TE Bvwg Erkenntnis 2020/6/3 W159 2212273-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 03.06.2020
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Entscheidungsdatum

03.06.2020

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §15b Abs1
AsylG 2005 §3
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1 Z1
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
FPG §46
FPG §50
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55 Abs1a

Spruch

W159 2212273-1/12E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Clemens KUZMINSKI als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX , geboren am XXXX Staatsangehörigkeit: Serbien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 04.12.2018, Zahl: XXXX , betreffend die Abweisung des Antrages auf internationalen Schutz sowie die Erlassung einer Rückkehrentscheidung, zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerde wird hinsichtlich der Spruchpunkte I. bis VI. sowie VIII. des angefochtenen Bescheides als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer stellte am 24.09.2018 einen Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005.

Am 25.09.2018 fand vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes die niederschriftliche Erstbefragung des Beschwerdeführers zu seinem Antrag auf internationalen Schutz statt. Dabei gab er eine Verfolgung durch Wahhabiten, denen er zuerst beitrat und dann wieder austrat, an.

Der Beschwerdeführer wurde in der Folge vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Erstaufnahmestelle West (EAST West) am 11.10.2018 und am 22.11.2018 niederschriftlich einvernommen.

Dabei gab er an, dass er in XXXX gewohnt habe und als Gelegenheitsarbeiter auf Baustellen gearbeitet habe, er sei aber gelernter Elektromaschinenmechaniker. Er habe sich 2016 entschlossen, den Wahhabiten beizutreten, sei ca. 2 Jahre lang Teil dieser Gemeinschaft gewesen, dann habe er aber festgestellt, dass diese extremistische Anschauungen hätten. Den Gründer des Wahhabismus könne er namentlich nicht nennen, er sei aus Saudi-Arabien gewesen. Wahhabiten würden Freiwillige, die in den Krieg ziehen würden, organisieren, würden den Heiligen Krieg propagieren, mehr könne er dazu nicht sagen. Er sei ca. 2018 ausgestiegen, habe sich rasiert und versteckt. Als sie gemerkt hätten, dass er nicht mehr zu Treffen komme, hätten sie ihn zu Hause aufgesucht, ihn einen Verräter genannt und mit dem Umbringen bedroht. Wann das genau gewesen sei, könne er nicht sagen, er habe auch zwei- bis dreimal eine Anzeige bei der Polizei gemacht, diese hätten aber nur gesagt, dass sie sie ermahnen würden. Er fürchte, dass er bei einer Rückkehr getötet werde.

Mit dem oben im Spruch angeführten Bescheid des Bundesamtes wurde der gegenständliche Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm. § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt I.), der Antrag bezüglich des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Serbien gemäß § 8 Abs. 1 iVm. § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt II.), dem Beschwerdeführer ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt (Spruchpunkt III.), gegen ihn gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm

§ 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen (Spruchpunkt IV.) und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass seine Abschiebung nach Serbien gemäß § 46 FPG zulässig ist (Spruchpunkt V.). Gemäß § 55 Abs. 1a FPG wurde festgestellt, dass keine Frist zur freiwilligen Ausreise besteht (Spruchpunkt VI.) und einer Beschwerde gegen diese Entscheidung gemäß § 18 Abs. 1 Z 1 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt VII.). Gemäß § 15b Abs. 1 AsylG wurde dem Beschwerdeführer ab 25.09.2018 in an einer näher genannten Adresse Unterkunft zu nehmen (Spruchpunkt VIII.).

In der Begründung des Bescheides wurde zunächst der Verfahrensgang einschließlich der oben bereits im wesentlichen Inhalt wiedergegebenen Einvernahme dargestellt. Auch wurden Feststellungen zu Serbien getroffen. Beweiswürdigend wurde insbesondere ausgeführt, dass das Vorbringen des Beschwerdeführers sehr vage und oberflächlich gewesen sei und sei auch die behauptete Bedrohungslage insgesamt sehr widersprüchlich und oberflächlich vorgetragen worden und hätten die Angaben des Antragstellers überdies stark von jenen seines Bruders abgewichen. Die Behörde sei daher zur Auffassung gelangt, dass der Antragsteller lediglich als Arbeitsmigrant und keineswegs als tatsächlich Verfolgter nach Österreich gekommen sei.

Rechtlich begründend zu Spruchteil I. wurde zunächst auf die mangelnde Glaubwürdigkeit und weiters auf die mangelnde Asylrelevanz des Vorbringens der Beschwerdeführer, der den Schutz der serbischen Sicherheitsbehörden in Anspruch hätten nehmen können, verwiesen. Zu Spruchteil II. wurde insbesondere dargelegt, dass keine ausgewöhnlichen Umstände, die ein Abschiebungshindernis hätten bilden können, glaubhaft dargelegt worden wären. Es könne keinesfalls davon ausgegangen werden, dass der Antragsteller bei einer Rückkehr in eine ausweglose Lage gedrängt werden würde. Überdies habe nicht festgestellt werden können, dass der Antragsteller an einer Erkrankung leide, die ein Abschiebungshindernis darstellen würde. Weiters lägen die Voraussetzungen des § 57 Asylgesetz nicht vor (Spruchteil III.). Auch gäbe es kein schützenswertes Familienleben in Österreich vor, da auch der Asylantrag seines Bruders vollinhaltlich abgewiesen worden sei und sei in Anbetracht der kurzen Aufenthaltsdauer auch nicht von einem schützenswerten Privatleben in Österreich auszugehen (Spruchteil IV.). Es läge auch keine Gefahr im Sinne des § 50 FPG vor und stehe einer Abschiebung nach Serbien auch keine vorläufige Maßnahme durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte entgegen, sodass die Abschiebung als zulässig zu bezeichnen sei (Spruchteil V.). Aufgrund des Umstandes, dass der Beschwerdeführer aus einem sicheren Herkunftsstaat stamme, sei die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde abzuerkennen gewesen (Spruchpunkt VII.) und auch keine Frist für die freiwillige Ausreise festzulegen (Spruchteil VI.). Schließlich sei aus Gründen der zügigen Bearbeitung und wirksamen Überwachung des Antragstellers eine Unterkunftnahme anzuordnen gewesen (Spruchteil VIII.).

Der Bescheid wurde vom Beschwerdeführer am 04.12.2018 persönlich übernommen.

Mit dem am 02.01.2019 beim Bundesamt eingebrachten Schriftsatz vom selben Tag erhob der Beschwerdeführer durch seine bevollmächtigte Rechtsvertretung das Rechtsmittel der Beschwerde gegen den ihn betreffenden Bescheid des Bundesamtes. Es wurde beantragt, das Bundesverwaltungsgericht möge eine mündliche Verhandlung durchführen, der Beschwerde stattgeben und dem Beschwerdeführer den Status des Asylberechtigten, allenfalls des subsidiär Schutzberechtigten, zuerkennen; in eventu den angefochtenen Bescheid zur Gänze beheben und das Verfahren an das Bundesamt zurückverweisen; sowie der Beschwerde gemäß § 18 Abs. 5 BFA-VG die aufschiebende Wirkung zuerkennen.

Die gegenständliche Beschwerde und die Bezug habenden Verwaltungsakten wurden vom Bundesamt vorgelegt und sind am 07.01.2019 beim Bundesverwaltungsgericht eingelangt.

Mit Teilerkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 18.01.2019, XXXX , wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung zurückgewiesen (Spruchpunkt I.) und der gegenständlichen Beschwerde die aufschiebende Wirkung nicht zuerkannt (Spruchpunkt II.).

Der Beschwerdeführer wurde am 19.01.2019 festgenommen und in Verwaltungsverwahrungshaft genommen. Am 22.01.2019 wurde der Beschwerdeführer auf dem Luftweg aus dem Bundesgebiet nach Serbien abgeschoben.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Zur Person des Beschwerdeführers:

Der Beschwerdeführer führt die im Spruch angeführte Identität (Name und Geburtsdatum), ist Staatsangehöriger von Serbien, Angehöriger der Volksgruppe der Bosniaken und bekennt sich zum moslemischen Glauben. Die Muttersprache des Beschwerdeführers ist Serbisch (Serbokroatisch), er ist geschieden und hat keine Kinder (vgl aktenkundige Kopie des serbischen Reisepasses, AS 47 f; Erstbefragung vom 25.09.2018, AS 5 ff; Niederschrift Bundesamt vom 11.10.2018, AS 57 ff).

