TE Vfgh Erkenntnis 2020/6/23 E706/2020 ua

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Veröffentlicht am 23.06.2020
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Index

97/01 Öffentliches Auftragswesen

Norm

B-VG Art7 Abs1
B-VG Art83 Abs2
EMRK Art6 Abs1 / Verfahrensgarantien
EMRK Art8
BundesvergabeG 2018 §333
BundesvergabeG 2018 §337
AVG §17
VwGVG §21
VfGG §7 Abs1

Leitsatz

Verletzung im Gleichheitsrecht und im Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter durch Abweisung eines – mit einem Antrag auf Ausnahme von der Akteneinsicht verbundenen – vergaberechtlichen Nachprüfungsantrags mangels Mitwirkung der antragstellenden Partei; Erforderlichkeit der Interessenabwägung zwischen dem Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen und der Wahrung des Rechts auf Akteneinsicht und Transparenz

Spruch

I. Die beschwerdeführende Partei ist durch die angefochtenen Entscheidungen in den verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten auf Gleichheit vor dem Gesetz (Art7 Abs1 B-VG) sowie auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter (Art83 Abs2 B-VG) verletzt worden.

Die Entscheidungen werden aufgehoben.

II. Der Bund (Bundesministerin für Justiz) ist schuldig, der beschwerdeführenden Partei zuhanden ihrer Rechtsvertreterin die mit € 3.096,– bestimmten Prozesskosten binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Entscheidungsgründe

I. Sachverhalt, Beschwerde und Vorverfahren

1. Die Autobahnen- und Schnellstraßen-Finanzierungs-Aktiengesellschaft (ASFINAG, im Folgenden: erstbeteiligte Partei) hat im März 2019 ein offenes Vergabeverfahren zum Abschluss einer Rahmenvereinbarung im Oberschwellenbereich "Liefern und Versetzen von Fahrzeugrückhaltesystemen aus Stahl nach Losen österreichweit" bekannt gemacht. In diesem Vergabeverfahren legten unter anderem die beschwerdeführende Partei (mit Sitz in Deutschland) und die zweitbeteiligte Partei, eine Gesellschaft mit Sitz in Österreich, Angebote.

2. Am 26. August 2019 übermittelte die erstbeteiligte Partei der beschwerdeführenden Partei Ausscheidensentscheidungen betreffend ihre Angebote für näher bezeichnete Lose und die Mitteilung, dass sie beabsichtige, die Rahmenvereinbarung über diese Lose mit der zweitbeteiligten Partei abzuschließen. Ihre Ausscheidensentscheidungen begründet die erstbeteiligte Partei mit der fehlenden (technischen) Eignung (§141 Abs1 Z2 BVergG 2018), damit, dass die Angebote nicht den Anforderungen der Ausschreibung entsprächen (§141 Abs1 Z7 BVergG 2018), und damit, dass eine Aufklärung der beschwerdeführenden Partei keine nachvollziehbare Begründung enthalten habe (§141 Abs2 BVergG 2018).

3. In der Folge beantragte die beschwerdeführende Partei beim Bundesverwaltungsgericht die Nichtigerklärung der Ausscheidensentscheidungen sowie der zugunsten der zweitbeteiligten Partei ergangenen Auswahlentscheidung.

4. In der Sache ist vor dem Bundesverwaltungsgericht insbesondere folgende Frage strittig: Die – nicht angefochtene und bestandsfest gewordene – Ausschreibung sieht unter anderem vor, dass Fahrzeugrückhaltesysteme den europäischen technischen Spezifikationen zu entsprechen und zum Zeitpunkt der Angebotsöffnung über eine CE-Kennzeichnung zu verfügen haben. Die Ausscheidensentscheidungen stützen sich maßgeblich darauf, dass die unter Beiziehung einer externen Prüfstelle durchgeführte Angebotsprüfung ergeben habe, dass das von der beschwerdeführenden Partei angebotene Fahrzeugrückhaltesystem diesen Anforderungen nicht entspreche, weil die CE-Kennzeichnung nicht den zugrunde liegenden Regelungen entspreche. Die beschwerdeführende Partei erachtet eine solche Prüfung für vergabe- und unionsrechtswidrig.

Das Bundesverwaltungsgericht geht davon aus, dass aus der genannten Festlegung in der Ausschreibung bei unionsrechtskonformer Auslegung im Hinblick auf die Rechtsprechung des EuGH (14.6.2007, Rs C-6/05, Medipac-Kazantzidis, Rz 55), die auf die hier einschlägige Rechtslage nach der Bauprodukteverordnung übertragbar sei, folge, "dass die Entsprechung mit den europäischen technischen Spezifikationen, soweit sie Grundlage für eine CE-Kennzeichnung sind, durch Nachweis des Bestehens einer solchen Kennzeichnung erfolgen soll." Darüber hinaus sei aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichtes "aber auch der Ausschreibungstext unabhängig davon in der Weise zu lesen, dass der Nachweis der CE-Kennzeichnung ausreichend ist und sich der Auftraggeber keine weitere inhaltliche Prüfbefugnis der hinter der CE-Kennzeichnung stehenden technischen Gegebenheiten vorbehalten hat, gleich ob eine solche rechtmäßig wäre im Lichte der zitierten Judikatur des EuGH."

Daraus folgt für das Bundesverwaltungsgericht, dass die entscheidende Frage in seinem Nachprüfungsverfahren dahin geht, ob die beschwerdeführende Partei "ein Produkt angeboten hat, das[…] über eine solche Kennzeichnung verfügt."

5. Das Bundesverwaltungsgericht sieht sich aber aus folgendem Grund gehindert, diese Frage zu prüfen:

Die beschwerdeführende Partei habe sich nämlich im Nachprüfungsverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht auf den Standpunkt gestellt, dass große Teile ihres Nachprüfungsantrages und der einschlägigen Beilagen Geschäftsgeheimnisse beinhalten würden, deren Schutz zur Wahrung und Sicherstellung eines funktionierenden Wettbewerbes auf einem ohnehin beschränkten Markt unbedingt notwendig sei. Die einzelnen Marktteilnehmer hätten einen geringen Informationsstand über die Produkte von Mitbewerbern. Insbesondere Informationen zu Zertifikaten und Prüfungen der Produkte anderer Hersteller einschließlich der Information darüber, wer einschlägige Zertifikate ausstelle, seien nicht bekannt. Daher beträfen im Wesentlichen alle im Nachprüfungsantrag vorgebrachten Argumente hinsichtlich der Rechtswidrigkeit der Ausscheidensentscheidungen sowie diese Ausscheidensentscheidungen selbst Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse, die gegenüber der zweitbeteiligten Partei von der Akteneinsicht auszunehmen seien.

Die beschwerdeführende Partei legte daher ihren Nachprüfungsantrag auch in zwei Fassungen vor, nämlich für das Bundesverwaltungsgericht und die erstbeteiligte Partei eine als vertraulich gekennzeichnete, ohne Einschränkungen lesbare Fassung und für die zweitbeteiligte Partei eine weitgehend geschwärzte Fassung, in der sämtliche Punkte unkenntlich gemacht sind, die die Ausscheidensgründe sowie die Bezeichnung des Produktes und Umstände betreffen, anhand derer ein Rückschluss auf das konkret angebotene Produkt möglich wäre.

Über entsprechende Aufforderung durch das Bundesverwaltungsgericht teilte die beschwerdeführende Partei im Nachprüfungsverfahren in einer Stellungnahme vom 25. Oktober 2019 mit, dass die wesentlichen Punkte des Nachprüfungsantrages betreffend die Ausscheidensgründe im Einzelnen Angaben zu konkreten technischen Spezifikationen der von ihr angebotenen Produkte sowie konkrete Angaben zu deren Prüfung enthielten, die einem sachverständigen Konkurrenzunternehmen Rückschlüsse auf die konkrete technische Ausführung bzw die konkreten technischen Eigenschaften der von ihr angebotenen Produkte ermöglichten. Weiters enthielten die Ausführungen im Nachprüfungsantrag äußerst sensible Informationen darüber, wie die beschwerdeführende Partei die ausschreibungsgegenständlichen Anforderungen erfüllt habe. Mit Ausnahme von einigen wenigen Punkten etwa betreffend die Vorgeschichte des Vergabeverfahrens hielt die beschwerdeführende Partei ihren umfassenden Antrag, ihr Angebot, alle Teile des Vergabeaktes, die sich auf ihr Angebot beziehen, und damit insbesondere auch die wesentlichen Ausführungen im Nachprüfungsantrag selbst einschließlich der bekämpften Ausscheidensentscheidungen durch die erstbeteiligte Partei von der Akteneinsicht durch die zweitbeteiligte Partei auszunehmen, aufrecht.

