TE Bvwg Erkenntnis 2020/4/6 W184 2148058-2

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Veröffentlicht am 06.04.2020
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Entscheidungsdatum

06.04.2020

Norm

B-VG Art133 Abs4
FPG §57
VwGVG §13

Spruch

W184 2148058-2/3E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Werner PIPAL als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Äthiopien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 16.10.2019, Zl. IFA1050365510 - 180368991 (DEF), zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird gemäß § 57 FPG und § 13 VwGVG als unbegründet abgewiesen.

B)

Die ordentliche Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Die beschwerdeführende Partei, ein männlicher Staatsangehöriger Äthiopiens, brachte nach der illegalen Einreise in das österreichische Bundesgebiet 19.01.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz ein.

Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 10.01.2017 wurde folgende Entscheidung über diesen Antrag getroffen:

"I. Der Antrag auf internationalen Schutz wird hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 in Verbindung mit § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 abgewiesen.

II. Der Antrag auf internationalen Schutz wird hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Äthiopien gemäß § 8 Abs. 1 in Verbindung mit § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 abgewiesen.

III. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wird gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 in Verbindung mit § 9 BFA-VG wird eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen. Es wird gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Äthiopien zulässig ist. Gemäß § 55 Abs. 1a FPG besteht keine Frist für die freiwillige Ausreise.

IV. Einer Beschwerde gegen diese Entscheidung wird gemäß § 18 Abs. 1 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt."

Die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde wurde vom Bundesverwaltungsgericht mit Erkenntnis vom 21.03.2018, zugestellt am 03.04.2018, als unbegründet abgewiesen mit der Maßgabe, dass die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung beträgt.

Mit Mandatsbescheid des Bundesamtes vom 05.09.2018, zugestellt am 06.09.2018, wurde der beschwerdeführenden Partei gemäß § 57 Abs. 1 FPG in Verbindung mit § 57 Abs. 1 AVG aufgetragen, bis zu seiner Ausreise durchgängig Unterkunft in einer näher bezeichneten Betreuungseinrichtung zu nehmen.

Nach Erhebung einer Vorstellung wurde mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid I. der beschwerdeführenden Partei gemäß § 57 Abs. 1 FPG aufgetragen, bis zu seiner Ausreise durchgängig Unterkunft in der folgenden Betreuungseinrichtung zu nehmen, dieser Verpflichtung hat die beschwerdeführende Partei unverzüglich nachzukommen, Betreuungsstelle XXXX . Mit Spruchpunkt II. dieses Bescheides wurde gemäß § 13 Abs. 2 VwGVG die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde ausgeschlossen.

Die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die Sachverhaltsfeststellungen und die Beweiswürdigung wurden im angefochtenen Bescheid folgendermaßen zusammengefasst (gekürzt und teilweise anonymisiert durch das Bundesverwaltungsgericht):

"... A) Verfahrensgang

...

Sie sind rechtswidrig nach Österreich eingereist und haben einen unbegründeten Antrag auf internationalen Schutz eingebracht. Ihr Antrag auf internationalen Schutz wurde durch die hieramtliche Behörde gemäß §§ 3 und 8 AsylG abgewiesen und es wurde eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG gegen Sie erlassen. Diese Entscheidung ist seit 03.04.2018 zweitinstanzlich in Rechtskraft erwachsen und durchsetzbar und es bestehen keine die Durchsetzbarkeit hemmenden Tatbestände. Die Frist zur freiwilligen Ausreise ist seit 17.04.2018 abgelaufen.

Die Frist zur freiwilligen Ausreise wurde von Ihnen nicht genützt. Sie sind nach Rechtskraft der Rückkehrentscheidung rechtswidrig in Österreich verblieben und Ihrer Verpflichtung zur Ausreise bis dato beharrlich nicht nachgekommen. Gegen Sie wurde mit Mandatsbescheid vom 05.09.2018 eine Wohnsitzauflage gemäß § 57 Abs. 1 FPG iVm § 57 Abs. 1 AVG angeordnet. Dieser Mandatsbescheid wurde Ihnen persönlich am 06.09.2018 nachweislich gegen Unterschriftsleistung zugestellt. Die Wohnsitzauflage ist seither durchsetzbar.

Sie haben am 19.09.2018 fristgerecht das Rechtsmittel der Vorstellung dagegen erhoben, welche jedoch keine aufschiebende Wirkung hat. Es wurde umgehend das Ermittlungsverfahren durch die Behörde eingeleitet. Ihnen wurde am 24.09.2018 über Ihre damalige Rechtsvertretung eine Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme übermittelt, in welcher Ihnen mitgeteilt wurde, dass die Erlassung einer Wohnsitzauflage mittels ordentlichen Bescheids beabsichtigt ist. Sie haben eine Frist von 14 Tagen zur Abgabe einer Stellungnahme erhalten. Die Wohnsitzauflage war somit weiterhin aufrecht und Sie waren zu deren Erfüllung verpflichtet. Das Ermittlungsverfahren wurde binnen zwei Wochen ab Vorstellung eingeleitet, wodurch der Mandatsbescheid nicht außer Kraft trat. Diese Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme wurde Ihrer Rechtsvertretung am 28.09.2018 nachweislich gegen Unterschriftsleistung zugestellt. Sie haben am 30.10.2018 über Ihre Rechtsvertretung eine Stellungnahme dazu abgegeben. Diese Stellungnahme ist aber nicht dazu geeignet, eine anderslautende behördliche Entscheidung herbeizuführen.