Es wird festgestellt, dass der Beschwerdeführer an keinen lebensbedrohlichen Erkrankungen im Endstadium leidet, die in Serbien nicht behandelbar wären. Der Beschwerdeführer ist gesund und arbeitsfähig (vgl etwa Erstbefragung vom 25.09.2018, AS 7 & 11; Niederschrift Bundesamt vom 11.10.2018, AS 57; Niederschrift Bundesamt vom 22.11.2018, AS 121).

Geboren und aufgewachsen ist der Beschwerdeführer in XXXX (im Folgenden: N.)/Serbien. Er hat dort acht Jahre die Grundschule besucht und dann eine dreijährige Lehre zum Elektromechaniker abgeschlossen. Der Beschwerdeführer ging in Serbien immer wieder Gelegenheitsarbeiten nach und konnte somit seinen notwendigen Unterhalt finanzieren. Bis einen Monat vor seiner Ausreise war er als Hilfsarbeiter bzw. Maurer auf Baustellen tätig. Der Lebensmittelpunkt lag vor der Einreise des Beschwerdeführers in das Bundesgebiet durchgehend in Serbien (vgl etwa Erstbefragung vom 25.09.2018, AS 7; Niederschrift Bundesamt vom 11.10.2

018, AS 57; Niederschrift Bundesamt vom 22.11.2018, AS 123).

Die Eltern des Beschwerdeführers sind bereits beide verstorben. In Serbien lebt noch die Schwester des Beschwerdeführers sowie einer seiner beiden Brüder, der nach wie vor in N. lebt. Weiters leben in N./Serbien verschiedene Onkel, Tanten und Cousins des Beschwerdeführers (vgl etwa Erstbefragung vom 25.09.2018, AS 9; Niederschrift Bundesamt vom 11.10.2018, AS 59 ff; Niederschrift Bundesamt vom 22.11.2018, AS 123).

Am 21.09.2018 reiste der Beschwerdeführer gemeinsam mit seinem weiteren Bruder, XXXX , geboren am XXXX , Staatsangehörigkeit: Serbien, legal mit dem Bus aus Serbien aus und in der Folge über Ungarn legal in das österreichische Bundesgebiet ein, wo beide jeweils am 24.09.2018 einen Antrag auf internationalen Schutz stellten (vgl etwa Erstbefragung vom 25.09.2018, AS 5 ff; Niederschrift Bundesamt vom 11.10.2018, AS 57 ff; Feststellungen des im Erkenntnis vom 19.06.2019, XXXX , betreffend den Bruder des Beschwerdeführers).

Mit Verfahrensanordnung des Bundesamtes vom 25.09.2018, Zahl XXXX , dem Beschwerdeführer nachweislich am 25.09.2018 ausgefolgt, wurde ihm gemäß § 15b AsylG aufgetragen, in dem in der Verfahrensanordnung konkret genannten Quartier Unterkunft zu nehmen (vgl AS 23).

Der Antrag auf internationalen Schutz des Bruders des Beschwerdeführers vom 24.09.2018 wurde mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 04.12.2018, Zahl 1207343007-180906923, als unbegründet abgewiesen, gegen den Bruder eine Rückkehrentscheidung erlassen und der Beschwerde die aufschiebende Wirkung aberkannt. Mit Teilerkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 18.01.2019, XXXX , wurde der Beschwerde des Bruders keine aufschiebende Wirkung zuerkannt. Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 19.06.2019, XXXX , wurde die Beschwerde des Bruders abgewiesen (vgl aktenkundiges Erkenntnis vom 19.06.2019, XXXX ).

Mit Teilerkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 18.01.2019, XXXX , wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung zurückgewiesen (Spruchpunkt I.) und der gegenständlichen Beschwerde die aufschiebende Wirkung nicht zuerkannt (Spruchpunkt II.) (vgl aktenkundiges Teilerkenntnis vom 18.01.2019).

Am 22.01.2019 wurden der Beschwerdeführer und sein Bruder auf dem Luftweg aus dem Bundesgebiet nach Serbien abgeschoben. Zuvor hielt sich der Beschwerdeführer seit seiner Asylantragstellung ununterbrochen im Bundesgebiet auf und verfügte hier zwischen 25.09.2018 und 19.01.2019 über einen gemeldeten Hauptwohnsitz. Der Beschwerdeführer ist in Österreich strafgerichtlich unbescholten (vgl Auszüge aus dem Zentralen Melderegister sowie dem Strafregister des Beschwerdeführers jeweils vom 17.03.2020; Fremdenregisterauszug hinsichtlich des Bruders des Beschwerdeführers vom 17.03.2020).

Bis auf den Bruder, der mit dem Beschwerdeführer jedoch gemeinsam aus dem Bundesgebiet abgeschoben wurde, verfügt der Beschwerdeführer im Bundesgebiet weder über familiäre noch berücksichtigungswürdige private Bindungen. Er übte in Österreich keine legale Beschäftigung aus und lebte von der Grundversorgung bzw. von den humanitären Zuwendungen Dritter ("Almosen"). Es konnte nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer über maßgebliche Deutschkenntnisse verfügt oder einen Deutschkurs besucht hätte. Auch sonst konnten keine Anhaltspunkte für die Annahme einer tiefgreifenden Integration des Beschwerdeführers in sprachlicher, beruflicher und gesellschaftlicher Hinsicht festgestellt werden (vgl etwa Erstbefragung vom 25.09.2018, AS 5 ff; Niederschrift Bundesamt vom 11.10.2018, AS 57 ff).

Der Beschwerdeführer ist auch in Serbien nicht vorbestraft. Er wurde bisher nicht inhaftiert oder festgenommen. Er hatte mit Behörden des Herkunftsstaates weder auf Grund seines Religionsbekenntnisses oder seiner Volksgruppenzugehörigkeit noch sonst irgendwelche Probleme.

Ein konkreter Anlass für das (fluchtartige) Verlassen des Herkunftsstaates konnte nicht festgestellt werden. Insbesondere konnte nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer Mitglied einer radikalen oder extremistischen Gruppierung (konkret den "Wahhabiten") gewesen ist oder, dass er einer Bedrohung oder Verfolgung durch Mitglieder der Wahhabiten ausgesetzt war. Es konnte auch nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer im Fall der Rückkehr in den Herkunftsstaat mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit einer Verfolgungsgefahr ausgesetzt ist oder, dass sonstige Gründe vorliegen, die einer Rückkehr oder Rückführung (Abschiebung) in den Herkunftsstaat entgegenstünden.

Zur entscheidungsrelevanten Lage in Serbien:

Es wird festgestellt, dass die Republik Serbien seit 01.07.2009 aufgrund der Herkunftsstaaten-Verordnung, BGBl. II Nr. 177/2009 als sicherer Herkunftsstaat gilt.

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2. Politische Lage

Die Volksvertretung in der Republik Serbien ist ein Einkammerparlament (Narodna skup?tina, 250 Abgeordnete). Seit den Parlamentswahlen vom 24.4.2016 sind neben pro-europäischen auch antieuropäische und pro-russische Parteien im Parlament vertreten (AA 9.11.2017). Stärkste Kraft ist erneut die Liste der pro europäischen Serbischen Fortschrittspartei SNS (sie spaltete sich 2008 von der Serbischen Radikalen Partei SRS ab); gefolgt von der Sozialistischen Partei Serbiens (SPS, 22 Mandate). Die oppositionelle pro-europäische Demokratische Partei (DS, 15 Mandate) ist seit der Abspaltung einer Gruppe um den ehemaligen Staatspräsidenten Boris Tadic 2014 deutlich geschwächt. Insgesamt wurden im April 2016 Angehörige von 16 Parteien bzw. Parteilisten ins Parlament gewählt sowie drei unabhängige Kandidaten. Am 2.4.2017 wurde Ministerpräsident Aleksandar Vucic zum Präsidenten gewählt. Nachfolgerin im Amt des Ministerpräsidenten ist seit 29.6.2017 die parteilose Ana Brnabic. Das im August 2016 unter Ministerpräsident Vucic gebildete Kabinett ist im Wesentlichen das Alte geblieben; drei neue Minister sind hinzugekommen. Derzeit verfügt das Regierungsbündnis im Parlament über eine Mehrheit von 159 der insgesamt 250 Sitze (AA 5.2018a).