Die erstbeteiligte Partei führt zum Antrag auf Ausnahme von der Akteneinsicht der beschwerdeführenden Partei im Nachprüfungsverfahren aus, dass diese und die übrigen Mitbewerber einander laufend in von der erstbeteiligten Partei durchgeführten Ausschreibungen als Wettbewerber gegenüberstünden. Durch die Einsichtnahme in den Vergabeakt des Auftraggebers, insbesondere Prüfgutachten und den Prüfbericht, soweit darin Angaben zur Angebotskalkulation der Mitbewerber (mit Ausnahme des bei der Angebotseröffnung bereits verlesenen Gesamtpreises) und Angaben zu den eingesetzten Produkten enthalten seien, würden die Mitbewerber in die Lage versetzt, Kenntnis von den Positionspreisen der übrigen Mitbewerber und damit deren Detailkalkulation zu nehmen. Daher sei unter anderem die Einsicht in den von der erstbeteiligten Partei vorgelegten Prüfbericht auf jene Teile zu beschränken, die die beschwerdeführende Partei selbst beträfen. Die Geheimhaltung solcher Daten sei im Betriebsinteresse jedes Unternehmers und überwiege das Interesse auf Akteneinsicht jedenfalls.

6. Mit Spruchpunkt A) I. des angefochtenen Erkenntnisses vom 22. Jänner 2020 wies das Bundesverwaltungsgericht den Antrag der beschwerdeführenden Partei, die ihre Angebote betreffenden Ausscheidensentscheidungen der erstbeteiligten Partei vom 26. August 2019 für nichtig zu erklären, ab. Dies begründet das Bundesverwaltungsgericht wesentlich wie folgt:

"Im konkreten Fall begehrt die Antragstellerin die Nichtigerklärung sie betreffender Entscheidungen des Auftraggebers und möchte gleichzeitig den Schutz ihrer Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse. Diese konkretisierte sie einerseits bereits im für die präsumtive Partnerin der Rahmenvereinbarung weitgehend geschwärzten Antrag auf Nichtigerklärung und wiederholte diesen Antrag auf Wahrung der Vertraulichkeit auf Nachfrage des Bundesverwaltungsgerichtes in der Stellungnahme vom 25.10.2019 und konkretisiert, dass bestimmte, im Wesentlichen sämtliche zur Beurteilung, ob die Ausscheidensentscheidungen rechtmäßig waren, Angaben 'keinesfalls offengelegt werden dürfen'. Sie legt näher dar, warum es sich dabei um zu schützende Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse handelt. Zusammengefasst macht die Antragstellerin geltend, dass der Schutz der Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse unbedingt notwendig sei, zu Wahrung und Sicherstellung eines funktionierenden Wettbewerbs auf einem beschränkten Markt. Das Bundesverwaltungsgericht teilt die Auffassung der Antragstellerin, dass es sich bei diesen Umständen um potentiell zu schützende Informationen handelt. Für das Bundesverwaltungsgericht sind keine Umstände erkennbar, warum das Vorbringen der Antragstellerin hinsichtlich der Beurteilung von diesen Umständen als Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse falsch sein sollte. Nachvollziehbar wurde dargelegt, dass die genannten Informationen nicht allgemein bekannt sind und auch nicht ohne weiteres zugänglich sind. Nachdrücklich wurde bekräftigt, dass diese Informationen geheim sind, weil sie von kommerziellem Wert sind, und insgesamt ist auch erkennbar, dass Geheimhaltungsmaßnahmen gesetzt werden. Dies trifft insbesondere auf die Nennung des angebotenen Produkts sowie die Nennung jener Umstände, wie die Antragstellerin die Ausschreibungsvorgaben erfüllt hat, zu (vgl insbesondere Ausscheidensgrund 6 und 5). Es handelt sich dabei also 'um Tatsachen und Erkenntnisse kommerzieller oder technischer Art, die bloß einer bestimmten und begrenzten Zahl von Personen bekannt sind, nicht über diesen Kreis hinausdringen sollen und an deren Geheimhaltung ein wirtschaftliches Interesse besteht (OGH 20. 5. 2014, 4 Ob 55/14p).'

Dabei kommt dem Umstand zentrale Bedeutung zu, dass die Nachprüfungswerberin selbst die Wahrung der Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse beantragt, ihr Antrag auf Nichtigerklärung gemeinsam mit dem Antrag auf Geheimhaltung der bezeichneten Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse erfolgt.

Nach der zitierten Judikatur des VfGH kann es in bestimmten, außergewöhnlichen Fällen zur Wahrung der Grundrechte eines Dritten bzw anderer Verfahrensbeteiligter oder zum Schutz wichtiger Interessen der Allgemeinheit erforderlich sein, den Parteien bestimmte Informationen vorzuenthalten, solange sichergestellt ist, dass sowohl die Behörde als auch das im Rechtsmittelweg angerufene Verwaltungsgericht über alle entscheidungserheblichen Unterlagen vollumfänglich verfügen.

Aus Sicht der Antragstellerin dürfen die entscheidungsrelevanten Unterlagen nur dem Bundesverwaltungsgericht und der Auftraggeberin bekannt sein, was im vorliegenden Fall auch gegeben ist. Die Stellungnahme vom 25.10.2019 darf der Auftraggeberin nicht bekannt gegeben werden.

Der Schutz von Geheimhaltungsinteressen und das Rechte auf Parteiengehör gelten nicht absolut, die hier entstehende Grundrechtskollision bedarf daher einer Interessenabwägung (vgl Hanslik, Parteiengehör und Geheimnisschutz im Verwaltungsverfahren, S 151). Anders als in der der Rs Varec bzw der dem zitierten Erkenntnis des VwGH und auch des VfGH zu Grunde gelegenen Konstellation geht es verfahrensgegenständlich nicht darum, dass die Geheimhaltungsinteressen eines vom Antragsteller verschiedenen Dritten beeinträchtigt werden könnten. Anders als in den dort verfahrensgegenständlichen und den üblicherweise besprochenen Fallkonstellationen, in denen die Angaben einer mitbeteiligten Partei offengelegt werden sollen damit der Antragsteller mit seinem Rechtsmittel erfolgreich sein kann, kommt hier dem Umstand besondere Bedeutung zu, dass die Antragstellerin den Rechtschutz gesucht hat, die Informationen sie betreffen und sie selbst die erforderlichen Unterlagen in das Verfahren aufgenommen hat bzw deren Verwendung einschränkt, sie dürfen der präsumtiven Partnerin der Rahmenvereinbarung nicht zugänglich gemacht werden.

[…] Abwägung zwischen Interesse auf Zugang der präsumtiven Partnerin der Rahmenvereinbarung und dem Interesse der Antragstellerin auf Geheimhaltung

