TE Bvwg Beschluss 2020/3/6 W257 2107149-4

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Veröffentlicht am 06.03.2020
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Entscheidungsdatum

06.03.2020

Norm

AVG §38
BDG 1979 §48b
BDG 1979 §49
B-VG Art133 Abs4
DVG §3
VwGVG §28 Abs2
VwGVG §28 Abs5

Spruch

W257 2107149-4/9E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Herbert MANTLER, MBA über die Beschwerde von Herrn XXXX , vertreten durch RA Mag. Helmut HOHL, 1030 Wien, Ungargasse 15/1/4, gegen den Bescheid des Personalamtes Wien eingerichtet bei der Österreichischen Post AG, vom 25.06.2018, Gz. 0090-107076-2016 mit dem das Feststellungsverfahren ob die gewährten Ruhepausen gem. § 48b Beamtendienstrechtsgesetz als Dienstzeit gelten, unterbrochen wurde, beschlossen:

A)

Der angefochtene Bescheid wird ersatzlos aufgehoben.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

BEGRÜNDUNG:

1. Verfahrensgang und Sachverhalt

1.1. Der Beschwerdeführer beantragte mit Schreiben vom 30.01.2013 die Erlassung eines Feststellungsbescheides, wonach die gemäß § 48b BDG 1979 zu gewährenden Ruhepausen auf die Dienstzeit anzurechnen seien. Nach Aufforderung durch die belangte Behörde präzisierte der Beschwerdeführer mit Schreiben vom 25.08.2013 seinen Antrag durch seinen rechtsfreundlichen Vertreter dahingehend, dass die Feststellung begehrt werde,

A) dass ihm die halbstündliche Pause ab 01.01.2013 auf die Dienstzeit gemäß § 48b BDG 1979 anzurechnen sei, weshalb es sich aufgrund dessen, dass er täglich seit 01.01.2013 von 14:10 Uhr bis 14:40 Uhr länger arbeite - sohin jedenfalls über 98 Tage Dienstleistungen verrichtete, um Mehrdienstleistungen im Ausmaß von 30 Minuten nach § 49 BDG 1979 gehandelt habe und ihm diese sowie auch zukünftig gemäß § 49 Abs. 4 abzugelten seien,

in eventu,

B) die Feststellung, dass die Normaldienstzeit seit 01.01.2013 von 6:10 Uhr bis 14:40 Uhr sei/gewesen sei, weshalb er Arbeitsleistungen im Ausmaß von 42,5 Wochenstunden verrichtet und die Zeit von 14:10 Uhr bis 14:40 Uhr im Ausmaß von täglich 30 Minuten seit 01.01.2013 über 98 Tage Mehrdienstleistungen waren und ihm diese auch gemäß § 49 Abs. 4 BWG sowie zukünftig abzugelten seien,

in eventu,

C) 1) ihm die bereits erbrachten Mehrdienstleistungen seit 01.01.2013 bis zum 23.08.2013 im Ausmaß von bisher 49 Stunden gemäß § 49 Abs. 4 BDG 1979 beim nächsten Monatsbezug im Verhältnis 1 zu 1,5 abzugelten seien, sohin Euro 860,68

2) sowie auch zukünftig pro Tag an dem er arbeite 30 Minuten an Mehrdienstleistungen gemäß § 49 Abs. 4 BDG 1979 abzugelten seien,

und bei Weigerung darüber einen Bescheid zu erlassen.

1.2. Mit Schreiben vom 27.08.2013 präzisierte der Beschwerdeführer seinen Antrag durch einen anderen rechtfreundlichen Vertreter abermals und begehrte die Feststellung,

* dass ihm die Pause im Ausmaß von 30 Minuten ab 01.01.2013 auf die Dienstzeit gemäß § 48b BDG 1979 anzurechnen sei, weshalb täglich seit 01.01.2013 eine Dienstzeit von 6:00 Uhr bis 14:00 Uhr zu verrichten gewesen sei. Er habe daher seit 01.01.2013 bis laufend Mehrdienstleistungen im Ausmaß von täglich einer halben Stunde (30 Minuten) gemäß § 49 BDG 1979 geleistet und diese seien daher gemäß § 49 Abs. 4 BDG 1979 auch abzugelten; in eventu

* die Feststellung, dass die Normaldienstzeit seit 01.01.2013 von 6:00 Uhr bis 14:30 Uhr, sohin 8,5 Stunden betrage, weshalb Arbeitsleistungen im Ausmaß von 42,5 Wochenstunden verrichtet worden seien und daher täglich Mehrdienstleistungen im Ausmaß von 30 Minuten gemäß § 49 Abs. 4 BDG 1979 erbracht worden seien und als solche auch abzugelten seien;

* die erbrachten Mehrdienstleistungen seit 01.01.2013 bis zum heutigen Tage im Ausmaß von bisher 0,5 Stunden täglich gemäß § 49 Abs. 4 BWG beim nächsten Monatsbezug im Verhältnis 1 zu 1,5 abzugelten seien;

* sollte die Behörde sich weigern die Auszahlung vorzunehmen, so sei darüber einen Bescheid zu erlassen.