Die OSZE-Wahlbeobachter bescheinigten dem Wahltag am 2.4.2017 selbst einen weitgehend ordnungsgemäßen Verlauf; kritisierten jedoch die völlige Mediendominanz des damaligen Premiers und Präsidentschaftskandidaten Vucic im Wahlkampf und mahnten Änderungen der rechtlichen Rahmenbedingungen an. Dringend geboten ist die Aktualisierung der Wählerverzeichnisse, die völlig veraltet sind. Mitunter setzten Parteien Wähler unter Druck (AA 9.11.2017).

Serbien nähert sich weiter an die Europäische Union an: die EU öffnete am 25.6.2018 neue Kapitel in den Beitrittsverhandlungen. Mit Belgrad werden die Kapitel 33 (Finanz- und Haushaltsbestimmungen) sowie Kapitel 13 (Fischerei) in Angriff genommen, wie die serbische Nachrichtenagentur Tanjug berichtete. Damit wurden 14 der insgesamt 35 sogenannten Verhandlungskapitel mit Serbien eröffnet - zwei davon wurden mittlerweile abgeschlossen. Das schwierigste Beitrittskapitel für das Westbalkanland ist jedoch Nummer 35, das die Normalisierung der Beziehung mit dem Kosovo betrifft. Belgrad erkennt die Unabhängigkeit der ehemaligen serbischen Provinz nicht an. Derzeit laufen auf Druck der EU Verhandlungen zwischen den beiden Ländern, die eigentlich Ende 2019 erfolgreich mit einem rechtlich bindenden Abkommen zum Abschluss gebracht werden sollten. Dabei kommt es immer wieder zu gegenseitigen Provokationen (derStandard 25.6.2018).

Quellen:

* AA - Auswärtiges Amt (5.2018a): Serbien, Innenpolitik, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/serbien-node/innen/207554, Zugriff 16.10.2018

* AA - Auswärtiges Amt (9.11.2017): Bericht im Hinblick auf die Einstufung der Republik Serbien als sicheres Herkunftsland im Sinne des § 29 a AsylG

* derStandard (25.6.2018): International, EU, EU eröffnet neue Beitrittskapitel mit Serbien und Montenegro, https://derstandard.at/2000082222423/EU-eroeffnet-neue-Beitrittskapitel-mitSerbien-und-Montenegro, Zugriff 31.10.2018

3. Sicherheitslage

Serbiens Präsident Aleksandar Vucic hat die kosovarischen Behörden beschuldigt, bei einem ersten Besuch des Präsidenten Hashim Thaci in dem mehrheitlich von Serben bewohnten Norden des Kosovo sowohl die UN-Resolution 1244 vom Juni 1999 als auch das im Normalisierungsdialog 2013 erzielte Brüsseler Abkommen verletzt zu haben. Die Vorwürfe Vucics bezogen sich auf den Einsatz der Sonderpolizeieinheit "Rosu" zur Sicherung des Besuches von Thaci. Nach Angaben von Vucic sei vor Jahren mit der Nato vereinbart worden, dass die "Rosu" im Nord-Kosovo nur mit Zustimmung der Nato und lokaler serbischer Behörden zum Einsatz kommen dürfe. Dies war am Samstag nicht der Fall. In seiner TV-Ansprache forderte Vucic am Samstagabend die KosovoSerben zur Zurückhaltung auf. Der Normalisierungsdialog zwischen Belgrad und Prishtina müsse fortgesetzt werden, meinte er weiters. Bei der letzten Runde des Normalisierungsdialogs in Brüssel hatte sich Vucic Anfang September allerdings geweigert, seinen kosovarischen Amtskollegen auch zu treffen. Eine neue Runde wurde von EU-Vermittlerin Federica Mogherini noch nicht einberufen. Unterdessen war es in der Vorwoche seitens einiger serbischer Minister zu hören, dass in den EUinitiierten Normalisierungsdialog, der mit einem rechtlich bindenden Abkommen abgeschlossen werden soll, künftig auch die USA, Russland und China eingebunden werden sollten (derStandard 30.9.2018).

Der von der EU geleitete Dialog zur Normalisierung der Beziehungen zwischen Belgrad und Prishtina liegt seit Anfang September auf Eis. Einen neuen Termin für die Fortsetzung der Gespräche gibt es nach wie vor nicht. Im Sommer hatten die beiden Staatschefs eine mögliche Einigung auf "Grenzkorrekturen" ins Spiel gebracht, um den jahrelangen Streit zu lösen. Serbien lehnt es nach wie vor ab, die 2008 verkündete Unabhängigkeit seiner einstigen Provinz anzuerkennen. Die Vorschläge stießen aber sowohl im Ausland als auch innerhalb der beiden Länder auf Kritik. Befürchtungen wurden laut, dass eine Grenzänderung alte Wunden in der gesamten Region wieder aufreißen könnten (derStandard 6.11.2018).

In der mehrheitlich von ethnischen Albanern bewohnten Grenzregion Südserbiens zu Kosovo (Gebiet der Gemeinden Bujanovac, Pre?evo, Medvedja) hat sich die Lage beruhigt. Trotz Bemühungen sind ethnische Albaner im Justizwesen, Polizei und öffentlichen Sektor in der Region weiterhin unterrepräsentiert. Die im Norden der Republik Serbien gelegene Provinz Wojwodina zeichnet sich durch eine eigenständige, durch jahrhundertealte Koexistenz der Serben mit verschiedenen nationalen Minderheiten (u.a. Ungarn, Rumänen, Ruthenen, Kroaten, Deutschen) geprägte Tradition aus. Die Verfassung von 2006 schreibt die Autonomie der Wojwodina fest. Das erstmals am 30.11.2009 verabschiedete Wojwodina-Statut wurde am 22.5.2014 in einer neuen Fassung verabschiedet. Die Lage der ethnischen Bosniaken (Muslime), die überwiegend in der südwestserbischen Region Sand?ak leben, entwickelt sich im Hinblick auf Rechtslage und politische Repräsentanz positiv. Hinweise auf gezielte staatliche Repressionen gegen Bosniaken gibt es nicht (AA 9.11.2017).

Quellen:

- AA - Auswärtiges Amt (9.11.2017): Bericht im Hinblick auf die Einstufung der Republik Serbien als sicheres Herkunftsland im Sinne des § 29 a AsylG

* derStandard (30.9.2018): International, Europa, Serbien, Schwere Anschuldigungen Vucics gegenüber Prishtina, https://derstandard.at/2000088359774/Schwere-Anschuldigungen-Vucicsgegenueber-Prishtina, Zugriff 16.10.2018

* derStandard (6.11.2018): International, Kosovo, Kurz bremst bei Visa-Liberalisierung für den Kosovo, https://derstandard.at/2000090744312/Kurz-bremst-bei-Visa-Liberalisierung-fuer-denKosovo?ref=rec, Zugriff 6.11.2018

4.Rechtsschutz / Justizwesen

Art. 4 der serbischen Verfassung postuliert in den Absätzen 2 und 3 ausdrücklich das Prinzip der Gewaltenteilung, in Absatz 4 die Unabhängigkeit der Justiz. Die Unabhängigkeit der Gerichte ist nicht durchgängig gewährleistet. Dies liegt allerdings nicht nur an direktem oder mittelbarem Druck, sondern ebenso an dem schwach entwickelten gesellschaftlichen Bewusstsein für Rolle und Funktion einer unabhängigen Justiz. Hier konnte auch eine zum 1.1.2010 in Kraft getretene umfassende Justizreform keine Abhilfe schaffen. Im Juli 2013 wurde daraufhin eine neue Justizreformstrategie verabschiedet, an deren Umsetzung schrittweise und eher langsam gearbeitet wird (AA 9.11.2017).

Das serbische Justizwesen besteht aus einem Verfassungsgericht, dem Obersten Gerichtshof, 30 Bezirksgerichten und 138 Gemeindegerichten. Daneben bestehen spezielle Gerichte wie Verwaltungsgerichte und Handelsgerichte. Im Belgrader Bezirksgericht existiert eine Sonderkammer für die Verfolgung von Kriegsverbrechen, daneben existiert eine Staatsanwaltschaft für Kriegsverbrechen - beiden zusammen obliegt die juristische Aufarbeitung der Kriegsverbrechen aus den Balkankriegen der 1990er Jahre. Ihre Einrichtung ist Teil des Prozesses der Schließung des UN-Kriegsverbrechertribunals für das ehemalige Jugoslawien (Den Haag) und der Überführung seiner Aufgaben auf die nationale Justiz in den Nachfolgestaaten des ehemaligen Jugoslawien. Die neue Regierung verabschiedete eine neue Justizreformstrategie für die Jahre 2013-18. Tatsächlich hat sich die Situation der Justiz in der Regierungszeit von Aleksandar Vucic nicht verbessert, sondern eher verschlechtert. Die politische Einflussnahme auf die Justiz hat eher zu als abgenommen. Die Kommentierung von sensiblen Justizverfahren durch Regierungsvertreter ist zur Alltagspraxis geworden. Eine von der EU geforderte Verfassungsänderung mit dem Ziel der Abschaffung der Ernennung von Richtern und Staatsanwälten durch das Parlament lässt auf sich warten. Erst Anfang 2018 legte das serbische Justizministerium den entsprechenden Verfassungsänderungsentwurf vor. Der Entwurf wurde von Vertretern von Justizverbänden wie Zivilgesellschaft gleichermaßen als unzureichend hinsichtlich der Entpolitisierung der Justiz kritisiert (GIZ Geschichte & Staat 9.2018).

