TE Vwgh Beschluss 2020/7/30 Ra 2019/07/0036

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Veröffentlicht am 30.07.2020
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Index

22/02 Zivilprozessordnung
40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

AVG §47
ZPO §292
ZustG §17 Abs2
ZustG §17 Abs3

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Hinterwirth und die Hofräte Dr. N. Bachler und Mag. Haunold als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Sinai, über die Revision der Mag. M B in W, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Steiermark vom 8. Februar 2019, LVwG 41.28-413/2018-10, betreffend ein Verfahren nach dem Steiermärkischen Pflanzenschutzgesetz (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Südoststeiermark), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1        1. Mit einer selbst verfassten und am 26. März 2019 per Telefax direkt beim Verwaltungsgerichtshof eingebrachten Eingabe erhob die Revisionswerberin gegen das angefochtene Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Steiermark (LVwG) vom 8. Februar 2019 eine als Beschwerde bezeichnete außerordentliche Revision. Darin wurde das Zustelldatum des angefochtenen Erkenntnisses von der Revisionswerberin mit „13.3.2019“ angegeben.

2        Am 15. April 2019 beantragte die Revisionswerberin überdies beim Verwaltungsgerichtshof die Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Einbringung einer außerordentlichen Revision. In diesem Antrag wurde - abweichend vom Inhalt der bereits eingebrachten Revision - zum Datum der Zustellung des angefochtenen Erkenntnisses ausgeführt: „4.03.2019 (hinterlegt am 13.2.19 - Hinterlegungsfrist bis 4.03.2019) - vorübergehende Abwesenheit wg. Wasserschaden i. Haus bis“.

3        Mit am 24. April 2019 versendeter Verfügung vom selben Tag übermittelte der Verwaltungsgerichtshof die eingangs erwähnte Revision an das zuständige LVwG mit dem gleichzeitigen Ersuchen, dem Verwaltungsgerichtshof jene Unterlagen zu übermitteln, denen das Datum der Zustellung des angefochtenen Erkenntnisses des LVwG vom 8. Februar 2019 entnommen werden kann.

4        Das LVwG übermittelte mit Erledigung vom 29. April 2019 den Nachweis über die an die Revisionswerberin erfolgte Zustellung des angefochtenen Erkenntnisses. Diesem Zustellnachweis ist zu entnehmen, dass an der Abgabestelle der Revisionswerberin eine Benachrichtigung über den Zustellversuch am 13. Februar 2019 und die Hinterlegung des Dokuments mit dem Hinweis erfolgten, dass die Sendung vom 14. Februar 2019 bis 4. März 2019 abholbereit sei, und das Dokument schließlich am 4. März 2019 von der Revisionswerberin übernommen wurde.

5        Ein weiteres Ersuchen des Verwaltungsgerichtshofes anzugeben, ob - und gegebenenfalls zu welchem Zeitpunkt - die Revisionswerberin zusätzlich zur beim Verwaltungsgerichtshof erfolgten Revisionseinbringung eine Revision direkt beim LVwG eingebracht habe, wurde von diesem mit Schreiben vom 14. Mai 2019 dahingehend beantwortet, dass beim LVwG keine Revision der Revisionswerberin eingelangt sei.

6        Mit Erledigung vom 24. Oktober 2019 übermittelte das LVwG nach hg. Aufforderung gemäß § 30a Abs. 7 VwGG die (von der Revisionswerberin zunächst beim Verwaltungsgerichtshof eingebrachte) Revision.

7        Mit Verfügung des Verwaltungsgerichtshofes vom 3. Dezember 2019 wurden der Revisionswerberin die dargestellten Ermittlungsergebnisse zur Kenntnis gebracht und sie aufgefordert, zur näheren Beurteilung ihrer Eingaben ihre Angaben im Verfahrenshilfeantrag dahingehend zu konkretisieren, in welchem Zeitraum sie (nach ihren Angaben wegen eines Wasserschadens im Haus) vorübergehend abwesend gewesen sei.

8        In ihrer Eingabe vom 20. Dezember 2019 teilte die Revisionswerberin unter Beilage einer Kopie von Zugfahrkarten mit, dass ihre Ortsabwesenheit am 4. März 2019 geendet hatte.

