Mit dem Regierungswechsel 2012/13 erfolgte eine kontinuierliche Liberalisierung des Strafrechts durch Reduzierung der Strafmaße, aber auch eine erkennbar geringere Verurteilungsrate; diese ist auf eine stärkere Emanzipierung der Richterschaft von den Anträgen der Staatsanwaltschaft zurückzuführen, aber auch auf eine Stärkung der Rechte der Verteidigung im Strafprozess (AA 10.11.2016).

Am 12.1.2016 präsentierte der Menschenrechtskommissar des Europarats, Nils Mui?nieks, seine Beobachtungen zur Menschenrechtslage in Georgien. Mehrere Gesprächspartner wiesen auf die Mängel bei der Auswahl, Ernennung und Versetzung von Richtern hin. Versetzungen und Beförderungen von Richtern scheinen nicht durch spezifische Regeln und Kriterien reguliert zu sein, was die diesbezüglichen Entscheidungen als willkürlich erscheinen lässt und folglich das öffentliche Vertrauen in die Justiz untergräbt. Der Menschenrechtskommissar empfahl die diesbezügliche Umsetzung der Empfehlungen der Venediger Kommission und des Direktorats für Menschenrechte des Europarats (DHR) aus dem Jahr 2014. Überdies empfahl er, dass die Gerichtsfälle nach dem Zufallsprinzip den Richtern zugeteilt werden. Denn es gab Befürchtungen, dass prominente Fälle Richtern zugeteilt wurden, die als loyal zur Regierung gelten. Überdies sah der Menschenrechtskommissar die geltende dreijährige Probezeit für Richter als bedenklich an, weil letztere hierdurch anfälliger gegenüber einer möglichen Druckausübung sind. Auch in diesem Punkt empfahl Mui?nieks die Umsetzung der Empfehlungen der Venediger Kommission und des DHR, welche die Abschaffung der Probezeit für Richter vorsahen. Dem Menschenrechtskommissar wurden Berichte zuteil, wonach es wiederholt zu Drohungen und Einschüchterungen von Verfassungsrichtern kam. So beispielsweise im Fall "Ugulava [ehem. Bürgermeister von Tiflis] gegen das Parlament Georgiens". Richter und deren Familienmitglieder wurden von Bürgern bedrängt, die sich vor den Privathäusern der Richter versammelten und u.a. mit physischer Gewalt drohten (CoE-CommHR 12.1.2016).

Am 21.7.2016 erklärte der Vorsitzende des Verfassungsgerichts, dass einige Richter des Gerichtshofes von den Behörden unter Druck gesetzt worden seien, in mehreren hochkarätigen Fällen Urteile zu verschieben oder zugunsten Angeklagten zu entscheiden. Staatsanwälte haben am 1.8.2016 darauf reagiert und eine Untersuchung zu den Vorwürfen eingeleitet (AI 22.2.2017).

Quellen:

* AA - Auswärtiges Amt (10.11.2016): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Georgien

* AA - Auswärtiges Amt (11.2016b): Staatsaufbau/Innenpolitik, http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Georgien/Innenpolitik_node.html, Zugriff 20.3.2017

* AI - Amnesty International (22.2.2017): Amnesty International Report 2016/17 - The State of the World's Human Rights - Georgia, http://www.ecoi.net/local_link/336488/466107_en.html, Zugriff 27.2.2017

* BTI - Bertelsmann Stiftung (1.2016), BTI 2016 - Georgia Country Report, https://www.bti-project.org/fileadmin/files/BTI/Downloads/Reports/2016/pdf/BTI_2016_Georgia.pdf, Zugriff 24.2.2017

* CoE-CommHR - Commissioner for Human Rights of the Council of Europe (12.1.2016): Observations on the human rights situation in Georgia: An update on justice reforms, tolerance and non-discrimination [CommDH(2016)2], https://rm.coe.int/CoERMPublicCommonSearchServices/DisplayDCTMContent?coeReference=CommDH(2016)2, Zugirff 27.2.2017

* EC - European Commission (25.11.2016): Association Implementation Report on Georgia [SWD (2016) 423 final], https://eeas.europa.eu/sites/eeas/files/1_en_jswd_georgia.pdf, Zugriff 24.2.2017

* FH - Freedom House (27.1.2016): Freedom in the World 2016 - Georgia, http://www.ecoi.net/local_link/327696/454796_en.html, Zugriff 27.2.2017