Sie wurden weiters am 18.07.2019 durch die Behörde hinsichtlich Durchsetzung und Effektuierung der bestehenden Ausreiseentscheidung niederschriftlich einvernommen. Sie wurden über Ihre Verpflichtung zur Ausreise nachweislich informiert und belehrt und zur Ausreise aufgefordert. Ihnen wurde zudem die Wahrnehmung eines Rückkehrberatungsgesprächs aufgetragen. Sie haben in der Einvernahme zudem angegeben, dass Sie nicht freiwillig ausreisen werden und in Österreich bleiben wollen.

Ihre Einvernahme am 18.07.2019 gestaltete sich wie folgt (F = Frage, A = Antwort):

...

F: Sind Sie gesund und können Sie der Einvernahme folgen?

A: Ja.

F: Nehmen Sie derzeit Medikamente?

A: Nein. Ich bin gesund. Ich habe keine Krankheiten oder Beschwerden.

...

F: Ihr Antrag auf internationalen Schutz wurde durch das Bundesamt hinsichtlich §§ 3 und 8 AsylG abgewiesen und es wurde eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen. Diese Entscheidung ist zweitinstanzlich in Rechtskraft erwachsen. Es besteht seit 03.04.2018 eine zweitinstanzlich rechtskräftige Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG gegen Sie. Sie sind Ihrer Ausreiseverpflichtung bisher nicht nachgekommen. Die Frist zur freiwilligen Ausreise ist mit 17.04.2018 abgelaufen. Sie wurden für den heutigen Tag mittels einfacher Ladung geladen, um die bestehende Ausreiseentscheidung zu effektuieren. Des Weiteren wurde aufgrund Ihrer fehlenden Personaldokumente ein Heimreisezertifikatsverfahren mit Ihrer Vertretungsbehörde eingeleitet. Sie sind zur Mitwirkung an den erforderlichen Handlungen verpflichtet. Möchten Sie sich dazu äußern?

A: Das stimmt soweit. Ich habe bei meinem ersten Asylinterview Angst gehabt und etwas übertrieben. Ich habe dann erst beim zweiten Asylinterview die Wahrheit gesagt. Daher wurde mir nicht geglaubt. Ich habe weiterhin Angst um mein Leben in Äthiopien.

Belehrung: Sie haben einen unbegründeten Asylantrag gestellt und es konnten in den Verfahren erst- und zweitinstanzlich keine verfolgungsrelevanten Fluchtgründe festgestellt werden. Es besteht gegen Sie eine effektuierbare Ausreiseentscheidung. Sie werden weiters darüber belehrt, dass Sie in Österreich niemals ein Aufenthaltsrecht erhalten werden, sofern Sie nicht nun freiwillig ausreisen. Eine Niederlassung in Österreich kann nur über die Schiene des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes erfolgen. Haben Sie das verstanden?

A: Ich habe verstanden. Ich habe aber Angst um mein Leben in der Heimat. Ich will hierbleiben und habe ein Studium begonnen und Deutsch gelernt. Ich will nicht zurück.

Belehrung: Sie werden gemäß § 17 AsylG belehrt, dass Sie jederzeit einen weiteren Asylantrag stellen können. Es ist aber nicht zu erwarten, dass Sie dann eine andere Entscheidung als bisher erhalten, wenn Sie nicht stichhaltige und überprüfbare neue Fluchtgründe vorbringen können.

A: Ich habe verstanden.

F: Welche Angehörigen haben Sie in Österreich?

A: Keine. Ich habe nur Bekannte hier.

F: Wo befinden sich Ihre Angehörigen?

A: In der Heimat. Dort befinden sich meine Mutter, ein Bruder, eine Schwester und andere Angehörige (Onkel, Tanten, Cousins). Sie wohnen in ländlichen Gebieten, nicht in der Stadt.

F: Seit wann befinden Sie sich in Österreich?

A: Seit Jänner 2015 bin ich in Österreich.

F: Haben Sie sich seither durchgehend in Österreich aufgehalten?

A: Ja. Ich war seither nicht außerhalb Österreichs.

F: Haben Sie in einem Mitgliedstaat ein Aufenthaltsrecht (Visum, Aufenthaltstitel, etc.)?

A: Nein.

F: Warum sind Sie Ihrer Ausreiseverpflichtung bisher nicht nachgekommen und illegal in Österreich verblieben?

