TE Bvwg Beschluss 2020/2/11 W227 2227487-1

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Veröffentlicht am 11.02.2020
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Entscheidungsdatum

11.02.2020

Norm

B-VG Art133 Abs4
UG §2
VwGVG §7
ZustG §17

Spruch

W227 2227487-1/3E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht beschließt durch die Richterin Mag. Karin WINTER über die Beschwerde von XXXX gegen den Bescheid des Studienpräses der Universität Wien vom 25. Oktober 2019, Zl. 12/24-18/19:

A)

Die Beschwerde wird als verspätet zurückgewiesen und die Beschwerdevorentscheidung wird bestätigt.

B)

Die Revision ist nicht zulässig.

Text

I. Verfahrensgang

1. Mit dem angefochtenen Bescheid wies der Studienpräses der Universität Wien den Antrag des Beschwerdeführers vom 19. Juli 2019 auf Löschung des Prüfungsantritts aus dem Sammelzeugnis wegen Erschleichung einer Leistung gemäß § 12 Abs. 6 Satzung der Universität Wien ab.

In der Rechtsmittelbelehrung wird festgehalten, dass gegen diesen Bescheid innerhalb von vier Wochen ab Zustellung Beschwerde erhoben werden kann.

2. Am 7. Oktober 2019 wurde der Bescheid dem Beschwerdeführer durch Hinterlegung zugestellt.

3. Erst am 5. November 2019 erhob der Beschwerdeführer die vorliegende Beschwerde per Fax.

4. Mit Schreiben vom 7. November 2019 hielt der Studienpräses der Universität Wien dem Beschwerdeführer die Verspätung der Beschwerde vor.

Dazu äußerte sich der Beschwerdeführer folgendermaßen: Er habe am 7. Oktober 2019 den ganzen Tag gearbeitet und erst nach 18 Uhr "Zugriff" auf den Abholschein der Post gehabt. Demnach habe er den Bescheid erst am 8. Oktober 2019 abholen können. Die Anrechnung des Zustelltages, an dem der Bescheid erst ab 16 Uhr abgeholt werden könne, zu der vierwöchigen Frist sei nicht "zumutbar", da "das Gericht an diesem Tag keinen Parteienverkehr" mehr habe und "nicht erreichbar" sei. Nach Erhalt des Bescheids habe er sogleich die Studentenanwaltschaft kontaktiert, um schnellstmöglich einen Beratungstermin zu erhalten. Er sei jedoch immer wieder vertröstet worden und habe erst am 4. November 2019 um 20:32 Uhr einen Beratungstermin für den 5. November bzw. 7. November angeboten bekommen. Beim Beratungstermin habe er die Informationen erhalten, dass die Rechtsmittelfrist erst mit Abholung des Bescheids beginne. Der letzte Tag der Frist sei daher der 5. November 2019.

5. Mit Beschwerdevorentscheidung vom 19. Dezember 2019 wies der Studienpräses der Universität Wien die Beschwerde als verspätet zurück.

6. Am 7. Jänner 2020 stellte der Beschwerdeführer fristgerecht einen Vorlageantrag.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen

Der angefochtene Bescheid wurde dem Beschwerdeführer am 7. Oktober 2019 durch Hinterlegung zugestellt.

Der Beschwerdeführer behob den Bescheid am 8. Oktober 2019.

Erst am 5. November 2019 brachte der Beschwerdeführer die gegenständliche Beschwerde per Fax ein.

2. Beweiswürdigung

Die Feststellungen ergeben sich aus dem Akteninhalt und sind unstrittig.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zur Zurückweisung der Beschwerde (Spruchpunkt A)

3.1.1. Gemäß § 7 Abs. 4 erster Satz VwGVG beträgt die Frist zur Erhebung einer Bescheidbeschwerde vier Wochen.

§ 17 Zustellgesetz (ZustG) lautet:

"§ 17. (1) Kann das Dokument an der Abgabestelle nicht zugestellt werden und hat der Zusteller Grund zur Annahme, dass sich der Empfänger oder ein Vertreter im Sinne des § 13 Abs. 3 regelmäßig an der Abgabestelle aufhält, so ist das Dokument im Falle der Zustellung durch den Zustelldienst bei seiner zuständigen Geschäftsstelle, in allen anderen Fällen aber beim zuständigen Gemeindeamt oder bei der Behörde, wenn sie sich in derselben Gemeinde befindet, zu hinterlegen.

(2) Von der Hinterlegung ist der Empfänger schriftlich zu verständigen. Die Verständigung ist in die für die Abgabestelle bestimmte Abgabeeinrichtung (Briefkasten, Hausbrieffach oder Briefeinwurf) einzulegen, an der Abgabestelle zurückzulassen oder, wenn dies nicht möglich ist, an der Eingangstüre (Wohnungs-, Haus-, Gartentüre) anzubringen. Sie hat den Ort der Hinterlegung zu bezeichnen, den Beginn und die Dauer der Abholfrist anzugeben sowie auf die Wirkung der Hinterlegung hinzuweisen.