5. Sicherheitsbehörden

Umfangreicher Personalaustausch insbesondere in den Behördenleitungen, die begonnene juristische Aufarbeitung sowie Reformen in Polizei und erkennbare Verbesserungen im Strafvollzug, inklusive radikaler Veränderungen im Gefängnismanagement, haben Vorfälle von Gewaltanwendung überaus deutlich reduziert, ein systemischer Charakter ist nicht mehr feststellbar. Ombudsmann und zivilgesellschaftliche Organisationen sprechen bekannt werdende Vorfälle von Gewaltanwendung und ggf. unzureichend betriebene Ermittlungen öffentlich an (AA 10.11.2016).

Im Verlaufe des Jahres 2016 gab es keine Berichte, dass Mitglieder der Sicherheitskräfte unter Straflosigkeit Missbrauch begangen haben. Der Ombudsmann dokumentierte Fälle von übermäßigem Einsatz von Gewalt durch die Polizei. Laut Innenministerium wurden zwischen Jänner und Juli 2016 rund 1.300 Disziplinarverfahren eingeleitet. 23 Fälle sind dem Generalstaatsanwalt zu Ermittlungen überreicht worden, wobei zehn Fälle mit einer Verurteilung endeten (USDOS 3.3.2017).

Angesichts der Sorge in Bezug auf Folter, Misshandlungen und andere Missbräuche durch die Strafverfolgungsbeamten hat die Regierung keine Gesetzgebung geschaffen, die einen unabhängigen Untersuchungsmechanismus für Menschenrechtsverletzungen vorsieht, die von Strafverfolgungsbehörden begangen wurden (AI 22.2.2017).

Dem Menschenrechtskommissar des Europarates wurden alarmierende Fälle von Polizeigewalt im Speziellen auf Polizeiposten berichtet. Der Menschenrechtskommissar forderte die Behörden dazu auf, allen Anschuldigungen, besonders auf Grundlage der Informationen des Ombudsmannes, nachzugehen. Überdies sollte ein Untersuchungsmechanismus etabliert werden, der auf der Basis der Vorschläge des georgischen Ombudsmannes und des Europarats angebliche Rechtsverletzungen der Exekutive untersucht (CoE-CommHR 12.1.2016).

Quellen:

* AA - Auswärtiges Amt (10.11.2016): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Georgien

* AI - Amnesty International (22.2.2017): Amnesty International Report 2016/17 - The State of the World's Human Rights - Georgia, http://www.ecoi.net/local_link/336488/466107_en.html, Zugriff 27.2.2017

* CoE-CommHR - Commissioner for Human Rights of the Council of Europe (12.1.2016): Observations on the human rights situation in Georgia: An update on justice reforms, tolerance and non-discrimination [CommDH(2016)2], https://rm.coe.int/CoERMPublicCommonSearchServices/DisplayDCTMContent?coeReference=CommDH(2016)2, Zugirff 27.2.2017

* USDOS - US Department of State (3.3.2017): Country Report on Human Rights Practices 2016, http://www.ecoi.net/local_link/337143/466903_en.html, 17.3.2017

6. Folter und unmenschliche Behandlung

Obschon die Verfassung und Gesetze derartige Praktiken verbieten, gab es Berichte, dass Regierungsbeamte von diesen Gebrauch machten. Auch wenn die Zahl und die Schwere der Beschuldigungen solcher Missbrauchsfälle durch das Gefängnispersonal laut Ombudsmann abgenommen habe, bleiben Berichte über Misshandlungen von Festgenommenen durch Polizisten ein akutes Problem. Der Ombudsmann betrachtet die betreffenden Ermittlungen in genannten Fällen als nicht effektiv, prompt und unparteiisch. NGOs und Ombudsmann empfehlen weiterhin die Schaffung eines unabhängigen Untersuchungsmechanismus bei Vorwürfen von Fehlverhalten von Amtsträgern (USDOS 3.3.2017).