A: Ich kann nicht zurück in die Heimat. Ich will hierbleiben.

F: Sind Sie im Besitz von Reisedokumenten oder anderen Personaldokumenten?

A: Nein. Ich habe eine Kopie meiner Dokumente bereits abgegeben. Ich habe die Originale in der Türkei verloren.

F: Was haben Sie bisher unternommen, um wieder neue Personaldokumente, insbesondere einen neuen Reisepass, zu bekommen?

A: Nichts. Ich war nicht bei meiner Botschaft.

Belehrung: Da Sie über keine reisefähigen Dokumente verfügen, muss bei Ihrer Vertretungsbehörde um ein Ersatzreisedokument angesucht werden. Dafür sind die vorgeschriebenen Formblätter vollständig und korrekt auszufüllen. Sie sind zur Mitwirkung im Heimreisezertifikatsverfahren verpflichtet und es kann Ihnen diese Mitwirkung auch mit Bescheid auferlegt werden. Wenn Sie nicht im erforderlichen Ausmaß mitwirken, kann gegen Sie das Mittel der Beugehaft angewendet werden. Sie haben nun die Möglichkeit, die erforderlichen Formblätter selbst auszufüllen. Sind Sie dazu bereit?

A: Ja, ich fülle die Blätter aus.

Anmerkung: Die Partei füllt das Formblatt freiwillig aus. Die Partei unterfertigt das ausgefüllte Formblatt auch freiwillig.

F: Haben Sie die Formblätter korrekt, vollständig und wahrheitsgemäß ausgefüllt?

A: Ja, das habe ich.

Belehrung: Sie werden darüber belehrt, dass im Falle von unrichtigen oder unvollständigen Angaben Ihre Mitwirkung als ungenügend anzusehen ist und Sie dann mit der Erlassung eines Mitwirkungsbescheides unter Androhung der Zwangsmaßnahme der Beugehaft zu rechnen haben. Bleiben Sie dabei, dass Sie alles korrekt ausgefüllt haben?

A: Ja, ich habe alles richtig ausgefüllt. Ich möchte keine Korrekturen vornehmen.

F: Sind Sie bereit, freiwillig auszureisen und in die Heimat zurückzukehren?

A: Nein. Ich kann nicht zurück und möchte in Österreich bleiben.

Belehrung: Sie werden darüber belehrt, dass Sie zur Ausreise verpflichtet sind. Es wird Ihnen dringend angeraten, dieser Verpflichtung nachzukommen. Sie werden darüber belehrt, dass Sie ansonsten abgeschoben werden, sobald dies faktisch möglich ist. Haben Sie das verstanden?

A: Ja. Ich habe verstanden.

F: Wie bestreiten Sie derzeit Ihren Unterhalt im Bundesgebiet?

A: Ich werde unterstützt von Freunden. Ich werde auch von Einrichtungen, wie z. B. " XXXX " unterstützt. Nachgefragt, gebe ich an, dass ich nicht arbeite.

Belehrung: Ihr Aufenthalt im Bundesgebiet ist rechtswidrig und es gibt keine rechtliche Grundlage für eine Beschäftigungsaufnahme. Sie dürfen in Österreich keiner Erwerbstätigkeit nachgehen. Wollen Sie sich dazu äußern?

A: Ich arbeite eh nicht.

F: Haben Sie bereits einmal ein Rückkehrberatungsgespräch in Anspruch genommen?

A: Nein.

F: Wollen Sie ein Rückkehrberatungsgespräch in Anspruch nehmen?

A: Ja.

F: Warum wollen Sie ein Rückkehrberatungsgespräch in Anspruch nehmen?

A: Ich will Informationen haben.

Belehrung: Es wird Ihnen aufgetragen, ein Rückkehrberatungsgespräch bis zum festgesetzten Termin wahrzunehmen. Sie erhalten die diesbezügliche Verfahrensanordnung im Anschluss an diese Einvernahme durch persönliche Übergabe. Die Frist für dieses Rückkehrberatungsgespräch ist in der Verfahrensanordnung festgelegt. Wenn Sie dieses nicht wahrnehmen, dann geschieht dies zu Ihrem eigenen Nachteil.

A: Ich habe verstanden.

F: Wo nehmen Sie derzeit Unterkunft?

A: XXXX .

F: Werden Sie zukünftig auch an dieser Adresse Unterkunft nehmen?

A: Ja. Ich plane keinen Umzug und werde dort erreichbar sein.

Entscheidung: Sie wurden nun über alle Verpflichtungen aufgeklärt und informiert. Sie wissen nun, dass Sie umgehend ausreisen müssen und widrigenfalls abgeschoben werden. Sie können auch durch die Caritas oder den VMÖ Rückkehrhilfe in Anspruch nehmen und können im Falle der freiwilligen Rückkehr eine finanzielle Unterstützungsleistung erhalten. Sie erhalten diesbezüglich die Informationen über die Verpflichtung zur Ausreise, in welchen auch die Adressen des VMÖ und der Caritas verzeichnet sind.

