TE Bvwg Erkenntnis 2020/5/27 W186 2221244-1

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Veröffentlicht am 27.05.2020
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Entscheidungsdatum

27.05.2020

Norm

BFA-VG §22a Abs1 Z1
BFA-VG §22a Abs1 Z2
BFA-VG §34 Abs3 Z3
BFA-VG §40 Abs1 Z1
BFA-VG §7 Abs1 Z3
B-VG Art133 Abs4
FPG §46 Abs1 Z3
VwGVG §35

Spruch

W186 2221234-1/6E

W186 2221236-1/4E

W186 2221242-1/4E

W186 2221243-1/4E

W186 2221244-1/4E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Judith PUTZER als Einzelrichterin über die Beschwerden von 1. XXXX , geb. am XXXX , 2. XXXX , geb. am XXXX , 3. XXXX , geb. am XXXX , 4. XXXX , geb. am XXXX und 5. XXXX , geb. am XXXX , alle StA. Türkei, vertreten durch Asyl in Not, wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt in Form der Festnahme am 13.07.2019, der darauf gestützten Anhaltung bis 15.07.2019 und der Abschiebung am 15.07.2019, zu Recht erkannt:

A)

I. Die Beschwerde gegen die Festnahme und Anhaltung wird gemäß § 22a Abs. 1 Z 1 und 2 iVm § 34 Abs. 3 Z 3 iVm § 40 Abs. 1 Z 1 BFA-VG als unbegründet abgewiesen.

II. Die Beschwerde gegen die Abschiebung wird gemäß § 7 Abs. 1 Z 3 BFA-VG iVm § 46 Abs. 1 Z 3 FPG als unbegründet abgewiesen.

III. Der Antrag der Beschwerdeführer auf Kostenersatz wird gemäß § 35 VwGVG abgewiesen.

IV. Gemäß § 35 Abs. 1 VwGVG haben die Beschwerdeführer dem Bund (Bundesminister für Inneres) die Aufwendungen in Höhe von ? 426,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang

1. Die Erstbeschwerdeführerin ist die Mutter der übrigen minderjährigen Beschwerdeführer (BF 2-5).

Der Ehegatte der Erstbeschwerdeführerin stellte im Gefolge seiner illegalen Einreise in das Bundesgebiet am 29.02.2016 einen Antrag auf internationalen Schutz. Die Erstbeschwerdeführerin reiste 05.05.2016 mit den gemeinsamen Kindern, der Zweitbeschwerdeführerin, der Drittbeschwerdeführerin und der Viertbeschwerdeführerin, nach Österreich ein und stellte für sich und ihre Kinder ebenfalls Anträge auf internationalen Schutz.

2. Mit Bescheiden des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl (BFA) vom 10.03.2017 wurden die Anträge auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 AsylG abgewiesen (Spruchpunkt I.). Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG wurden die Anträge auf internationalen Schutz auch hinsichtlich der Zuerkennung des Status der subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Türkei abgewiesen (Spruchpunkt II.). Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG wurden nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurden Rückkehrentscheidungen gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und wurde gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebungen in die Türkei gemäß § 46 FPG zulässig sind (Spruchpunkt III.). Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG wurde eine Frist für die freiwillige Ausreise von 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgelegt (Spruchpunkt IV.).

Gegen diese Bescheide wurde fristgerecht in vollem Umfang Beschwerde erhoben.

3. Die Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes (BVwG) vom 07.02.2019 als unbegründet abgewiesen.

4. Für den am XXXX in Österreich geborenen Fünftbeschwerdeführer wurde am 04.02.2019 durch die BF1 als seine gesetzliche Vertreterin ein Antrag auf internationalen Schutz gestellt.

5. Mit Bescheid des BFA vom 08.02.2019 wurde der Antrag des Fünftbeschwerdeführers auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 AsylG abgewiesen (Spruchpunkt I.). Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG wurde der Antrag auf internationalen Schutz auch hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Türkei abgewiesen (Spruchpunkt II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG wurde nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und wurde gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung in die Türkei gemäß § 46 FPG zulässig ist (Spruchpunkt III.). Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG wurde eine Frist für die freiwillige Ausreise von 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgelegt (Spruchpunkt IV.).

Die gegen diesen Bescheid fristgerecht erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des BVwG vom 30.04.2019 als unbegründet abgewiesen.

6. Am 23.05.2019 brachten der Ehegatte der BF1 sowie die BF1 für sich und die BF2 bis BF5 beim BFA jeweils einen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 55 AsylG ein.