1.3. Mit Bescheid vom 31.08.2015 stellte die belangte Behörde fest, dass die Dienstzeit des Beschwerdeführers vom 01.01.2013 bis 08.03.2015 montags bis freitags um 6:10 Uhr begonnen und um 14:40 Uhr geendet habe und seit 09.03.2015 um 6:45 beginne und um 15:15 ende und die dem Beschwerdeführer gemäß § 48b BDG 1979 zu gewährenden Ruhepausen nicht auf seine Dienstzeit anzurechnen seien. Weiters wurde der Antrag auf Abgeltung von Mehrdienstleistungen seit 01.01.2013, resultierend aus den gemäß § 48b BDG 1979 gewährten Ruhepausen daher ebenso wie die sonstigen Eventualbegehren abgewiesen. In der Begründung führte die belangte Behörde zusammengefasst aus, dass § 48b BDG 1979 dahingehend auszulegen sei, dass die Ruhepause von einer halben Stunde nicht auf die Tagesdienstzeit anzurechnen sei. Der Bescheid wurde dem Beschwerdeführer am 04.09.2015 zugestellt.

1.4. In der dagegen am 18.09.2015 rechtzeitig eingebrachten Beschwerde rügte der Beschwerdeführer die Rechtswidrigkeit des Inhalts bzw. die unrichtige rechtliche Beurteilung. In der Begründung wird ausgeführt, dass entgegen der Rechtsansicht der belangten Behörde die halbstündige Ruhepause sehr wohl zur Dienstzeit zählt und dies bei der Österreichischen Post AG seit jeher so gehandhabt werde.

Folgende Anträge wurden an das Bundesverwaltungsgericht gestellt:

Das Bundesverwaltungsgericht möge der Beschwerde stattgeben und den bekämpften Bescheid beheben sowie dahingehend abändern, dass ausgesprochen werde,

1) dass die Dienstzeit des Beschwerdeführer seit 01.01.2013 montags und (gemeint wohl bis) freitags um 6:10 Uhr begonnen und um 14:40 Uhr geendet habe und seit 09.03.2015 um 6:45 Uhr beginne und um 15:15 Uhr ende und die ihm gemäß § 48 BDG 1979 zu gewährenden Ruhepausen auf die Dienstzeit anzurechnen seien; sowie

2) dass die dem Beschwerdeführer daraus resultierende Mehrdienstleistung seit 01.01.2013, die der Dienstnehmer im Ausmaß von einer halben Stunde pro Arbeitstag verrichtet habe, resultierend aus dem § 48 BDG 1979 zu gewährenden Ruhepause abgegolten werden müsse,

3) in eventu eine Verhandlung über die gegenständliche Beschwerde durchzuführen.

1.5. Am 08.10.2015 legte die belangte Behörde die Beschwerde dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vor.

1.6. Mit Beschluss vom 02.11.2015, Zl. W128 2107149-3/2E, wurde der Bescheid gem § 28 Abs. 3 VwGVG aufgehoben und die Angelegenheit zur neuerlichen Erlassung eines Bescheides an die belangte Behörde zurückgewiesen.

1.7. Dagegen wurde seitens der belangten Behörde eine Amtsrevision erhoben, welche vom Verwaltungsgerichtshof am 21.01.2016 unter der Zahl Ra 2015/12/0082 zurückgewiesen wurde.

1.8. Mit im Spruch genannten Bescheid des Personalamtes Wien der Österreichischen Post AG vom 25.06.2018, wurde das Verfahren gemäß § 38 AVG bis zum Vorliegen einer inhaltlichen Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes in einem von der Österreichischen Post AG initiierten Verfahren zur Prüfung der Verfassungskonformität des § 48b BDG 1979 sowie des § 3 Dienstrechtsverfahrensgesetz 1984 (DVG) ausgesetzt. Begründend wurde ausgeführt, dass die Österreichische Post AG in gleich gelagerten Fällen gegen Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts Beschwerden gemäß Art. 144 B-VG beim Verfassungsgerichthof mit der Begründung eingebracht habe, das Bundesverwaltungsgericht unterstelle dem § 48b BDG 1979 einen verfassungswidrigen Inhalt oder § 48b BDG 1979 sei verfassungswidrig bzw. dass dem Unternehmer Österreichische Post AG bei verfassungskonformer Interpretation des § 3 DVG eine Parteistellung einzuräumen sei. Da die zu § 48b BDG 1979 und § 3 DVG beim Verfassungsgerichtshof anhängigen präjudiziellen Fragen dort Haupteggenstand und im gegenständlichen verfahren als Vorfragen zu klären seien, sei die Aussetzung des Ermittlungsverfahrens geboten.