In Serbien werden Staatsanwälte von der Regierung nominiert und vom Parlament bestätigt, was bedeutet, dass ihre Wahl von der regierenden Mehrheit abhängt. Sie sind bis zu sechs Jahre im Amt und können beinahe unbegrenzt wiedergewählt werden. Dieses in der Region einzigartige System öffne der Behinderung der Justiz durch die Politik Tür und Tor, meint der Präsident des Vorstandes der serbischen Vereinigung der Staatsanwälte. Laut dem letzten GlobalCompetitiveness-Index des Weltwirtschaftsforums befindet sich Serbien, was die Unabhängigkeit der Justiz betrifft, auf Platz 118 von 137 Ländern. Der Präsident des Vorstandes der serbischen Vereinigung der Staatsanwälte glaubt, dass in Serbien die Chancen für Staatsanwälte, ihre Unabhängigkeit in nächster Zeit geltend zu machen, schlecht stünden. "Politiker hier sind unantastbar, solange sie an der Macht sind", meint er (NZZ 8.4.2018).

Im November 2017 verurteilte der Internationale Strafgerichtshof für das ehemalige Jugoslawien den ehemaligen Oberbefehlshaber der Armee der Republika Srpska, Ratko Mladic, wegen Völkermord, Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit in Bosnien und Herzegowina zu lebenslanger Haft. Das Berufungsgericht in Belgrad sprach im August 2017 zehn Personen frei, die angeklagt waren, Ratko Mladic dabei geholfen zu haben, sich zu verstecken, bevor er 2011 in Serbien verhaftet wurde. Die Sonderkammer für Kriegsverbrechen am Bezirksgericht Belgrad schloss 2017 nur drei Verfahren ab; alle endeten mit Freisprüchen. Das wiederaufgenommene Verfahren gegen ehemalige Soldaten, die wegen Kriegsverbrechen im Kosovo angeklagt waren, wurde fortgeführt (AI 22.2.2018).

Prinzipiell kann sich jede Person in Serbien, die sich privaten Verfolgungshandlungen ausgesetzt sieht, sowohl an die Polizei wenden als auch direkt bei der Staatsanwaltschaft persönlich oder schriftlich eine Anzeige einbringen. Auch können entsprechende Beschwerden an die Ombudsmann Institutionen getätigt werden. Darüber hinaus besteht auch für solche Personen die Möglichkeit der Aufnahme in das Zeugen- bzw. Opferschutzprogramm (VB 3.11.2018). Die Bevölkerung hat die Möglichkeit, sich wegen rechtswidriger Akte der Sicherheitsdienste an den serbischen Ombudsmann oder den serbischen Datenschutzbeauftragten zu wenden (VB 3.11.2018).

Quellen:

* AA - Auswärtiges Amt (9.11.2017): Bericht im Hinblick auf die Einstufung der Republik Serbien als sicheres Herkunftsland im Sinne des § 29 a AsylG

* AI - Amnesty International (22.2.2018): Amnesty International Report 2017/18 - The State of the World's Human Rights - Serbia, https://www.ecoi.net/de/dokument/1446524.html, Zugriff 16.10.2018

* GIZ - Deutsche Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit GmbH (9.2018): Serbien, Geschichte & Staat, https://www.liportal.de/serbien/geschichte-staat/, Zugriff 16.10.2018

* NZZ - Neue Zürcher Zeitung (8.4.2018): International, Serbien, Serbiens Regierungspartei soll Geld aus geheimen Quellen erhalten, https://www.nzz.ch/international/versteckspiel-mitwahlgeldern-in-serbien-ld.1375163, Zugriff 31.10.2018

* VB des BM.I in Serbien (3.11.2018): Auskunft des VB, per E-Mail

5.Sicherheitsbehörden

Die rund 32.000 Polizisten des Landes unterstehen der Aufsicht des Innenministeriums, wobei die Behörden eine wirksame Kontrolle über die Sicherheitskräfte ausüben. Die Effektivität der Polizei variiert. Die meisten Beamten sind ethnische Serben, jedoch sind auch Angehörige von Minderheiten als Polizeibeamte tätig. Korruption und Straffreiheit in der Polizei sind ein Problem. Im Laufe des Jahres 2017 stellten Experten der Zivilgesellschaft fest, dass sich die Qualität der polizeilichen internen Ermittlungen weiter verbessert hat, vor allem durch die Umsetzung der neuen Strafprozessordnung. In den ersten acht Monaten 2017 reichte die interne Kontrolle des Innenministeriums 88 Strafanzeigen gegen 107 Personen wegen 125 Verbrechen ein; 81 waren Polizisten und 26 Zivilbeamte (USDOS 20.4.2018).

Durch eine nicht systematische Umsetzung der Reform sind die eigentlichen Ziele, die Polizei zu de-kriminalisieren, de-politisieren, de-militarisieren und eine Dezentralisierung einzuleiten, bis heute nur bedingt erreicht. Gegenwärtig unterstehen die Polizisten des Landes dem Innenministerium und sind u. a. unterteilt in Zoll, Kriminalpolizei, Grenzpolizei sowie zwei AntiTerroreinheiten, die "Special Antiterrorist Unit" und die "Counterterrorist Unit" (BICC 12.2017).

Die Bevölkerung hat die Möglichkeit, sich wegen rechtswidriger Akte der Sicherheitsdienste an den serbischen Ombudsmann oder den serbischen Datenschutzbeauftragten zu wenden. Über Verschleppungen oder Folter von Gefangenen durch den Staatssicherheitsdienst wurde seit dem Jahr 2000 nicht mehr berichtet. Die Reformen im Bereich der Nachrichtendienste - des zivilen Nachrichtendienstes BIA und der beiden militärischen Dienste - gehen weiter. Der Verteidigungsminister kontrolliert die beiden militärischen Nachrichtendienste (Militärischer Abwehrdienst VBA und militärischer Aufklärungsdienst VOA). Es liegen keine Anzeichen für staatliche Repressionen vor. In den albanischen Siedlungsgebieten ist eine -multi-ethnische Polizeitruppe im Aufbau. Die Polizei geht nicht in allen Fällen mit der gebotenen Konsequenz gegen Übergriffe auf Minderheiten (vor allem Roma und Homosexuelle) vor (AA 9.11.2017).

Es kommt in Einzelfällen immer noch vor, dass die Sicherheitsbehörden ihre Vollmachten überschreiten oder Anträge und Anfragen nicht so effizient bearbeiten. Dies beschränkt sich jedoch nicht auf bestimmte Personengruppen, sondern bezieht sich auf alle Einwohner der Republik Serbien. Alle Einwohner bzw. Bürger der Republik Serbien haben den gleichen Zugang zum Justizwesen, zu den Gerichten und den Polizeibehörden. Rechtsschutzmittel gegen polizeiliche Übergriffe sind vorgesehen, nämlich Strafanzeige und/oder Disziplinarverfahren. Jedoch gibt es keine "besonderen" Rechtsschutzmittel betreffend Übergriffe gegen Roma-Angehörige. Diese sind, wie alle Einwohner der Republik Serbien, vor dem Gesetz gleich (VB 3.11.2018).