Üblicherweise wurde in der Konstellation, dass der Antragsteller das Zugangsinteresse für sich in Anspruch nimmt und der Mitbeteiligte das Interesse auf Geheimhaltung argumentiert, dass der Schutzzweck der Norm darin besteht, dass nicht ein Antrag auf Nichtigerklärung dazu verwendet wird, verwendet werden darf, um geheime Informationen zu erlangen, dass also gleichsam neben dem Rechtsschutzinteresse vom Antragsteller auch ein weiteres Interesse verfolgt wird, Informationen von einem Dritten zu bekommen (so auch in der Rs Varec). Im konkreten Fall kann dieser Schutzzweck der Norm, der üblicherweise für eine ausnahmsweise Möglichkeit der Vorenthaltung von Informationen des Mitbeteiligten als Grund herangezogen wird, unzulässige Wettbewerbsvorteile durch das Vergabeverfahren zu verhindern, aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichtes nicht für eine Beschneidung der Verteidigungsrechte der präsumtiven Partnerin der Rahmenvereinbarung herangezogen werden, da der Rechtsschutz eben nicht dazu verwendet oder gar missbraucht wird (so wie dies für Mehrparteienverfahren im Wirtschaftsrecht als potentielle Bedrohung im Raum steht), den Schutzzweck der Norm zu untergraben, da Rechtsschutz nicht vom Träger des Rechts auf Zugang geltend gemacht wird (vgl Hanslik, Parteiengehör und Geheimnisschutz im Verwaltungsverfahren, S 152f). Mit anderen Worten soll es in diesen üblicherweise behandelten Sachverhalten einem Antragsteller nicht möglich sein, im Wege eines Rechtsschutzbegehrens Informationen zu erhalten, die die Wettbewerbsstellung des Mitbeteiligten beeinträchtigen könnten. Gleichzeitig soll er aber die Möglichkeit haben, Rechtsschutz gegen Handlungen Dritter, im Vergaberecht des Auftraggebers, zu bekommen. Der Ausgleich besteht in der Konstellation darin, dass ausnahmsweise geheime Beweise geduldet werden, wiewohl dies nach der zitierten Judikatur des VwGH in einem rechtsstaatlichen Verfahren nicht zulässig ist. Auch der Verfassungsgerichtshof betont, wie zuvor wörtlich wiedergegeben, dass es den Grundsatz jedes rechtsstaatlich geordneten behördlichen Verfahrens darstellt, dass es keine geheimen Beweismittel geben darf. Er hält aber fest, dass es in 'bestimmten, außergewöhnlichen Fällen … zur Wahrung der Grundrechte eines Dritten bzw anderer Verfahrensbeteiligter oder zum Schutz wichtiger Interessen der Allgemeinheit erforderlich sein' kann ',den Parteien bestimmte Informationen vorzuenthalten, solange sichergestellt ist, dass sowohl die Behörde als auch das im Rechtsmittelweg angerufene Verwaltungsgericht über alle entscheidungserheblichen Unterlagen vollumfänglich verfügen (vgl EuGH 14.2.2008, Rs C-450/06, Varec SA; weiters Hanslik, aaO, 139 ff.).' Diese Wertung, Rechtsschutz – üblicherweise des Antragstellers – zu ermöglichen und gleichzeitig Dritte nicht in Rechten auf Wahrung ihrer Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse zu beeinträchtigen und deshalb ausnahmsweise geheime Beweismittel zuzulassen, lässt sich auf den vorliegenden Fall aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichtes nicht uneingeschränkt übertragen. Auf der einen Seite steht das Interesse der präsumtiven Partnerin der Rahmenvereinbarung sämtliche Informationen in einer gerichtlichen Entscheidung und dem zu Grunde liegenden Verfahren zu erhalten, die erforderlich sind, damit sie ein Rechtsmittel einlegen kann und ihre rechtlich geschützten Interessen in denen sie durch die vom Antragsteller begehrte Entscheidung unmittelbar nachteilig betroffen sein kann, vertreten kann. Dies ist Ausfluss des in der gesamten zitierten Judikatur betonten Erfordernisses, dass das Verfahren insgesamt fair zu sein hat. Auf der anderen Seite steht das Interesse der Antragstellerin auf Rechtsschutz – Erfolg ihres Nachprüfungsantrags – und das Interesse der Antragstellerin auf Geheinhaltung der von ihr geltend gemachten – fallbezogen weitgehenden – Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse.

Das in der zitierten Literatur entwickelte Abwägungssystem passt auf den vorliegenden Fall eben nur eingeschränkt, als der Erfolg des Rechtsmittels nicht von der Einsicht in Unterlagen eines von der Antragstellerin verschiedenen Dritten abhängt, sondern von der Bereitschaft der Antragstellerin selbst Unterlagen offenzulegen. Im konkreten Fall geht es nicht um Zugang zu Informationen ohne die ein Rechtsschutz nicht möglich wäre, sondern um einen Rechtsschutz ohne eigene Informationen offenzulegen.

Auch die Antragstellerin hat ein Recht, auf Schutz ihrer geheimen Informationen in einem Verfahren, in dem sie den Rechtschutz sucht. Dieses Interesse ist aber mit dem Interesse des Mitbeteiligten auf Zugang zur Information und dem Erfordernis ein faires Verfahren zu garantieren abzuwägen. Im konkreten Fall ist zu berücksichtigen, dass die Antragstellerin nicht einzelne Aspekte, etwa Messergebnisse oder sonstige technische Spezifikationen, als schützenswert bezeichnet. Wie dargestellt ist das gesamte Verfahren im Ergebnis der präsumtiven Partnerin der Rahmenvereinbarung nicht bekannt zu geben, da die Bekanntgabe von allen angeführten Informationen, zu erheblichen Wettbewerbsbeeinträchtigungen der Antragstellerin führen würde. Insbesondere in Zusammenhang mit dem Ausscheidensgrund 6 (und 5) darf der präsumtiven Partnerin der Rahmenvereinbarung nicht offengelegt werden, worin der Mangel auch nur im Ansatz bestanden hat. Die Antragstellerin begründet dies mit der Wahrung des Wettbewerbs. Auf der anderen Seite steht das Interesse der präsumtiven Partnerin der Rahmenvereinbarung auf Zugang zur Information. Aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichtes sind keine Umstände erkennbar, die ein Überwiegen des Interesses auf Geheimhaltung der von der Antragstellerin geltend gemachten Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse rechtfertigen würden, im Besonderen nicht in dem von der Antragstellerin geltend gemachten Umfang. Wie gezeigt wird ist dies besonders in Zusammenhang mit Ausscheidensgrund 6 erkennbar. Diesbezüglich soll die präsumtive Partnerin der Rahmenvereinbarung über gar keine Informationen verfügen, wie die Antragstellerin die Ausschreibungsvorgaben erfüllt hat. Sie kann daher in keiner Weise beurteilen, ob das Angebot der Antragstellerin ausschreibungskonform ist (Die Antragstellerin verweist in der mündlichen Verhandlung selbst darauf, dass diese Beurteilung für die präsumtive Partnerin der Rahmenvereinbarung erforderlich ist – 'Dies ist im vorliegenden Fall aber nicht gegeben, weil der Rechtsstandpunkt der Mitbeteiligten Partei ausschließlich davon abhängt, dass das Angebot der Antragstellerin ausschreibungskonform ist.'). Aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichts mag das vorgebrachte Interesse am funktionierenden Wettbewerb nicht das Interesse auf ein faires Verfahren überwiegen, weshalb auf dieser Ebene die Interessenabwägung die ausnahmsweise Geheimhaltung der angeführten Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse nicht begründen kann. Auch der wirtschaftliche Wert der geheim zu haltenden Informationen mag in dieser spezifischen Konstellation nicht dazu führen, dass das Interesse der Antragstellerin überwiegt, da ohne Information gerade auch zu Ausscheidensgrund 6 nicht mehr von einem fairen Verfahren gesprochen werden kann, wenn die präsumtive Partnerin der Rahmenvereinbarung über keine Informationen verfügen darf, wie die Antragstellerin die Ausschreibungsvorgaben erfüllt hat. Es ist auch nicht ersichtlich, wie diesem Antrag in Zusammenhang mit Ausscheidensgrund 6 teilweise nachgekommen werden könnte, um einen Interessenausgleich herzustellen. Ein faires Verfahren kann bei Geheimhaltung des 'Themas' des Ausscheidensgrundes 6 nicht garantiert werden. Dabei geht es noch nicht um die Frage, ob die Erwähnung des angebotenen Produkts notwendig ist. Auch in Zusammenhang mit Ausscheidensgrund 5 besteht dieselbe Problematik, dass die präsumtive Partnerin keine Kenntnis darüber haben darf, wie die Ausschreibungsvorgaben erfüllt wurden, sodass auch hier kein Überwiegen des Interesses auf Geheimhaltung erkannt werden kann. Nach der zitierten Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes sind nur bestimmte Informationen geheim zu halten und diese auf das 'unbedingt notwendige Ausmaß' zu beschränken. Im konkreten Fall kann aufgrund des Umfangs nicht mehr davon gesprochen werden, dass es nur um bestimmte Informationen geht. Für das Bundesverwaltungsgericht ist nicht erkennbar, weshalb in dieser Konstellation von einem 'bestimmten, außergewöhnlichen' Fall im Sinne der zitierten Judikatur des Verfassungsgerichtshofes auszugehen ist. Im Ergebnis bedeutet dies, dass jedenfalls die Informationen, die den Ausscheidensgrund 6 und 5 betreffen nicht geheim bleiben dürfen und trotzdem verwertet werden können, da kein Überwiegen des Interesses auf Geheimhaltung erkannt werden kann. Die dort angeführten Informationen sind entscheidungswesentlich, sodass sie der präsumtiven Partnerin der Rahmenvereinbarung offengelegt werden müssten und in einer Entscheidung auch verwertet würden.