(3) Das hinterlegte Dokument ist mindestens zwei Wochen zur Abholung bereitzuhalten. Der Lauf dieser Frist beginnt mit dem Tag, an dem das Dokument erstmals zur Abholung bereitgehalten wird. Hinterlegte Dokumente gelten mit dem ersten Tag dieser Frist als zugestellt. Sie gelten nicht als zugestellt, wenn sich ergibt, dass der Empfänger oder dessen Vertreter im Sinne des § 13 Abs. 3 wegen Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte, doch wird die Zustellung an dem der Rückkehr an die Abgabestelle folgenden Tag innerhalb der Abholfrist wirksam, an dem das hinterlegte Dokument behoben werden könnte.

(4) Die im Wege der Hinterlegung vorgenommene Zustellung ist auch dann gültig, wenn die im Abs. 2 genannte Verständigung beschädigt oder entfernt wurde."

3.1.2. Die durch den dritten Satz des § 17 Abs. 3 ZustG normierte Zustellwirkung der Hinterlegung wird nicht durch Abwesenheit von der Abgabestelle schlechthin, sondern nur durch eine solche Abwesenheit von der Abgabestelle ausgeschlossen, die bewirkt, dass der Empfänger wegen seiner Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte (vgl. VwGH 05.10.2016, Ra 2016/10/0080 m.w.N.).

"Rechtzeitig" im Sinne dieser Bestimmung ist dahin zu verstehen, dass dem Empfänger noch jener Zeitraum für ein Rechtsmittel zur Verfügung stand, der ihm auch im Falle einer vom Gesetz tolerierten Ersatzzustellung üblicherweise zur Verfügung gestanden wäre. Wenn daher der Empfänger durch den Zustellvorgang nicht erst später die Möglichkeit erlangt hat, in den Besitz der Sendung zu kommen, als dies bei einem großen Teil der Bevölkerung infolge ihrer Berufstätigkeit der Fall gewesen wäre, so muss die Zustellung durch Hinterlegung als ordnungsgemäß angesehen werden. Dasselbe gilt, wenn der Partei nach den Verhältnissen des Einzelfalles noch ein angemessener Zeitraum für die Einbringung des Rechtsmittels verblieb (vgl. VwGH Ro 26.05.2015, 2015/01/0004 m.w.N.).

So wurde beispielsweise noch keine unzulässige Verkürzung der Rechtsmittelfrist bei einer Rückkehr einen Tag nach dem Beginn der Abholfrist (vgl. VwGH 15.07.1998, 97/13/0104 m.w.N.; 19.04.2001, 99/06/0049) und bei einer Behebung drei Tage nach der Hinterlegung (vgl. VwGH 27.09.1999, 99/17/0303) sowie bei einer verbleibenden Dauer zur Ausführung des Rechtsmittels von zehn Tagen angenommen (vgl. etwa VwGH 24.02.2000, 2000/02/0027; 18.03.2004, 2001/03/0284).

3.1.3. Für den vorliegenden Fall bedeutet das:

Der Beschwerdeführer behob den Bescheid am 8. Oktober 2019. Damit ist aufgrund der oben dargestellten Grundsätze der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes von einer ordnungsgemäßen Zustellung auszugehen. Denn der Beschwerdeführer hatte jedenfalls fast vier Wochen Zeit, seine Beschwerde auszuführen und damit deutlich mehr als die vom Verwaltungsgerichtshof geforderten zehn Tage (vgl. dazu insbes. nochmals VwGH 18.03.2004, 2001/03/0284). Schon deswegen gehen seine Ausführungen, die Anrechnung des Zustelltages, an dem der Bescheid erst ab 16 Uhr abgeholt werden könne, zu der vierwöchigen Frist sei nicht "zumutbar", ins Leere.

Der weiters vorgebrachte Umstand, wonach der Beschwerdeführer erst gegen Ende der Beschwerdefrist einen Beratungstermin bei der Studentenanwaltschaft bekommen habe, kann an der Wirksamkeit der Zustellung nichts ändern (vgl. wieder VwGH 05.10.2016, Ra 2016/10/0080).

Folglich wurde der angefochtene Bescheid dem Beschwerdeführer am 7. Oktober 2019 rechtmäßig durch Hinterlegung zugestellt.

Damit endete die vierwöchige Rechtsmittelfrist zur Erhebung einer Beschwerde am 4. November 2019.

Die Beschwerde wurde jedoch erst am 5. November 2019 und damit verspätet eingebracht, weshalb sie zurückzuweisen ist (vgl. dazu Fister/Fuchs/Sachs, Verwaltungsgerichtsverfahren2 [2018], § 7 VwGVG, Anm. 14a mit Hinweisen zur Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes).

Eine mündliche Verhandlung (sie wurde nicht beantragt) konnte gemäß § 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG entfallen (vgl. erneut VwGH 05.10.2016, Ra 2016/10/0080 sowie Fister/Fuchs/Sachs, Verwaltungsgerichtsverfahren2 [2018], § 7 VwGVG, Anm. 7 mit weiteren Hinweisen zur Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes).

3.2. Zur Unzulässigkeit der Revision (Spruchpunkt B)

3.2.1. Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

3.2.2. Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt: Dass eine verspätete Beschwerde zurückzuweisen ist, entspricht der oben angeführten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes.

Schlagworte

Löschungsbegehren Prüfungsantritt Rechtsmittelfrist Verspätung Zurückweisung Zustellung Zustellung durch Hinterlegung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W227.2227487.1.00

Im RIS seit

17.08.2020

Zuletzt aktualisiert am

17.08.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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