Die Georgische Vereinigung Junger Anwälte (GYLA) kam, basierend auf 21 Einzelfällen von vermeintlichen Übergriffen der Gesetzesvollzugsorganen zu mehreren Schlussfolgerungen. Untersuchungen bei Beschwerden von Gewaltanwendung durch Exekutivbeamte wurden zwar eingeleitet, ihre Durchführung der meisten Untersuchungen erfolgte jedoch ineffizient, was sich insbesondere in ihrer verspäteten Durchführung äußerte. In einigen Fällen wurde gegen betroffene Personen, die angesichts der Übergriffe seitens der Exekutivorgane Ungehorsam oder Widerstand leisteten, eine Strafverfolgung eingeleitet. Zeugenaussagen durch Polizisten wurde seitens des Gerichts ein hohes Maß an Glaubwürdigkeit geschenkt, ohne dass Zweifel erhoben wurden (GYLA 2016).

Umfangreicher Personalaustausch insbesondere in den Behördenleitungen, die begonnene juristische Aufarbeitung sowie Reformen innerhalb der Polizei und erkennbare Verbesserungen im Strafvollzug, inklusive radikaler Veränderungen im Gefängnismanagement, haben Vorfälle von Gewaltanwendung überaus deutlich reduziert, ein systemischer Charakter ist nicht mehr feststellbar. Ombudsmann und zivilgesellschaftliche Organisationen sprechen bekannt werdende Vorfälle von Gewaltanwendung und ggf. unzureichend betriebene Ermittlungen öffentlich an (AA 10.11.2016)

Quellen:

* AA - Auswärtiges Amt (10.11.2016): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Georgien

* GYLA - Georgian Young Lawyers' Association (2016): Crimes Allegedly Committed By Law Enforcement Officers And The State's Response To Them, https://www.gyla.ge/files/news/2016%20%E1%83%AC%E1%83%9A%E1%83%98%E1%83%A1%20%E1%83%92%E1%83%90%E1%83%9B%E1%83%9D%E1%83%AA%E1%83%94%E1%83%9B%E1%83%90/%E1%83%A1%E1%83%90%E1%83%9B%E1%83%90%E1%83%A0%E1%83%97%E1%83%90%E1%83%9A%E1%83%93%E1%83%90%E1%83%9B%E1%83%AA%E1%83%90%E1%83%95%E1%83%97%E1%83%90%20%20%E1%83%A1%E1%83%90%E1%83%A5%E1%83%9B%E1%83%94%E1%83%94%E1%83%91%E1%83%98%20-%20ENG.pdf, Zugriff 27.2.2017

* USDOS - US Department of State (3.3.2017): Country Report on Human Rights Practices 2016, http://www.ecoi.net/local_link/337143/466903_en.html, 17.3.2017

7. Korruption

Georgien hat die Zivil- und Strafrechtskonventionen über Korruption des Europarates sowie die UNO-Konvention gegen Korruption (UNCAC) ratifiziert. Die Gesetzgebung befolgt die UNO-Konvention gegen Korruption. Georgiens Strafgesetzgebung sieht Straften wegen versuchter Korruption, aktiver und passiver Bestechung, Bestechung ausländischer Beamter, sowie Geldwäsche vor. Der Strafrahmen reicht bis zu 15 Jahren Gefängnis und dem Entzug des Eigentums. Georgien hat die "Konvention über die Bekämpfung der Bestechung ausländischer Amtsträger im internationalen Geschäftsverkehr" der OECD aus dem Jahr 1999 bislang nicht unterzeichnet. Allerdings hat das Land die Antikorruptions-Konventionen des Europarates ratifiziert (BACP 5.2015).

Basierend auf dem Gesetz über "Interessenskonflikt und Korruption im Öffentlichen Dienst" wurde der Anti-Korruptions-Rat errichtet. Dieser dient der Koordinierung der Anti-Korruptionsaktivitäten, der Aktualisierung und Kontrolle der Umsetzung der Anti-Korruptionsstrategie und des Aktionsplanes sowie der Kontrolle der Berichterstattung an internationale Organisationen. Überdies kann er Empfehlungen abgeben und Gesetzesinitiativen anregen. Dem Rat können neben Regierungsvertretern auch Mitglieder lokaler NGOs, Internationaler Organisationen sowie wissenschaftliche Experten angehören (IDFI 5.8.2014).