...

Sie haben das aufgetragene Rückkehrberatungsgespräch am 25.07.2019 wahrgenommen, sind jedoch weiterhin nicht ausreisewillig. Auch die Rückkehrberatungseinrichtung konnte Sie nicht zur Wahrnehmung der Ausreiseverpflichtung bewegen. Es steht für die Behörde fest, dass Sie Ihrer Ausreiseverpflichtung weiterhin beharrlich nicht nachkommen werden und rechtswidrig im Bundesgebiet verbleiben wollen. Die Wohnsitzauflage ist nach wie vor notwendig und gerechtfertigt.

B) Beweismittel

...

C) Feststellungen

Der Entscheidung liegen folgende Feststellungen zugrunde:

Zu Ihrer Person:

Sie sind nicht österreichischer Staatsbürger, somit Fremder. Sie sind äthiopischer Staatsbürger, somit Drittstaatsangehöriger. Ihre Identität steht fest. Sie haben Identitätsdokumente in Kopie vorgelegt.

Zu Ihrer rechtlichen Position in Österreich:

Gegen Ihre Person besteht eine rechtskräftige und durchsetzbare Rückkehrentscheidung. Seit der Durchsetzbarkeit dieser Entscheidung sind Sie zur Ausreise verpflichtet, dieser Verpflichtung aber bis dato beharrlich nicht nachgekommen. Sie halten sich somit rechtswidrig im Bundesgebiet auf und weigern sich, der Ihnen rechtskräftig auferlegten Ausreiseverpflichtung nachzukommen.

Zu Ihrem bisherigen Verhalten:

Sie sind rechtswidrig nach Österreich eingereist. Im bisherigen Verfahren verhielten Sie sich unkooperativ, indem Sie der Ihnen auferlegten Ausreiseverpflichtung nicht nachkommen. Sie befinden sich derzeit nicht in Grundversorgung. Sie besitzen laut Ihren Angaben kein gültiges Reisedokument, sondern nur eine Kopie. Obwohl eine gesetzliche Verpflichtung hierzu bestand, verweigerten Sie bis dato die Ausreise aus Österreich.

Zu ihrem Privat- und Familienleben:

Sie sind in Österreich weder beruflich noch sozial verankert. Seit der rechtskräftigen Entscheidung sind keinerlei Änderungen Ihrer Privat- und Familienverhältnisse hervorgekommen. Seit der Durchsetzbarkeit der Rückkehrentscheidung sind Sie zur Ausreise verpflichtet. Alle danach eventuell entstandenen Anbindungen wussten um Ihren unsicheren Aufenthaltsstatus und die durchsetzbare Ausreiseverpflichtung.

Vorrausetzungen für die Erlassung der Wohnsitzauflage:

Gegen Sie besteht eine rechtskräftige und durchsetzbare Rückkehrentscheidung. Eine aufrechte Duldung gemäß § 46a FPG liegt nicht vor. Sie sind der Ihnen auferlegten und bestehenden Ausreiseverpflichtung bis dato nicht nachgekommen. Sie haben im Rahmen des Asylverfahrens, des Verfahrens zur Erlassung der Rückkehrentscheidung oder des Rückkehrberatungsgesprächs erklärt, ihrer Ausreiseverpflichtung nicht nachkommen zu wollen. Sie haben in der Einvernahme am 18.07.2019 Ihren Unwillen zur Rückkehr kundgetan. Sie haben am 25.07.2019 ein Rückkehrberatungsgespräch wahrgenommen, aber auch dort Ihren Unwillen zur Ausreise kundgetan.

D) Beweiswürdigung

Die von der Behörde getroffenen Feststellungen resultieren aus dem Inhalt Ihres BFA-Aktes sowie Ihres historischen ZMR- und GVS-Auszuges, Ihrem bisherigen Verhalten sowie Ihren bisherigen Handlungsschritten. Es wurde Ihr gesamtes bisherigen Verhalten gewürdigt und einbezogen, welches deutlich zeigt, dass Sie nicht ausreisewillig sind und das Bundesgebiet nicht nur bisher nicht freiwillig verlassen haben, sondern auch in der Zukunft keine freiwillige Ausreise zu erwarten sein wird. Ihre Verfahrenschronologie verdeutlicht auch, dass Sie mit allen Mitteln rechtswidrig in Österreich verbleiben wollen und dass die gegenständliche Entscheidung daher notwendig ist."

Es folgte im angefochtenen Bescheid die nähere rechtliche Beurteilung zu den einzelnen Spruchpunkten.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in welcher im Wesentlichen vorgebracht wurde, dass sich die beschwerdeführende Partei durchwegs kooperativ verhalten habe. Er verfüge über einen ordentlichen Wohnsitz und studiere an der XXXX mit sehr gutem Erfolg.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Die beschwerdeführende Partei, ein äthiopischer Staatsbürger, reiste am 19.01.2015 illegal in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte einen Antrag auf internationalen Schutz, welcher am 03.04.2018 rechtskräftig abgewiesen wurde, wobei eine Rückkehrentscheidung erlassen wurde, und der Aufenthalt im Bundesgebiet ist auch nicht geduldet.

