TE Bvwg Erkenntnis 2019/10/15 W119 2123411-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 15.10.2019
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Entscheidungsdatum

15.10.2019

Norm

AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §54
AsylG 2005 §55
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §52 Abs1
BFA-VG §9 Abs3
B-VG Art133 Abs4
FPG §52
IntG §10
IntG §9
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §8a

Spruch

W119 2123411-1/17E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag.a Eigelsberger als Einzelrichterin über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , StA: Mongolei, vertreten durch die ARGE Rechtsberatung - Diakonie, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 17.2.2016, Zl. 1065683505/150410465/BMI-BFA_STM_RD, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:

A)

I. Die Beschwerde wird hinsichtlich der Spruchpunkte I. und II. des angefochtenen Bescheides gemäß §§ 3 Abs. 1 und 8 Abs. 1 AsylG 2005 als unbegründet abgewiesen.

II. In Erledigung der Beschwerde gegen die Spruchpunkte III. und IV. wird ausgesprochen, dass eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Fremdenpolizeigesetz 2005 iVm § 9 Abs. 3 BFA-VG auf Dauer unzulässig ist.

III. Gemäß §§ 54 und 55 AsylG 2005 iVm § 9 und § 10 Integrationsgesetz wird XXXX der Aufenthaltstitel "Aufenthaltsberechtigung" für die Dauer von zwölf Monaten erteilt.

IV. Der Antrag auf Beigabe eines Verfahrenshelfers wird gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG iVm § 8a VwGVG iVm § 52 Abs. 1 BFA-VG wird als unzulässig zurückgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger der Mongolei, reiste gemeinsam mit seiner Ehefrau (GZ W119 2123412) nach Österreich ein und stellte am 22.4.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz.

Im Rahmen seiner Erstbefragung vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes am 24.4.2015 gab der Beschwerdeführer an, der Volksgruppe der Khalkh-Mongolen anzugehören und buddhistischen Glaubens zu sein. In der Heimat habe er von 1958 bis 1962 die Grundschule besucht und habe danach als Viehzüchter gearbeitet. Seine Eltern wären verstorben, eine Tochter aus erster Ehe lebe in der Mongolei, eine weitere Tochter befände sich in Österreich.

Zu seinem Fluchtgrund brachte der Beschwerdeführer vor, dass ihn ein Mann, der offensichtlich ein Chef einer Firma gewesen sei, aufgesucht und sich nach seinem Schwiegersohn - dem Ehemann der in Österreich lebenden Tochter - erkundigt hätte, weil dieser ihm sehr viel Geld schulde. Die Schulden hätte ihm der Beschwerdeführer zurückzahlen sollen. Da er die Summe nicht gehabt habe, sei er von dieser Person geschlagen und bei Nichterstattung des Geldes mit dem Umbringen bedroht worden. Als er der Polizei von diesem Vorfall berichtet hätte, hätte diese nichts unternommen, sondern ihn vielmehr aufgefordert, diesen Mann, der offenbar sehr mächtig und einflussreich sei, in Ruhe zu lassen. Aus Angst um sein Leben sei der Beschwerdeführer ausgereist. Dies sei sein einziger Fluchtgrund. Bei einer Rückkehr befürchte er, von dieser Person getötet zu werden.

Am 10.2.2016 wurde der Beschwerdeführer vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: Bundesamt) niederschriftlich einvernommen.

Dabei erklärte er zunächst, gesund zu sein und sich weder in ärztlicher Behandlung bzw. Therapie zu befinden noch Medikamente zu nehmen. Bis zu seiner Ausreise habe er ständig an seiner Wohnadresse in XXXX in einer mongolischen Jurte gelebt und eine kleine angrenzende Landwirtschaft mit Tieren gehabt. Verlassen habe er diese am 14.4.2015, finanziert worden sei die Ausreise durch den Verkauf seiner Tiere.

Geflohen sei er, weil ihn im Juni 2014 ein Mann aufgesucht und $ 50.000 gefordert habe. Da der Beschwerdeführer das Geld nicht gehabt hätte, habe er sich gemeinsam mit seiner Frau entschieden, die Mongolei zu verlassen. Sein Schwiegersohn befinde sich bereits hier und sie hätten zu ihrer Familie gewollt. Worum genau es sich bei dieser Forderung handle, könne der Beschwerdeführer nicht sagen, weil sein Schwiegersohn, der angebliche Schuldner, die Heimat bereits viel früher verlassen habe. Zwischen dem Jahr 2012 - der Einreise seines Schwiegersohnes in Österreich - und dem Juni 2014 habe es keine Probleme gegeben. Warum dies so sei, könne der Beschwerdeführer nicht angeben, vielleicht habe diese Person recherchiert. Von dem Mann, der ihn bedroht haben soll, kenne er nur den Vornamen, ansonsten wisse er nichts über ihn, auch nicht, wo er wohne. Da der Beschwerdeführer immer wieder belästigt und bedroht worden sei, habe er ein paar Tiere verkauft und dieser Person im August 2014 $ 10.000 gegeben. Auf Nachfrage hin erklärte der Beschwerdeführer, von Juni 2014 bis zur Ausreise im April 2015 immer wieder belästigt worden zu sein. Zu seinem Schwiegersohn habe er keinen Kontakt gehabt. Vorgehalten, wie er dann genau zu seinem Schwiegersohn gereist sei, erwiderte der Beschwerdeführer, er könne nichts dazu sagen, weil er nicht besonders gebildet sei. Weiters erklärte der Beschwerdeführer auf Nachfrage hin, einmal bei der Polizei gewesen zu sein, wo man ihm zugesagt hätte, dass Ermittlungen getätigt würden. Als er die Polizei nochmals aufgesucht habe, habe man ihm mitgeteilt, dass er die Schulden zahlen müsse. Seine Angaben in der Erstbefragung vorgehalten, wonach ihn die Polizei aufgefordert hätte, diese Personen Ruhe zu lassen, meinte der Beschwerdeführer, dass beides doch ähnlich wäre. Auf weiteren Vorhalt hin, dass das Vorbringen seines Schwiegersohnes als nicht glaubhaft erachtet und dessen Verfahren in allen Instanzen abgewiesen worden sei, auch die VfGH Beschwerde, erklärte der Beschwerdeführer, sich nicht auszukennen. Sein Schwiegersohn habe ihm nur gesagt, dass er kein Geld hätte zahlen müssen, über dessen Verfahren wisse der Beschwerdeführer nichts. Dass er selbst erst im April 2015 ausgereist sei, erklärte er damit, Zeit für die Finanzierung der Ausreise benötigt zu haben.