Mit Bescheiden vom 23.07.2019 wurden die Anträge von BF1 bis BF5 auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Art 8 EMRK vom 23.05.2019 gemäß § 58 Abs. 10 AsylG zurückgewiesen. Eine dagegen erhobene Beschwerde wies das Bundesverwaltungsgericht mit Erkenntnis vom 08.10.2019, Zlen. L502 2151955-2/2E L502 2151545-2/2E L502 2151548-2/2E L502 2151958-2/2E L502 2216019-2/2E, als unbegründet ab.

7. Das Bundesamt erließ am 05.07.2019 einen Abschiebeauftrag für die begleitete Abschiebung der BF 1 - 5 am 15.07.2019 auf dem Luftweg nach Istanbul.

Unter einem wurde am 05.07.2019 ein Festnahmeauftrag erlassen, wonach die Beschwerdeführer gemäß § 34 Abs. 3 Z 3 BFA-VG gemeinsam für die bereits organisierte Abschiebung am 15.07.2019 im Zeitraum 13.07.2019, 06:00 Uhr, bis 14.07.2019, 15:30 Uhr, festzunehmen seien. Im Festnahmeauftrag wurde explizit angeführt, dass bei der Festnahme unbedingt auf das Kindeswohl zu achten sei.

8. Die Beschwerdeführer wurden daraufhin am 13.07.2019 um 07:55 Uhr an ihrer Wohnadresse in Vollziehung des aufrechten Festnahmeauftrages gemäß § 40 Abs. 1 Z 1 iVm § 34 BFA-VG festgenommen und direkt die Familienunterkunft "Zinnergasse" eingeliefert. Im Zuge der Festnahme wurde den Beschwerdeführern auch die Information zur bevorstehenden Abschiebung in die Türkei ausgehändigt.

9. Die Beschwerdeführer wurden am 15.07.2019 um 07:00 Uhr in die Türkei abgeschoben.

10. Mit Schriftsatz vom 14.07.2019, hg. eingelangt am 15.07.2019 erhoben die Beschwerdeführer durch ihren im Spruch angeführten rechtsfreundlichen Vertreter Beschwerde "gegen den Mandatsbescheid vom 12.07.2019, mit dem das gelindere Mittel der Festnahme und Verbringung in die Familienunterkunft Zinnergasse angeordnet wird" (gemeint wohl: gegen die Festnahme am 13.07.2019, die Anhaltung aufgrund der Festnahme bis 15.07.2019 und gegen die Abschiebung am 15.07.2019), wegen Rechtswidrigkeit des Bescheides für das gelindere Mittel, der Festnahme, der Anhaltung und der Schubhaft.

Neben der Durchführung einer mündlichen Verhandlung und der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung wurde Kostenersatz nach der VwG-AufwErsV beantragt.

11. Mit Eingabe vom 15.07.2019 legte das Bundesamt die Verwaltungsakte vor und erstattet unter einem eine Stellungnahme in der es darauf hinwies, dass zu keiner Zeit gegen die Beschwerdeführer die Schubhaft oder ein gelinderes Mittel angeordnet worden sei. Ebenso seien die in der Beschwerde angeführten Sachverhaltsdarstellungen der Maßnahmenbeschwerde mit gravierenden Fehlern behaftet. Ebenso sei aufgrund der am heutigen Tag erfolgten Abschiebung der Beschwerdeführer die Sinnhaftigkeit des in der gegenständlichen Beschwerde gestellten Antrages auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung und der Durchführung einer mündlichen Verhandlung in Frage zu stellen. Die durchgeführten Maßnahmen seien vom Bundesamt unter möglichster Schonung der betroffenen Fremden, insbesondere der Kinder, umgesetzt worden und sei auch die Dauer der Anhaltung von rund 48 Stunden keinesfalls unverhältnismäßig. Neben dem Antrag, das Bundesverwaltungsgericht möge die Maßnahmenbeschwerde als unbegründet abweisen, wurde auch die Zuerkennung der Kosten nach § 35 VwGVG beantragt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Die Beschwerdeführer führen die im Spruch angeführte Identität (Namen und Geburtsdatum) und sind türkische Staatsangehörige.

Ihre Anträge auf internationalen Schutz wurden als unbegründet abgewiesen und wurde gegen die Beschwerdeführer allesamt eine Rückkehrentscheidung erlassen.

Zum Zeitpunkt der Festnahme bestand gegen die Beschwerdeführer eine rechtskräftige Rückkehrentscheidung in die Türkei (Erkenntnis des BVwG vom 30.04.2019 bzw. 07.02.2019).

Sie hielten sich daher unrechtmäßig im Bundesgebiet auf.

Das Bundesamt erließ am 05.07.2019 einen Abschiebeauftrag für die begleitete Abschiebung der BF 1 - 5 am 15.07.2019 auf dem Luftweg nach Istanbul.