In der Rs Varec hat der EuGH in der Konstellation, dass der Mitbeteiligte das Interesse auf Geheimhaltung seiner Informationen dem Antragsteller entgegen hält, eine Interessenabwägung entwickelt, die es ermöglicht, Informationen geheim zu belassen und dennoch in einer Entscheidung zu verwerten. Da im konkreten Fall kein Überwiegen des Geheimhaltungsinteresses der Antragstellerin festgestellt wurde, scheidet diese Verwertung bei gleichzeitiger Geheimhaltung aus.

Aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichtes liegen mit den verfahrensgegenständlichen Anträgen auf Nichtigerklärung der Ausscheidensentscheidungen und der Entscheidung, mit welchem Unternehmer die Rahmenvereinbarung abgeschlossen werden soll und dem Antrag auf Schutz der Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse (Antrag auf Ausnahme von der Akteneinsicht 7.5 und 7.6 des Nachprüfungsantrags sowie dem Vorbringen auf Seite 2 des Antrags auf Nichtigerklärung) in dem von der Antragstellerin mit Stellungnahme vom 25.10.2019 konkretisierten Umfang widerstreitende Anträge vor (in diesem Punkt unterscheidet sich die vorliegende Konstellation von der Rs Varec als dort nicht widerstreitende Anträge einer Partei vorgelegen sind sondern das Interesse auf Zugang zur Information des Antragsstellers dem das Interesse auf Geheimhaltung bei gleichzeitiger Verwertbarkeit der geheimen Informationen des Mitbeteiligten gegenüberstand).

Wie gezeigt kann eine ausnahmsweise Geheimhaltung, nach den vom VfGH und dem EuGH vorgegebenen Kriterien, der angeführten Informationen nicht erfolgen. Dies bedeutet, dass in diesen Punkten entweder dem Antrag auf Geheimhaltung nicht entsprochen wird und die entscheidungswesentlichen Informationen offengelegt werden oder der Antrag auf Geheimhaltung befolgt wird, mit entsprechenden Auswirkungen auf den Erfolg der verfahrensgegenständlichen Nachprüfungsanträge.

Nach §17 Abs3 AVG sind von der Akteneinsicht Aktenbestandteile ausgenommen, insoweit deren Einsichtnahme eine Schädigung berechtigter Interessen einer Partei oder dritter Personen oder eine Gefährdung der Aufgaben der Behörde herbeiführen oder den Zweck des Verfahrens beeinträchtigen würde. Die von der Antragstellerin angeführten Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse können unter 'Schädigung berechtigter Interessen einer Partei' subsumiert werden (so auch VwGH 09.04.0213, Zl 2011/04/0207).

Die Antragstellerin versichert in ihrem Vorbringen nachvollziehbar, dass es sich bei den angeführten Umständen um berechtigte Interessen handelt. Für das AVG (§17 Abs3 und §45 Abs3) gilt, dass wenn Beweisergebnisse nicht dargelegt werden dürfen, dürfen sie auch nicht verwendet werden (VwGH 19.12.2000, Zl 95/12/0007). Lehofer (Lehofer, Parteienrechte in Holoubek/Lang [Hrsg], Allgemeine Grundsätze des Verwaltungs- und Abgabenverfahrens [2006] 420) qualifiziert 'Aktenteile, die den Verfahrensparteien im Rahmen der Akteneinsicht nicht zugänglich gemacht werden', als nicht geeignet, 'als Grundlage von Feststellungen der Behörde zu dienen.'

Unabhängig von den Garantien auf Geheimhaltung nach dem BVergG und dem AVG muss die Antragstellerin mit Stellung ihres Nachprüfungsantrags, Informationen so darlegen, dass mit ihnen ein rechtstaatliches Verfahren im Sinne der zitierten Judikatur geführt werden kann und sie – die im konkreten Fall anwaltlich vertreten ist – entscheidet mit welchen sie betreffenden Unterlagen das Gericht die von ihr begehrte Entscheidung treffen soll, sofern diese Unterlagen zur Wahrung ihrer Rechte erforderlich sind (vgl dazu die Wertung des Gesetzgebers durch §336 BVergG 2018).

Mit anderen Worten: Werden entscheidungsrelevante Unterlagen nicht vorgelegt oder wird beantragt, dass die Verwendung nicht umfänglich erfolgen darf, die ausschließlich aus dem Bereich der Antragstellerin stammen, und besteht keine Möglichkeit die Kenntnis zu subsituieren, geht die Nichtvorlage zu ihren Lasten. Aus der allgemeinen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (27.05.2019, Ra 2019/14/0153) ergibt sich, dass das Offizialprinzip die Parteien nicht davon entbindet, durch ein substantiiertes Vorbringen zur Ermittlung des Sachverhalts beizutragen, wenn es einer solchen Mitwirkung bedarf. 'Dort, wo es der Behörde nicht möglich ist, den entscheidungswesentlichen Sachverhalt ohne Mitwirkung der Partei festzustellen, ist von einer Mitwirkungspflicht der Partei auszugehen. Die Mitwirkungspflicht der Partei ist gerade dort von Bedeutung, wo ein Sachverhalt nur im Zusammenwirken mit der Partei geklärt werden kann, weil die Behörde außerstande ist, sich die Kenntnis von ausschließlich in der Sphäre der Partei liegenden Umständen von Amts wegen zu beschaffen.' Im konkreten Fall wurden die für die Entscheidung relevanten Unterlagen von der Antragstellerin zwar vorgelegt aber dabei beantragt und im Laufe des Verfahrens nachdrücklich bekräftigt, dass diese Unterlagen zu einem sehr großen Teil nicht jeder Partei des Verfahrens gegenüber offengelegt und damit verwertet werden dürfen. Die dieser Judikatur zu Grunde liegende Wertung der Mitwirkungspflicht lässt sich auch auf den vorliegenden Fall übertragen, da gerade im Mehrparteienverfahren nicht erkennbar ist, weshalb das Verwaltungsgericht entgegen einem ausdrücklichen Antrag auf Geheimhaltung der Antragstellerin Umstände gegen den Willen der Antragstellerin in einem Verfahren verwerten darf, sofern durch die Befolgung dieses Begehrens nicht in die Rechte anderer Verfahrensparteien als des Antragstellers eingegriffen wird. Soweit die Antragstellerin meint, dass es Aufgabe 'des BVwG' sei 'die Notwendigkeit der Offenlegung zu beurteilen', ist ihr beizupflichten. Wie dargestellt sind die Informationen in Zusammenhang mit Ausscheidensgrund 6 und 5 entscheidungswesentlich und kann kein Überwiegen des Interesses auf Geheimhaltung festgestellt werden. Die Antragstellerin wurde in der mündlichen Verhandlung vom 13.01.2020 ausdrücklich mit diesem möglichen Widerspruch ihrer Anträge konfrontiert.

'VR: Sie haben beantragt die Nichtigerklärung der Ausscheidensentscheidungen und der Entscheidung über den Abschluss der Rahmenvereinbarung. Weiters haben sie den Antrag auf Schutz ihrer Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse gestellt. Diese haben Sie durch Schwärzung der aus Ihrer Sicht relevanten Teile des Nachprüfungsantrages als auch durch Bezeichnung der Teile des Vergabeaktes, die geheim bleiben sollen, genannt. Auch in der weiteren Stellungnahme, die nach dem Nachprüfungsantrag als Replik auf die Stellungnahme der Auftraggeberin abgegeben wurde, wurden die relevanten Passagen geschwärzt.

Über Nachfrage des Bundesverwaltungsgerichtes haben Sie dies mit Schriftsatz vom 25. Oktober 2019 im Wesentlichen bekräftigt.

Es handelt sich dabei um zwei Anträge, die gegebenenfalls in Widerspruch zueinanderstehen können, dass also die Befolgung bzw der Erfolg des einen die Missachtung bzw die Erfolglosigkeit des anderen bedingen kann.

