TE Lvwg Erkenntnis 2020/7/14 LVwG-2020/35/0917-3

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Veröffentlicht am 14.07.2020
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Entscheidungsdatum

14.07.2020

Index

80/02 Forstrecht
40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

ForstG 1975 §19 Abs1
AVG §13 Abs3

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Tirol erkennt durch seinen Richter Dr. Christ über die Beschwerde von Herrn AA, Adresse 1, Z, vertreten durch die Rechtsanwälte BB, Adresse 2, Y, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft X vom 16.1.2020, ***, betreffend den Antrag auf Erteilung einer Rodungsbewilligung nach dem Forstgesetz 1975

zu Recht:

1.   Der Beschwerde wird Folge gegeben und der Spruch des angefochtenen Bescheides dahingehend geändert, dass der verfahrenseinleitende Antrag vom 10.10.2019 auf forstrechtliche Bewilligung der Errichtung des Weges „Adresse 3“ Z als unzulässig zurückgewiesen wird.

2.   Die ordentliche Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I. Verfahrensgang:

1. Zum angefochtenen Bescheid vom 16.1.2020, SZ-WFN/B-3931/5-2020:

Herr CC, Adresse 4, Z, beantragte am 10.10.2019 die Bewilligung zur Errichtung des Weges „Adresse 3“ Z, liegend auf den Gpn. **1, **2 und **3, alle KG Z, mit einer Länge von 283 Lfm.

In den eingereichten Projektunterlagen wird unter anderem der Zweck des Projektes dargelegt und unter diesem Punkt unter anderem auch wie folgt ausgeführt:

„Der Weg verläuft über fremde Grundstücke, die Zustimmungserklärungen der Eigentümer werden den Projektunterlagen beigelegt.“

Nach Durchführung des im angefochtenen Bescheid näher dargestellten Ermittlungsverfahrens, insbesondere nach Einholung eines naturkunde- sowie eines forstfachlichen Amtssachverständigengutachtens, wurde Herrn CC mit dem in weiterer Folge erlassenen und nunmehr angefochtenen Bescheid gemäß den §§ 17 Abs 1 und 3, 18 Abs 1 und 4 und 19 Abs 1 Z 2 des Forstgesetzes 1975 die forstrechtliche Bewilligung zur Rodung

?     eines Teiles der Gp. **1 im Ausmaß von 36 m2 dauernde Rodefläche und 94,5 m2 vorübergehende Rodefläche

•     eines Teiles des Gp. **3 im Ausmaß von 222 m2 dauernde Rodefläche und 265 m2 vorübergehende Rodefläche und

•     eines Teiles der Gp. **2 im Ausmaß von 1422 m2 dauernde Rodefläche und 1124 m2 vorübergehende Rodefläche

also insgesamt einer dauernden Rodefläche im Ausmaß von 1680 m2 und einer vorübergehenden Rodefläche von 1484 m2 in der KG Z, zum Zwecke der Errichtung des sogenannten Wirtschaftsweges „Adresse 3“, gemäß dem beigelegten und signierten Projekt und unter Einhaltung näher bezeichneter Nebenbestimmungen erteilt.

Begründend führt die belangte Behörde im Wesentlichen wie folgt aus:

„Der schlüssigen und nachvollziehbaren Stellungnahme des Amtssachverständigen für Forstwesen ist zu entnehmen, dass die beanspruchte Waldfläche in einer Waldfunktionsfläche mit der Kennziffer *** zu liegen kommt und somit der Schutzwirkung des Waldes hohe Bedeutung beigemessen wird. Ein öffentliches Interesse an der Walderhaltung scheint somit gegeben. Im Bereich der Trasse ist bereits ein bis zu ca. 1,5m breiter Viehtriebsweg Bestand und soll dieser auf künftig 2,5m Fahrbahnbreite ausgeweitet werden. In der Natur stellt sich ein Gutteil der zur gegenständlichen Rodung beantragten Waldfläche bereits als bestehender Ziehweg dar. Von Seiten des forstfachlichen Sachverständigen bestehen bei Einhaltung der vorgeschlagenen Nebenbestimmungen, welche vollinhaltlich in den Spruchpunkt übernommen worden sind, keine Einwände, sodass die Behörde in Summe die Ansicht vertritt, dass das öffentliche Interesse an der Rodung, sprich die leichtere Bewirtschaftung der angrenzenden Waldflächen, aber vor allem der teils sehr steilen Kulturflächen, dem öffentlichen Interesse an der Walderhaltung im beschriebenen Ausmaß überwiegt.

Dienstbarkeitsrechte:

Dem Gst **2 sind u.a Bezugsrechte zu entnehmen. Diese Rechte können auf Gp **2 auf einem Flächenausmaß von 1838784m2 Waldfläche und zudem auf etlichen weiteren Grundstücken laut aktuellen Grundbuchsauszug wahrgenommen werden, sodass die Behörde die Ansicht vertritt, dass diese Rechte aufgrund einer Rodung im Ausmaß von 1422m2 auf gegenständlicher Grundparzelle nicht geschmälert werden und weiterhin ungehindert ausgeübt werden können.“

Laut dem im Akt beiliegenden Rückschein wurde der im vorliegenden Fall angefochtene Bescheid dem Beschwerdeführer am 24.1.2020 zugestellt.

