TE Vwgh Beschluss 2020/6/29 Ra 2019/01/0120

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Veröffentlicht am 29.06.2020
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Index

41/02 Asylrecht
41/02 Passrecht Fremdenrecht
41/02 Staatsbürgerschaft

Norm

AsylG 2005 §8 Abs1
AsylG 2005 §8 Abs4
FrPolG 2005 §31 Abs1 Z4
StbG 1985 §10 Abs1 Z1
StbG 1985 §11a Abs1
StbG 1985 §11a Abs4 Z1
StbG 1985 §11a Abs6

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Blaschek und die Hofräte Dr. Kleiser und Dr. Terlitza als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Kienesberger, über die Revision des Z M in G, vertreten durch Kocher & Bucher Rechtsanwälte OG in 8010 Graz, Friedrichgasse 31, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Steiermark vom 25. Jänner 2019, Zl. LVwG 70.20-2394/2018-6, betreffend Staatsbürgerschaft (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Steiermärkische Landesregierung), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Der Revisionswerber hat dem Land Steiermark Aufwendungen in der Höhe von € 553,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1        Mit Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung als Staatsbürgerschaftsbehörde (Staatsbürgerschaftsbehörde) vom 24. Juli 2018 wurde der Antrag des Revisionswerbers, eines Staatsangehörigen von Afghanistan, auf Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft gemäß § 11a Abs. 6 Staatsbürgerschaftsgesetz 1985 (StbG) abgewiesen.

2        Gegen diesen Bescheid erhob der Revisionswerber Beschwerde an das Landesverwaltungsgericht Steiermark (Verwaltungsgericht).

3        Die dagegen erhobene Beschwerde wies das Verwaltungsgericht mit dem angefochtenen, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung ergangenen Erkenntnis ab (Spruchpunkt I.). Die ordentliche Revision erklärte das Verwaltungsgericht gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG für nicht zulässig (Spruchpunkt II.).

4        Das Verwaltungsgericht stellte - soweit für das Revisionsverfahren relevant - im Wesentlichen fest, der Revisionswerber sei Staatsangehöriger von Afghanistan und am 10. September 2011 in das Bundesgebiet eingereist. Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 11. September 2012 sei dem Revisionswerber gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt worden. Unter einem sei ihm eine befristete Aufenthaltsbewilligung bis zum 11. September 2013 erteilt worden. Der Revisionswerber habe am 28. August 2013 die Verlängerung beantragt und diese sei mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 10. September 2013 befristet bis zum 10. September 2014 erteilt worden. Am 2. September 2014 sei die Verlängerung beantragt und mit weiterem Bescheid des Bundesasylamtes für Fremdenwesen und Asyl (BFA) vom 8. September 2014 befristet bis zum 10. September 2016 erteilt worden. Der Antrag auf Verlängerung dieser bis zum 10. September 2016 befristeten Aufenthaltsberechtigung sei am 13. Oktober 2016 eingebracht worden; darin habe der Revisionswerber u.a. angegeben, er habe nicht gewusst, dass er einen Verlängerungsantrag habe stellen müssen bzw. habe er das Ablaufdatum seines Aufenthaltstitels vergessen. Mit Bescheid des BFA vom 17. Oktober 2016 sei dem Revisionswerber die befristete Aufenthaltsberechtigung gemäß § 8 Abs. 4 AsylG 2005 bis zum 11. September 2018 erteilt worden.