Zu einer möglichen Rückkehr gab der Beschwerdeführer an, dass das Leben in der Mongolei schwieriger als in Österreich sei. Er habe alles verkauft, hätte mit wirtschaftlichen Problemen zu kämpfen und müsste neu beginnen.

Ausdrücklich erklärte der Beschwerdeführer, von staatlicher Seite nichts zu befürchten zu haben. Sie hätten das Land verlassen, weil sie zu ihrem Schwiegersohn und zu ihrer Tochter gewollt hätten. Seine Ehefrau habe keine eigenen Fluchtgründe.

In der Mongolei habe der Beschwerdeführer noch eine Tochter aus erster Ehe mit ihrem Mann und zwei Kindern. Sie würden in XXXX leben, ihre Tochter arbeite in der Gastronomie, ihr Schwiegersohn als Taxifahrer. Probleme hätten sie keine.

Mit dem im Spruch angeführten Bescheid wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG (Spruchpunkt I.) sowie gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf seinen Herkunftsstaat Mongolei abgewiesen (Spruchpunkt II.). Gemäß §§ 57 und 55 AsylG wurde ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-Verfahrensgesetz wurde gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen. Gemäß § 52 Abs. 9 FPG wurde festgestellt, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers gemäß § 46 FPG in die Mongolei zulässig sei (Spruchpunkt III.). Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG betrage die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt IV.).

Dagegen wurde fristgerecht Beschwerde in vollem Umfang erhoben. In dieser wurde im Wesentlichen vorgebracht, dass der Beschwerdeführer von einer Person, die behauptet habe, sein Schwiegersohn schulde ihr $ 50.000, aufgesucht worden sei. Da der Beschwerdeführer die Summe nicht hätte begleichen können, sei er von diesem Mann geschlagen und mit dem Umbringen bedroht worden, falls er das Geld nicht auftreiben könne. Durch diese Übergriffe habe er Kopfverletzungen erlitten. Die Polizei habe nichts unternommen und gemeint, der Beschwerdeführer solle die Schulden bezahlen und diesen Mann in Ruhe lassen, weil er sehr mächtig und einflussreich sei. Nach Kenntnis des Beschwerdeführers handle es sich um einen Drogenhändler und Kriminellen, der die Zahlung grundlos verlangt habe.

Zudem stünde der Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr vor dem Nichts, da der gesamte Besitz verkauft worden sei, um die Ausreise finanzieren zu können. Die in XXXX lebende Tochter des Beschwerdeführers habe Schwierigkeiten, ihre eigene Familie zu versorgen und könnte ihn im Falle einer Rückkehr keinesfalls finanziell unterstützen. Auch sei zu bedenken, dass er sich bereits in einem fortgeschrittenen Alter befinde und bei schlechtem Gesundheitszustand sei.

Beantragt wurde, das Bundesverwaltungsgericht möge

* den angefochtenen Bescheid zur Gänze beheben und dem Beschwerdeführer gemäß § 3 AsylG Asyl gewähren;

in eventu

* den angefochtenen Bescheid zur Gänze beheben und die Angelegenheit zur neuerlichen Durchführung des Verfahrens und Erlassung eines neuen Bescheides an das Bundesamt zurückverweisen (§ 66 Abs. 2 AVG, § 28 Abs. 3 und 4 VwGVG);

* für den Fall der Abweisung des obigen Beschwerdeantrages gemäß § 8 Abs. 1 Z 1 AsylG feststellen, dass dem Beschwerdeführer der Status der subsidiär Schutzberechtigten zukommt;

sowie

* feststellen, dass die gemäß § 52 FPG erlassene Rückkehrentscheidung gemäß § 9 Abs. 3 BFA-VG auf Dauer unzulässig ist und feststellen, dass die Voraussetzungen für die Erteilung einer Aufenthaltsberechtigung (plus) gemäß § 55 AsylG vorliegen und daher gemäß § 58 Abs. 2 AsylG eine Aufenthaltsberechtigung (plus) von Amts wegen zu erteilen ist;

sowie in eventu

* feststellen, dass die Voraussetzungen für die Erteilung einer Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz gemäß § 57 vorliegen und dem Beschwerdeführer daher eine Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz gemäß § 57 Abs. 1 AsylG von Amts wegen zu erteilen ist.

* eine mündliche Verhandlung gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG durchführen.

Zudem erging in Bezug auf Art. 47 GRC der Antrag auf Beigabe eines Verfahrenshelfers.

Am 11.9.2017 fand vor dem Bundesverwaltungsgericht unter Beiziehung einer Dolmetscherin für die Sprache Mongolisch eine öffentliche mündliche Verhandlung statt, an der das Bundesamt als Verfahrenspartei entschuldigt nicht teilnahm.

Dabei bestätigte der Beschwerdeführer zunächst, in XXXX in einer Jurte gewohnt und eine kleine Landwirtschaft mit Viehzucht betrieben zu haben. Seine erste Frau sei durch einen Unfall gestorben, aus dieser Ehe habe er eine Tochter, die noch in XXXX lebe und zu der er manchmal in telefonischem Kontakt stehe. Wegen der Erkrankung ihres Ehemannes arbeite sie seit November oder Dezember 2016 nicht mehr. Vor kurzem sei ihr Ehemann gestorben, sie lebe vom Kindergeld ihrer eigenen sechsjährigen Tochter. Weitere Verwandte habe der Beschwerdeführer in der Mongolei nicht, er sei ein Einzelkind.