Ebenso am 05.07.2019 erließ das Bundesamt einen Festnahmeauftrag, wonach die Beschwerdeführer gemäß § 34 Abs. 3 Z 3 BFA-VG gemeinsam für die bereits organisierte Abschiebung am 15.07.2019 im Zeitraum 13.07.2019, 06:00 Uhr, bis 14.07.2019, 15:30 Uhr, festzunehmen seien. Im Festnahmeauftrag wurde explizit angeführt, dass bei der Festnahme unbedingt auf das Kindeswohl zu achten sei.

Die Beschwerdeführer wurden daraufhin am 13.07.2019 um 07:55 Uhr an ihrer Wohnadresse in Vollziehung des aufrechten Festnahmeauftrages gemäß § 40 Abs. 1 Z 1 iVm § 34 BFA-VG gemeinsam festgenommen und direkt die Familienunterkunft "Zinnergasse" eingeliefert. Im Zuge der Festnahme wurde den Beschwerdeführern auch die Information zur bevorstehenden Abschiebung in die Türkei ausgehändigt.

Die Beschwerdeführer wurden am 15.07.2019 um 07:00 Uhr in die Türkei abgeschoben.

Es konnte nicht festgestellt werden, dass die Beschwerdeführer an einer Krankheit leiden. Sie waren haftfähig.

Sie wurde am 13.07.2019, um 07:55 Uhr, festgenommen und befand sich bis 15.07.2019, 07:00 Uhr, in Verwaltungsverwahrungshaft. Sie wurde am 15.07.2019 um 07:00 Uhr nach Istanbul dem Luftweg abgeschoben.

2. Beweiswürdigung:

Der Verfahrensgang und der Sachverhalt ergeben sich aus dem Inhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes des Bundesamtes und der hg. Akten des Bundesverwaltungsgerichtes zum Verfahren L502 2151955-2.

Die Rechtsgrundlage der Festnahme ergibt sich aus dem in den Akten einliegenden Festnahmeauftrag - die der Abschiebung aus dem vorliegenden Abschiebeauftrag, sowie aus dem Bericht der LPD Salzburg, Polizeiinspektion Salzburg Wals-Siezenheim, vom 13.07.2019 über die erfolgte Festnahme (AS 103) und aus dem Bericht der LPD Niederösterreich, Stadtpolizeikommando Schwechat vom 15.07.2019 über die erfolgreiche Abschiebung der Beschwerdeführer am 15.07.2019 um 07:00 Uhr nach Istanbul (AS 101).

Insbesondere ergeben sich die Feststellungen zur Anhaltung der Beschwerdeführer in Verwaltungsverwahrungshaft und zur Abschiebung auch aus einem Auszug aus der Anhaltedatei.

Die Angabe zur Haftfähigkeit ergibt sich aus dem Umstand, dass aus dem Verwaltungsakt kein Indiz für eine gegenteilige Annahme erkannt werden konnte und auch in der gegenständlichen Beschwerde kein gegenteiliges Vorbringen erstattet wurde.

3. Rechtliche Beurteilung

Der mit "Rechtsschutz bei Festnahme, Anhaltung und Schubhaft" betitelte § 22a des BFA-Verfahrensgesetzes (BFA-VG), BGBl. I Nr. 87/2012 idgF, lautet:

"§ 22a. (1) Der Fremde hat das Recht, das Bundesverwaltungsgericht mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung anzurufen, wenn

1. er nach diesem Bundesgesetz festgenommen worden ist,

2. er unter Berufung auf dieses Bundesgesetz angehalten wird oder wurde, oder

3. gegen ihn Schubhaft gemäß dem 8. Hauptstück des FPG angeordnet wurde.

(1a) Für Beschwerden gemäß Abs. 1 gelten die für Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG anwendbaren Bestimmungen des VwGVG mit der Maßgabe, dass belangte Behörde jene Behörde ist, die den angefochtenen Schubhaftbescheid erlassen hat oder der die Festnahme oder die Anhaltung zuzurechnen ist.

(2) Die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes über die Fortsetzung der Schubhaft hat binnen einer Woche zu ergehen, es sei denn, die Anhaltung des Fremden hätte vorher geendet. Hat das Bundesverwaltungsgericht dem Beschwerdeführer gemäß § 13 Abs. 3 AVG aufgetragen, innerhalb bestimmter Frist einen Mangel der Beschwerde zu beheben, wird der Lauf der Entscheidungsfrist bis zur Behebung des Mangels oder bis zum fruchtlosen Ablauf der Frist gehemmt.

(3) Sofern die Anhaltung noch andauert, hat das Bundesverwaltungsgericht jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.