5        In rechtlicher Hinsicht führte das Verwaltungsgericht auf das hier Wesentliche zusammengefasst aus, aus dem Bescheid des BFA vom 17. Oktober 2016 könne nur abgeleitet werden, dass dem Revisionswerber damit die befristete Aufenthaltsbewilligung bis zum 11. September 2018 erteilt worden sei. Weder der klare Wortlaut von § 8 Abs. 4 AsylG 2005 noch der Bescheid vom 17. Oktober 2016 würden eine Aufenthaltsberechtigung des Revisionswerbers für den Zeitraum vom 10. September 2016 bis zum 17. Oktober 2016 bewirken. § 8 Abs. 4 AsylG 2005 biete keinen interpretativen Anhaltspunkt, aus dem eine weiter bestehende Aufenthaltsberechtigung bei verspäteter Antragstellung abgeleitet werden könne, sodass für den genannten Zeitraum auch kein rechtmäßiger Aufenthalt im Sinn von § 11a Abs. 6 StbG abgeleitet werden könne.

6        Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende Revision mit dem Antrag, das angefochtene Erkenntnis wegen Rechtswidrigkeit des Inhalts und/oder wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften kostenpflichtig aufzuheben. Die Staatsbürgerschaftsbehörde beantragt in ihrer nach Einleitung des Vorverfahrens erstatteten Revisionsbeantwortung die kostenpflichtige Abweisung der Revision.

7        Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

8        Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. Ein solcher Beschluss ist gemäß § 34 Abs. 3 VwGG in jeder Lage des Verfahrens zu treffen.

9        Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof ausschließlich im Rahmen der dafür in der Revision - gesondert - vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

10       Der Revisionswerber bringt zur Zulässigkeit der Revision vor, § 11a (erkennbar gemeint: Abs. 6) StbG setze für die Verleihung der Staatsbürgerschaft einen rechtmäßigen und ununterbrochenen Aufenthalt im Bundesgebiet von mindestens sechs Jahren voraus. Er halte sich durchgehend rechtmäßig im Bundesgebiet auf, dies seit Zulassung des Asylverfahrens, sodann ab Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten. Die Rechtsansicht, sein Aufenthalt sei nicht durchgehend rechtmäßig gewesen, weil der Antrag nach § 8 Abs. 4 AsylG 2005 erst nach Ablauf der befristeten Aufenthaltsberechtigung gestellt worden sei, sei unrichtig. Vielmehr sei sein Aufenthalt seit der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten aufgrund der Ausstellung des Verlängerungsbescheides rechtmäßig und ununterbrochen, auch wenn der Revisionswerber für diesen Zeitraum keine Asylberechtigungskarte gemäß § 52 AsylG 2005 gehabt habe. Die Verlängerung der Aufenthaltsberechtigung „reflektiere“ die unveränderte Schutzbedürftigkeit des Berechtigten. Werde daher bei verspäteter Antragstellung die Berechtigung verlängert, so sei die Aufenthaltsberechtigung auch rückwirkend für die Zeit zwischen Gültigkeit der Karte gemäß § 52 AsylG 2005 und der Antragstellung auf Verlängerung wirksam, was auch in der Gültigkeitsdauer der Karte ab dem Datum des Ablaufes der vorigen Karte seinen Niederschlag gefunden habe. Diese Rechtsfolge ergebe sich insbesondere aus § 8 Abs. 4 AsylG 2005.

11       Der Verwaltungsgerichtshof hat in seiner Rechtsprechung zu § 10 Abs. 1 Z 1 StbG, § 11a Abs. 1 StbG und § 11a Abs. 4 Z 1 StbG wiederholt klargestellt, dass nach dem Wortlaut dieser Bestimmungen („rechtmäßig und ununterbrochen“) Verleihungsvoraussetzung der durchgehende legale Aufenthalt des Verleihungswerbers im Bundesgebiet in der erforderlichen Mindestdauer, zurückgerechnet vom Zeitpunkt der Entscheidung der Staatsbürgerschaftsbehörde ist (vgl. VwGH 6.7.2016, Ra 2016/01/0089; 20.6.2017, Ra 2017/01/0121, jeweils mwN). Gleiches trifft auch für § 11a Abs. 6 StbG zu, der ebenso einen rechtmäßigen und ununterbrochenen Aufenthalt von mindestens sechs Jahren im Bundesgebiet verlangt.

