TE Lvwg Erkenntnis 2020/7/6 LVwG-2020/34/0542-13

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Veröffentlicht am 06.07.2020
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Entscheidungsdatum

06.07.2020

Index

L65007 Jagd Wild Tirol
40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

JagdG Tir 2004 §42 Abs2
JagdG Tir 2004 §70 Abs2 Z19
VStG §45 Abs1 Z1

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Tirol erkennt durch seine Richterin MMag.a Dr.in Besler über die Beschwerde des AA, geboren am xx.xx.xxxx, wohnhaft in Z, Adresse 1, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Y vom 27.1.2020, Zl ***, betreffend Übertretung nach dem Tiroler Jagdgesetz 2004, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 24.6.2020,

zu Recht:

1.   Der Beschwerde wird Folge gegeben, das Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 1 VStG eingestellt.

2.   Die ordentliche Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.       Verfahrensgang:

Die belangte Behörde legte dem Beschwerdeführer im angefochtenen Straferkenntnis vom 27.1.2020 zur Last, er habe am 18.9.2019 gegen 19.00 Uhr im Genossenschaftsjagdgebiet BB in Z beim Hof „CC“ dem Verbot nach § 42 Abs 2 erster Satz TJG 2004 zuwidergehandelt, indem er Wild durch Abschießen von Schüssen aus einer Leuchtpistole/einem Feuerwerkskörper vorsätzlich beunruhigt habe, obwohl der Eigentümer eines Grundstückes nur durch geeignete Maßnahmen Haarwild von seinem Grundstück, jedoch ohne Benützung von Schusswaffen, fernhalten dürfe. Der Knall (Schuss) von einer Leuchtpistole/einem Feuerwerkskörper sei dem Schuss einer Schusswaffe gleichzusetzen.

Dadurch habe der Beschwerdeführer § 70 Abs 2 Z 19 Tiroler Jagdgesetz 2004 (TJG 2004), LGBl Nr 41/2004, in der Fassung LGBl Nr 62/2017 in Verbindung mit § 42 Abs 2 erster Satz TJG 2004, LGBl Nr 41/2007, verletzt, weshalb über ihn unter Zugrundelegung des § 70 Abs 2 Z 19 TJG 2004, LGBl Nr 41/2004, in der Fassung LGBl Nr 62/2017 eine Geldstrafe in der Höhe von EUR 150,00 (im Fall der Uneinbringlichkeit 12 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt wurde. Der von ihm zu leistende Beitrag zu den Kosten des verwaltungsbehördlichen Strafverfahrens wurde mit EUR 15,00 bestimmt.

Dagegen richtet sich die Beschwerde des Beschwerdeführers an das Landesverwaltungsgericht Tirol (LVwG Tirol) mit dem Antrag, das Straferkenntnis zu beheben und das gegen ihn geführte Verwaltungsstrafverfahren einzustellen. Begründend führt der Beschwerdeführer ins Treffen, er sei zur Tatzeit nicht am Tatort gewesen.

Beweis wurde aufgenommen durch Einsichtnahme in die Anzeige vom 19.9.2019, die Niederschriften über die Einvernahmen des DD am 4.10.2019, des EE am 4.10.2019, des FF am 4.10.2019 und des Beschwerdeführers am 19.12.2019, das angefochtene Straferkenntnis, die Beschwerde samt Beilagen, die Stellungnahme des Amtssachverständigen aus dem Fachbereich Fahrzeugtechnik vom 11.3.2020 (OZ 3), die Stellungnahmen der GG GmbH vom 12.3.2020 (OZ 4 und 6), den Aktenvermerk über ein Telefonat mit dem Amtssachverständigen aus dem Fachbereich Jagdwirtschaft und Wildökologie vom 12.3.2020 (OZ 7), die eingeholten Verwaltungsstrafregisterauszüge, datiert mit 12.3.2020, wonach der Beschwerdeführer nicht unbescholten ist und die Aktenvermerke des LVwG Tirol vom 15.6.2020 (OZ 10 und 11) sowie Einvernahme des Beschwerdeführers als Partei, des DD, des EE und des FF als Zeugen und des Amtssachverständigen aus dem Fachbereich Jagdwirtschaft und Wildökologie im Rahmen der Verhandlung am 24.6.2020 (vgl Verhandlungsschrift in OZ 12).

