TE Vwgh Beschluss 1998/1/8 AW 97/19/1194

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Veröffentlicht am 08.01.1998
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
27/02 Notare;

Norm

NO 1871 §19 Abs2;
VwGG §30 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat über den Antrag

des J L in G, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt

in G, der gegen den Bescheid des Bundesministers

für Justiz vom 24. Februar 1997, Zl. 554.00/1-III 6/97, betreffend Enthebung vom Amt als öffentlicher Notar, erhobenen Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, den Beschluß gefaßt:

Spruch

Gemäß § 30 Abs. 2 VwGG wird dem Antrag stattgegeben.

Begründung

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Beschwerdeführer gemäß § 19 Abs. 2 der Notariatsordnung, RGBl. Nr. 75/1871 in der geltenden Fassung, wegen Erreichens der Altersgrenze mit Ablauf des 31. Jänner 1998 von seinem Amt als öffentlicher Notar enthoben.

§ 19 Abs. 1 lit. e der Notariatsordnung sieht vor, daß das Amt eines Notars mit Ablauf des 31. Jänner nach dem Kalenderjahr, in dem der Notar das 70. Lebensjahr vollendet hat, erlischt. Gemäß § 32 Abs. 2 lit. b leg. cit. kann der Notar im Falle des § 19 Abs. 1 lit. e, sobald sein Amt erloschen ist, dieses mit Wirsamkeit nicht fortsetzen. Gemäß Abs. 3 des § 32 leg. cit. hat eine diesen Vorschriften zuwider aufgenommene Notariatsurkunde nicht die Kraft einer öffentlichen Urkunde.

Das Amt des Notars erlischt somit von Gesetzes wegen mit Ablauf des 31. Jänner nach dem Kalenderjahr, in dem der Notar das 70. Lebensjahr vollendet hat.

Gemäß § 30 Abs. 2 VwGG hat der Verwaltungsgerichtshof auf Antrag des Beschwerdeführers die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde mit Beschluß zuzuerkennen, insoweit dem nicht zwingende öffentliche Interessen entgegenstehen und nach Abwägung aller berührten Interessen mit dem Vollzug oder mit der Ausübung der mit Bescheid eingeräumten Berechtigung durch einen Dritten für den Beschwerdeführer ein unverhältnismäßiger Nachteil verbunden wäre.

Der Begriff "Vollzug" in § 30 Abs. 2 VwGG wird vom Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung weit ausgelegt, er versteht darunter jede "Umsetzung eines Bescheides in die Wirklichkeit". Bewirkt ein Bescheid eine Änderung des bei seiner Erlassung bestehenden Rechtszustandes zum Nachteil des Beschwerdeführers, so ist grundsätzlich die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung einer dagegen gerichteten Beschwerde möglich. Auch Bescheide, die infolge ihrer Bindungs- oder Tatbestandswirkung Grundlage für nachfolgende, dem Betroffenen zum Nachteil gereichende Verwaltungsakte sein können, sind daher einem Vollzug im Sinne des § 30 Abs. 2 VwGG zugänglich.

Mit dem angefochtenen Bescheid wird die Rechtsstellung des Bescheidadressaten insofern verändert, als durch diesen Bescheid nunmehr auf eine - auch andere Verwaltungsbehörden oder Gerichte - bindende Weise ausgesprochen wird, daß der Beschwerdeführer seines Amtes als öffentlicher Notar mit Ablauf des 31. Jänner 1998 enthoben ist. Diese Bindungswirkung bedeutet, daß anderen Behörden eine selbständige Beurteilung dieser im Spruch entschiedenen Frage nicht mehr zukommt und in Bindung an den bekämpften Bescheid Verwaltungsakte gesetzt werden können, die dem Beschwerdeführer zum Nachteil gereichen. So verstanden ist auch der angefochtene Bescheid einem Vollzug im Sinne des § 30 Abs. 2 VwGG zugänglich.

Der Beschwerdeführer macht geltend, mit dem angefochtenen Bescheid seien für ihn schwerwiegende Nachteile verknüpft, hingegen sprächen keine öffentlichen Rücksichten für die sofortige Vollstreckung des angefochtenen Bescheides. Die belangte Behörde brachte vor, dem Bescheid komme infolge der direkt aus dem Gesetz erfließenden Wirkungen bloß deklarative Bedeutung zu und er könne somit nicht vollstreckt werden. Damit verkennt die belangte Behörde, daß die mit dem Bescheid verbundene, oben dargestellte Bindungswirkung für Behörden und Gerichte einen unverhältnismäßigen Nachteil im Sinne des § 30 Abs. 2 VwGG darstellt; zwingende, gegen die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung sprechende öffentliche Interessen im Sinne des § 30 Abs. 2 VwGG sind nicht ersichtlich.

Die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung suspendiert im gegenständlichen Fall aber nur die mit dem angefochtenen Enthebungsbescheid verbundene Bindungswirkung. Nicht damit verbunden ist eine - vom Beschwerdeführer nach dem Inhalt seiner Stellungnahme im Verfahren vor dem Verfassungsgerichtshof offenbar angestrebte - positive Rechtsgestaltung in dem Sinn, daß ihm die Ausübung des Amtes als Notar mit Ablauf des 31. Jänner 1998 ungeachtet des Vorliegens aller gesetzlichen Tatbestandsvoraussetzungen für das Erlöschen des Amtes als Notar weiter offenstünde.

Der Beschwerde war daher - im oben dargelegten Rahmen - gemäß § 30 Abs. 2 VwGG die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

Schlagworte

Entscheidung über den Anspruch Unverhältnismäßiger Nachteil Vollzug

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1998:AW1997191194.A00

Im RIS seit

19.06.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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