Quellen:

* AA - Auswärtiges Amt (9.11.2017): Bericht im Hinblick auf die Einstufung der Republik Serbien als sicheres Herkunftsland im Sinne des § 29 a AsylG

* BICC - Bonn International Center for Conversion (12.2017): Länderinformation Serbien, http://ruestungsexport.info/uploads/laender/serbien.pdf, Zugriff 16.10.2018

* USDOS - US Department of State (20.4.2018): Country Report on Human Rights Practices 2017

* Serbia, https://www.ecoi.net/de/dokument/1430288.html, Zugriff 16.10.2018

* VB des BM.I in Serbien (3.11.2018): Auskunft des VB, per E-Mail

6. Folter und unmenschliche Behandlung

Über Verschleppungen oder Folter von Gefangenen durch den Staatssicherheitsdienst wurde seit dem Jahr 2000 nicht mehr berichtet. Seit 1.1.2006 ist Folter im serbischen Strafgesetzbuch ein Straftatbestand. Es werden weiterhin vereinzelte Fälle von Misshandlungen durch Angehörige der Polizei in Serbien bekannt. Opfer sind in diesen Fällen, anders als unter dem Milo?evic-Regime, nicht politisch missliebige Personen, sondern hinsichtlich krimineller Delikte Verdächtige. In einzelnen Fällen wurden die Polizisten vom Dienst suspendiert. In mehreren Fällen wurde Folteropfern von serbischen Gerichten staatliche Entschädigung zugesprochen (AA 9.11.2017).

Obwohl die Verfassung Folter verbietet, soll diese bei Festnahmen und in Untersuchungshaft zur Erpressung von Geständnissen gelegentlich angewandt werden. Die Straflosigkeit bei Missbrauch oder Folter ist bei der Festnahme oder Erstinhaftierung weit verbreitet. Es gibt nur wenige strafrechtliche Verfolgungen und noch weniger Verurteilungen wegen Missbrauch oder Folter (USDOS 20.4.2018).

Quellen:

* AA - Auswärtiges Amt (9.11.2017): Bericht im Hinblick auf die Einstufung der Republik Serbien als sicheres Herkunftsland im Sinne des § 29 a AsylG

* USDOS - US Department of State (20.4.2018): Country Report on Human Rights Practices 2017 - Serbia, https://www.ecoi.net/de/dokument/1430288.html, Zugriff 16.10.2018

7. Korruption

Korruption im öffentlichen und privaten Sektor steht unter Strafe. Trotzdem ist die Meinung weit verbreitet, dass die Regierung, trotz immer wieder angekündigter Absichtserklärungen, die

Gesetze nicht systematisch anwendet und in Korruption verwickelte Personen manchmal straffrei bleiben. Trotz der öffentlich erklärten Verpflichtung der Regierung zur Korruptionsbekämpfung wiesen sowohl der Antikorruptionsrat als auch die NGO Transparency Serbia nach wie vor auf einen Mangel an staatlicher Transparenz hin. Die Staatsanwaltschaft für organisierte Kriminalität (OCPO) verfolgt die Fälle von Korruption auf höchster Ebene beim Belgrader Obersten Gerichtshof für organisierte Kriminalität; andere Korruptionsfälle werden im Rahmen des regulären Gerichtssystems des Landes verfolgt. Das Innenministerium hat im Allgemeinen interne Korruptionsfälle innerhalb des Ministeriums bearbeitet und die Ergebnisse seiner Untersuchungen an die zuständige Staatsanwaltschaft weitergeleitet. Um das Problem Korruption anzugehen, hatte die Regierung eine Finanzermittlungsstrategie 2015-16 angenommen, die die Schaffung spezialisierter Einheiten für Betrugs- und Korruptionsbekämpfung vorsieht. Das Gesetz schuf spezialisierte Antikorruptionseinheiten/Abteilungen von Staatsanwälten, Polizeiermittlern und Gerichten innerhalb der vier wichtigsten Bezirke Serbiens (USDOS 20.4.2018).

Korruption gehört zu den zentralen politischen Problemen in Serbien, mit weitreichenden, negativen Auswirkungen auf das Funktionieren von politischem System, staatlichen Institutionen und die serbische Wirtschaft. Systemische Korruption heute findet sich vor allem bei der Vergabe öffentlicher Aufträge und der Verteilung anderer staatlicher Haushaltsmittel, sowie im Gesundheits- und Bildungswesen. Korruption in der Wirtschaft findet v.a. an den Schnittstellen zu staatlichen Institutionen statt. Abgenommen hat die Korruption in den letzten Jahren bei der Polizei. Auf staatlicher Seite ist eine eigenständige Institution, die Anti-Korruptionsagentur mit dem Kampf gegen Korruption befasst; in der serbischen Zivilgesellschaft beschäftigt sich Transparency International mit dem Phänomen Korruption. Druck auf serbische Behörden zu effektiverer Bekämpfung der systemischen Korruption kommt v.a auch von der EU. Unterstützung bei der Bekämpfung der Korruption in Serbien leistet außerdem das UN Development Program (UNDP) (GIZ Geschichte & Staat 9.2018).

Serbien rangiert im Transparency Corruption Perceptions Index (2017) am 77. Platz von 180 Ländern (TI 2017).

Quellen:

* GIZ - Deutsche Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit GmbH (9.2018): Serbien, Geschichte & Staat, https://www.liportal.de/serbien/geschichte-staat/, Zugriff 16.10.2018

* TI - Transparency International (2017): Corruption Perceptions Index 2017, https://www.transparency.org/news/feature/corruption_perceptions_index_2017, Zugriff 17.10.2018

* USDOS - US Department of State (20.4.2018): Country Report on Human Rights Practices 2017

* Serbia, https://www.ecoi.net/de/dokument/1430288.html, Zugriff 16.10.2018

8.NGOs und Menschenrechtsaktivisten

NGOs, die eine juristische Aufarbeitung der Vergangenheit fordern, werden von Staatspräsident Aleksandar Vucic, hochrangigen Regierungsmitgliedern, regierungsnahen Medien und in den sozialen Medien angegriffen. Im Januar hinterließen Einbrecher im Büro der Jugendinitiative für Menschenrechte (YIHR) Säcke mit gefälschten Banknoten sowie Mitteilungen, in denen die NGOMitarbeiter als "ausländische Söldner" beschimpft wurden. YIHR-Aktivisten, die im Januar gegen eine Veranstaltung der Regierungspartei protestierten, bei der Veselin ?ljivancanin als Redner auftrat, der wegen Kriegsverbrechen in Kroatien verurteilt worden war, wurden tätlich angegriffen (AI 22.2.2018).

Eine Vielzahl unabhängiger nationaler und internationaler Menschenrechtsgruppen operiert im Allgemeinen ohne staatliche Einschränkung, untersucht und veröffentlicht ihre Ergebnisse zu Menschenrechtsfällen. Während Regierungsbeamte im Allgemeinen kooperativ sind und auf ihre Fragen reagieren, werden die Gruppen von nicht staatlichen Akteuren, einschließlich der ProRegierungs-Medien, kritisiert, belästigt und bedroht, weil sie sich kritisch gegenüber der Regierung oder entgegen den nationalistischen Ansichten zum Kosovo, dem Internationalen Strafgerichtshof für das ehemalige Jugoslawien (ICTY) und den Kriegen der 90er Jahre äußern. Im Laufe des Jahres 2017 veröffentlichten mehrere Medien Artikel, in denen zahlreichen Journalisten, NGOAktivisten und unabhängige Einrichtungen vorgeworfen wurde, die "Verräter" des Landes zu sein, die versuchen, die Verfassungsordnung gewaltsam zu stürzen. Im August 2017 reichte eine Gruppe von Journalisten und NGO-Aktivisten eine Strafanzeige gegen die rechtsgerichtete Organisation Zavetnici, TV Pink, den Tabloid Informer und das Internetportal Pravda ein. Die Anzeige wurde damit begründet, dass diese Berichte unrechtmäßige Vorwürfe enthielten, die diese Journalisten, NGO-Aktivisten und unabhängige Einrichtungen der öffentlichen Verfolgung ausgesetzt seien. Das Verfahren war zum Jahresende noch anhängig (USDOS 20.4.2018).

Quellen:

* AI - Amnesty International (22.2.2018): Amnesty International Report 2017/18 - The State of the World's Human Rights - Serbia, https://www.ecoi.net/de/dokument/1446524.html, Zugriff 16.10.2018

* USDOS - US Department of State (20.4.2018): Country Report on Human Rights Practices 2017 - Serbia, https://www.ecoi.net/de/dokument/1430288.html, Zugriff 16.10.2018

9. Ombudsmann

Die Bevölkerung hat die Möglichkeit, sich wegen rechtswidriger Akte der Sicherheitsdienste an den serbischen Ombudsmann oder den serbischen Datenschutzbeauftragten zu wenden. Zu den Aufgaben des Mitte 2007 erstmals gewählten Ombudsmannes (seit 20.7.2017 Zoran Pasalic) gehört ausdrücklich auch das Eintreten für Minderheitenrechte. Seit 2003 bestehen nationale Minderheitenräte, die die Interessen ihrer Volksgruppen vertreten (AA 9.11.2017).