(4) Soll ein Fremder länger als vier Monate durchgehend in Schubhaft angehalten werden, so ist die Verhältnismäßigkeit der Anhaltung nach dem Tag, an dem das vierte Monat überschritten wurde, und danach alle vier Wochen vom Bundesverwaltungsgericht zu überprüfen. Das Bundesamt hat die Verwaltungsakten so rechtzeitig vorzulegen, dass dem Bundesverwaltungsgericht eine Woche zur Entscheidung vor den gegenständlichen Terminen bleibt. Mit Vorlage der Verwaltungsakten gilt die Beschwerde als für den in Schubhaft befindlichen Fremden eingebracht. Das Bundesamt hat darzulegen, warum die Aufrechterhaltung der Schubhaft notwendig und verhältnismäßig ist. Das Bundesverwaltungsgericht hat jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und ob die Aufrechterhaltung der Schubhaft verhältnismäßig ist. Diese Überprüfung hat zu entfallen, soweit eine Beschwerde gemäß Abs. 1 bereits eingebracht wurde.

(5) Gegen die Anordnung der Schubhaft ist eine Vorstellung nicht zulässig."

Der mit "Bundesverwaltungsgericht" betitelte § 7 Abs. 1 des BFA-Verfahrensgesetzes (BFA-VG), BGBl. I Nr. 87/2012 idgF, lautet:

"§ 7. (1) Das Bundesverwaltungsgericht entscheidet über

1. Beschwerden gegen Bescheide des Bundesamtes,

2. Beschwerden gegen Bescheide der Vertretungsbehörden gemäß dem 11. Hauptstück des FPG,

3. Beschwerden gegen Maßnahmen unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt gemäß dem 1. Hauptstück des 2. Teiles des BFA-VG und gemäß dem 7. und 8. Hauptstück des FPG,

4. Beschwerden wegen Verletzung der Entscheidungspflicht des Bundesamtes und

5. Beschwerden gegen Bescheide des Bundesministers für Inneres in Verfahren gemäß §§ 3 Abs. 2 Z 1 bis 6 und 4 Abs. 1 Z 1 und 2."

Das Bundesverwaltungsgericht ist somit gemäß § 22a Abs. 1 iVm § 7 Abs. 1 BFA-VG für die Entscheidung der gegenständlichen Beschwerden zuständig.

Zu Spruchteil A)

3.1. Spruchpunkt I. - Beschwerde gegen die Festnahme und Anhaltung von 13.07.2019 bis 15.07.2019

3.1.1 Absatz 1 des mit "Festnahme" betitelten § 40 BFA-VG idgF lautet:

"(1) Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes sind nach § 40 Abs. 1 BFA-VG ermächtigt, einen Fremden zum Zweck der Vorführung vor das Bundesamt festzunehmen,

1. gegen den ein Festnahmeauftrag (§ 34) besteht,

2. wenn dieser Auflagen gemäß §§ 56 Abs. 2 oder 71 Abs. 2 FPG verletzt oder

3. der sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält und nicht in den Anwendungsbereich des 6. Hauptstückes des FPG fällt.

Die Beschwerdeführer wurden von Angehörigen der Landespolizeidirektion Salzburg am 19.05.2020, um 07:55 Uhr, gemäß § 40 Abs. 1 Z 1 BFA-VG iVm § 34 Abs. 3 Z 3 BFA-VG in Vollziehung des am 05.07.2019 erlassenen Festnahmeauftrages festgenommen.

Der mit "Festnahmeauftrag" betitelte § 34 Abs. 1 BFA-VG idgF lautet:

"§ 34. (1) Das Bundesamt kann die Festnahme eines Fremden anordnen (Festnahmeauftrag), wenn dieser

1. Auflagen gemäß §§ 56 Abs. 2 oder 71 Abs. 2 FPG verletzt, oder

2. sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält und nicht in den Anwendungsbereich des 6. Hauptstückes des FPG fällt."

Abs. 3 leg. cit lautet:

"Ein Festnahmeauftrag kann gegen einen Fremden auch dann erlassen werden,

1. wenn die Voraussetzungen zur Verhängung der Schubhaft nach § 76 FPG oder zur Anordnung gelinderer Mittel gemäß § 77 Abs. 1 FPG vorliegen und nicht aus anderen Gründen die Vorführung vor das Bundesamt erfolgt;

2. wenn er seiner Verpflichtung zur Ausreise (§§ 52 Abs. 8 und 70 Abs. 1 FPG) nicht nachgekommen ist;

3. wenn gegen den Fremden ein Auftrag zur Abschiebung (§ 46 FPG) erlassen werden soll oder

4. wenn eine aufgrund eines Bescheides gemäß § 46 Abs. 2b FPG erlassene Vollstreckungsverfügung nicht vollzogen werden konnte oder der Fremde ohne ausreichende Entschuldigung einer ihm zu eigenen Handen zugestellten Ladung gemäß § 46 Abs. 2b FPG, in der dieses Zwangsmittel angedroht war, zur Befragung zur Klärung seiner Identität und Herkunft, insbesondere zum Zweck der Einholung einer Bewilligung gemäß § 46 Abs. 2a FPG bei der zuständigen ausländischen Behörde durch die Behörde, nicht Folge geleistet hat."