Der Beschwerdeführer habe keine Kenntnis darüber, warum seine Tochter aus zweiter Ehe nach Österreich geflüchtet sei. Jedoch lebe er mit ihr und seinem Schwiegersohn in einem gemeinsamen Haushalt.

Zu seinem Fluchtgrund brachte der Beschwerdeführer vor, dass sein Schwiegersohn zuletzt in einer Firma als Chauffeur gearbeitet habe. Kurz vor seiner Ausreise sei er beim Beschwerdeführer vorbeigekommen und habe ihm mitgeteilt, dass er nach Österreich gehen würde. Im Juni 2014 hätte den Beschwerdeführer ein junger Mann aufgesucht, nach dem Schwiegersohn gefragt und erklärt, er bekäme von diesem $ 50.000 und der Beschwerdeführer solle an dessen Stelle die Summe begleichen. Nachdem ihm der Beschwerdeführer gesagt habe, dass er kein Geld hätte, sei er aufgefordert worden, mitzuteilen, wo sich sein Schwiegersohn befinde. Im August 2014 hätte diese Person verlangt, ihr möglichst schnell das Geld zu geben. Der Beschwerdeführer habe alles Mögliche gesammelt, wie zum Beispiel Wolle, und es geschafft, $ 10.000 flüssig zu machen. Diese hätte er dann übergeben. Jener Mann habe jedoch die ganze Summe gefordert, das Vieh gesehen und angefangen, den Beschwerdeführer bewusstlos zu schlagen. Zudem habe er damals gedroht, den Beschwerdeführer totzuschlagen, ihm - bis auf sechs - alle Zähne ausgebrochen und Einiges mitgenommen. Wenn er noch mal zurückgekommen wäre, wäre der Beschwerdeführer schon tot. In Österreich habe er seinen Schwiegersohn gefragt, wie viel Geld diese Person genommen habe. Es wären ungefähr $ 10.000 gewesen. Auf Nachfrage hin erklärte der Beschwerdeführer ausdrücklich, es habe nur diesen einen Vorfall im August 2014 gegeben. Auf weiteren Vorhalt hin, dass er beim Bundesamt angegeben habe, von Juni 2014 bis April 2015 von diesem Mann immer wieder belästigt worden zu sein, räumte er ein, er hätte das nur gesagt, weil er Angst gehabt habe, zurückgeschoben zu werden. Jetzt gehe es ihm gut und er sei ein freier Mensch. Wegen der Kopfverletzung habe er manchmal ein dumpfes Gefühl, wenn jemand mit ihm spreche. Warum sein Schwiegersohn diesem Mann Geld geschuldet habe, wisse der Beschwerdeführer nicht. Nachdem er hierhergekommen sei, hätte er nachgefragt, welche Summe sein Schwiegersohn genommen hätte und es seien nicht mehr als $ 10.000 gewesen. Es habe sich um den Chef seines Schwiegersohns gehandelt, der mit Drogen zu tun gehabt habe. Sein Schwiegersohn habe ihm gesagt, dass er von seinem Chef nur sein Gehalt bekommen, sich jedoch nie etwas ausgeborgt oder genommen hätte. Er hätte nicht $ 50.000 bekommen, sondern $ 10.000. Da er gespürt habe, dass sein Chef mit Drogen zu tun gehabt hätte, habe er weggewollt. Dass es sich um den Chef seines Schwiegersohns handle, wisse der Beschwerdeführer, weil jener ihm dies bei seinem ersten Besuch selbst mitgeteilt habe. Vorgehalten, dass er beim Bundesamt ausgesagt habe, von dieser Person nichts zu wissen, erklärte der Beschwerdeführer, damals nicht gewusst zu haben, wer er sei, aber er habe es so angegeben. Der Beschwerdeführer habe Anzeige erstattet. Als er ein paar Tage später wieder zur Polizei gegangen sei, habe ihn der Polizist aufgefordert, den gesamten Geldbetrag zurückzuzahlen, weil sein Schwiegersohn das Geld bekommen hätte. Der Beschwerdeführer gehe davon aus, dass die Polizei vom Chef seines Schwiegersohnes aufgesucht und bestochen worden sei. Im Fall einer Abschiebung habe der Beschwerdeführer Angst vor diesem Mann. Zudem sei seine Gesundheit nicht ganz in Ordnung.

In der Mongolei habe der Beschwerdeführer seinen beiden Töchtern etwas gegeben, als sie geheiratet hätten, sie hätten jedoch nicht in einem gemeinsamen Haushalt gelebt. Die (nunmehr in Österreich befindliche) Tochter habe in XXXX in einer Mietwohnung gewohnt.

Zum Arzt gegangen sei der Beschwerdeführer in der Heimat kaum. Er habe bereits dort einen hohen Blutdruck gehabt, zudem rauche er. Die Kopfschmerzen hätte er von der Verletzung; er könne schlecht sehen und sollte auch eine Brille tragen. Manchmal höre er etwas und manchmal gar nicht. Krankenversichert sei er in der Mongolei nicht gewesen, sondern habe von seinem Vieh gelebt.

In Österreich befänden sich seine Tochter, sein Schwiegersohn sowie drei Enkelkinder. Der Beschwerdeführer und seine Ehefrau würden jetzt in einer Pension leben und Grundversorgung beziehen. Sie hätten einige mongolische Staatsbürger kennengelernt, jedoch keine Österreicher.

Seitens der erkennenden Richterin wurden die in das Verfahren eingeführten Länderberichte übergeben und eine Frist von vier Wochen zur Abgabe einer Stellungnahme gewährt.