In drei Gemeinden mit signifikantem albanischem Bevölkerungsanteil gibt es eigene Zweigstellen der nationalen Ombudsmanninstitution. In der Provinz Wojwodina kann ein eigenständiges Ombudsmannsbüro seinen Aktivitäten unabhängig nachgehen (USDOS 25.6.2015).

Der Anteil der Beschwerden hinsichtlich Minderheitenangelegenheiten ist im Jahresbericht des Ombudsmann Büros 2017 mit 61 unter 4.060 Beschwerden mittlerweile gering und macht lediglich 1,5 % aller Beschwerden aus. An das Ombudsmann Büro wurden 2017 neben den Beschwerden auch 61 Initiativanträge gerichtet. Laut dem serbischen Ombudsmann sind die Fortschritte im Bereich der Menschen- und Bürgerrechte, aber auch in der Korruptionsbekämpfung in Serbien im Jahr 2017 weiter langsam fortgesetzt worden, jedoch wird auch festgehalten, dass in diesen wichtigen Bereichen weitere Kontrolltätigkeit dringend erforderlich ist. Auf Platz eins der Beschwerdeliste steht die Administration der lokalen Verwaltung, gefolgt von den serbischen Justizbehörden. Die Sicherheitsbehörden spielen im Beschwerdebereich eine untergeordnete Rolle (VB 3.11.2018).

Quellen:

* AA - Auswärtiges Amt (9.11.2017): Bericht im Hinblick auf die Einstufung der Republik Serbien als sicheres Herkunftsland im Sinne des § 29 a AsylG

* USDOS - US Department of State (20.4.2018): Country Report on Human Rights Practices 2017

* Serbia, https://www.ecoi.net/de/dokument/1430288.html, Zugriff 16.10.2018

* VB des BM.I in Serbien (3.11.2018): Auskunft des VB, per E-Mail

[...]

11. Allgemeine Menschenrechtslage

Die serbische Verfassung vom 8.11.2006 enthält umfangreiche Bestimmungen zu Grundfreiheiten und Menschenrechten. Die Menschenrechtslage in Serbien entspricht internationalen Standards (AA 9.11.2017). Die Lage der Menschenrechte in Serbien ist insgesamt gut. Serbien hat die wichtigsten internationalen Menschenrechtskonventionen in nationales Recht übernommen. 2013 hat die serbische Regierung eine Anti-Diskriminierungsstrategie verabschiedet. Ein effektiver gesetzlicher Rahmen zum Schutz von Serbiens zahlreichen ethnischen Minderheiten existiert. Trotzdem existieren verschiedene Schwächen im Menschenrechts- und Minderheitenschutz.

Probleme in der Verwirklichung der Menschenrechte bestehen etwa durch die Schwäche des Rechtsstaats und die noch immer unzureichende juristische Aufarbeitung der Kriegszeit (GIZ Geschichte & Staat 9.2018).

Im neuen Jahresbericht der US-NGO Freedom House über politische Rechte und Grundfreiheiten werden alle Westbalkanländer bis auf Serbien nur als teilweise frei ("partly free") eingestuft. Hauptprobleme sind weiterhin mangelnde Medienfreiheit, Korruption, schwache Institutionen sowie wachsender Autoritarismus. Auch der neue Bericht von Human Rights Watch (HRW) konstatiert für die Länder auf dem Balkan immer noch alte Menschenrechtsprobleme wie Diskriminierung von Minderheiten oder schlechten Flüchtlingsschutz (BN 22.1.2018).

In Serbien gibt es entsprechende Stellen auf Republiksebene (Ministerium für Menschen- und Minderheitenrechte, Staatsverwaltung und lokale Selbstverwaltungs-Abteilung für Menschen- und Minderheitenrechte), als auch auf der lokalen Ebene (Stadtgemeinden-Ombudsmann), an die sich Bürger im Falle erlittenen Unrechts wenden können. Weiters bestehen auch zahlreiche NGOs, welche sich mit Rechten der nationalen Gemeinschaften befassen, u.a. Helsinki Committee for Human Rights, The Humanitarian Law Centre, The Lawyers Committee for Human Rights, Belgrade Centre for Human Rights, als auch zahlreiche Roma Organisationen in ganz Serbien (VB 3.11.2018).

Quellen:

* AA - Auswärtiges Amt (9.11.2017): Bericht im Hinblick auf die Einstufung der Republik Serbien als sicheres Herkunftsland im Sinne des § 29 a AsylG

* BAMF - Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (22.1.2018): Briefing Notes, per E-Mail

* GIZ - Deutsche Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit GmbH (9.2018): Serbien, Geschichte & Staat, https://www.liportal.de/serbien/geschichte-staat/, Zugriff 16.10.2018

* VB des BM.I in Serbien (3.11.2018): Auskunft des VB, per E-Mail

12.Meinungs- und Pressefreiheit

Im neuen Jahresbericht der US-NGO Freedom House über politische Rechte und Grundfreiheiten werden alle Westbalkanländer bis auf Serbien nur als teilweise frei ("partly free") eingestuft. Hauptprobleme sind weiterhin mangelnde Medienfreiheit, Korruption, schwache Institutionen sowie wachsender Autoritarismus. Trotz der Einstufung als frei zeige sich in Serbien ein Abwärtstrend, verursacht durch Präsident Vucics Konsolidierung der Macht. Auch der neue Bericht von Human Rights Watch (HRW) konstatiert für die Länder auf dem Balkan immer noch alte Menschenrechtsprobleme wie Angriffe auf Journalisten (BN 22.1.2018a).

Angriffe und Drohungen gegen Journalisten gehen weiter. Die Reaktionen der Behörden waren unzureichend. Zwischen Januar und Mitte November 2017 registrierte die Independent Journalists' Association of Serbia (NUNS) 75 Vorfälle von Gewalt, Drohungen oder Einschüchterung gegen Journalisten, darunter sechs physische Angriffe. Die regierungsnahen Medien betreiben weiterhin Hetzkampagnen gegen unabhängige Stellen und Journalisten (HRW 18.1.2018).

In Bezug auf die völkerrechtlichen Verbrechen, die in der Vergangenheit verübt wurden, herrscht nach wie vor Straflosigkeit. Unabhängige Journalisten und Menschenrechtsverteidiger, die eine juristische Aufarbeitung der Vergangenheit fordern, werden von Regierungsvertretern und regierungsnahen Medien weiterhin verleumdet und müssen in einem feindseligen Umfeld arbeiten. Regierungsmitglieder und regierungsnahe Medien überzogen investigative Journalisten mit Verleumdungskampagnen. Privates Sicherheitspersonal der Regierungspartei griff sechs Journalisten tätlich an, die über Demonstrationen anlässlich der Amtseinführung des Staatspräsidenten am 31. Mai 2017 berichtet hatten. Im Juli 2017 erhielten Journalisten, die für das Netzwerk zur Untersuchung von Kriminalität und Korruption (KRIK) arbeiteten, Morddrohungen, und Unbekannte brachen in die Wohnung der investigativen Journalistin Dragana Peco ein. Im September 2017 bezichtigte die Partei des Verteidigungsministers den Leiter des Recherchenetzwerks, Stevan Dojcinovic, drogenabhängig und ein ausländischer Spion zu sein, nachdem KRIK Einzelheiten über einen Immobilienkauf des Ministers veröffentlicht hatte (AI 22.2.2018).

Die Medienfreiheit in Serbien weist deutliche Defizite auf. Entscheidungsträger beeinflussen durch undurchsichtige Eigentumsverhältnisse, Entscheidungsrecht über staatliche Medienfinanzierung sowie Kontrolle des Anzeigenmarktes nahezu alle Fernseh- und Radiosender und Tageszeitungen. Der Staat bzw. Staatsunternehmen bezuschussen bestimmte Medien, indem sie Anzeigen über wenige politiknahe PR-Pools schalten. Dies verzerrt den Medienmarkt und verstärkt Selbstzensur unter Journalisten. Daher existiert zwar ein gewisser Meinungspluralismus in Serbien, es gibt jedoch kaum wirklich unabhängige Medien und Journalisten. Journalisten werden schlecht bezahlt - journalistische Standards sind stark ausbaufähig. Daher sind wichtige Rahmenbedingungen für eine freie, kritische Berichterstattung sowie die Rolle der Medien als "Vierter Gewalt" nicht erfüllt. Die Regierung und andere Politiker werten Kritik(er)/kritische Berichterstattung nicht immer als wichtiges Element eines demokratischen Staats, sondern als Angriff. Die Medienlandschaft ist dennoch grundsätzlich pluralistisch. Journalisten und Redaktionen sehen sich dabei aber weiterhin Anschuldigungen von Politikern der jeweils anderen Seite ausgesetzt. Im Berichtszeitraum kam es zu verbalen Angriffen, inkl. Drohungen, auf Journalisten. Nur wenige Fälle verbaler Angriffe und Drohungen gegen Journalisten werden vor Gericht gebracht (AA 9.11.2017).