3.2.2. Die gesonderte Anfechtung eines Festnahmeauftrages kommt jedenfalls nach vollzogener Festnahme schon zur Vermeidung von Doppelgleisigkeiten nicht in Betracht (VwGH 03.09.2015, Ro 2015/21/0025); bei der Überprüfung der Festnahme ist allerdings zu prüfen, ob die Festnahme rechtswidrig war, weil der zugrundeliegende Festnahmeauftrag nicht hätte ergehen dürfen oder weil er jedenfalls vor seinem Vollzug zu widerrufen gewesen wäre (VwGH 25.10.2012, 2010/21/0378).

Das Bundesamt erließ am 05.07.2019 einen Festnahmeauftrag gegen die Beschwerdeführer gemäß § 34 Abs. 3 Z 3 BFA-VG. Diese Voraussetzungen lagen im gegenständlichen Fall zum Zeitpunkt der Festnahme vor, weil gegen die Beschwerdeführer eine rechtskräftige Rückkehrentscheidung vorlag.

Auch die am 23.05.2019 beim BFA eingebrachten Anträge der Beschwerdeführer auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 55 AsylG 2005 begründeten kein Aufenthaltsrecht der Beschwerdeführer im Bundesgebiet (vgl. 58 Abs. 13 AsylG 2005).

Die gültigen Identitätsdokumente der Beschwerdeführer (Nüfus) lagen der belangten Behörde vor, und organisierte diese bereits vor der Festnahme die Abschiebung auf dem Luftweg nach Istanbul für den 15.07.2019 (siehe Buchungsanfrage am 18.06.2019, AS 7).

Es ist daher - auch vor dem Hintergrund der tatsächlich erfolgten Abschiebung innerhalb der für die Anhaltung im Rahmen der Festnahme vorgesehenen Höchstfrist - der belangten Behörde nicht vorzuwerfen, wenn sie davon ausging, dass die Abschiebung tatsächlich in Frage kam und innerhalb der vorgesehenen Frist bewerkstelligt werden konnte (vgl. zur Schubhaft VwGH 26.09.2007, 2007/21/0253; 23.10.2008, 2006/21/0128; 11.06.2013, 2013/21/0024).

3.2.4. Die Festnahme und Anhaltung der Beschwerdeführer waren auch notwendig:

Die Beschwerdeführer hielt sich unrechtmäßig im Bundesgebiet auf und kam ihrer Ausreiseverpflichtung nicht nach. Zur Prolongierung ihres Aufenthaltes stellten sie ferner auch noch Anträge auf Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 55 AsylG 2005. Die Beschwerdeführer verblieben auch nach Rechtskraft der negativen Asylentscheidung im Bundesgebiet. Die Festnahme der Beschwerdeführer zur Effektuierung der geplanten Abschiebung war daher vor dem Hintergrund des soeben geschilderten Vorverhaltens des Beschwerdeführers und auch aufgrund des Umstandes, dass diese in Salzburg wohnhaft waren und für die geplante Abschiebung zum Flughafen Wien Schwechat transportiert werden mussten, notwendig und auch verhältnismäßig.

Die Beschwerdeführer wurde knapp 48h in Verwaltungsverwahrungshaft angehalten: gemäß § 40 Abs. 4 BFA-VG kann ist die Anhaltung eines Fremden in den Fällen des Abs. 1 Z 1 (Vorliegen eines Festnahmeauftrages) bis zu 72 Stunden zulässig. Gegen die Beschwerdeführer bestand ein aufrechter Festnahmeauftrag. Ihre knapp 48 Stunden dauernde Anhaltung war daher auch jedenfalls klar unterhalb der gesetzlich normierten Höchstfrist. Ferner wurde bereits im Festnahmeauftrag darauf hingewiesen, dass anlässlich der vier minderjährigen Beschwerdeführer auf deren Kindeswohl besonders Rücksicht zu nehmen sei. Dies wurde durch die belangte Behörde auch insofern sichergestellt, als die Beschwerdeführer in eine eigens dafür vorgesehene Familienunterkunft (Zinnergasse, Wien) verbracht wurden, um auf ihren Abschiebetermin zu warten.

Die Beschwerde gegen die Festnahme und die darauf gestützte Anhaltung in Verwaltungsverwahrungshaft ist daher gemäß § gemäß § 22a Abs. 1 Z 1 und 2 iVm § 40 Abs. 1 Z 1 und § 34 Abs. 3 Z 3 BFA-VG als unbegründet abzuweisen.