Die beschwerdeführende Partei erklärte mehrmals ausdrücklich, der Ausreiseverpflichtung nicht nachkommen zu wollen, etwa bei der Einvernahme am 18.07.2019, und auch aus dem übrigen Verhalten der beschwerdeführenden Partei ergibt sich, dass nichts auf eine Befolgung der seit zwei Jahren rechtskräftigen Ausreiseverpflichtung hindeutet.

Die beschwerdeführende Partei hat in Österreich kein Familienleben, sondern nur ein Privatleben. Er reiste vor fünf Jahren illegal in das österreichische Bundesgebiet ein und verfügte zu keinem Zeitpunkt über ein reguläres Aufenthaltsrecht in Österreich, sondern nur über ein vorläufiges Aufenthaltsrecht aufgrund eines letztlich unbegründeten Asylantrages. Die beschwerdeführende Partei ist strafgerichtlich unbescholten und laufend an derselben Adresse in XXXX gemeldet, er spricht Deutsch auf B1-Niveau und hat ein Hochschulstudium begonnen, aber eine Erwerbstätigkeit oder gar die Selbsterhaltungsfähigkeit liegen nicht vor.

2. Beweiswürdigung:

Die festgestellten Tatsachen ergeben sich aus dem Akt des Bundesamtes und sind auch unstrittig.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A) Abweisung der Beschwerde:

Zu Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides:

Das Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) ist im vorliegenden Fall in der Fassung nach dem Bundesgesetz BGBl. I Nr. 24/2020 anzuwenden. Die maßgeblichen Bestimmungen lauten:

§ 57 (1) Einem Drittstaatsangehörigen, gegen den eine Rückkehrentscheidung rechtskräftig erlassen wurde und dessen Aufenthalt im Bundesgebiet nicht geduldet (§ 46a) ist, kann aufgetragen werden, bis zur Ausreise in vom Bundesamt bestimmten Quartieren des Bundes Unterkunft zu nehmen, wenn

1. keine Frist zur freiwilligen Ausreise gemäß § 55 gewährt wurde oder

2. nach Ablauf der Frist zur freiwilligen Ausreise gemäß § 55 bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Drittstaatsangehörige seiner Ausreiseverpflichtung weiterhin nicht nachkommen wird.

(2) Bei der Beurteilung, ob bestimmte Tatsachen gemäß Abs. 1 Z 2 vorliegen, ist insbesondere zu berücksichtigen, ob der Drittstaatsangehörige

1. entgegen einer Anordnung des Bundesamtes oder trotz eines nachweislichen Angebotes der Rückkehrberatungsstelle ein Rückkehrberatungsgespräch (§ 52a Abs. 2 BFA-VG) nicht in Anspruch genommen hat;

2. nach Ablauf der Frist für die freiwillige Ausreise seinen Wohnsitz oder den Ort seines gewöhnlichen Aufenthalts gewechselt und das Bundesamt davon nicht in Kenntnis gesetzt hat;

3. an den zur Erlangung einer Bewilligung oder eines Reisedokumentes notwendigen Handlungen im Sinne des § 46 Abs. 2 und 2a nicht mitwirkt;

4. im Rahmen des Asylverfahrens, des Verfahrens zur Erlassung der Rückkehrentscheidung oder des Rückkehrberatungsgesprächs erklärt hat, seiner Ausreiseverpflichtung nicht nachkommen zu wollen;

5. im Asylverfahren oder im Verfahren zur Erlassung der Rückkehrentscheidung über seinen Herkunftsstaat oder seine Identität getäuscht oder zu täuschen versucht hat.

...

(6) Die Wohnsitzauflage gemäß Abs. 1 oder Abs. 3 ist mit Mandatsbescheid (§ 57 AVG) anzuordnen. In diesem sind dem Drittstaatsangehörigen auch die Folgen einer allfälligen Missachtung zur Kenntnis zu bringen.

Im vorliegenden Fall wurde bereits am 03.04.2018 eine Rückkehrentscheidung rechtskräftig erlassen und ist auch der Aufenthalt im Bundesgebiet nicht geduldet. Zudem erklärte die beschwerdeführende Partei ausdrücklich, der Ausreiseverpflichtung nicht nachkommen zu wollen.

Zu einer möglichen Verletzung von Art. 8 EMRK bzw. Art. 7 GRC wurde im vorliegenden Fall Folgendes erwogen:

Gemäß Art. 8 Abs. 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs.

Nach Art. 8 Abs. 2 EMRK ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutze der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.