92 Attacken bzw. Verbalangriffe auf Journalisten zeigen eine schwierige Arbeitssituation für die Berufsgruppe der Journalisten in Serbien auf (VB 3.11.2018).

Quellen:

* AA - Auswärtiges Amt (9.11.2017): Bericht im Hinblick auf die Einstufung der Republik Serbien als sicheres Herkunftsland im Sinne des § 29 a AsylG

* AI - Amnesty International (22.2.2018): Amnesty International Report 2017/18 - The State of the World's Human Rights - Serbia, https://www.ecoi.net/de/dokument/1446524.html, Zugriff 16.10.2018

* BAMF - Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (22.1.2018): Briefing Notes, per E-Mail

* HRW - Human Rights Watch (18.1.2018): World Report 2018 - Serbia/Kosovo, https://www.ecoi.net/de/dokument/1422580.html, Zugriff 16.10.2018

* VB des BM.I in Serbien (3.11.2018): Auskunft des VB, per E-Mail

13. Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit

Vereinigungs- und Versammlungsfreiheit wird seitens der Verfassung garantiert und die Regierung hält sich auch in der Praxis daran. Protestkundgebungen müssen vorher von der Polizei genehmigt werden. Zulassungen für Versammlungen, die ein hohes Sicherheitsrisiko darstellten, werden von höheren Stellen entschieden (USDOS 20.4.2018).

Versammlungsfreiheit ist in Serbien gewährleistet. Unrühmliche Ausnahme stellte in der Vergangenheit das mehrfache Verbot (2009, 2011, 2012 und 2013) der LGBT-Demonstration "Pride Parade" durch den Nationalen Sicherheitsrat dar, mit der Begründung, die Regierung sei nicht in der Lage, die friedlichen Demonstranten vor Angriffen rechter Gruppen zu schützen. Seit 2014 fand die Parade jedoch jährlich - zwar unter z. T. massivem Aufgebot der Sicherheitskräfte und quasi Ausschluss der Öffentlichkeit, dafür aber ohne Beeinträchtigungen - statt. Vereinigungsfreiheit ist verfassungsmäßig gewährleistet mit Einschränkungen für paramilitärische, verfassungsfeindliche oder menschen- und minderheitenrechtsfeindliche Vereinigungen. Veranstaltungen neo-nazistischer oder faschistischer Organisationen und die Verwendung solcher Symbole sind gesetzlich verboten. Seit 2010 existiert eine Regierungsstelle für die Zusammenarbeit mit der Zivilgesellschaft (AA 9.11.2017).

Quellen:

* AA - Auswärtiges Amt (9.11.2017): Bericht im Hinblick auf die Einstufung der Republik Serbien als sicheres Herkunftsland im Sinne des § 29 a AsylG

* USDOS - US Department of State (20.4.2018): Country Report on Human Rights Practices 2017 - Serbia, https://www.ecoi.net/de/dokument/1430288.html, Zugriff 16.10.2018

13.1. Opposition

Die politische Opposition kann sich frei betätigen. Sie erhält jedoch im Vergleich zur Regierungspartei SNS von Präsident Vucic deutlich weniger Möglichkeiten für öffentlichkeitswirksame Auftritte sowie Platz in den Medien (AA 9.11.2017).

Anfang September 2018 haben mehrere Oppositionsparteien einen gemeinsamen Block unter dem Namen Bündnis für Serbien (Savez za Srbiju, SZS) gegründet. Zu ihren gehört die DS sowie Kleinparteien, die von ehemaligen hohen Funktionären der DS-geführten Regierung von vor 2012 gegründet wurden (GIZ Geschichte & Staat 9.2018).

Quellen:

* AA - Auswärtiges Amt (9.11.2017): Bericht im Hinblick auf die Einstufung der Republik Serbien als sicheres Herkunftsland im Sinne des § 29 a AsylG

* GIZ - Deutsche Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit GmbH (9.2018): Serbien, Geschichte & Staat, https://www.liportal.de/serbien/geschichte-staat/, Zugriff 16.10.2018

[...]

16. Religionsfreiheit

Die Verfassung garantiert in Art. 43 die Religionsfreiheit. Religionen können uneingeschränkt praktiziert werden. Das "Gesetz über Kirchen und Religionsgemeinschaften" unterscheidet jedoch verschiedene Kategorien von Kirchen. Es bestehen sieben "traditionelle" Religionsgemeinschaften (Serbisch Orthodoxe Kirche, Römisch Katholische Kirche, Slowakische Evangelische Kirche, Reformierte Christliche Kirche, Evangelische Christliche Kirche, Islamische Gemeinschaft, Jüdische Gemeinschaft). Ungeachtet der von der Verfassung gebotenen konfessionellen Neutralität des Staates (Art. 44 der Verfassung) genießt jedoch in der Praxis die serbischorthodoxe Kirche eine einer Staatskirche nahe kommende, herausragende Stellung. Etwa 85 % der Bürger Serbiens sind serbisch-orthodox. Da die bisherigen serbischen Regierungen (im Widerspruch zur Verfassung) das kanonische Recht der serbisch-orthodoxen Kirche faktisch als Teil der staatlichen Rechtsordnung betrachten, wird eine Reihe orthodoxer Kirchen, deren Wirken unter den ethnischen Minderheiten im Widerspruch zum Alleinvertretungsanspruch der serbischorthodoxen Kirche steht, von Staatsorganen immer wieder in ihrer Betätigung behindert. Betroffen ist neben den nicht als autokephal (von einem eigenen Oberhaupt geführten, völlig selbständig agierenden) anerkannten orthodoxen Kirchen der EjR Mazedonien und Montenegros auch die kanonisch anerkannte rumänisch-orthodoxe Kirche. Diese Glaubensgemeinschaften haben weder die Möglichkeit einer amtlichen Registrierung noch der Errichtung eigener Gotteshäuser. Manche anderen Religionsgemeinschaften (v.a. evangelische Freikirchen) werden von nicht staatlichen Gruppierungen angefeindet, belästigt oder bedroht. Nicht zuletzt unter dem Einfluss der serbischorthodoxen Kirche gibt es Bestrebungen, die Betätigung von "Sekten" (d.h. aller nicht bereits im früheren Königreich Jugoslawien registrierten Religionsgemeinschaften, insbesondere jedoch evangelischer Freikirchen) einzuschränken (AA 9.11.2017).

Die Verfassung untersagt die Errichtung einer Staatsreligion, garantiert die Gleichheit aller religiösen Gruppen und verbietet die Aufstachelung zum Religionshass. Einige nicht-traditionelle religiöse Gruppen erklären, dass die Umsetzung von Gesetzen durch die staatlichen Behörden diskriminierend ist (USDOS 29.5.2018).

Die überwiegende Mehrheit der Einwohner Serbiens sind Christen. Etwa 6,3 Millionen (ca. 84%) der Einwohner bekennen sich zur serbisch-orthodoxen Kirche, ferner gibt es noch religiöse Minderheiten, insbesondere Katholiken, Protestanten und einige wenige neuapostolische Christen. Etwa 3 % der Einwohner sind Muslime. Sie leben im südserbischen Sandschak, wo sie eine knappe Mehrheit bilden. Im Allgemeinen herrscht in Serbien Religionsfreiheit. Die serbische Verfassung und Gesetze erkennen allerdings nur sieben "traditionelle" Konfessionen an, woraus eine gewisse Diskriminierung anderer religiöser Gruppen und ihrer Angehöriger resultiert, etwa bei der Registrierung von Religionsgruppen - ein Bereich, in dem es jüngst Fortschritte gegeben hat. Zugleich genießt die Serbisch-Orthodoxe Kirche eine klare Bevorzugung gegenüber anderen Konfessionen (GIZ Gesellschaft 9.2018).