II.      Sachverhalt:

Es kann nicht festgestellt werden, ob es der Beschwerdeführer war, der zur Tatzeit am Tatort einen Schuss abgegeben hat. Der Zeuge DD hat die Person, die den Schuss abgegeben hat, nicht gesehen. Die Zeugen FF und EE befanden sich zum Zeitpunkt der Schussabgabe am Schulterkopf und nahmen die Person, die den Schuss abgegeben hat, auf dem Grundstück des Beschwerdeführers - einer frei zugänglichen Wiese - wahr, konnten sie aber nicht identifizieren. Aufgrund der Entfernung vom Schulterkopf zum Tatort ist es (auch mit Spektiv) unwahrscheinlich, dass Personen, die am Schulterkopf stehen, Personen, die am Tatort stehen, genau erkennen.

III.     Beweiswürdigung:

Der Beschwerdeführer streitet ab, zur Tatzeit am Tatort gewesen zu sein. Er behauptet, er habe sich zur Tatzeit im Tal X aufgehalten. Beweisen kann er diese Behauptung nicht.

Der Zeuge DD weiß nicht, wer den Schuss abgegeben hat (vgl OZ 12 S 5). Der Zeuge FF hat vom Schulterkopf aus zwar eine Person, die den Schuss abgefeuert hat, gesehen, weiß aber nicht, ob es sich bei selbiger um den Beschwerdeführer gehandelt hat (vgl OZ 12 S 7). Der Zeuge EE hat sich zum Zeitpunkt der Schussabgabe ebenfalls am Schulterkopf befunden. Er leitete die Annahme, dass der Beschwerdeführer geschossen hat, aus drei Gründen ab: erstens stand die von ihm wahrgenommene Person auf dem Grundstück des Beschwerdeführers, zweitens hatte die Person die Statur des Beschwerdeführers und drittens gab es im Dorf schon lange das Gerücht, der Beschwerdeführer vertreibe Wild mit Schüssen. Der Zeuge EE bekräftigte in der Verhandlung, dass er nicht genau wisse, ob es sich beim Schützen um den Beschwerdeführer gehandelt hat (vgl OZ 12 S 5 und 6). Der Amtssachverständige aus dem Fachbereich Jagdwirtschaft und Wildökologie führte am 29.5.2020 einen Ortsaugenschein durch. Er stellte fest, dass es (auch mit Spektiv) nicht möglich ist, vom Schulterkopf aus genau zu erkennen, wer den Schuss auf der frei zugänglichen Wiese abgegeben hat (vgl OZ 12 S 7). Der Tatort ist für jedermann frei zugänglich. Allein aus der Tatsache, dass der Schuss vom Grundstück des Beschwerdeführers aus abgegeben worden war, lässt sich folglich nicht schließen, dass der Beschwerdeführer der Schütze war. Das LVwG Tirol hat den Körperbau des Beschwerdeführers in der Verhandlung gesehen. Das äußere Erscheinungsbild des Beschwerdeführers entspricht jenem diverser anderen Menschen. Die Statur des Beschwerdeführers ist sohin nicht derart markant, dass nur der Schluss gezogen werden kann, dass der Beschwerdeführer geschossen hat. Im Ergebnis kann nicht festgestellt werden, ob der Beschwerdeführer den Schuss abgegeben hat.

IV.      Rechtslage:

1. § 42 Tiroler Jagdgesetz (TJG 2004), LGBl Nr 41/2004, lautet (auszugsweise):

„§ 42

Schutz des Wildes

(1) […]

(2) Jede vorsätzliche Beunruhigung und jede Verfolgung von Wild, das Berühren und Aufnehmen von Jungwild sowie das Halten und Befördern von lebendem Wild durch Personen, die zur Jagdausübung nicht berechtigt sind, ist verboten. Kommt lebendes oder verendetes Wild in den Besitz solcher Personen, so haben sie es unverzüglich beim Jagdausübungsberechtigten oder bei seinem Jagdschutzpersonal abzuliefern.

(3) […]“

2. § 70 TJG 2004, LGBl Nr 41/2004, in der Fassung LGBl Nr 26/2017 lautet (auszugsweise):

„§ 70

Strafbestimmungen

(1) […]

(2) Wer

1.   […]

[…]

19. den Verboten nach § 42 Abs. 1 erster Satz oder § 42 Abs. 3 erster Satz ohne eine entsprechende Ausnahmebewilligung zuwiderhandelt,

[…]

begeht eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde mit Geldstrafe bis zu 6.000,- Euro zu bestrafen.