9        Mit dem der Revisionswerberin am 11. Februar 2020 zugestellten hg. Beschluss vom 29. Jänner 2020, Ra 2019/07/0036-12, wurde ihr Verfahrenshilfeantrag abgewiesen. Ein dazu von ihr eingebrachter Antrag auf Neuprüfung dieses Beschlusses wurde mit hg. Beschluss vom heutigen Tag, Ra 2019/07/0036-14, zurückgewiesen.

10       2. Gemäß § 26 Abs. 1 VwGG beträgt die Frist zur Erhebung einer Revision gegen ein Erkenntnis eines Verwaltungsgerichtes sechs Wochen. Nach § 24 Abs. 1 und § 25a Abs. 5 VwGG sind Revisionen beim Verwaltungsgericht einzubringen. Die verfahrensgegenständliche Revision wurde entgegen diesen Bestimmungen beim Verwaltungsgerichtshof eingebracht.

11       Wird ein fristgebundenes Anbringen bei einer unzuständigen Stelle eingebracht, so erfolgt die Weiterleitung auf Gefahr des Einschreiters. Die für die Erhebung der Revision geltende Frist ist nur dann gewahrt, wenn die Revision noch innerhalb der Frist einem Zustelldienst zur Beförderung an die zuständige Stelle übergeben wird oder bei dieser einlangt (VwGH 14.1.2020, Ra 2019/07/0111, mwN).

12       Im vorliegenden Fall erfolgte die Weiterleitung der von der Revisionswerberin entgegen den vorzitierten Bestimmungen beim Verwaltungsgerichtshof eingebrachten außerordentlichen Revision an das zuständige LVwG am 24. April 2019. Ausgehend von der Angabe der Revisionswerberin in ihrem Revisionsschriftsatz, das angefochtene Erkenntnis sei ihr am 13. März 2019 zugestellt worden, wäre die Weiterleitung der Revision an das LVwG noch innerhalb der sechswöchigen Frist gemäß § 26 Abs. 1 VwGG und damit fristwahrend erfolgt. Diese Angabe in der Revision über das Zustelldatum erwies sich jedoch als unrichtig.

13       Nach ständiger hg. Rechtsprechung ist die in § 17 Abs. 2 ZustG genannte Verständigung des Empfängers von der Hinterlegung (Hinterlegungsanzeige) eine öffentliche Urkunde und macht Beweis über die Zustellung. Als öffentliche Urkunde begründet eine „unbedenkliche“ - d.h. die gehörige äußere Form aufweisende - Hinterlegungsanzeige die Vermutung der Echtheit und der inhaltlichen Richtigkeit des bezeugten Vorgangs, doch ist der Einwand der Unechtheit oder der Unrichtigkeit zulässig. Gemäß § 17 Abs. 3 ZustG gilt eine hinterlegte Sendung mit dem ersten Tag der Abholfrist als zugestellt (vgl. VwGH 23.5.2018, Ro 2018/22/0003, mwN). Gemäß § 17 Abs. 3 vierter Satz ZustG gelten hinterlegte Sendungen aber nicht als zugestellt, wenn sich ergibt, dass der Empfänger oder dessen Vertreter im Sinne des § 13 Abs. 3 leg. cit. wegen Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte, doch wird die Zustellung an dem der Rückkehr an die Abgabestelle folgenden Tag innerhalb der Abholfrist wirksam, an dem das hinterlegte Dokument behoben werden könnte.

14       Im vorliegenden Fall muss - auch unter Berücksichtigung der von der Revisionswerberin vorgebrachten Ortsabwesenheit bis 4. März 2019 - die Zustellung des angefochtenen Erkenntnisses spätestens mit der Übernahme des hinterlegten Schriftstücks durch die Revisionswerberin am 4. März 2019 angenommen werden. Demnach erfolgte die Weiterleitung der Revision an das für deren Einbringung zuständige LVwG am 24. April 2019 erst nach Ablauf der in diesem Fall am 15. April 2019 endenden Revisionsfrist.

15       Die vorliegende Revision erweist sich daher als verspätet.

16       Es erübrigt sich, auf allfällige Rechtsfragen im Zusammenhang mit dem von der Revisionswerberin nach Einbringung der Revision gestellten, jedoch bereits mit hg. Beschluss vom 29. Jänner 2020 abgewiesenen Verfahrenshilfeantrag einzugehen.

17       Die Revision war sohin wegen Versäumung der Revisionsfrist gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung zurückzuweisen.

Wien, am 30. Juli 2020

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2020:RA2019070036.L00

Im RIS seit

23.09.2020

Zuletzt aktualisiert am

23.09.2020
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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