Diese Stellungnahme langte am 9.10.2017 im Bundesverwaltungsgericht ein. Darin wurde im Wesentlichen ausgeführt, es erscheine nachvollziehbar, dass der Verfolger die Exekutivbeamten, an die sich der Beschwerdeführer gewandt habe, bestochen hätte und daher die staatlichen Behörden im gegenständlichen Fall nicht schutzwillig gewesen wären. Bezüglich des Gesundheitssystems wurde darauf hingewiesen, es könne nicht mit ausreichender Sicherheit angenommen werden, dass der Beschwerdeführer bei einer Rückkehr faktischen Zugang zu einer effektiven Krankenversicherung hätte. Aufgrund seines prekären Gesundheitszustandes und der Vermögenslosigkeit drohe bei einer Rückkehr in die Mongolei wegen der vorherrschenden Verhältnisse in Zusammenhang mit der Gesundheitsversorgung eine Verletzung von Art. 3 EMRK. Darüber hinaus sei zu beachten, dass das gesamte Hab und Gut verkauft worden sei, um sich die Flucht leisten zu können sodass wegen der schwierigen Wirtschaftslage in der Mongolei wohlbegründet nicht von einem baldigen Aufbau einer Erwerbstätigkeit auszugehen wäre.

Angefügt wurden diverse medizinische Befunde: HNO-Befund vom 27.9.2017; Befund bezüglich Epicondylitis humeri ulnaris dext. (Golferarm rechts); eine Terminbestätigung eines Ambulatoriums für Orthopädie und Unfallchirurgie bezüglich Infusion sowie ein Therapieplan (Ultraschall).

Am 4.9.2019 wurde die mündliche Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht fortgesetzt, um der Aktualität der Länderfeststellungen sowie der integrationsbegründenden Maßnahmen Rechnung zu tragen.

Dabei legte der Beschwerdeführer zunächst folgende Unterlagen vor:

Termin für die Orthopädieambulanz, Laborblätter, MRT des rechten Unterarms bzw. der rechten Hand, ambulanter Befund, Bestätigung über rheumatische Spondylarthritis, ärztliche Mitführbescheinigung sowie folgende Medikamente: Folson 5mg, Voltaren 50mg, Nexium 40mg, Metoject 50mg, Enac 10mg, Proxen 500mg, Pantoloc 20mg, Aprednislon 5mg, Salbutamol Meda. Im Übrigen wurde auf die bereits im bisherigen Verfahren vorgelegten Bescheinigungsmittel verwiesen und angekündigt, integrationsbegründende Unterlagen nachzureichenden.

Der Beschwerdeführer erklärte zunächst, manchmal sehr schlecht zu hören, jedoch kein Hörgerät zu tragen. Er werde jetzt zum HNO-Arzt gehen und sich gründlich untersuchen lassen. Den Termin bei der orthopädischen Ambulanz benötige er wegen seiner rechten Hand, am 15. Oktober werde er am Daumen operiert. Weiters gab er an, sich nicht vorstellen können, in der Mongolei wiederum einer Erwerbstätigkeit nachzugehen, weil er jetzt kein Vieh mehr und somit keine Möglichkeit mehr dazu habe. Wenn er Vieh hätte, könnte er in der Mongolei leben. Verwandte habe er in der Heimat keine mehr. Pensionsbeiträge hätten sie dort keine bezahlt, weil sie von ihrem Vieh gelebt hätten.

Dass er erst im Juni 2014 von jemanden aufgefordert worden wäre, anstelle seines Schwiegersohnes, der bereits im November 2012 wegen seinen Problemen ausgereist sei, das Geld zu bezahlen, erklärte der Beschwerdeführer damit, bis dahin Vieh gehabt und sein Leben gelebt zu haben. Erst als diese Leute zu ihm gekommen seien, habe er das Land verlassen müssen.

Die Beziehung zu seiner in Österreich lebenden Tochter sei sehr gut, sie würden ca. 7 km getrennt leben. Der Beschwerdeführer und seine Ehefrau seien in einer Pension untergebracht, seine Tochter habe eine eigene Wohnung, weil sie einen Aufenthaltstitel bekommen habe. Der Beschwerdeführer unterstütze sie bei ihren drei Kindern, sie würden sich jeden zweiten oder dritten Tag sehen, wenn die Kinder sie bräuchten. Seine Tochter und sein Schwiegersohn würden arbeiten und den Beschwerdeführer und seine Ehefrau finanziell unterstützen. Weitere Abhängigkeiten gebe es jedoch nicht. Seine Tochter und sein Schwiegersohn würden Lebensmittel für den Beschwerdeführer und seine Ehefrau kaufen, weil deren Unterstützung nicht ausreiche. Letztere würden die Kinder sowohl zur Schule als auch in den Kindergarten bringen und abholen. Es handle sich um zwei Buben und ein Mädchen. Manchmal begleiteten seine Tochter oder seine Enkelin ihn und seine Ehefrau zum Arzt, um in notwendigen Fällen ärztliche Auskünfte zu übersetzen. Wenn seine Ehefrau einen Termin habe, dann sei der Beschwerdeführer bei den Kindern und auch umgekehrt. Einer müsse die Kinder betreuen.

Der Beschwerdeführer arbeite in Österreich nicht und sei auch nicht freiwillig tätig gewesen. Wenn er nach seiner Handoperation einen Aufenthaltstitel erhalten sollte, würde er gerne arbeiten gehen. Seit dem Vorjahr besuche er einen Deutschkurs, der im Oktober fortgesetzt werde. Dort habe er auch Freunde aus Afghanistan und Syrien kennengelernt. In einer fremden Umgebung bzw. Stadt versuche er, möglichst selbst alles zu regeln. Wenn nicht, dann frage er nach und schaue nach Adressen usw.