Die Regierung des "Georgischen Traums" (GD) erbte ein System, das weitgehend von der Korruption unter der Vereinten Nationalen Bewegung (UNM) unter Ex-Präsident Saakashvili befreit worden war. Die UNM-Regierung hat es auch geschafft, die Macht des organisierten Verbrechens zu verringern. Allerdings verstießen die Anti-Korruptionsmaßnahmen mitunter gegen Rechtsstaatlichkeit, und eine Reihe von UNM-Beamten benutzten die Machthebel, um Reichtum anzuhäufen oder eine immer größere Kontrolle in Bereichen der Wirtschaft zu erlangen. Die Art des Vorgehens der GD-Regierung gegen Spitzenkorruption nach dem Machtwechsel 2012 brachte den Vorwurf der Politisierung des Anti-Korruptionskampfes mit sich, wonach der Korruption angeklagte GD-Funktionäre weniger verfolgt würden als etwa UNM-Politiker. Des Weiteren ist der Eindruck stärker geworden, dass Vetternwirtschaft ein wachsendes Problem in der georgischen Gesellschaft geworden ist. Laut einer Umfrage, die von Transparency International in Auftrag gegeben wurde, glaubte 2015 ein Viertel der GeorgierInnen, dass Spitzenbeamte ihre Positionen für private Zwecke nützen würden. 2013 lag der Wert noch bei 12%. 44% der Georgier hätten von Nepotismus bei der Anstellung im öffentlichen Dienst gehört (FH 12.4.2016).

Was die Prävention und die Bekämpfung der Korruption betrifft, so hat Georgien die Korruption in der öffentlichen Verwaltung effektiv eingedämmt und verbesserte im Jahr 2015 das öffentliche Beschaffungssystem (EC 25.11.2016).

Das Gesetz sieht strafrechtliche Sanktionen für Korruption durch Beamte vor. Während die Regierung das Gesetz effektiv gegen die Korruption in den unteren Bereichen umsetzte, merkte "Transparency International Georgia" an, dass die mangelnde Unabhängigkeit der Gesetzesvollzugsorgane deren Fähigkeit einschränke, Fälle von hochkarätiger Korruption zu untersuchen. Es gibt keine Mechanismen der Korruptionsprävention in staatlichen Unternehmen. Die Regierung installierte im Jänner 2015 eine Spezialeinheit innerhalb der Generalstaatsanwalt zwecks Untersuchung und Verfolgung von vormaligen und gegenwärtigen Korruptionsfällen auf höheren Ebenen. Der Rechnungshof (State Audit Office) gilt als unabhängig, transparent und fair (USDOS 3.3.2017).

Die Anti-Korruptions-Behörde des Europarates, GRECO, lobte am 17.1.2017 den beträchtlichen Fortschritt bei der Reduzierung der Korruption in Georgien. Insbesondere wurden die Maßnahmen hervorgehoben, wonach öffentliche Vertreter, darunter Parlamentarier, Richter und Staatsanwälte der höheren Ebene ihr Vermögen deklarieren müssen. Laut GRECO sei es wichtig, diese Bestimmungen auf alle Staatsanwälte auszuweiten und diese konstant zu überprüfen. Hinsichtlich der Parlamentsabgeordneten empfiehlt GRECO die Veröffentlichung von Unvereinbarkeitsbestimmungen. Darüber hinaus sollte die Einflussnahme der Regierung und der Parlamentsmehrheit bei der Bestellung des Generalstaatsanwalts und der Aktivitäten des Rates der Staatsanwaltschaft reduziert werden (CoE 17.1.2017).

Transparancy International platzierte Georgien in seinem "Corruption Perceptions Index 2016" auf Rang 44 (2014: 52) von 176 Ländern (25.1.2017).

Quellen:

* BACP - The Business Anti-Corruption Portal (5.2015): Georgia Country Profile, Georgian Legislation, http://www.business-anti-corruption.com/country-profiles/europe-central-asia/georgia/legislation.aspx, Zugriff 27.2.2017

* CoE - Council of Europe (17.1.2017): Georgia should continue reforms to prevent corruption among parliamentarians, judges and prosecutors, says new Council of Europe report [DC004(2017)], https://wcd.coe.int/ViewDoc.jsp?p=&Ref=DC-PR004(2017)&Language=lanEnglish&Ver=original&Site=DC&BackColorInternet=F5CA75&BackColorIntranet=F5CA75&BackColorLogged=A9BACE&direct=true, Zugriff 28.2.2017

* EC - European Commission (25.11.2016): Association Implementation Report on Georgia [SWD (2016) 423 final], https://eeas.europa.eu/sites/eeas/files/1_en_jswd_georgia.pdf, Zugriff 27.2.2017