Antragstellerin-Vertreter: Ich möchte vorausschicken, dass der VfGH in der zitierten Entscheidung betont, dass es für die Wahrung des Rechtsstandpunktes einer Verfahrenspartei erforderlich sein muss, dass Umstände offengelegt werden. Dies ist im vorliegenden Fall aber nicht gegeben, weil der Rechtsstandpunkt der Mitbeteiligten Partei ausschließlich davon abhängt, dass das Angebot der Antragstellerin ausschreibungskonform ist. Es ist Sache des BVwG die Notwendigkeit der Offenlegung zu beurteilen. Das Interesse am Erfolg des Rechtsmittels kann im Einzelnen auf Grund der Bedeutung des Auftrages überwiegen.

VR: Wie meinen Sie das konkret in der verfahrensgegenständlichen Konstellation?

Antragstellerin-Vertreter: Dass das Interesse an der Nichtigerklärung höher gewertet wird, als das Interesse auf Schutz einzelner Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse.

Fachkundiger LR: Und diese Beurteilung, diese Beobachtung, soll Ihrer Auffassung nach im Einzelfall durch den erkennenden Senat erfolgen?

Antragsteller-Vertreter: Ja. Es handelt sich dabei um eine Rechtsfrage. Im Einzelfall ist zu beurteilen, ob die Offenlegung von Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen notwendig ist.

VR: Meinen Sie damit, dass entgegen Ihrem Antrag auf Schutz von Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen unter Betonung des hohen wirtschaftlichen Schadens der bei einer Offenlegung eintreten würde, das Gericht im Einzelfall jeweils zu entscheiden hätte, welches als geheim bezeichnete Faktum offengelegt wird und sich so über den Antrag auf Geheimhaltung hinwegsetzt.

Antragsteller-Vertreter: Aus unserer Sicht hat das Gericht zu entscheiden, in welchem Umfang Akteneinsicht gewährt wird.

VR an AST-Vertreter: Halten Sie die gestellten Anträge weiterhin für aufrecht?

AST-Vertreter: Ja.

VR an AST-Vertreter: Meinen Sie mit Ihrem Vorbringen heute, dass der erkennende Senat selbst beurteilen muss, welche Umstände, die als geheim bezeichnet wurden, und deren Offenlegung nach Ihrem Vorbringen einen hohen wirtschaftlichen Schaden auslösen würde, offengelegt werden, weil sie entscheidungswesentlich sind und es kein faires Verfahren wäre, wenn sie geheim blieben und trotzdem verwertet würden, damit Ihr Antrag auf Nichtigerklärung erfolgreich sein kann.

AST-Vertreter: Aus Sicht der AST liegen, wie im Schriftsatz vom 25.10.2019 ausgeführt, Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse vor bzw hat die AST die dort angeführten Interessen an einer Geheimhaltung von Informationen. Die Interessenswägung, ob es durch eine Einsichtnahme durch die Mitbeteiligte Partei zu einer Schädigung der Interessen der AST kommen kann, ist vom erkennenden Senat vorzunehmen.'

Wie bereits dargelegt besteht für den erkennenden Senat kein Grund den Angaben der Antragstellerin zum drohenden hohen Schaden bei Offenlegung der von ihr als geheim bezeichneten Informationen zu zweifeln, da schlüssig die Marktsituation vorgebracht wurde.

Wenn die Antragstellerin in der mündlichen Verhandlung am 13.01.2020 darauf verweist, dass das Interesse am Erfolg des Rechtsmittels im Einzelnen auf Grund der Bedeutung des Auftrages überwiegen kann ('Das Interesse am Erfolg des Rechtsmittels kann im Einzelnen auf Grund der Bedeutung des Auftrages überwiegen. VR: Wie meinen Sie das konkret in der verfahrensgegenständlichen Konstellation? Antragstellerin-Vertreter: Dass das Interesse an der Nichtigerklärung höher gewertet wird, als das Interesse auf Schutz einzelner Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse.') ist ihr zu entgegen, dass sie auch auf Nachfrage damit in keiner Weise konkretisiert hat, welche der im konkreten Fall umfassend vorzuenthaltenden Informationen von ihr damit gemeint sind.

Auch ihr weiteres Vorbringen in der mündlichen Verhandlung dazu ('Fachkundiger LR: Und diese Beurteilung, diese Beobachtung, soll Ihrer Auffassung nach im Einzelfall durch den erkennenden Senat erfolgen?

Antragsteller-Vertreter: Ja. Es handelt sich dabei um eine Rechtsfrage. Im Einzelfall ist zu beurteilen, ob die Offenlegung von Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen notwendig ist.Das Interesse am Erfolg des Rechtsmittels kann im Einzelnen auf Grund der Bedeutung des Auftrages überwiegen.

Antragsteller-Vertreter: Aus unserer Sicht hat das Gericht zu entscheiden, in welchem Umfang Akteneinsicht gewährt wird.'

ist nicht geeignet etwas zur Auflösung des Widerspruchs der beiden Anträge beizutragen.

Über ausdrückliche Nachfrage in der mündlichen Verhandlung vom 13.01.2020 hat die Antragstellerin bekräftigt ihre Anträge aufrecht zu erhalten ('VR an AST-Vertreter: Halten Sie die gestellten Anträge weiterhin für aufrecht?

AST-Vertreter: Ja.')

Aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichtes scheidet die Annahme einer grundsätzlichen Höherwertigkeit der Nachprüfungsanträge gegenüber dem Antrag auf Geheimhaltung schon deswegen aus, als der Antrag auf Geheimhaltung intentional gestellt wird um Informationen zu schützen, denen ein wirtschaftlicher Wert zukommt, der naturgemäß je nach Sachverhalt unterschiedlich hoch ist.

[…] Abwägung Offenlegung von Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen mit dem Interesse des Antragstellers auf Rechtsschutz

Anders als in der 'Grundvariante' bei der es um die Informationen des vom Antragsteller verschiedenen Dritten geht und gegebenenfalls die Abwägung zu seinem Nachteil ausfällt – die Information also gegen seinen Willen offengelegt werden muss, damit dem Rechtsschutzbegehren nachgekommen werden kann – führt im konkreten Fall ein Überwiegen des Interesses auf Zugang zur Information nicht zwingend zur Offenlegung der Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse. Die Offenlegung der Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse in der 'Grundvariante' dient keinem Selbstzweck, sondern soll ausschließlich dazu erfolgen, dass ein Rechtsschutzbegehren einer anderen Partei als der, die die Geheimhaltung von Informationen vorbringt inhaltlich in einem fairen Verfahren beurteilt werden kann. Im konkreten Fall würde als eine Variante, da die Abwägung zu Gunsten des Interesses auf Zugang - also zu Lasten des Interesses auf Geheimhaltung der Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse bei gleichzeitiger Verwertung (jedenfalls in Zusammenhang mit Ausscheidensgrund 6 und 5) des Antragstellers – erfolgt, vor dem Hintergrund des zuvor beschriebenen Zwecks der zwangsweisen Offenlegung schlicht in Betracht kommen, dass der Antragsteller die Konsequenz zu tragen hätte, dass sein Antrag deswegen erfolglos bleibt, weil – wie von ihm beantragt – seine Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse nicht offengelegt und daher auch nicht in einem Erkenntnis oder Beschluss verwertet werden können, sofern die nicht geheimen Informationen die beantragte Entscheidung nicht zu tragen vermögen. Soweit es sich dabei um eine entscheidungswesentliche Information handelt, wird die begehrte Entscheidung nicht im Sinne des Antragstellers getroffen werden können, als im Verfahren das erforderliche Sachsubstrat fehlt. Feststellung, Beweiswürdigung und rechtliche Beurteilung kann dann nur anhand der verwertbaren Informationen getroffen werden (siehe dazu allgemein Lehofer, Parteienrechte in Holoubek/Lang [Hrsg], Allgemeine Grundsätze des Verwaltungs- und Abgabenverfahrens [2006] 420).