Am Ende der Verhandlung gab die Ehefrau des Beschwerdeführers an, dass beide aus Angst, zurückgeschickt zu werden, andere Namen angegeben hätten, die sie an dieser Stelle korrigieren wollten. Die Kopien der Geburtsurkunden befänden sich in Österreich, die Originale in der Mongolei. Für die Vorlage dieser Kopien wurde seitens des Bundesverwaltungsgerichts eine Frist von 14 Tagen gesetzt.

Zudem wurden die in das Verfahren eingeführten Länderberichte unter Gewährung einer Frist von zwei Wochen zur Abgabe einer Stellungnahme übergeben.

Diese Stellungnahme langte am 10.9.2019 ein. Darin wurde im Wesentlichen vorgebracht, dass der Beschwerdeführer keinen Schutz vor den Verfolgungshandlungen durch die staatlichen Sicherheitskräfte erhalten habe. Die medizinische Versorgung in der Mongolei sei technisch und hygienisch problematisch und es würden hohe Korruptionszahlungen und hohe Selbstbehalte gefordert. Es sei daher fraglich, ob der Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr in die Mongolei tatsächlich effektiven Zugang zur notwendigen medizinischen Versorgung habe. Das Ehepaar sei vermögens- und besitzlos und könne keine informellen Zahlungen an medizinisches Personal bzw. Selbstbehalte für Medikamente aufbringen. Auch sei es räumlich nicht zumutbar, von einer prekären Jurten-Behausung aus die notwendigen Behandlungseinrichtungen aufzusuchen.

Der Stellungnahme angefügt wurden Fotos der Geburtsurkunden sowie für den Beschwerdeführer eine Deutschkursbestätigung A1.0 vom 3.7.2019 und eine Deutschkursbestätigung A1 Basis vom 13.12.2016.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger der Mongolei, stammt aus XXXX , gehört der Volksgruppe der Khalkh- Mongolen an und ist buddhistischen Glaubens.

Er reiste gemeinsam mit seiner Ehefrau (GZ W119 2123412) nach Österreich ein und stellte am 22.4.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz.

Es konnte nicht glaubhaft gemacht werden, dass der Beschwerdeführer in der Heimat durch den Chef seines Schwiegersohnes von Verfolgung bedroht ist.

In der Heimat hat der Beschwerdeführer die Grundschule besucht, lebte in einer Jurte und betrieb eine kleine Landwirtschaft mit Viehzucht.

Der Beschwerdeführer leidet an rheumatischer Spondylathritis, gegen die er auch Medikamente nimmt, und hatte einen zwei Jahre alten Befund bezüglich Epicondylitis humeri ulnaris dext. (Golferarm rechts) sowie einen HNO-Befund zu seiner Schwerhörigkeit vorgelegt. Am 15.10.2019 hat er einen Termin für eine Orthopädieambulanz; eine geplante Operation lässt sich den vorgelegten medizinischen Unterlagen nicht entnehmen. Der Beschwerdeführer leidet an keinen Krankheiten, durch die im Falle einer Rückkehr eine reale Gefahr der schweren, raschen und irreversiblen Gesundheitsverschlechterung drohen würde oder die mit intensivem Leiden oder mit einer signifikanten Verkürzung der Lebenserwartung verbunden wären.

In Österreich besuchte der Beschwerdeführer Deutschkurse bis zum Niveau A1. Er war bzw. ist nicht ehrenamtlich tätig oder Mitglied in Vereinen. Österreichische Freunde hat er keine.

Der Beschwerdeführer war in Österreich niemals erwerbstätig. Er bestreitet seinen Lebensunterhalt aus der Bundesbetreuung, zudem unterstützen ihn seine Tochter und sein Schwiegersohn finanziell und kaufen zum Beispiel auch Lebensmittel und andere benötigte Güter für ihn und seine Frau.

Der Beschwerdeführer und seine Ehefrau leben im gemeinsamen Haushalt und ca. 7 km getrennt von ihrer Tochter und deren Familie. Sie sehen sich mehrmals wöchentlich und helfen bei der Kinderbetreuung ihrer drei Enkel, mit denen sie auch ihre Freizeit verbringen. Die Tochter und der Schwiegersohn des Beschwerdeführers arbeiten im Schichtbetrieb, beiden wurde mit Erkenntnissen des Bundesverwaltungsgerichtes vom 16.3.2018 der Aufenthaltstitel "Aufenthaltsberechtigung plus" erteilt (GZ W119 1435822-3/8E und GZ W119 1435825-3/9E).

Feststellungen zur Situation in der Mongolei:

Auszug aus dem Länderinformationsblatt der Staatendokumentation vom September 2018:

Politische Lage:

Die Mongolei ist ein Binnenstaat zwischen der Russischen Föderation und der Volksrepublik China. Mit einer Bevölkerung von knapp über drei Millionen Menschen auf einer Fläche von knapp über 1,5 Millionen Quadratkilometern ist sie einer der am dünnsten besiedelten Staaten der Welt. In der Hauptstadt Ulaanbaatar leben (2018) ca. 1,5 Millionen Menschen (CIA 28.8.2018). Die Mongolei ist eine parlamentarische Demokratie mit einem Mehrparteiensystem (ÖB Peking 12.2017; vgl. USDOS 20.4.2018). Die Verfassung von 1992 basiert auf den Grundprinzipien Demokratie, Gerechtigkeit, Freiheit, Gleichheit, nationale Einheit, Rechtsstaatlichkeit und Gewaltenteilung (ÖB Peking 12.2018; vgl. AA 3.2018a). In den vergangenen 20 Jahren wurden in der Mongolei 13 erfolgreiche Präsidentschafts-, und Parlamentswahlen abgehalten (USDOS 19.7.2018). Das Parlament (Großer Staats-Chural) ist ein Einkammernparlament mit 76 Sitzen (ÖB Peking 12.2017). Die 76 Abgeordneten werden in allgemeiner, freier, unmittelbarer und geheimer Wahl im Wege des Mehrheitswahlrechts für vier Jahre gewählt. Bei der letzten Parlamentswahl am 29.6.2016 löste die Mongolische Volkspartei (MVP) die Demokratische Partei (DP) in der Regierung ab. (AA 3.2018a). Die MVP erhielt 65 Mandate, die bisher regierende DP neun, die Mongolische Revolutionäre Volkspartei (MRVP) und der unabhängige Musiker S. Javkhlan erhielten je ein Mandat. Die Wahlbeteiligung lag bei 72,1% (Mongolei Online 10.7.2016; vgl. KAS 1.7.2016). Die Einführung des Mehrheitswahlrechtes nur fünf Wochen vor dem Wahltermin hat auf das Ergebnis Einfluss genommen (Sarantuya/Batmunkh 2017; vgl. ÖB Peking 12.2017). Unter dieser Entscheidung litten vor allem die Chancen von kleinen Parteien und Frauen. So wurde zum Beispiel die Frauenquote von bisher 30% auf 20% gesenkt (KAS 1.7.2016). Die OSZE war mit etwa 300 Wahlbeobachtern in der Mongolei vertreten und attestierte, dass die Wahl, nach hartem, die Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit respektierendem Wahlkampf, geordnet ablief (OSZE 4.10.2016; vgl. AA 3.2018a). Die 2016 gebildete Regierung unter Ministerpräsident Erdenebat bestehend aus 16 Ministern (davon zwei Frauen), einer Reduktion um drei Ämter im Vergleich zur vorherigen Regierung (ÖB Peking 12.2017), wurde bereits im Sommer 2017 aufgrund parteiinterner Machtkämpfe durch eine Regierung unter Ministerpräsident Khurelsukh abgelöst (AA 3.2018a). Das Staatsoberhaupt ist der Präsident, der in einer Direktwahl für vier Jahre gewählt wird und der selbst den Premierminister nominieren kann. Das Präsidentenamt kann für maximal zwei Amtsperioden bekleidet werden (ÖB Peking 12.2017). Am 10. Juli legte Kh. Battulga im Großen Saal der Staatsversammlung den Amtseid als 5. Präsident der Mongolei ab (LIP 9.2018). Er setzte sich in einer Stichwahl mit 50,6% gegen den Gegenkandidat M. Enkhbold der regierenden Mongolischen Volkspartei (MVP), der 41,2 % der Stimmen erhielt, durch (Reuters 8.7.2017; vgl. AA 3.2018a). Der Staatspräsident ist Vorsitzender des Nationalen Sicherheitsrates (weitere Mitglieder: Premierminister und Parlamentspräsident) und Oberbefehlshaber der Streitkräfte. Er setzt die vom Parlament verabschiedeten Gesetze in Kraft. Er kann Gesetze initiieren und mit seinem Veto verhindern, das nur mit der Zwei-Drittel-Mehrheit des Parlaments überstimmt werden kann (AA 3.2018a).

Quellen: - AA - Auswärtiges Amt der Bundesrepublik Deutschland (3.2018a): Mongolei - Innenpolitik, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/mongolei-node/-/222882, Zugriff 13.9.2018 - CIA - Central Intelligence Agency (28.8.2018): The World Factbook - Mongolia, https://www.cia.gov/library/publications/the-world-factbook/geos/mg.html, Zugriff 14.9.2018 - LIP - LIPortal, Das Länderinformationsportal (9.2018): Mongolei, Geschichte und Staat, https:// www.liportal.de/mongolei/geschichte-staat/, Zugriff 20.9.2018 - KAS - Konrad-Adenauer-Stiftung (1.7.2016): Erdrutschsieg der Mongolischen Volkspartei, Parlamentswahlen in der Mongolei, http://www.kas.de/mongolei/de/publications/45759/, Zugriff 13.9.2018 - Mongolei Online, Bormann (10.7.2016): Wahlergebnisse - Wahlen 2016, http://www.mongolei.de/news/Ergebnisse2016.htm, Zugriff 13.9.2018 - ÖB Peking (12.2017): Asylländerbericht 2017 Mongolei. - OSZE - Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (4.10.2016): Mongolia, Parliamentary Elections, 29 June 2016: Final Report, http://www.osce.org/odihr/elections/mongolia/237626, Zugriff 13.9.2018 - Reuters (8.7.2017): Former martial arts star Battulga wins Mongolian presidential election, https://www.reuters.com/article/us-mongolia-election/former-martial-arts-star-battulga-winsmongolian-presidential-election-idUSKBN19T05Z, Zugriff 13.9.2018 - Tserenbaltavyn, Sarantuya / Tsevelmaa Batmunkh (2017): Wahlrechtsreform und Wirtschaftskrise - die Mongolei nach den Parlamentswahlen; in: Argumente und Materialien der Entwicklungszusammenarbeit 19, S 24-32, https://www.hss.de/download/publications/AMEZ_19_Demokratie_im_Aufbruch_05.pdf, Zugriff 13.9.2018 - USDOS - U.S. Department of State (19.7.2018): Investment Climate Statements for 2018, https://www.state.gov/e/eb/rls/othr/ics/investmentclimatestatements/index.htm? year=2018&dlid=281519#wrapper, Zugriff 13.9.2018 - USDOS - U.S. Department of State (20.4.2018): Country Report on Human Rights Practices 2017 - Mongolia, https://www.ecoi.net/en/document/1430186.html, Zugriff 13.9.2018