Quellen:

* AA - Auswärtiges Amt (9.11.2017): Bericht im Hinblick auf die Einstufung der Republik Serbien als sicheres Herkunftsland im Sinne des § 29 a AsylG

* GIZ - Deutsche Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit GmbH (9.2018): Serbien, Gesellschaft, https://www.liportal.de/serbien/gesellschaft/, Zugriff 18.10.2018

* USDOS - US Department of State (29.5.2018): 2017 Report on International Religious Freedom - Serbia, https://www.ecoi.net/de/dokument/1436911.html, Zugriff 16.10.2018

17. Ethnische Minderheiten

Die 2006 erlassende Verfassung garantiert allen in der Republik Serbien lebenden Menschen (insbesondere Minderheiten) alle Rechte, im Einklang mit den höchsten internationalen Standards (VB 3.11.2018). Ethnische Minderheiten beklagen Diskriminierungen in Bereichen wie Bildung und Sprache (GIZ Geschichte & Staat 9.2018). Serbien hat das Rahmenübereinkommen zum Schutz nationaler Minderheiten sowie die Europäische Charta der Regional- oder Minderheitensprachen des Europarats ratifiziert. Die serbische Verfassung enthält ausführliche Bestimmungen zum Schutz nationaler Minderheiten. Die Minderheitengesetzgebung entspricht internationalem Standard. Die serbische Regierung hat Anfang März 2016 einen Aktionsplan für Minderheiten (als Teil des Aktionsplans zum EU-Verhandlungskapitel) verabschiedet (AA 9.11.2017).

Serbien ist trotz der Folgen der ethnischen Kriege der 1990er Jahre und des Verlustes des mehrheitlich albanisch besiedelten Kosovo ein Vielvölkerstaat geblieben. Die Volkszählung von 2011 ergab folgende ethnische Struktur - 83,32 % der Bevölkerung bezeichneten sich als Serben. Der überwiegende Teil des Rests bezeichnet sich als zu einer der Minderheiten zugehörig, die zahlenmäßig größten darunter sind: Ungarn - 3,53 %, Bosniaken (v.a. in der Region Sandschak) - 2,02 %, Roma - 2,05 %, Jugoslawen - 1,08 %, Kroaten - 0,81%, Albaner (überwiegend: Südserbien) - 0,82 % (letzte verfügbare Zahl aus 2002, da die Mehrzahl der Albaner die Volkszählung 2011 boykotiert hatten). In der Provinz Vojvodina gibt es die größte Anzahl ethnischer Minderheiten, über 25. Sie machen rund ein Drittel der Bevölkerung aus. Die größten Gruppen sind: Ungarn - 13,00 %, Slowaken - 2,60 %, Kroaten - 2,43 %, Montenegriner - 1,15 %, Jugoslawen - 0,63%. Der serbische Staat garantiert gewisse Minderheitenrechte hinsichtlich der offiziellen Verwendung von Minderheitensprachen, der Gründung von Minderheitenräten als nationale Vertretung sowie der Aufhebung der Sperrklausel für ethnische Minderheitenparteien im serbischen Parlament (GIZ Gesellschaft 9.2018).

Die nationalen Minderheitenräte vertreten die ethnischen Minderheiten des Landes und verfügen über eine breite Kompetenz in den Bereichen Bildung, Medien, Kultur und Minderheitensprachen. Ethnische albanische Führer in den südlichen Gemeinden Presevo, Medvedja und Bujanovac sowie Bosniaken in der südwestlichen Region Sandzak beklagen, dass sie in staatlichen Institutionen auf lokaler Ebene unterrepräsentiert seien. Der Menschenrechtsausschuss der Vereinten Nationen hat in seinem dritten regelmäßigen Bericht über Serbien seine Besorgnis über die geringe Vertretung von Minderheiten, einschließlich Roma, in Regierungsstellen und der öffentlichen Verwaltung geäußert (USDOS 20.4.2018).

Quellen:

* AA - Auswärtiges Amt (9.11.2017): Bericht im Hinblick auf die Einstufung der Republik Serbien als sicheres Herkunftsland im Sinne des § 29 a AsylG

* GIZ - Deutsche Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit GmbH (9.2018): Serbien, Geschichte & Staat, https://www.liportal.de/serbien/geschichte-staat/, Zugriff 16.10.2018

* GIZ - Deutsche Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit GmbH (9.2018): Serbien, Gesellschaft, https://www.liportal.de/serbien/gesellschaft/, Zugriff 18.10.2018

* USDOS - US Department of State (20.4.2018): Country Report on Human Rights Practices 2017

* Serbia, https://www.ecoi.net/de/dokument/1430288.html, Zugriff 16.10.2018

* VB des BM.I in Serbien (3.11.2018): Auskunft des VB, per E-Mail

17.3. Bosniaken (Sandzak)

Die Lage der ethnischen Bosniaken (Muslime), die überwiegend in der südwestserbischen Region Sand?ak leben, entwickelt sich im Hinblick auf Rechtslage und politische Repräsentanz positiv.

Hinweise auf gezielte staatliche Repressionen gegen Bosniaken gibt es nicht (AA 19.11.2017).

In Novi Pazar, Sjenica und Tutin wird der Unterricht in den Vor- und Grundschulen sowie in fünf lokalen Selbstverwaltungseinheiten auf Bosnisch durchgeführt. An Gymnasien und Mittelschulen in Sjenica und Tutin wird der Unterricht in der bosnischen Sprache angeboten (CoE-FCNM 18.9.2018).

Quellen:

* AA - Auswärtiges Amt (9.11.2017): Bericht im Hinblick auf die Einstufung der Republik Serbien als sicheres Herkunftsland im Sinne des § 29 a AsylG

* CoE-FCNM - Council of Europe - Secretariat of the Framework Convention for the Protection of National Minorities (18.9.2018): Fourth Report submitted by Serbia pursuant to Article 25, paragraph 2 of the Framework Convention for the Protection of National Minorities - received on 18 September 2018 [ACFC/SR/IV(2018)001], https://www.ecoi.net/en/file/local/1444145/1226_1537876645_4th-sr-serbia-en-doc.pdf, Zugriff 19. 10.2018

[...]

20. Bewegungsfreiheit

Die Verfassung garantiert das Recht auf Reisefreiheit innerhalb des Landes, Auslandsreisen, Emigration und Wiedereinbürgerung, wobei dies auch in der Praxis seitens der Regierung eingehalten wird. Die Regierung kooperiert durch Zusammenarbeit mit UNHCR und anderen humanitären Organisationen bei der Schutz- und Hilfegewährung für Binnenvertriebene, Flüchtlinge, rückkehrende Asylwerber, Staatenlose und andere Problemgruppen. Alle registrierten Migranten und Asylbewerber erhalten spezielle Ausweise, die sie für die Gewährung humanitärer Hilfe berechtigen und ihre Bewegungsfreiheit sowie den Zugang zu grundlegenden staatlichen Dienstleistungen erleichtern (USDOS 20.4.2018).

Diskriminierungen treffen vor allem Minderheiten im Sand?ak (Bosniaken) und Südserbien, in Serbiens einziger autonomer Provinz Wojwodina sowie Roma oder Angehörige der LGBTICommunity und vereinzelt auch Personen jüdischen Glaubens. Serbiens Hauptstadt Belgrad und Novi Sad (Regierungssitz der Wojwodina) gelten als Serbiens toleranteste Städte, obgleich auch hier Anfeindungen vorkommen (AA 9.11.2017).

Quellen:

* AA - Auswärtiges Amt (9.11.2017): Bericht im Hinblick auf die Einstufung der Republik Serbien als sicheres Herkunftsland im Sinne des § 29 a AsylG

* USDOS - US Department of State (20.4.2018): Country Report on Human Rights Practices 2017

* Serbia, https://www.ecoi.net/de/dokument/1430288.html, Zugriff 16.10.2018

21. Binnenflüchtlinge (IDPs) und Flüchtlinge

Das Gesetz bietet den Binnenvertriebenen Schutz in Übereinstimmung mit den UN-Leitlinien für Binnenvertriebene, aber die Umsetzung bleibt in einigen Bereichen hinter den Erwartungen zurück.

Nach offiziellen Statistiken des serbischen Kommissariats für Flüchtlinge und Migration leben im Land 201.047 Vertriebene (vom UNHCR als Binnenvertriebene bezeichnet) aus dem Kosovo, von denen die meisten den Kosovo infolge des Krieges von 1998-1999 verließen. Etwa 80 % leben in städtischen Gebieten. Nach Angaben des UNHCR war die üb

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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