Zu den Rechtsfolgen eines verspätet gestellten Verlängerungsantrags nach § 8 Abs. 4 AsylG 2005 ist auf folgende Rechtsprechung hinzuweisen:

12       Der Status des subsidiär Schutzberechtigten ist als das vorübergehende, verlängerbare Einreise- und Aufenthaltsrecht, das Österreich Fremden nach den Bestimmungen des AsylG 2005 gewährt, von der gemäß § 8 Abs. 4 AsylG 2005 zusätzlich zu erteilenden Berechtigung zu unterscheiden (vgl. VwGH 17.12.2019, Ra 2019/18/0281).

13       Gemäß § 8 Abs. 4 zweiter Satz AsylG 2005 gilt die anlässlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten zu erteilende Aufenthaltsberechtigung für ein Jahr und wird über Antrag für jeweils zwei weitere Jahre verlängert. Wird der Verlängerungsantrag vor Ablauf der Aufenthaltsberechtigung gestellt, so besteht diese gemäß § 8 Abs. 4 letzter Satz AsylG 2005 bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Verlängerung des Aufenthaltsrechts (vgl. wiederum VwGH 17.12.2019, Ra 2019/18/0281).

14       Mit der Erteilung einer befristeten Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigter ist ein rechtmäßiger Aufenthalt gemäß § 31 Abs. 1 Z 4 FPG verbunden (vgl. dazu erneut VwGH 17.12.2019, Ra 2019/18/0281, mwN).

15       Der Gesetzgeber gibt mit der Anordnung des § 8 Abs. 4 letzter Satz AsylG 2005 zu erkennen, dass grundsätzlich - (wenn auch) eingeschränkt auf den Fall der rechtzeitigen Antragstellung - erst mit der dem Antrag nicht Folge gebenden Entscheidung der Verlust der Aufenthaltsberechtigung eintreten soll (vgl. ebenfalls VwGH 30.10.2019, Ro 2019/14/0007; VwGH 17.12.2019, Ra 2019/18/0281).

16       Durch diese Rechtsprechung ist somit bereits geklärt, dass die Aufenthaltsberechtigung gemäß § 8 Abs. 4 letzter Satz AsylG 2005 nur im Fall eines rechtzeitig gestellten Verlängerungsantrags (bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Verlängerung des Aufenthaltsrechts) weiter besteht (vgl. auch bereits VwGH 24.5.2018, Ro 2017/01/0007-0012, Rn. 17).

17       Angesichts dieser in § 8 Abs. 4 AsylG 2005 getroffenen Regelungen verbietet sich auch die in der Zulässigkeitsbegründung behauptete analoge Heranziehung des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes - NAG (vgl. zu den maßgeblichen Unterschieden des § 8 Abs. 4 AsylG 2005 vom Regelungssystem des NAG: VwGH 17.12.2019, Ra 2019/18/0281, Rn. 26 ff).

18       Das Verwaltungsgericht ist im vorliegenden Fall von dieser Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht abgewichen. Ausgehend vom festgestellten - unstrittigen - Sachverhalt hat es zutreffend angenommen, dass der Revisionswerber die Voraussetzungen von § 11a Abs. 6 Einleitungssatz StbG nicht erfüllt hat, denn er hat den letzten Antrag auf Verlängerung des Aufenthaltsrechts gemäß § 8 Abs. 4 AsylG 2005 unstrittig erst nach Ablauf der Aufenthaltsberechtigung gestellt, weswegen er keinen durchgehenden („ununterbrochenen“) legalen Aufenthalt im Bundesgebiet im Sinn von § 11a Abs. 6 Einleitungssatz StbG aufweist.

19       In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 und Abs. 3 VwGG zurückzuweisen.

20       Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.

Wien, am 29. Juni 2020

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2020:RA2019010120.L00

Im RIS seit

19.08.2020

Zuletzt aktualisiert am

19.08.2020
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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