Anders als in der Grundvariante – Mitbeteiligter muss Informationen offenlegen, wenn seine Geheimhaltungsinteressen nicht überwiegen – könnte daher vertreten werden, dass in dem konkreten Sachverhalt eine verpflichtende Offenlegung der Information gegen den Willen der Antragstellerin nicht erforderlich ist, da die negativen Konsequenzen einer solchen Abwägung die Antragstellerin selbst trägt und nicht wie in der Grundvariante der Dritte. Dort wird das Rechtsschutzinteresse des Antragstellers gegen das Geheimhaltungsinteresse des Dritten abgewogen. In der hier relevanten Konstellation wird das Rechtsschutzinteresse des Antragstellers aber nicht gegen das Geheimhaltungsinteresse eines Dritten abgewogen, sondern es geht vielmehr darum, dass beide, durch Anträge konkretisierte, Interessen bei derselben Verfahrenspartei, der Antragstellerin liegen und demgegenüber das Interesse des Dritten auf Zugang zur Information, was wiederum dem fairen Verfahren dient, steht. Die Antragstellerin will Rechtsschutz und umfassende Geheimhaltung ihrer Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse.

Im konkreten Fall könnte aber auch überlegt werden, ob Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse der anwaltlich vertretenen Antragstellerin gegen ihren ausdrücklichen Willen, im konkreten Fall ergibt sich dies eindeutig aus ihrer Stellungnahme vom 25.10.2019 (die Geheimhaltung ist zur Wahrung und Sicherstellung eines funktionierenden Wettbewerbs vor dem Hintergrund des konkreten wenig wettbewerbsintensiven Markts unbedingt notwendig), mit der sie auf das Schreiben des Bundesverwaltungsgerichtes reagiert hat und dem Antrag auf Nichtigerklärung, offenzulegen sind, damit ihrem anderen Rechtsschutzinteresse und dem Interesse des fairen Verfahren insgesamt nachgekommen wird. Im konkreten Fall wird der Wille auf Geheimhaltung auch in der mündlichen Verhandlung vom 13.01.2020 unterstrichen ('AST-Vertreter: Aus Sicht der AST liegen, wie im Schriftsatz vom 25.10.2019 ausgeführt, Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse vor bzw hat die AST die dort angeführten Interessen an einer Geheimhaltung von Informationen.') und die entsprechenden Anträge ausdrücklich aufrechterhalten. Dass in der mündlichen Verhandlung auch folgendes erklärt wurde, ('Das Interesse am Erfolg des Rechtsmittels kann im Einzelnen auf Grund der Bedeutung des Auftrages überwiegen.

VR: Wie meinen Sie das konkret in der verfahrensgegenständlichen Konstellation?

Antragstellerin-Vertreter: Dass das Interesse an der Nichtigerklärung höher gewertet wird, als das Interesse auf Schutz einzelner Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse.

Fachkundiger LR: Und diese Beurteilung, diese Beobachtung, soll Ihrer Auffassung nach im Einzelfall durch den erkennenden Senat erfolgen?

Antragsteller-Vertreter: Ja. Es handelt sich dabei um eine Rechtsfrage. Im Einzelfall ist zu beurteilen, ob die Offenlegung von Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen notwendig ist.') ändert daran nichts, da sie keiner Weise dargelegt hat, um welche Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse es sich dabei handelt.

Die Antragstellerin betont in ihrer Stellungnahme vom 25.10.2019 als auch auf Nachfrage in der mündlichen Verhandlung vom 13.01.2020 den hohen wirtschaftlichen Schaden, den sie durch Übermittlung der Informationen an die präsumtive Partnerin der Rahmenvereinbarung erleiden würde. Sie wiederholt ihr Begehren auf Geheimhaltung ausdrücklich in ihrer Antwort auf das Schreiben des Bundesverwaltungsgerichtes und in der mündlichen Verhandlung vom 13.01.2020. Sie bringt also mehrfach zum Ausdruck, dass die Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse für sie einen hohen Wert besitzen (vgl 1.1.5. und 1.1.6. letzter Satz der Stellungnahme vom 25.10.2019). Ein Umstand, der in der Grundvariante bei einer Abwägung für das Interesse auf Geheimhaltung herangezogen wird und als mögliche Begründung für die Geheimhaltung angeführt wird (vgl Hanslik, Parteiengehör und Geheimnisschutz im Verwaltungsverfahren, S 151ff.) Im konkreten Fall kann der hohe Wert die Geheimhaltung im Verhältnis zum Zugangsinteresse aber nicht rechtfertigen, da wie zuvor gezeigt, in der konkreten Konstellation das Zugangsinteresse und das Erfordernis eines fairen Verfahrens trotz des hohen Wertes der Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse überwiegen (vgl die zuvor 3.2.13. durchgeführte Interessenabwägung). Gerade dieses Argument des hohen wirtschaftlichen Wertes zeigt auch, weshalb eine zwangsweise Offenlegung fallbezogen nicht argumentierbar ist.

Durch den Antrag auf weitgehende Ausnahme der relevanten Informationen und der ausdrücklichen Stellungnahme vom 25.10.2019, in der von 'keinesfalls offengelegt werden dürfen', in Zusammenhang mit den Informationen zu den Ausscheidensgründen 6 und 5 (1.1.6. der Stellungnahme vom 25.10.2019) gesprochen wird und der wirtschaftliche Wert und der Schaden – 'Wahrung und Sicherstellung eines funktionierenden Wettbewerbs … unbedingt notwendig ist' (1.1.3. der Stellungnahme vom 25.10.2019) – für die Wettbewerbsstellung im Falle der Offenlegung ins Treffen geführt wird, hat die anwaltlich vertretene Antragstellerin ihre Wertung, dass ihrem Antrag auf Geheimhaltung ihrer Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse gefolgt werden muss ('keinesfalls offengelegt werden dürfen') eindeutig vertreten. Aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichtes dürfen daher jedenfalls die in diesem Zusammenhang behandelten Informationen nicht offengelegt werden, da das entsprechende anwaltliche Vorbringen ('keinesfalls offengelegt werden dürfen') auch in Zusammenschau mit den Ausführungen in der mündlichen Verhandlung, wo nur allgemein von 'im Einzelnen' oder 'einzelner Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse' gesprochen wird, hinreichend klar ist und keinen Interpretationsspielraum am Willen der Antragstellerin zulässt. Wollte das Bundesverwaltungsgericht von diesem Antrag – auf Nichtigerklärung bei gleichzeitiger Wahrung der geltenden gemachten Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse – abweichen, müsste es sich über den ausdrücklichen Willen der Antragstellerin hinwegsetzen und die kaufmännische Beurteilung vornehmen, dass die Wertung der Antragstellerin im konkreten Fall nicht stimmt, ihr zuvor widergegebenes Vorbringen überschießend ist, und das Interesse am Rechtsschutz dem Interesse auf Geheimhaltung in diesen Punkten überwiegt. Im gesamten Verfahren, insbesondere auch in der mündlichen Verhandlung vom 13.01.2020, auch auf ausdrückliche Nachfrage, wurde kein konkretes Vorbringen erstattet, das ein solches Vorgehen rechtfertigen würde.

Wie zuvor ausgeführt hat die Antragstellerin mehrfach den hohen wirtschaftlichen Schaden, der ihr durch eine Offenlegung entstehen würde und die Auswirkungen auf den Markt, betont. Auf den vorliegenden Fall angewandt bedeutet dies, dass der weniger grundrechtseingriffsintensive Vorgang darin besteht, die Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse der Antragstellerin jedenfalls in Zusammenhang mit den Ausscheidensgründen 6 und 5 nicht offenzulegen, sondern anhand der von ihr als nicht geheim bezeichneten Angaben ein Verfahren zu gestalten.

Aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichts würde eine zwangsweise Offenlegung der Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse der anwaltlich vertretenen Antragstellerin soweit dies erforderlich ist, um den Antrag auf Nichtigerklärung erfolgreich zu machen weiters dazu führen, dass ihr Antrag umgedeutet würde, damit er eben inhaltlich erfolgreich sein kann. Gerade auch im Mehrparteienverfahren kann nicht erkannt werden, auf welcher Grundlage ein solches Ignorieren des ausdrücklichen Antrags auf Geheimhaltung zu Lasten der anderen Parteien erfolgen könnte, da es nicht um die Konstellation geht, dass im Interesse einer anderen Partei als des Antragstellers die Offenlegung notwendig ist.

Dies entspricht auch der grundsätzlichen Wertung des Verwaltungsgerichtshofes zu §13 AVG (29.09.2015, 2012/05/0198).

Mit ihrer Stellungnahme vom 25.10.2019 sowie bereits mit dem Antrag auf Nichtigerklärung und den Ausführungen in der mündlichen Verhandlung hat die Antragstellerin deutlich zum Ausdruck gebracht, dass die angeführten Unterlagen weiterhin von der Kenntnis der präsumtiven Partnerin der Rahmenvereinbarung entzogen bleiben müssen.