(3) […]“

3. § 45 VStG, BGBl Nr 52/1991, in der Fassung BGBl I Nr 33/2013, lautet (auszugsweise):

„§ 45. (1) Die Behörde hat von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn

1.   die dem Beschuldigten zur Last gelegte Tat nicht erwiesen werden kann oder keine Verwaltungsübertretung bildet;

[…]“

V.       Erwägungen:

Nach dem Ergebnis des durchgeführten Ermittlungsverfahrens bestehen Zweifel an der Täterschaft des Beschwerdeführers. Niemand hat die Person, die den Schuss am Tatort abgegeben hat, genau erkannt. Im Zweifel hat die Bestrafung daher zu unterbleiben.

Das angefochtene Straferkenntnis ist aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 1 VStG einzustellen.

VI.      Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

Ob der Beschwerdeführer oder eine andere Person den Schuss abgegeben hat, ist eine reine Frage der Beweiswürdigung und als solche nicht revisibel. Insofern liegt eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinn des Art 133 Abs 4 B-VG nicht vor.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Soweit die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof in Wien für zulässig erklärt worden ist, kann innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung dieser Entscheidung eine ordentliche Revision erhoben werden. Im Fall der Nichtzulassung der ordentlichen Revision kann innerhalb dieser Frist nur die außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden.

Wenn allerdings in einer Verwaltungsstrafsache oder in einer Finanzstrafsache eine Geldstrafe von bis zu Euro 750,00 und keine Freiheitsstrafe verhängt werden durfte und im Erkenntnis eine Geldstrafe von bis zu Euro 400,00 verhängt wurde, ist eine (ordentliche oder außerordentliche) Revision an den Verwaltungsgerichthof wegen Verletzung in Rechten nicht zulässig.

Jedenfalls kann gegen diese Entscheidung binnen sechs Wochen ab der Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, Freyung 8, 1010 Wien, erhoben werden.

Die genannten Rechtsmittel sind von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abzufassen und einzubringen und es ist eine Eingabegebühr von Euro 240,00 zu entrichten. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist direkt bei diesem, die (ordentliche oder außerordentliche) Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist beim Landesverwaltungsgericht Tirol einzubringen.

Es besteht die Möglichkeit, für das Beschwerdeverfahren vor dem Verfassungsgerichtshof und für das Revisionsverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof Verfahrenshilfe zu beantragen. Verfahrenshilfe ist zur Gänze oder zum Teil zu bewilligen, wenn die Partei außerstande ist, die Kosten der Führung des Verfahrens ohne Beeinträchtigung des notwendigen Unterhalts zu bestreiten bzw wenn die zur Führung des Verfahrens erforderlichen Mittel weder von der Partei noch von den an der Führung des Verfahrens wirtschaftlich Beteiligten aufgebracht werden können und die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung nicht als offenbar mutwillig oder aussichtslos erscheint.

Für das Beschwerdeverfahren vor dem Verfassungsgerichtshof ist der Antrag auf Verfahrens-hilfe innerhalb der oben angeführten Frist beim Verfassungsgerichtshof einzubringen. Für das Revisionsverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof ist der Antrag auf Verfahrenshilfe innerhalb der oben angeführten Frist im Fall der Zulassung der ordentlichen Revision beim Landesverwaltungsgericht Tirol einzubringen. Im Fall der Nichtzulassung der ordentlichen Revision ist der Antrag auf Verfahrenshilfe beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen. Dabei ist im Antrag an den Verwaltungsgerichtshof, soweit dies dem Antragsteller zumutbar ist, kurz zu begründen, warum entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichtes die Revision für zulässig erachtet wird.

Zudem besteht die Möglichkeit, auf die Revision beim Verwaltungsgerichtshof und die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof zu verzichten. Ein solcher Verzicht hat zur Folge, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof und eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof nicht mehr erhoben werden können.

Landesverwaltungsgericht Tirol

MMag.a Dr.in Besler

(Richterin)

Schlagworte

Vorsätzliches Beunruhigen von Wild;
Zweifel an der Täterschaft;

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGTI:2020:LVwG.2020.34.0542.13

Zuletzt aktualisiert am

18.08.2020
Quelle: Landesverwaltungsgericht Tirol LVwg Tirol, https://www.lvwg-tirol.gv.at
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