* FH - Freedom House (12.4.2016): Nations in Transit 2016 - Georgia, http://www.ecoi.net/local_link/324981/451155_en.html, 27.2.2017

* IDFI - Institute for Development of Freedom of Information (5.8.2014): Anti-Corruption Council, https://idfi.ge/en/anti-corruption-council, Zugriff 27.2.2017

* TI - Transparency International (25.1.2017): Corruption Perceptions Index 2016, https://www.transparency.org/news/feature/corruption_perceptions_index_2016, Zugriff 27.2.2017

* USDOS - US Department of State (3.3.2017): Country Report on Human Rights Practices 2016, http://www.ecoi.net/local_link/337143/466903_en.html, 17.3.2017

8. NGOs und Menschrechtsaktvisten

Nichtregierungsorganisationen können sich in der Regel ohne Probleme registrieren und ihre Arbeit aufnehmen. Sie werden in der Öffentlichkeit gut wahrgenommen, und können in Einzelfragen auch Einfluss auf die politische Willensbildung ausüben.

Trotz der Versprechen der gegenwärtigen Regierung, systematische Änderungen der Gesetzeslage, z.B. zur Finanzierung von NGOs, auf den Weg zu bringen, gibt es immer noch keine ausreichenden gesetzlichen Schutzmechanismen (AA 10.11.2016).

Ein wachsendes Netzwerk sog. "Watchdog"-NGOs hat seine Leistungsfähigkeit gesteigert, damit Bürgerrechte mittels Kampagnen vertreten werden. Der zivilgesellschaftliche Sektor wächst weiter zahlenmäßig und hinsichtlich der Kapazitäten, bleibt aber in erster Linie in der Hauptstadt und anderen größeren Städte konzentriert. NGOs haben nur schwache Verbindungen mit der breiteren Bevölkerung. NGOs in Georgien zeigen weiterhin ein niedriges Niveau der Nachhaltigkeit (BTI 1.2016).

Heimische und internationale Menschenrechtsgruppen arbeiten in den meisten Fällen in Georgien ohne Einschränkung durch die Regierung. Sie untersuchen Menschenrechtsfälle und publizieren ihre Ergebnisse. Manche NGOs erfreuen sich einer engen Kooperation mit der Regierung, und Offizielle sind kooperativ und offen für deren Ansichten. Andere NGOs berichten hingegen von Kritik und Verbalattacken durch die Regierung, die Justiz, die Opposition und oppositionelle Medien. Im April 2016 kritisierte der Hohe Justizrat öffentlich die NGOs für deren Behauptung, dass die Auswahl und Ernennungen in der Justiz intransparent wären. Das Sekretariat des Hohen Justizrates drohte den NGOs, so die Kritik nicht aufhöre, Informationen über deren Finanziers und "wahren" Unterstützer zu veröffentlichen (USDOS 3.3.2017).

Der zivilgesellschaftliche Sektor in Georgien ist robust und aktiv. Nichtstaatliche Organisationen spielen eine herausragende Rolle in Politikforschung, Interessenvertretung und Meinungsführerschaft. NGOs werden häufig in den Medien zitiert, und NGO-Leiter werden regelmäßig nach ihrem Kommentar und ihrer Analyse gefragt. Die georgischen NGOs decken zumeist ein breites Spektrum ideologischer Ansichten ab und haben eine gewisse Tradition in der Beratung der Regierung hinsichtlich politischer Vorschläge und Maßnahmen. Insgesamt können NGOs in Georgien ohne Störungen oder Einschüchterung arbeiten. In der Praxis ist die Registrierung und Aufrechterhaltung gesetzlicher Anforderungen für NGOs unkompliziert und kann oft in kurzer Zeit erledigt werden. Doch während das Spektrum der NGOs breit ist, ist es auch zugleich polarisiert. Es besteht im zivilgesellschaftlichen Sektor die weit verbreitete Auffassung, dass einzelne NGOs zu einer bestimmten Partei, Bewegung oder Persönlichkeit "gehören".

Es ist demnach nicht ungewöhnlich, dass unterschiedlich positionierte NGOs in eine offene, manchmal sogar physische Konfrontation geraten, mitunter angefacht von politischen Vertretern (FH 12.4.2016).