Das Privatleben ist ein weiter Begriff und einer erschöpfenden Definition nicht zugänglich. So schützt Art. 8 EMRK auch ein Recht auf Identität und persönliche Entwicklung und das Recht, Beziehungen mit anderen Menschen und mit der Außenwelt zu schaffen und zu entwickeln, und kann auch Handlungen beruflichen oder geschäftlichen Charakters einschließen. Es gibt daher einen Bereich der Interaktion einer Person mit anderen, selbst in einem öffentlichen Zusammenhang, der in den Bereich des "Privatlebens" fallen kann (z. B. EGMR 28.01.2003, 44647/98, Peck, Rn. 57).

Wenn eine fremdenpolizeiliche Maßnahme in den Schutzbereich des Privatlebens oder des Familienlebens nach Art. 8 Abs. 1 EMRK eingreift, ist zu prüfen, ob sie sich auf eine gesetzliche Bestimmung stützt, was im vorliegenden Fall offensichtlich zutrifft, und ob sie Ziele verfolgt, die mit der EMRK in Einklang stehen, wofür hier insbesondere die Verteidigung der Ordnung im Bereich des Fremden- und Asylwesens sowie das wirtschaftliche Wohl des Landes in Betracht kommen.

Es bleibt schließlich noch zu überprüfen, ob diese Maßnahme in einer demokratischen Gesellschaft notwendig, das heißt durch ein vorrangiges soziales Bedürfnis gerechtfertigt und insbesondere in Bezug auf das verfolgte legitime Ziel verhältnismäßig ist (EGMR 02.08.2001, 54273/00, Boultif, Rn. 46; 18.10.2006, Große Kammer, 46410/99, Üner, Rn. 57f; 16.04.2013, 12020/09, Udeh, Rn. 45; VfGH 29.09.2007, B 1150/07; vgl. § 9 Abs. 1 BFA-VG).

Nach diesem Regelungssystem ist somit anhand der konkreten Umstände des Einzelfalles eine Interessenabwägung am Maßstab des Art. 8 EMRK durchzuführen. Eine Maßnahme darf nur erlassen werden, wenn die dafür sprechenden öffentlichen Interessen schwerer wiegen als die persönlichen Interessen des Drittstaatsangehörigen. Bei dieser Interessenabwägung sind folgende Kriterien nach der Methode des beweglichen Systems in einer Gesamtbetrachtung zu bewerten, indem das unterschiedliche Gewicht der einzelnen Kriterien zueinander in eine Beziehung zu setzen und eine wechselseitige Kompensation der einzelnen Gewichte vorzunehmen ist (vgl. EGMR 18.10.2006, Große Kammer, 46410/99, Üner, Rn. 57f; VwGH 12.11.2015, Ra 2015/21/0101; 10.11.2015, Ro 2015/19/0001):

die Art und Schwere der vom Beschwerdeführer begangenen Straftaten;

die seit der Begehung der Straftaten vergangene Zeit und das Verhalten des Beschwerdeführers in dieser Zeit;

die Aufenthaltsdauer im ausweisenden Staat;

die Staatsangehörigkeit der einzelnen Betroffenen;

die familiäre Situation des Beschwerdeführers und insbesondere gegebenenfalls die Dauer seiner Ehe und andere Faktoren, welche die Effektivität eines Familienlebens bei einem Paar belegen;

die Frage, ob der Ehegatte von der Straftat wusste, als die familiäre Beziehung eingegangen wurde;

die Frage, ob aus der Ehe Kinder hervorgegangen sind und welches Alter sie haben;

die Schwierigkeiten, denen der Ehegatte im Herkunftsstaat des Beschwerdeführers begegnen könnte;

das Wohl der Kinder, insbesondere die Schwierigkeiten, denen die Kinder des Beschwerdeführers im Herkunftsstaat begegnen könnten;

die Festigkeit der sozialen, kulturellen und familiären Bindungen zum Aufenthaltsstaat und zum Herkunftsstaat.

Der Grad der Integration manifestiert sich nach der Rechtsprechung insbesondere in intensiven Bindungen zu Verwandten und Freunden, der Selbsterhaltungsfähigkeit, der Schulausbildung, der Berufsausbildung, der Teilnahme am sozialen Leben und der Beschäftigung (VfGH 29.09.2007, B 1150/07). Diese sowie einige weitere von der Rechtsprechung einzelfallbezogen herausgearbeiteten Kriterien für die Interessenabwägung nach Art. 8 Abs. 2 EMRK werden auch in § 9 Abs. 2 BFA-VG aufgezählt.