3.2. Spruchpunkt II. - Beschwerde gegen die Abschiebung

Gemäß § 46 Abs. 1 FPG idgF können Fremde, gegen die eine Rückkehrentscheidung, eine Anordnung zur Außerlandesbringung, eine Ausweisung oder ein Aufenthaltsverbot durchsetzbar ist, von Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes im Auftrag des Bundesamtes zur Ausreise verhalten werden (Abschiebung), wenn

1. die Überwachung ihrer Ausreise aus Gründen der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit notwendig scheint,

2. sie ihrer Verpflichtung zur Ausreise nicht zeitgerecht nachgekommen sind,

3. aufgrund bestimmter Tatsachen zu befürchten ist, sie würden ihrer Ausreiseverpflichtung nicht nachkommen, oder

4. sie einem Einreiseverbot oder Aufenthaltsverbot zuwider in das Bundesgebiet zurückgekehrt sind.

Bei der Beurteilung der Rechtmäßigkeit einer Abschiebung ist auf den Zeitpunkt ihres Vollzugs abzustellen (VwGH 29.06.2017, Ra 2017/21/0089; vgl. VwGH 20.12.2013, 2012/21/0118).

Gegen die Beschwerdeführer lag zum Zeitpunkt der Abschiebung jeweils eine rechtskräftige Rückkehrentscheidung vor.

§ 46 Abs 1 Z 3 FPG sieht keine unbedingte Abschiebeverpflichtung vor (VwGH 28.01.2016; Ra 2015/21/0232; 29.06.2017, Ra 2017/21/0089), sondern stellt die Abschiebung in behördliches Ermessen (VwGH 23.10.2008, 2007/21/0335; 20.10.2011, 2010/21/0056).

Bei der Prüfung der Rechtmäßigkeit einer Abschiebung kommt es nach § 46 Abs. 1 FPG nicht nur auf das Vorliegen einer durchsetzbaren aufenthaltsbeendenden Entscheidung, sondern auch auf die Erfüllung einer der in den § 46 Abs. 1 Z 1 bis 4 FPG genannten Tatbestandsvoraussetzungen an (VwGH 20.10.2011, 2010/21/0056).

Die Beschwerdeführer kamen ihrer Ausreiseverpflichtung nicht nach und waren auch nicht dazu bereit. Sie verblieben auch nach Ablauf der Frist zur freiwilligen Ausreise unrechtmäßig im Bundesgebiet. Zur Prolongierung ihres Aufenthaltes in Österreich nach Abweisung ihres Asylantrages stellten sie auch noch einen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 55 AsylG 2005. Das Bundesamt ging sohin zutreffend davon aus, dass die Beschwerdeführer ihrer Ausreiseverpflichtung nicht nachgekommen werden (§ 46 Abs. 1 Z 3 FPG). Die Voraussetzungen für die Abschiebung der Beschwerdeführer lagen daher vor (vgl. VwGH 28.05.2008, 2007/21/0240; 20.11.2008, 2006/21/0071; 30.04.2005, 2007/21/0541; 23.09.2010, 2009/21/0280).

Es kann nicht festgestellt werden, dass die belangte Behörde von ihrem Ermessen nicht rechtskonform Gebrauch gemacht hätte.

Die belangte Behörde konnte darüber hinaus mit der erfolgreichen Durchführung der Abschiebung rechnen, da die türkischen Identitätsdokumente der Beschwerdeführer (Nüfus) der belangten Behörde vorgelegen haben.

Sofern die Beschwerde auf die Art. 2 und 3 EMRK verweist, ist darauf hinzuweisen, dass derartige Abschiebehindernisse im Zuge des Erkenntnisses des Bundesverwaltungsgerichtes vom 30.04.2019 (betreffend den Fünftbeschwerdeführer), sowie vom 07.02.2019 betreffend die übrigen Beschwerdeführer eingehend geprüft wurden und die Erkenntnisse in Rechtskraft erwuchsen.

Sofern die Beschwerde ausführt es liege aufgrund der im Zuge der Amtshandlung erfolgten Familientrennung ein Verstoß gegen Art. 8 EMRK vor, ist ihr entgegenzuhalten, dass sich aus dem Bericht der LPD Salzburg zur Festnahme (AS 103) ergibt, dass die Familientrennung nicht erst aufgrund der Festnahme erfolgt ist, sondern der Vater der Beschwerdeführer laut eigenen Angaben der Erstbeschwerdeführerin bereits seit einem Monat nicht mehr an der Wohnadresse wohnen würde. Die faktisch erfolgte Familientrennung ist daher nicht der belangten Behörde anzulasten, sondern erfolgte aus freien Stücken und Entscheidungen der Beschwerdeführer selbst.

Somit war spruchgemäß zu entscheiden.