1.9. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer am 20.07.2018 durch seinen anwaltlichen Vertreter fristgerecht Beschwerde und beauftragte die Aufhebung des bekämpften Bescheides bzw. die Fortführung des Verfahrens. Der Verwaltungsakt langte am 10.01.2019 beim Bundesverwaltungsgericht ein.

1.10. Am 05.02.2019 wurde den Verfahrensparteien zu der mittlerweile ergangenen Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes zu E 1645/2018-16 Gelegenheit zum Parteiengehör geboten. Die belangte Behörde brachte keine Stellungnahme ein, hingegen der Beschwerdeführer am 20.02.2019 eine Stellungnahme einbrachte.

1.11. Aufgrund der Geschäftsordnung wurde das Verfahren am 07.02.2020 der Kammer W128 abgenommen und der Kammer W257 zugewiesen.

1.12. Am 26.02.2020 wurde seitens des Beschwerdeführer beim BvWG ein Fristsetzungsantrag an den Verwaltungsgerichtshof eingebracht. Aufgrund der Entscheidungsreife wurde von einer Vorlage an den Gerichtshof abgesehen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Eine derartige Regelung wird in den einschlägigen Materiengesetzen nicht getroffen und es liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG kann das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrages von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 EMRK noch Art. 47 GRC entgegenstehen.

Da sich im vorliegenden Fall der unstrittige Sachverhalt aus den Akten ergibt und es sich auch um keine übermäßig komplexe Rechtsfrage handelt, kann von einer mündlichen Verhandlung, die der anwaltlich vertretene Beschwerdeführer auch nicht beantragt hat, abgesehen werden.

Zu Spruchpunkt A)

Gemäß § 38 AVG ist die Behörde berechtigt, das Verfahren bis zur rechtskräftigen Entscheidung einer Vorfrage auszusetzen, wenn die Vorfrage schon den Gegenstand eines anhängigen Verfahrens bei der zuständigen Verwaltungsbehörde bzw. beim zuständigen Gericht bildet oder ein solches Verfahren gleichzeitig anhängig gemacht wird.

Die Bindungswirkung einer eine Vorfrage bildenden Entscheidung besteht nur insoweit, als inzwischen keine Änderung der maßgeblichen Sach- oder Rechtslage eingetreten ist. Ansonsten ist die Behörde der Verpflichtung zur Durchführung eines Ermittlungsverfahrens und zur eigenständigen rechtlichen Beurteilung nicht enthoben (siehe Hengstschläger/Leeb, AVG § 38 Rz 23).

Ein Bescheid, mit dem ein Verwaltungsverfahren gemäß § 38 AVG wegen einer Vorfrage ausgesetzt wird, entfaltet nur solange Rechtswirkungen, als das Verfahren, in dem über die Vorfrage abzusprechen ist, nicht rechtskräftig entschieden ist (VwGH 11.05.2009, 2008/18/0301).

Mit Beschluss vom 25.09.2018, E 1645/2018, hat der Verfassungsgerichtshof mittlerweile das Verfahren hinsichtlich der Parteistellung der Österreichischen Post AG abgeschlossen. Damit ist der dem angefochtenen Bescheid zugrundeliegende Aussetzungsgrund weggefallen und das dem gegenständlichen Verfahren zugrundeliegende Verfahren in der Bindung an die im Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 02.11.2015 dargelegte Rechtsansicht von der belangten Behörde fortzusetzen.

Da der Aussetzungsgrund somit zum Entscheidungszeitpunkt nicht mehr besteht, ist der angefochtene Bescheid ersatzlos aufzuheben.

Zu Spruchpunkt B)

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab noch fehlt es an einer Rechtsprechung oder bestünden Zweifel an der Präjudizialität der Vorlagefragen für das vorliegende Verfahren; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Aussetzung Behebung der Entscheidung ersatzlose Behebung Feststellungsantrag Feststellungsbescheid Fortführungsantrag Mehrdienstleistung Postbeamter Ruhepause Überstundenabrechnung Überstundenvergütung Verfahrensfortsetzung VfGH Vorfrage

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W257.2107149.4.00

Im RIS seit

20.08.2020

Zuletzt aktualisiert am

20.08.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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