Nach der Rechtsprechung des EGMR (EGMR 31.07.2008, 265/07, Darren Omoregie u. a.) stellen die Regeln des Einwanderungsrechtes eine ausreichende gesetzliche Grundlage in Hinblick auf die Frage der Rechtfertigung des Eingriffs nach Art. 8 Abs. 2 EMRK dar. War ein Fortbestehen des Familienlebens im Gastland bereits bei dessen Begründung wegen des fremdenrechtlichen Status einer der betroffenen Personen ungewiss und dies den Familienmitgliedern bewusst, kann eine aufenthaltsbeendende Maßnahme, welche dem öffentlichen Interesse an der effektiven Durchführung der Einwanderungskontrolle dient, nur in Ausnahmefällen eine Verletzung von Art. 8 EMRK bedeuten. Auch nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes und des Verwaltungsgerichtshofes kommt der Einhaltung fremdenrechtlicher Vorschriften aus der Sicht des Schutzes der öffentlichen Ordnung (Art. 8 Abs. 2 EMRK) ein hoher Stellenwert zu (VfGH 29.09.2007, B 328/07; VwGH 15.12.2015, Ra 2015/19/0247; 22.01.2013, 2011/18/0012).

Auch bei einem Eingriff in das Privatleben misst die Rechtsprechung im Rahmen der Interessenabwägung nach Art. 8 Abs. 2 EMRK dem Umstand wesentliche Bedeutung bei, ob die Aufenthaltsverfestigung des Asylwerbers überwiegend auf vorläufiger Basis erfolgte, weil der Asylwerber über keine über den Status eines Asylwerbers hinausgehende Aufenthaltsberechtigung verfügt hat. In diesem Fall muss sich der Asylwerber bei allen Integrationsschritten im Aufenthaltsstaat seines unsicheren Aufenthaltsstatus und damit auch der Vorläufigkeit seiner Integrationsschritte bewusst sein. Grundsätzlich ist nach negativem Ausgang des Asylverfahrens - infolge des damit einhergehenden Verlustes des vorläufig während des Verfahrens bestehenden Rechts zum Aufenthalt und sofern kein anderweitiges Aufenthaltsrecht besteht - der rechtmäßige Zustand durch Ausreise aus dem Bundesgebiet wiederherzustellen (VfGH 12.06.2013, U 485/2012; VwGH 15.12.2015, Ra 2015/19/0247).

Im Rahmen der Gegenüberstellung des öffentlichen Interesses an einer Aufenthaltsbeendigung mit dem persönlichen Interesse des Drittstaatsangehörigen an einem weiteren Verbleib in Österreich nimmt zwar das Gewicht des persönlichen Interesses grundsätzlich mit der Dauer des bisherigen Aufenthaltes zu. Doch ist dabei nicht die bloße Aufenthaltsdauer maßgeblich, sondern es ist anhand der jeweiligen Umstände des Einzelfalles vor allem zu prüfen, inwieweit der Drittstaatsangehörige die in Österreich verbrachte Zeit dazu genützt hat, sich sozial und beruflich zu integrieren (VwGH 22.01.2013, 2011/18/0036; 22.09.2011, 2007/18/0864 bis 0865).

Im vorliegenden Fall hat die mit dem angefochtenen Bescheid getroffene Entscheidung die Verlegung des Wohnsitzes der beschwerdeführenden Partei zur Folge. Daher liegt ein Eingriff in den Schutzbereich des Privatlebens im Sinn des Art. 8 Abs. 1 EMRK vor.

Die Interessenabwägung nach den Gesichtspunkten des § 9 BFA-VG in Verbindung mit Art. 8 Abs. 2 EMRK bzw. Art. 52 Abs. 1 GRC, insbesondere der öffentlichen Ordnung auf dem Gebiet des Fremden- und Asylwesens sowie des wirtschaftlichen Wohles des Landes, führte zu dem Ergebnis, dass die für die gegenständliche Maßnahme sprechenden öffentlichen Interessen schwerer wiegen als die persönlichen Interessen der beschwerdeführenden Partei.

Denn die beschwerdeführende Partei verbrachte den Großteil des Lebens in Äthiopien und reiste erst vor fünf Jahren illegal in das österreichische Bundesgebiet ein. Es bestand zu keinem Zeitpunkt ein unbefristeter Aufenthaltstitel in Österreich, sondern lediglich ein vorläufiges Aufenthaltsrecht aufgrund eines letztlich unbegründeten Asylantrages. Die beschwerdeführende Partei ist zwar strafgerichtlich unbescholten, spricht Deutsch auf B1-Niveau und hat ein Hochschulstudium begonnen, aber die Selbsterhaltungsfähigkeit liegt noch nicht vor und die beharrliche Missachtung der österreichischen einwanderuntgsrechtlichen Bestimmungen macht die angefochtenen fremdenpolizeiliche Maßnahme notwendig. Somit überwiegen die öffentlichen Interessen an der Verteidigung der Ordnung im Bereich des Fremden- und Asylwesens sowie am wirtschaftlichen Wohl des Landes.

Zu Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides:

§ 13 VwGVG lautet:

§ 13 (1) ...