3.3. Spruchteil III. - Kostenersatz:

3.2.1. Gemäß § 22a Abs. 1a BFA-VG gelten für Beschwerden nach dieser Bestimmung die für Beschwerden wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt anwendbaren Bestimmungen des VwGVG mit der Maßgabe, dass belangte Behörde jene Behörde ist, die den angefochtenen Schubhaftbescheid erlassen hat oder der die Festnahme oder die Anhaltung zuzurechnen ist (für die Zeit vor Inkrafttreten des § 22a Abs. 1a BFA-VG s. VwGH 23.04.2015, Ro 2014/21/0077).

Der mit "Kosten" betitelte § 35 VwGVG lautet:

"§ 35. (1) Die im Verfahren über Beschwerden wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt (Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG) obsiegende Partei hat Anspruch auf Ersatz ihrer Aufwendungen durch die unterlegene Partei.

(2) Wenn die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt für rechtswidrig erklärt wird, dann ist der Beschwerdeführer die obsiegende und die Behörde die unterlegene Partei.

(3) Wenn die Beschwerde zurückgewiesen oder abgewiesen wird oder vom Beschwerdeführer vor der Entscheidung durch das Verwaltungsgericht zurückgezogen wird, dann ist die Behörde die obsiegende und der Beschwerdeführer die unterlegene Partei.

(4) Als Aufwendungen gemäß Abs. 1 gelten:

1. die Kommissionsgebühren sowie die Barauslagen, für die der Beschwerdeführer aufzukommen hat,

2. die Fahrtkosten, die mit der Wahrnehmung seiner Parteirechte in Verhandlungen vor dem Verwaltungsgericht verbunden waren, sowie

3. die durch Verordnung des Bundeskanzlers festzusetzenden Pauschalbeträge für den Schriftsatz-, den Verhandlungs- und den Vorlageaufwand.

(5) Die Höhe des Schriftsatz- und des Verhandlungsaufwands hat den durchschnittlichen Kosten der Vertretung bzw. der Einbringung des Schriftsatzes durch einen Rechtsanwalt zu entsprechen. Für den Ersatz der den Behörden erwachsenden Kosten ist ein Pauschalbetrag festzusetzen, der dem durchschnittlichen Vorlage-, Schriftsatz- und Verhandlungsaufwand der Behörden entspricht.

(6) Die §§ 52 bis 54 VwGG sind auf den Anspruch auf Aufwandersatz gemäß Abs. 1 sinngemäß anzuwenden.

(7) Aufwandersatz ist auf Antrag der Partei zu leisten. Der Antrag kann bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung gestellt werden."

Die Höhe der im Verfahren vor den Verwaltungsgerichten über Beschwerden wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG und Beschwerden wegen Rechtswidrigkeit eines Verhaltens einer Behörde in Vollziehung der Gesetze gemäß Art. 130 Abs. 2 Z 1 B-VG als Aufwandersatz zu leistenden Pauschalbeträge wird in § 1 der VwG-Aufwandersatzverordnung (VwG-AufwErsV), BGBl. II Nr. 517/2013, wie folgt festgesetzt:

"1. Ersatz des Schriftsatzaufwands des Beschwerdeführers als obsiegende Partei 737,60 Euro

2. Ersatz des Verhandlungsaufwands des Beschwerdeführers als obsiegende Partei 922,00 Euro

3. Ersatz des Vorlageaufwands der belangten Behörde als obsiegende Partei 57,40 Euro

4. Ersatz des Schriftsatzaufwands der belangten Behörde als obsiegende Partei 368,80 Euro

5. Ersatz des Verhandlungsaufwands der belangten Behörde als obsiegende Partei 461,00 Euro

6. Ersatz des Aufwands, der für den Beschwerdeführer mit dem Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens verbunden war (Schriftsatzaufwand) 553,20 Euro

7. Ersatz des Aufwands, der für die belangte Behörde mit dem Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens verbunden war (Schriftsatzaufwand) 276,60 Euro."

3.2.2. Im gegenständlichen Verfahren wurde gegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG (Abschiebung) bzw. § 22a BFA-VG (Festnahme und Anhaltung) und § 7 Abs. 1 Z 3 BFA-VG (Abschiebung) Beschwerde erhoben. Sowohl die Beschwerdeführer, als auch das Bundesamt stellten jeweils einen Antrag auf Kostenersatz gemäß § 35 VwGVG.

Da die Beschwerdeführer mit ihrer Beschwerde sowohl gegen die Festnahme und Anhaltung, als auch gegen die Abschiebung jeweils unterlagen, steht ihnen hierfür kein Kostenersatz zu.

Der belangten Behörde als obsiegende Partei hat daher Anspruch auf Kostenersatz iHv ? 426,20.