2. Beschwerde:

Gegen den unter Z 1 genannten Bescheid erhob Herr AA, vertreten durch die Rechtsanwälte Bb, Beschwerde an das Landesverwaltungsgericht, welche am 19.2.2020 bei der Bezirkshauptmannschaft X einlangte.

Begründet wurde diese Beschwerde im Wesentlichen wie folgt:

„Inhaltlich wird ausgeführt, dass AA als Eigentümer des Gst **1 weder einer teilweisen dauernden Rodung noch einer vorübergehenden Rodung, wie diese im Bescheid zu Spruchpunkt 1 genehmigt wird, Zustimmung erteilt hat. Der Projektwerber hat entgegen den bisher geäußerten Ankündigungen und Zusagen nach wie vor keine zivilrechtliche Einigung im Sinne eines Vorschlages zum Abschluss eines Parteienübereinkommens vorgelegt. AA hat daher in rechtlicher Hinsicht gar keine andere Möglichkeit, als gegen den vorliegenden Bescheid Beschwerde zu erheben. Aufgrund der fehlenden Zustimmung des Grundeigentümers AA hätte der Bescheid zur Bewilligung der Rodung einer Teilfläche des Gst **1 nicht erlassen werden dürfen.“

3. Verfahren vor dem Landesverwaltungsgericht Tirol:

Vom Landesverwaltungsgericht wurde dem Antragsteller CC mit Schreiben vom 18.5.2020 die Möglichkeit eingeräumt, zur gegenständlichen Beschwerde Stellung zu nehmen.

Von dieser Möglichkeit machte Herr CC keinen Gebrauch, woraufhin dieser vom Landesverwaltungsgericht mit Schreiben vom 15.6.2020 nach § 17 VwGVG iVm § 13 Abs 3 AVG aufgefordert wurde, seinen verfahrenseinleitenden Antrag insofern zu verbessern, als die fehlende Zustimmung der betroffenen Grundstückseigentümer nachzureichen ist.

Diesem Auftrag kam Herr CC nicht nach.

II. Rechtliche Erwägungen:

1. Zur Zuständigkeit des Landesverwaltungsgerichts Tirol:

Die Zuständigkeit des Landesverwaltungsgerichts Tirol, in der vorliegenden Rechtssache zu entscheiden, gründet in der Bestimmung des Art 130 Abs 1 Z 1 B-VG, wonach über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit die Verwaltungsgerichte erkennen.

Das Landesverwaltungsgericht ist in der gegenständlichen Angelegenheit gem Art 131 Abs 1 B-VG zuständig, zumal sich aus den Abs 2 und 3 dieser Bestimmung keine Zuständigkeit des Verwaltungsgerichts des Bundes ergibt.

2. Zur Zulässigkeit der vorliegenden Beschwerde:

Die Beschwerde wurde innerhalb der vierwöchigen Beschwerdefrist nach § 7 Abs 4 VwGVG eingebracht und ist insofern rechtzeitig.

Mangels gegenteiliger Anhaltspunkte ist die vorliegende Beschwerde auch zulässig.

3. Zur Sache:

Die im vorliegenden Zusammenhang maßgeblichen Bestimmungen des Forstgesetzes 1975 (§§ 17 und 19) lauten auszugsweise wie folgt:

„Rodung

§ 17. (1) Die Verwendung von Waldboden zu anderen Zwecken als für solche der Waldkultur (Rodung) ist verboten.

(2) Unbeschadet der Bestimmungen des Abs. 1 kann die Behörde eine Bewilligung zur Rodung erteilen, wenn ein besonderes öffentliches Interesse an der Erhaltung dieser Fläche als Wald nicht entgegensteht.

(3) Kann eine Bewilligung nach Abs. 2 nicht erteilt werden, kann die Behörde eine Bewilligung zur Rodung dann erteilen, wenn ein öffentliches Interesse an einer anderen Verwendung der zur Rodung beantragten Fläche das öffentliche Interesse an der Erhaltung dieser Fläche als Wald überwiegt.

(4) Öffentliche Interessen an einer anderen Verwendung im Sinne des Abs. 3 sind insbesondere begründet in der umfassenden Landesverteidigung, im Eisenbahn-, Luft- oder öffentlichen Straßenverkehr, im Post- oder öffentlichen Fernmeldewesen, im Bergbau, im Wasserbau, in der Energiewirtschaft, in der Agrarstrukturverbesserung, im Siedlungswesen oder im Naturschutz.