(2) Die Behörde kann die aufschiebende Wirkung mit Bescheid ausschließen, wenn nach Abwägung der berührten öffentlichen Interessen und Interessen anderer Parteien der vorzeitige Vollzug des angefochtenen Bescheides oder die Ausübung der durch den angefochtenen Bescheid eingeräumten Berechtigung wegen Gefahr im Verzug dringend geboten ist. Ein solcher Ausspruch ist tunlichst schon in den über die Hauptsache ergehenden Bescheid aufzunehmen.

(3) ...

(4) Die Beschwerde gegen einen Bescheid gemäß Abs. 2 hat keine aufschiebende Wirkung. Sofern die Beschwerde nicht als verspätet oder unzulässig zurückzuweisen ist, hat die Behörde dem Verwaltungsgericht die Beschwerde unter Anschluss der Akten des Verfahrens unverzüglich vorzulegen. Das Verwaltungsgericht hat über die Beschwerde ohne weiteres Verfahren unverzüglich zu entscheiden und der Behörde, wenn diese nicht von der Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung absieht, die Akten des Verfahrens zurückzustellen.

Im vorliegenden Fall ist nach Abwägung der berührten öffentlichen Interessen der vorzeitige Vollzug des angefochtenen Bescheides wegen Gefahr im Verzug dringend geboten. Die bereits jahrelange Missachtung der durchsetzbaren Ausreiseverpflichtung und die Mittellosigkeit der beschwerdeführenden Partei machen die angefochtene fremdenpolizeiliche Maßnahme dringend notwendig.

Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen gilt § 24 VwGVG.

Den Umfang der Verhandlungspflicht aufgrund dieser Bestimmung umschrieb der Verwaltungsgerichtshof in seinem grundlegenden Erkenntnis vom 28.05.2014, Ra 2014/20/0017, worin die Kriterien für die Annahme eines geklärten Sachverhaltes zusammengefasst wurden, folgendermaßen (seither ständige Rechtsprechung, z. B. VwGH 30.07.2019, Ra 2019/20/0164; 17.07.2019, Ra 2019/19/0103; 12.03.2019, Ra 2018/18/0285; 11.09.2018, Ra 2018/14/0052; abweichend allerdings - beginnend mit VwGH 20.10.2016, Ra 2016/21/0289 - ein Senat, welcher nunmehr - praeter legem - als zusätzliches Tatbestandselement des § 21 Abs. 7 BFA-VG den hypothetischen "persönlichen Eindruck" vom Beschwerdeführer in einer allfälligen künftigen Verhandlung postuliert; vgl. zum grundrechtlichen Gesichtspunkt auch VfGH 26.02.2018, E 3296/2017; 24.11.2016, E 1079/2016; 14.03.2012, U 466/11, U 1836/11):

"Der für die rechtliche Beurteilung entscheidungswesentliche Sachverhalt muss von der Verwaltungsbehörde vollständig in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren erhoben worden sein und bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes immer noch die gesetzlich gebotene Aktualität und Vollständigkeit aufweisen. Die Verwaltungsbehörde muss die die entscheidungsmaßgeblichen Feststellungen tragende Beweiswürdigung in ihrer Entscheidung in gesetzmäßiger Weise offengelegt haben und das Bundesverwaltungsgericht muss die tragenden Erwägungen der verwaltungsbehördlichen Beweiswürdigung teilen. In der Beschwerde darf kein dem Ergebnis des behördlichen Ermittlungsverfahrens entgegenstehender oder darüber hinaus gehender für die Beurteilung relevanter Sachverhalt behauptet werden, wobei bloß unsubstanziiertes Bestreiten des von der Verwaltungsbehörde festgestellten Sachverhaltes ebenso außer Betracht bleiben kann wie ein Vorbringen, das gegen das in § 20 BFA-VG festgelegte Neuerungsverbot verstößt. Auf verfahrensrechtlich festgelegte Besonderheiten ist bei der Beurteilung Bedacht zu nehmen."

Im vorliegenden Fall liegen die Tatbestandsvoraussetzungen des § 21 Abs. 7 erster Fall BFA-VG und die dazu von der ständigen Rechtsprechung aufgestellten Kriterien vor. Der Sachverhalt ist aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt. In einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren wurde der beschwerdeführenden Partei ausreichend Parteiengehör eingeräumt, und auch die Beschwerde zeigt nicht plausibel auf, inwieweit eine neuerliche Einvernahme zu einer weiteren Klärung der Sache führen könnte.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen. Nach Art. 133 Abs. 4 erster Satz B-VG idF BGBl. I Nr. 51/2012 ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im vorliegenden Fall ist die ordentliche Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung abhängt. Denn das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den Erwägungen zu den einzelnen Spruchpunkten des angefochtenen Bescheides wiedergegeben.

Schlagworte

Ausreiseverpflichtung Interessenabwägung Mittellosigkeit öffentliche Interessen Privat- und Familienleben Wohnsitzauflage

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W184.2148058.2.00

Im RIS seit

19.08.2020

Zuletzt aktualisiert am

19.08.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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