Sicherheitslage

Im regionalen Vergleich hat die Mongolei nach dem Zerfall des Ostblocks einen vorbildlichen Weg in Richtung Demokratie und Marktwirtschaft eingeschlagen. Seit 1990 finden regelmäßig allgemeine, freie und faire Wahlen statt, die Regierungswechsel verlaufen friedlich. Die Menschenrechte sind in der Mongolei in der Verfassung festgeschrieben und werden allgemein geachtet. Das Land verfügt über eine aktive Zivilgesellschaft mit einer Vielzahl von Bürgerbewegungen und Selbsthilfegruppen (BMZ o.D.). Der Staat hat im gesamten Staatsgebiet das unangefochtene Gewaltmonopol. Die gesamte Bevölkerung der Mongolei akzeptiert den Nationalstaat als legitim. Es gibt keine organisierten Gruppen, die stark genug wären, das staatliche Gewaltmonopol herauszufordern. Alle bedeutenden politischen Akteure bekennen sich zur Demokratie. Eine geringe Zahl antidemokratischer Akteure wie hypernationalistische Parteien oder Banden haben keinen Einfluss auf die Öffentlichkeit oder die Regierung und werden ausgegrenzt. Die Armee hatte in der Vergangenheit kein Interesse, politische Kontrolle zu übernehmen und es gibt keine Hinweise, dass sie es derzeit hätte (Bertelsmann 2018). Es gibt keine Berichte über terroristische Angriffe oder aktive terroristische Gruppen in der Mongolei (USDOS 10.7.2018). Es kommt selten zu Unruhen oder politischer Gewalt. In Folge umstrittener Parlamentswahlen im Juli 2008 wurden Proteste, bei denen fünf Personen ums Leben kamen, rasch unter Kontrolle gebracht und die Ordnung wieder hergestellt. Seither kam es zu keinen Vorfällen ähnlichen Ausmaßes mehr (USDOS 19.7.2018). Sozioökonomische Konflikte - primär zwischen der städtischen und ländlichen Bevölkerung - eskalieren nicht, sind jedoch aufgrund einer instabilen politischen Umgebung, angeheizt durch Populismus und Kampagnen in den sozialen Medien, im Ansteigen begriffen (Bertelsmann 2018). In den vergangenen drei Jahren kam es zu vermehrten Anfeindungen chinesischer, koreanischer und vietnamesischer Staatsbürger, die in der Mongolei leben (USDOS 19.7.2018) und es kam zu einzelnen gewalttätigen Übergriffen durch Ultranationalisten gegen diese Personen (USDOS 19.7.2018; vgl. ÖB Peking 12.2017) sowie gegen LGBTI-Personen (ÖB Peking 12.2017). Die Binnenlage des Flächenstaates zwischen Russland und China bestimmt die mongolische Außenpolitik, die sich daher um ein gutes, ausgewogenes Verhältnis zu diesen beiden Nachbarn bemüht. So verfolgt die Mongolei eine Politik der Bündnisfreiheit und hat sich 1992 zur kernwaffenfreien Zone erklärt. Gleichzeitig sucht das Land internationale Absicherung, die es in einer immer aktiveren Mitarbeit in internationalen Organisationen, vor allem den Vereinten Nationen, sowie in einer stärkeren Zusammenarbeit mit den USA, Japan und der Europäischen Union (insbesondere Deutschland) zu finden hofft ("Politik des Dritten Nachbarn") (AA 3.2018c).

Quellen: - AA - Auswärtiges Amt (3.2018c): Mongolei, Außenpolitik, https://www.auswaertiges-amt.de/de/ aussenpolitik/laender/mongolei-node/-/222880, Zugriff 18.9.2018 - Bertelsmann Stiftung (2018): BTI 2016, Mongolia Country Report; https://www.ecoi.net/en/file/local/1427464/488348_en.pdf, Zugriff 13.9.2018 BMZ - Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (o.D.): Mongolei, Situation und Zusammenarbeit, http://www.bmz.de/de/laender_regionen/asien/mongolei/zusammenarbeit/index.html, Zugriff 13.9.2018 - USDOS - U.S. Department of State (19.7.2018): Investment Climate Statements for 2018, https://www.state.gov/e/eb/rls/othr/ics/investmentclimatestatements/index.htm? year=2018&dlid=281519#wrapper, Zugriff 13.9.2018 - USDOS - U.S. Department of State, Bureau of Diplomatic Security (10.7.2018): Mongolia 2018 Crime & Safety Report, https://www.osac.gov/pages/ContentReportDetails.aspx?cid=24452, Zugriff 18.9.2018 - ÖB Peking (12.2017): Asylländerbericht 2017 Mongolei.