3.3. Entfall einer mündlichen Verhandlung

Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen gilt § 24 VwGVG.

Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen. Gemäß § 24 Abs. 2 VwGVG kann die Verhandlung entfallen, wenn (Z 1) der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist oder (Z 2) die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist. Soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, kann das Verwaltungsgericht gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen. Das Verwaltungsgericht kann gemäß § 24 Abs. 5 VwGVG von der Durchführung (Fortsetzung) einer Verhandlung absehen, wenn die Parteien ausdrücklich darauf verzichten. Ein solcher Verzicht kann bis zum Beginn der (fortgesetzten) Verhandlung erklärt werden.

Der Verfassungsgerichtshof hat in Bezug auf § 41 Abs. 7 AsylG 2005 in der bis 31.12.2013 geltenden Fassung unter Berücksichtigung des Art. 47 iVm. Art. 52 GRC ausgesprochen, dass das Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung in Fällen, in denen der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde erklärt erscheint oder sich aus den Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen tatsachenwidrig ist, im Einklang mit Art. 47 Abs. 2 GRC steht, wenn zuvor bereits ein Verwaltungsverfahren stattgefunden hat, in dessen Rahmen Parteiengehör gewährt wurde. Hat die beschwerdeführende Partei hingegen bestimmte Umstände oder Fragen bereits vor der belangten Behörde releviert oder sind solche erst nachträglich bekannt geworden, ist die Durchführung einer mündlichen Verhandlung erforderlich, wenn die von der beschwerdeführenden Partei bereits im Verwaltungsverfahren oder in der Beschwerde aufgeworfenen Fragen - allenfalls mit ergänzenden Erhebungen - nicht aus den Verwaltungsakten beantwortet werden können, und insbesondere, wenn der Sachverhalt zu ergänzen oder die Beweiswürdigung mangelhaft ist (VfGH 14.03.2012, U 466/11 ua.).

Der Verwaltungsgerichtshof hat mit Erkenntnis vom 28.05.2014, Ra 2014/20/0017 und 0018, für die Auslegung der in § 21 Abs. 7 BFA-VG enthaltenen Wendung "wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint" unter Bezugnahme auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 12.03.2012, U 466/11 ua., festgehalten, dass der für die rechtliche Beurteilung entscheidungswesentliche Sachverhalt von der Verwaltungsbehörde vollständig in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren erhoben worden sein und bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes immer noch die gesetzlich gebotene Aktualität und Vollständigkeit aufweisen muss. Die Verwaltungsbehörde muss die die entscheidungsmaßgeblichen Feststellungen tragende Beweiswürdigung in ihrer Entscheidung in gesetzmäßiger Weise offen gelegt haben und das Bundesverwaltungsgericht die tragenden Erwägungen der verwaltungsbehördlichen Beweiswürdigung teilen. In der Beschwerde darf kein dem Ergebnis des behördlichen Ermittlungsverfahrens entgegenstehender oder darüber hinaus gehender für die Beurteilung relevanter Sachverhalt behauptet werden, wobei bloß unsubstanziiertes Bestreiten des von der Verwaltungsbehörde festgestellten Sachverhaltes ebenso außer Betracht bleiben kann wie ein Vorbringen, das gegen das in § 20 BFA-VG festgelegte Neuerungsverbot verstößt. Schließlich ist auf verfahrensrechtlich festgelegte Besonderheiten bei der Beurteilung Bedacht zu nehmen.

Da im gegenständlichen Fall der Sachverhalt auf Grund der Aktenlage und des Inhaltes der Beschwerde geklärt war und Widersprüchlichkeiten in Bezug auf die für die gegenständliche Entscheidung maßgeblichen Sachverhaltselemente nicht vorlagen, konnte auf die Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG iVm § 24 VwGVG verzichtet werden.

Zu Spruchteil B) - Unzulässigkeit der Revision

Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idgF, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, wenn die Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, wenn es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fehlt oder wenn die Frage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird bzw. sonstige Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vorliegen. Dies ist im gegenständlichen Fall nicht gegeben.

Wie zu Spruchpunkt I. und II. ausgeführt sind keine Auslegungsfragen hinsichtlich der anzuwendenden Normen hervorgekommen, es waren auch keine Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung zu lösen. Die Revision war daher in Bezug auf diesen Spruchpunkt nicht zuzulassen. Im Hinblick auf die eindeutige Rechtslage zu den Verfahrenskosten (Spruchpunkte III. und IV.) war die Revision gleichfalls nicht zuzulassen.

Schlagworte

Abschiebung Anhaltung Ausreiseverpflichtung Familienverfahren Festnahme Kindeswohl Rückkehrentscheidung Verhältnismäßigkeit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W186.2221244.1.00

Im RIS seit

04.09.2020

Zuletzt aktualisiert am

04.09.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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