Quellen:

* AA - Auswärtiges Amt (10.11.2016): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Georgien

* BTI - Bertelsmann Stiftung (1.2016), BTI 2016 - Georgia Country Report, https://www.bti-project.org/fileadmin/files/BTI/Downloads/Reports/2016/pdf/BTI_2016_Georgia.pdf, Zugriff 28.2.2017

* FH - Freedom House (12.4.2016): Nations in Transit 2016 - Georgia, http://www.ecoi.net/local_link/324981/451155_en.html, 28.2.2017

* USDOS - US Department of State (3.3.2017): Country Report on Human Rights Practices 2016, http://www.ecoi.net/local_link/337143/466903_en.html, 17.3.2017

9. Ombudsmann

Der georgische Ombudsmann ist eine Verfassungsinstitution, welche den Schutz der Menschenrechte und Freiheiten innerhalb der Jurisdiktion überwacht. Der Ombudsmann stellt Verletzungen der Menschenrechte fest und trägt zu deren Wiederherstellung bei. Der Ombudsmann ist unabhängig in seinen Aktivitäten und gehört zu keiner Regierungsstelle. Er überwacht die staatlichen Stellen, die lokalen Selbstverwaltungskörperschaften, öffentliche Institutionen und Offizielle. Der Ombudsmann untersucht Menschenrechtsverletzungen sowohl auf der Basis eigener Initiative als auch infolge von erhaltenen Ansuchen. Der Ombudsmann unterbreitet Vorschläge und Empfehlungen in Bezug auf die Gesetzgebung und Gesetzesvorlagen aber auch in Richtung öffentlicher Institutionen aller Ebenen in Hinblick auf Menschen- und Grundrechtsfragen. Er erfüllt gleichzeitig die Rolle als Nationaler Präventiver Mechanismus (NPM) im Sinne des Fakultativprotokolls zum Übereinkommen gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe der Vereinten Nationen (PD 2014).

Die Kompetenzen und Sanktionsmöglichkeiten des Ombudsmannes sind beschränkt, aber seine Behörde, die sich stetig vergrößert und inzwischen über 170 Mitarbeiter hat, meldet sich öffentlich regelmäßig zu vielen Themen kritisch zu Wort (AA 10.11.2016).

Der Ombudsmann wurde weiterhin von NGOs als die objektivste Menschenrechtsinstitution der Regierung betrachtet. Dieser hat ein Mandat, die Menschenrechte zu beobachten und Menschenrechtsverletzungen zu untersuchen. Er hat jedoch keine Kompetenz, Strafverfolgung oder andere rechtliche Aktionen anzustoßen. Er kann aber eine Vorgehensweise empfehlen, worauf die Regierung antworten muss. Das Büro des Ombudsmanns arbeitet generell ohne Einmischung der Regierung und wird als effektiv angesehen. Der Ombudsmann berichtet, dass die Regierung auf seine Anfragen und Empfehlungen oft nicht oder nur teilweise antwortet. Der Ombudsmann kann den Vollzugsbehörden unverbindliche Empfehlungen geben, bestimmte Menschenrechtsfälle zu untersuchen.

Regierungsstellen müssen auf jegliches Informationsbegehren des Ombudsmanns binnen 20 Tagen antworten (USDOS 3.3.2017).

2016 verzeichnete das Büro des Ombudsmannes 8.827 Anträge und Beschwerden, wobei mit Berichtsabschluss bereits 7.196 Fälle bearbeitet waren. Auf Grundlage dessen wurden seitens des Ombudsmannes 77 Empfehlungen und Vorschläge an unterschiedliche Regierungsstellen und Privatpersonen gerichtet. Rund die Hälfte der Vorschläge wurde gänzlich oder teilweise bereits umgesetzt, während 17% noch nicht implementiert waren. Die Kommunikation mit internationalen Organisationen wurde merkbar gesteigert und das Medienecho nahm zu (PD 6.2.2017).