[…] Nachdem kein Überwiegen des Interesses auf Geheimhaltung der Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse festgestellt wurde kann als weniger grundrechtsintensiver Eingriff geprüft werden in einem weiteren Schritt, ob die geltend gemachten Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse so abstrakt umschrieben werden können bzw nicht entscheidungsrelevanten Sachverhalt betreffen (zumindest nicht in der konkreten Formulierung), dass dennoch Rechtsschutz möglich ist und das Verfahren trotz weitgehender Umschreibung und damit nicht erfolgter Offenlegung fair ist. In der Literatur wird zu der Grundvariante, mitbeteiligte Partei will Informationen nicht offenlegen, betont, dass es bei einer solchen Vorenthaltung von Informationen zwingend erforderlich ist, dass ein Recht auf ein faires Verfahren beachtet wird (vgl Hanslik, Parteiengehör und Geheimnisschutz im Verwaltungsverfahren, S 16). Erfolgt eine Beschränkung des Rechts auf Information muss ein Ausgleich hergestellt werden. Wie der Ausgleich der durch eine erfolgte Ausnahme von der Akteneinsicht beschnittenen Verteidigungsrechte gewahrt werden muss und kann wird vom EuGH und auch vom VfGH nicht beantwortet (vgl zum EuGH Hanslik, Parteiengehör und Geheimnisschutz im Verwaltungsverfahren, S 17). In der Literatur werden verschiedene Lösungsansätze zur Auflösung dieser Konstellation in der Grundvariante thematisiert (vgl Hanslik, Parteiengehör und Geheimnisschutz im Verwaltungsverfahren, S 139ff). Im konkreten Fall geht es daher um die Frage, ob es zumindest möglich ist, diese Garantie des fairen Verfahrens unter gleichzeitiger Geheimhaltung und Umschreibung der von der Antragstellerin geltend gemachten Umstände und Informationen zu gewährleisten.

Die geheimen Angaben sind soweit zu abstrahieren als sie dadurch geheim bleiben. Dabei ist der präsumtive Partner der Rahmenvereinbarung in die Position zu bringen, trotz Geheimhaltung und Umschreibung Teil eines fairen Verfahrens zu sein. Zu beachten ist auch, dass nach der Judikatur des Verfassungsgerichtshofes die den Verfahrensparteien vorenthaltenen Informationen 'auf das unbedingt notwendige Ausmaß zu beschränken und alle Möglichkeiten auszuschöpfen' sind, 'die Entscheidungsgrundlagen so zu begrenzen, dass vorzuenthaltende Informationen zur Entscheidungsfindung nicht herangezogen werden müssen.' Auch diese Wertung, dass es sich bei der Geheimhaltung von Angaben um einen Ausnahmefall handelt, spricht für das vorliegende Ergebnis, da wie gezeigt, die Antragstellerin Angaben über das entscheidungswesentliche Verfahren umfassend geheim halten möchte. Schon wegen dieses Ausmaßes wird klar, dass bei Geheimhaltung der präsumtiven Partnerin der Rahmenvereinbarung die Verteidigungsrechte insgesamt potentiell erheblich beeinträchtigt werden.

[…] Beurteilung, ob ein faires Verfahren, trotz Geheimhaltung bzw Umschreibung der von der Antragstellerin geltend gemachten Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse möglich ist

Es ist jedenfalls in Zusammenhang mit Ausscheidensgrund 1 bis 4 zumindest über weite Strecken möglich, dem Interesse auf Wahrung der Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse durch allgemeine Umschreibung der in den Schriftsätzen und Unterlagen behandelten Fragestellungen nachzukommen und gleichzeitig die präsumtive Partnerin der Rahmenvereinbarung in die Position zu bringen ihre rechtlichen Interessen wahren zu können.

Ausscheidensgrund 6

Unmöglich ist die Garantie des fairen Verfahrens bei bloß allgemeiner Umschreibung insgesamt allerdings in Zusammenhang mit den von der Antragstellerin vorgebrachten sensiblen Informationen wie sie die ausschreibungsgegenständlichen Anforderungen erfüllt hat (1.1.6 der Stellungnahme vom 25.10.2019). In diesem Zusammenhang dürften der präsumtiven Partnerin der Rahmenvereinbarung (auch in einem Erkenntnis oder Beschluss) nur solche Informationen bekannt gegeben werden, mittels derer sie ihre Rechte nicht effektiv wahren könnte, da nichts genannt werden darf, was ersichtlich machen würde, welcher Mangel der Antragstellerin vorgeworfen wird. Ob das Angebot der Antragstellerin ausschreibungskonform ist, kann sie daher nicht beurteilen. Eine detaillierte Darstellung hat auch hier zu unterbleiben, da sonst Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse offengelegt würden, wie die Antragstellerin in ihrer Stellungnahme vom 25.10.2019 ausdrücklich argumentiert. Die Darstellung der Rechtmäßigkeit der Ausscheidensentscheidung wäre auf ein abstrakt zu umschreibendes Verfahren reduziert, ohne auf die konkreten entscheidungswesentlichen Umstände eingehen zu dürfen, da diese eben sensible und daher zu schützende Daten beinhalteten. Die Antragstellerin argumentiert in ihrem Schriftsatz vom 25.10.2019, dass im korrespondierenden Vorbringen in '6.10 des Nachprüfungsantrags äußerst sensible Informationen … enthalten wären … .

Auch diese Informationen betreffen … damit kalkulationsrelevante Details des Angebots der Antragstellerin, die Mitbewerbern keinesfalls offengelegt werden dürfen.'

Mit anderen Worten, das öffentlich zu machende Substrat würde die präsumtive Partnerin in Unkenntnis darüber belassen, worum es verfahrensgegenständlich geht. Jedenfalls ist es für sie unmöglich, ihre rechtlich geschützten Interessen mit diesen Umschreibungen zu wahren. Auch unter 1.1.5 erklärt die Antragstellerin in der Stellungnahme vom 25.10.2019 ausdrücklich, weshalb vom Nachprüfungsantrag die 6.5.2, 6.6.1, 6.8.1, 6.9.2 oder 6.10.1 nicht offenzulegen sind, da konkrete Mängel dargestellt werden. In 6.10.1 wird der Ausscheidensgrund 6 abstrakt umschrieben. Da bereits dies der präsumtiven Partnerin der Rahmenvereinbarung nicht bekannt gegeben werden darf, ist nicht ersichtlich, wie ein faires Verfahren garantiert sein soll. Die präsumtive Partnerin darf nicht einmal abstrakt erfahren, aus welchem Grund die Antragstellerin ausgeschieden wurde. Sie kann daher auch kein Vorbringen dazu erstatten. Mit anderen Worten ist nicht einmal die Darstellung des Mangels abstrakt möglich, sodass auch nicht argumentiert werden kann, ob er tatsächlich vorgelegen hat.

Zur Verdeutlichung, aus diesen Punkten wird ersichtlich, dass es der Antragstellerin nicht bloß um Messdaten etc geht, die nicht offengelegt werden dürfen, sondern um letztlich alles was in Zusammenhang mit Ausscheidensgrund 6 steht. Gerade im Zusammenhang mit 6.10.1 fällt dies deutlich auf, als schon aus der entscheidungsrelevanten Umschreibung, des Mangels Rückschlüsse auf die konkrete Eigenschaft (1.1.5 zweiter Absatz) und an die tatsächliche Ausgestaltung des Produktes (1.1.6) möglich sind. Schon diese Umstände (vgl dazu 1.1.6 Satz 1 in Klammer) dürfen 'Mitbewerbern keinesfalls offengelegt werden.'

Konkret bedeutet dies, dass eine Umschreibung des Mangels und des durchgeführten Verfahrens so abstrakt zu erfolgen hätte, dass effektiver Rechtsschutz nicht gewährleistet ist.