(5) Bei der Beurteilung des öffentlichen Interesses im Sinne des Abs. 2 oder bei der Abwägung der öffentlichen Interessen im Sinne des Abs. 3 hat die Behörde insbesondere auf eine die erforderlichen Wirkungen des Waldes gewährleistende Waldausstattung Bedacht zu nehmen. Unter dieser Voraussetzung sind die Zielsetzungen der Raumordnung zu berücksichtigen.“

„Rodungsverfahren

§ 19. (1) Zur Einbringung eines Antrags auf Rodungsbewilligung sind berechtigt:

1. der Waldeigentümer,

2. der an der zur Rodung beantragten Waldfläche dinglich oder obligatorisch Berechtigte in Ausübung seines Rechtes unter Nachweis der Zustimmung des Waldeigentümers,

3. (…)“

Im vorliegenden Fall steht für das Landesverwaltungsgericht fest, dass der beantragte Weg über fremde Grundstücke verläuft. Dies wird vom Antragsteller CC im eingereichten Projekt ausdrücklich klargestellt. Anders als in den Projektunterlagen behauptet, wurden allerdings die Zustimmungserklärungen der Eigentümer dieser fremden Grundstücke den Projektunterlagen nicht beigelegt.

Grundsätzlich sind Mängel schriftlicher Einbringen nach Maßgabe des § 13 Abs 3 AVG der Verbesserung zugänglich und gilt diese Bestimmung nach § 17 VwGVG auch für das Verfahren vor dem Landesverwaltungsgericht.

Dem insofern vom Landesverwaltungsgericht mit Schreiben vom 15.6.2020 erlassenen Verbesserungsauftrag ist der Beschwerdeführer allerdings nicht nachgekommen.

Da somit eine Zustimmung von Herrn AA vom Antragsteller nicht nachgereicht wurde, ist von der Richtigkeit des Beschwerdevorbringens auszugehen, wonach bisher von Herrn AA als Waldeigentümer keine Zustimmung zur im gegenständlichen Fall geplanten Rodung erteilt wurde.

Wie der oben wiedergegebene § 19 Abs 1 Forstgesetz 1975 allerdings zweifelsfrei darlegt, bedarf ein Antrag auf Rodungsbewilligung im Fall der Einbringung durch den an der zur Rodung beantragten Waldfläche dinglich oder obligatorisch Berechtigten des Nachweises der Zustimmung des Waldeigentümers.

Fehlt eine solche Zustimmung, erfüllt ein Antrag nicht die geforderten gesetzlichen Voraussetzungen.

Insofern hätte die belangte Behörde allerdings nicht in der Sache über den gegenständlichen Antrag absprechen dürfen, sondern hätte diesen Antrag als unzulässig zurückweisen müssen.

Insgesamt war daher spruchgemäß zu entscheiden.

4. Zum Entfall einer öffentlichen mündlichen Verhandlung:

Diese Entscheidung konnte trotz einer in der gegenständlichen Beschwerde ausdrücklich beantragten Verhandlung gemäß § 24 Abs 2 Z 1 VwGVG ohne Durchführung einer Verhandlung getroffen werden. Nach dieser Bestimmung kann eine Verhandlung nämlich dann entfallen, wenn der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist.

Diese Voraussetzungen waren im vorliegenden Fall gegeben.

III. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

Gemäß § 25a Abs 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die ordentliche Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Im vorliegenden Fall ist die ordentliche Revision unzulässig, da keine Rechtsfrage iSd Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die im konkreten Fall maßgebliche Rechtsfrage nach den notwendigen Voraussetzungen für die Beantragung einer Rodungsbewilligung konnten aufgrund der eindeutigen Regelungen im Forstgesetz 1975 unmittelbar aufgrund dieses Gesetzes und seiner Materialien gelöst werden (vgl in diesem Sinn etwa den VwGH-Beschluss vom 28.5.2014, Ro 2014/07/0053).

Im Übrigen kommt der vorliegenden Entscheidung keine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zu. Sie liegt insbesondere nicht auch im Interesse der Allgemeinheit an einer einheitlichen, auf zusätzlichen Argumenten gestützten Rechtsprechung. Die Entscheidung betrifft keine aus rechtssystematischen Gründen bedeutsame und auch für die einheitliche Rechtsanwendung wichtige Frage des materiellen oder des formellen Rechts (vgl. etwa VwGH 26.9.1991, 91/09/0144 zum vormaligen § 33a VwGG).

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen diese Entscheidung kann binnen sechs Wochen ab der Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, Freyung 8, 1010 Wien, oder außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist direkt bei diesem, die außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist beim Landesverwaltungsgericht Tirol einzubringen.

Die genannten Rechtsmittel sind von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abzufassen und einzubringen, und es ist eine Eingabegebühr von Euro 240,00 zu entrichten.

Es besteht die Möglichkeit, auf die Revision beim Verwaltungsgerichtshof und die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof zu verzichten. Ein solcher Verzicht hat zur Folge, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof und eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof nicht mehr erhoben werden können.

Landesverwaltungsgericht Tirol

Dr. Christ

(Richter)

Schlagworte

Rodung;
Nachweis der Zustimmung der Grundstückseigentümer;
Verbesserungsauftrag;

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGTI:2020:LVwG.2020.35.0917.3

Zuletzt aktualisiert am

14.08.2020
Quelle: Landesverwaltungsgericht Tirol LVwg Tirol, https://www.lvwg-tirol.gv.at
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