Quellen:

* AA - Auswärtiges Amt (10.11.2016): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Georgien

* PD - Public Defender of Georgia (2014): Mandate, http://www.ombudsman.ge/en/public-defender/mandati, Zugriff 28.2.2017

* PD - Public Defender of Georgia (6.2.2017): Public Defender's Activity Report 2016, http://www.ombudsman.ge/en/reports/saqmianobis-angarishebi/public-defenders-activity-report-20161.page, Zugriff 28.2.2017

* USDOS - US Department of State (3.3.2017): Country Report on Human Rights Practices 2016, http://www.ecoi.net/local_link/337143/466903_en.html, 17.3.2017

10. Wehrdienst und Rekrutierungen

Das georgische Verteidigungsministerium hat im Februar 2017 den Wehrdienst in den Streitkräften wieder eingeführt, acht Monate nachdem die damalige Verteidigungsministerin, Tina Khidasheli, die Wehrpflicht abgeschafft hatte. Nach der neuen Regelung werden die Wehrpflichtigen für drei Monate eine "umfassende" vorbereitende Kampfausbildung durchlaufen und für die verbleibenden neun Monate als diensthabende Offiziere dienen. Im Gegensatz zum bisherigen System werden die Wehrpflichtigen auch für die verbleibenden neun Monate täglich "Kampfvorbereitungsstunden" durchlaufen. Den Wehrpflichtigen werden freie Tage und ein verbessertes Angebot an Sozialleistungen eingeräumt. Die Grundwehrdiener werden die Berufsarmee bei deren täglichen Aufgaben unterstützen. Das Verteidigungsministerium sieht darin auch die Möglichkeit zur besseren Integration der ethnischen und religiösen Minderheiten. Georgien verfügt nun über ein Mischsystem aus Berufssoldaten und Wehrpflichtigen (civil.ge 15.2.2017; vgl. agenda.ge 14.2.2017).

Quellen:

* civil.ge (15.2.2017): Defense Ministry Reinstates Conscription, http://www.civil.ge/eng/article.php?id=29861, Zugriff 28.2.2017

* agenda.ge (14.2.2017): Compulsory military service reintroduced in Georgian Armed Forces, http://agenda.ge/news/74529/eng, Zugriff 28.2.2017

11. Wehrersatzdienst

Gemäß Kapitel 29 des Gesetzes über die militärischen Pflichten und den Militärdienst sind Personen, die einen nicht-militärischen, alternativen Arbeitsdienst abgeleistet haben, von der Wehrpflicht befreit. Laut Artikel 5 des Gesetzes über den nicht-militärischen, alternativen Arbeitsdienst, können Bürger als Gruppe oder als Einzelpersonen in folgenden Arbeitsbereichen den Dienst ableisten: Rettungswesen, Feuerwehr, Umweltschutz; Ingenieurwesen, Reparaturwesen, Einrichtungen für zivile Zwecke; Organisationen oder Einrichtungen der Landwirtschaft; kommunale Dienstleistungen sowie im Gesundheitsschutz. Die Regierung billigt hierzu eine Liste der Zivildienstarbeiten und Einrichtungen, wo ein solcher Dienst abgeleistet werden kann. Überdies sieht das Gesetz vor, dass auf der Grundlage eines Regierungsbeschlusses Bürger, die einen alternativen Arbeitsdienst durchlaufen, auch zu Arbeiten im Zuge von Naturkatastrophen oder zu saisonalen Erntearbeiten eingesetzt werden können (OSCE 14.4.2016).

Der alternative Dienst dauert für Personen, die eine Hochschulausbildung haben 18 Monate und für Personen, die keine Hochschulausbildung haben 24 Monate (VB 25.2.2015).

Quellen:

* OSCE - Organization for Security and Co-operation in Europe (14.4.2016): Response by the Delegation of Georgia to the Questionnaire on the Code of Conduct on Politico-Military Aspects of Security, http://www.osce.org/fsc/233731?download=true, Zugriff 28.2.2017

* VB des BM.I Georgien (25.2.2015): Auskunft des VB, per Email

12. Wehrdienstverweigerung / Desertion

Wenn der Wehrpflichtige sich weigert, den Militärdienst zu leisten, wird er mit einer Geldstrafe oder Freiheitsentzug bis drei Jahre bestraft. Desertion, also willkürliches Verlassen einer Militäreinheit oder anderen Ortes durch einen Militärdienstleistenden oder Reservedienstleistenden, mit dem Ziel der Vermeidung des Militär-, oder Reservedienstes, bzw. Nicht-Meldung zum Dienst mit demselben Ziel, wird mit Freiheitsentzug von drei bis sieben Jahren bestraft. Während eines Krieges oder Ausnahmezustandes wird Desertion mit einem Freiheitsentzug von zwei bis fünf Jahren bestraft (VB 25.2.2015).

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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