Es kann nur mittels der von der Antragstellerin zu Verfügung gestellten öffentlichen Unterlagen bzw soweit ein faires Verfahren gewährleistet ist auch mit 'vertraulichen' Unterlagen, eine Entscheidung erfolgen. Wie dargestellt ist Ausscheidensgrund 6 ohne Offenlegung von Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen nicht darstellbar. Ein Überwiegen des Interesses auf Geheimnisschutz bei gleichzeitiger Verwendung der geheimen Informationen ist nicht gegeben. Eine zwangsweise Offenlegung dieser Informationen ist vor dem Hintergrund des Antrags auf Geheimhaltung und des zitierten Vorbringens der Antragstellerin in der Stellungnahme vom 25.10.2019 (dürfen 'Mitbewerbern keinesfalls offengelegt werden') nicht zulässig. Dies hat zur Konsequenz, dass in diesem Zusammenhang – Ausscheidensgrund 6 – konkret daher nur solche Informationen verwertet werden dürfen, aus denen nicht abgeleitet werden kann, dass die Antragstellerin zu Unrecht ausgeschieden wurde. Diese Unterlagen bilden daher auch die Basis für die Feststellungen. Da die für einen Erfolg ihres Rechtsmittels nötigen Feststellungen nur anhand dieser Unterlagen getroffen werden können, muss die Antragstellerin auch die Konsequenz der begehrten Geheimhaltung tragen, dass die erforderlichen Feststellungen anhand dieser Unterlagen nicht getroffen werden können, weil die öffentlichen Unterlagen diese Feststellung nicht tragen und die nicht öffentlichen Unterlagen nicht verwendet werden können, weil insgesamt ein faires Verfahren trotz Geheimhaltung dieser Unterlagen nicht durch andere Schritte erreicht werden kann. Der nicht geheime Akteninhalt lässt keine Feststellung treffen, wie der Mangel des angebotenen Produkts aus Sicht der Auftraggeberin ausgefallen ist. Es ist insbesondere nicht erkennbar, wie eine 'Reduktion' des Sachverhaltes erfolgen könnte, damit ein faires Verfahren garantiert bleibt, da die entscheidungswesentliche Frage, wie die Antragstellerin die Ausschreibungsvorgaben in diesem Punkt erfüllt hat, nicht angegeben werden darf. Es kann daher auch nicht eine rechtliche Beurteilung vorgenommen werden, dass die Antragstellerin zu Unrecht ausgeschieden worden wäre. Es kann daher nur abgeleitet werden, dass aufgrund des vorliegenden Sachverhalts die Annahme der Auftraggeberin, dass die Antragstellerin auszuscheiden war, nicht rechtswidrig ist, da die Antragstellerin kein verwertbares Vorbringen erstattet hat, dass ihrem Antrag auf Nichtigerklärung zum Erfolg verhelfen würde.

Ausscheidensgrund 5

Im Zusammenhang mit dem Ausscheidensgrund 5 ergibt sich dieselbe Problematik.

Es geht auch hier im konkreten Fall nicht bloß um einzelne Daten, die vertraulich darzustellen wären, sondern um das Vorgehen der Auftraggeberin insgesamt bei der Prüfung des Angebots der Antragstellerin sowie um die tatsächliche Ausgestaltung des Produktes (1.1.6 Satz 1 in Klammer der Stellungnahme vom 25.10.2019). Es darf demnach nicht dargestellt werden, welche Mängel die Auftraggeberin der Antragstellerin konkret vorwirft und auch nicht abstrakt, wie die Antragstellerin das Produkt ausgestaltet hat.

Es kann daher auch in diesem Zusammenhang aus den verwertbaren Informationen nur abgeleitet werden, dass aufgrund des vorliegenden Sachverhalts die Annahme der Auftraggeberin, dass die Antragstellerin auszuscheiden war, nicht rechtswidrig ist, da die Antragstellerin kein verwertbares Vorbringen erstattet hat, dass ihrem Antrag auf Nichtigerklärung zum Erfolg verhelfen würde

Ausscheidensgründe 1 bis 5

Es wären bereits aus der Angabe der Norm um deren Einhaltung es geht, Rückschlüsse auf die von der Auftraggeberin behaupteten Mängel und das durchgeführte Verfahren und dessen Ergebnisse möglich (S 6 der Stellungnahme der Antragstellerin vom 25.10.2019). Konkret wird in der angeführten Beilage (S 6) auf die in der Stellungnahme vom 25.10.2019 auf S 6 Bezug genommen wird, ausschließlich abstrakt der rechtliche Rahmen umschrieben, der einzuhalten ist. Da bereits diese Angabe die Antragstellerin in Rechten verletzen würde, zeigt wie eingeschränkt der Darstellungs- und Argumentationsspielraum des Bundesverwaltungsgerichtes auch in Zusammenhang mit diesen Ausscheidensgründen ist und über wie wenige Informationen die präsumtive Partnerin der Rahmenvereinbarung damit verfügen würde, um Rechtsschutz gegen eine sie allenfalls in Rechten verletzende Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts zu suchen. Auch hier scheidet ein Ausgleich der Interessen durch anderweitige Herstellung eines fairen Verfahrens in Ermangelung von Möglichkeiten aus. Gerade die Bezugnahme auf Rechtsgrundlagen wäre auch erforderlich um zu beurteilen, ob die Auftraggeberin aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichtes unzulässigerweise eine Prüfung des angebotenen Produktes anhand derselben Normen, die der CE-Kennzeichnung zu Grunde gelegen sind, durchgeführt hat oder ob sie zulässigerweise 'etwas anderes' beurteilt hat. Weder die angewandten Normen noch Umschreibungen der durchgeführten Verfahren (vgl etwa S 6 2.1.4 und S 3 1.1.5 der Stellungnahme der Antragstellerin vom 25.10.2019) sind aus Sicht der Antragstellerin zulässig, da diesfalls berechtigte Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse verletzt würden. Es ist an dieser Stelle nochmals zu betonen, dass es der Antragstellerin dabei nicht nur um konkrete Daten, sondern um das durchgeführte Verfahren und die Nennung der aus Sicht der Auftraggeberin nicht eingehaltenen Grundlagen geht.

Für die Frage, ob das von der Antragstellerin angebotene Produkt über eine CE-Kennzeichnung verfügt, kann im konkreten Fall anhand der vorliegenden allen Parteien bekannten Unterlagen, die notwendige Feststellung nicht getroffen werden. Es ist dem Bundesverwaltungsgericht keine Maßnahme erkennbar, wie bei Wahrung des Geschäfts- und Betriebsgeheimnisses, konkret der Bezeichnung des Dokuments auf dem die CE-Kennzeichnung fußt, die Rechte der präsumtiven Partnerin der Rahmenvereinbarung gewahrt werden könnten. Eine Schwärzung sensibler Daten ist im konkreten Fall nicht möglich, da nach erfolgter Schwärzung die Verteidigungsrechte nicht gewahrt werden, da die einzig relevante Aussage, das angebotene Produkt verfüge über eine CE-Kennzeichnung damit nicht nachgewiesen werden kann. Die präsumtive Partnerin der Rahmenvereinbarung hätte nur die Möglichkeit die Aussage des Bundesverwaltungsgerichtes 'zu glauben', eine Überprüfung wäre hingegen nicht möglich. Es handelt sich daher im konkreten Fall um die Frage, wie mit einem solchen geheimen Beweismittel umzugehen ist. Für sich alleine betrachtet mag Rechtsschutz in dieser Konstellation – im Lichte der zitieren Judikatur des Verfassungsgerichtshofes – durch andere Maßnahmen herstellbar sein. Aufgrund der dargestellten übrigen geheim zu haltenden Umstände kann die Vorenthaltung dieses Beweismittels und damit verbunden die nicht mögliche Anführung in einem Erkenntnis oder Beschluss nicht durch andere Maßnahmen kompensiert werden, damit ein faires Verfahren garantiert ist.

In Summe führt dies dazu, dass das Verfahren insgesamt nicht mehr als fair bezeichnet werden könnte, wenn diese Informationen der präsumtiven Partnerin der Rahmenvereinbarung vorenthalten würden. Es ist nicht möglich den entscheidungswesentlichen Sachverhalt auf jene Umstände zu reduzieren bzw zu abstrahieren, die eine weitergehende inhaltliche Beurteilung ermöglichen und dabei trotzdem das Verfahren fair ist. Einzelne der zuvor dargestellten Umstände würden vielleicht zu einer anderen Beurteilung führen, aufgrund des Ausmaßes und der Relevanz der geheim zu haltenden Informationen, ist diese Garantie in Summe aber nicht mehr möglich. Der Rechtsschutz würde soweit eingeschränkt, dass die Möglichkeit der sin

Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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