Rechtsschutz / Justizwesen

Das mongolische Rechtssystem orientiert sich am römisch-germanischen System und kennt eine Unterscheidung zwischen Verwaltungs- und Zivilrecht (ÖB Peking 12.2017). Die Verfassung der Mongolei sieht eine Gewaltenteilung vor, die Justiz ist formell unabhängig. Diese Unabhängigkeit wird jedoch durch systemimmanente Korruption geschwächt (ÖB Peking 12.2017; vgl. FH 2018, USDOS 20.4.2018). Soum-, Intersoum- und Bezirksgerichte sind Gerichte 1. Instanz und für kleinere Verbrechen sowie für Zivilverfahren unter einem Streitwert von zehn Millionen Tögrök (MNT) zuständig. AimagGerichte sind die Erstinstanz für schwerwiegendere Verbrechen und Zivilverfahren mit einem Streitwert von über zehn Millionen MNT, sowie die Berufungsgerichte für die unteren Gerichte. Der Oberste Gerichtshof ist für alle anderen Verfahren zuständig. Der Verfassungsgerichtshof (Tsets) kann vom Parlament, dem Staatspräsidenten, dem Premier, dem Obersten Staatsanwalt, auf Eigentinitative oder durch Petitionen durch Bürger befasst werden. Die neun Richter werden durch das Parlament für sechs Jahre ernannt. (ÖB Peking 12.2017). Der Präsident ernennt die Richter des Obersten Gerichtshofes. Der Judicial General Council (JGC) ist für die Nominierung sowie die Unabhängigkeit und Unparteilichkeit von Richtern verantwortlich. Er ist jedoch politisch abhängig und hat nicht die Befugnis, bei Vorwürfen von richterlichem Fehlverhalten zu ermitteln (Bertelsmann 2018). Die unabhängige Gerichtsbarkeit sowie das Recht auf ein faires, öffentliches Verfahren ohne Verzögerungen wird in der Regel durchgesetzt. Für Angeklagte gilt die Unschuldsvermutung und sie haben das Recht, über die Vorwürfe gegen sie in Kenntnis gesetzt zu werden. Angeklagte können einen Rechtsbeistand selbst auswählen oder erhalten auf Staatskosten einen solchen gestellt (USDOS 20.4.2018). NGOs und Privatunternehmen berichten, dass Korruption und Einflussnahme im Justizsystem stattfindet (USDOS 20.4.2018; vgl. Bertelsmann 2018). Die Rechte von Angeklagten wie die Befragung und Einberufung von Zeugen würden in manchen Fällen missachtet. NGOs berichten weiters über Einschüchterung von Zeugen und mangelnde Transparenz bei der Urteilsfindung (USDOS 20.4.2018). Jedoch wurde in der Justice Integrity Study 2016 der Mongolei deutliche Fortschritte bei der Verbesserung der Transparenz der Urteilsfindung attestiert (Bertelsmann 2018). Gerichte verhängen nur selten Freisprüche oder stellen das Verfahren ein, auch wenn es keine substanziellen Beweise für einen Schuldspruch gibt. Gerichte spielen Fälle häufig an die Staatsanwaltschaft zurück, obwohl ein Freispruch angemessen erscheint. Dadurch wechseln auch einzelne prominente Kriminalfälle jahrelang zwischen Staatsanwaltschaft und Gericht hin und her, ohne dass diese abgeschlossen werden (USDOS 20.4.2018). Haftstrafen sind in der Mongolei schon für kleine Delikte aus generalpräventiven Gründen sehr hoch. Sie reichen für Gewalt-, Raub- und Sexualdelikte deutlich über Strafmaße europäischer Rechtsordnungen hinaus. Die Möglichkeit der vorzeitigen Entlassungen oder der Strafaussetzungen zur Bewährung ist formal vorhanden, aber es wird davon wenig Gebrauch gemacht (ÖB Peking 12.2017).

Quellen: - Bertelsmann Stiftung (2018): BTI 2018, Mongolia Country Report; https://www.ecoi.net/en/file/local/1427464/488348_en.pdf, Zugriff 13.9.2018 - FH - Freedom House (2018): Freedom in the world 2018, Mongolia, https://freedomhouse.org/report/freedom-world/2018/mongolia, Zugriff 13.9.2018 - ÖB Peking (12.2017): Asylländerbericht 2017 Mongolei - USDOS - U.S. Department of State (20.4.2018): Country Report on Human Rights Practices 2017 - Mongolia, https://www.ecoi.net/en/document/1430186.html, Zugriff 13.9.2018

Sicherheitsbehörden

Dem Ministerium für öffentliche Sicherheit unterstehen das Milizbüro (Polizei) und ein diesem unterstelltes Netz von Polizeiämtern, die Staatssicherheitsverwaltung, das Brandschutzamt, die Fremdenpolizei und die Grenztruppen sowie der Justizvollzugswachkörper (ÖB Peking 12.2017). Die zivilen Behörden üben größtenteils Kontrolle über die internen und externen Sicherheitskräfte aus, jedoch bleiben die Mechanismen zur Untersuchung von Polizeiübergriffen inadäquat. So gibt es Fälle von ungestraftem Missbrauch Verdächtiger durch Sicherheitskräfte. Aufsichtsorgan über nationale und lokale Polizeiaktionen ist die National Police Agency (NPA) (USDOS 20.4.2018). Sicherheitskräften wird vorgeworfen, willkürliche Verhaftungen und Verkehrsanhaltungen durchzuführen, angehaltene Personen für längere Zeit festzuhalten und Häftlinge zu schlagen (HRW 2018). Obwohl Sicherheitsbeamte für absichtliche Körperverletzung zur Verantwortung gezogen werden, waren Verfolgungen dieser Vergehen selten. Der NPA wurden bis August 2016 insgesamt 24 Beschwerden wegen körperlicher Übergriffe durch die Polizei gemeldet, von denen sechs zu strafrechtlichen Ermittlungen führten (USDOS 20.4.2018).

Die nationale Polizei, die Miliz, welche auch als Kriminalpolizei fungiert, unterhält in jeder Provinz ein Referat und in jedem Bezirk ein Büro. Sie hat alle notwendigen Maßnahmen (Ermittlungen, Zwangsmaßnahmen und Beschlagnahme sowie den Gebrauch von Waffen) einzuleiten, um den Schutz der öffentlichen Ordnung zu gewährleisten. Die Fahndung nach vermissten Personen, die Verkehrssicherheit (durch Verkehrsinspektorate in jedem Milizbüro) und die Brandbekämpfung fallen ebenfalls in die Zuständigkeit der Miliz. Zusammen mit der Lokalverwaltung beaufsichtigen die lokalen Sicherheitsbüros außerdem die Vollstreckung der Zwangsarbeitsstrafen. Das Ministerium für öffentliche Sicherheit ist schließlich auch für die Staatssicherheit (Spionageabwehr, Staatsschutz und Sabotageabwehr) zuständig. Der Fremdenpolizei und den Grenztruppen unterstehen ca. 15.000 Beamte. Sie sind für die Einhaltung der Ein- und Ausreisevorschriften sowie des Fremdenrechts zuständig (ÖB Peking 12.2017).

Quellen: - FH - Freedom House (2018): Freedom in the world 2018, Mongolia, https://freedomhouse.org/report/freedom-world/2018/mongolia, Zugriff 13.9.2018 - ÖB Peking (12.2017): Asylländerbericht 2017 Mongolei - USDOS - U.S. Department of State (20.4.2018): Country Report on Human Rights Practices 2017 - Mongolia, https://www.ecoi.net/en/document/1430186.html, Zugriff 13.9.2018

Folter und unmenschliche Behandlung

Artikel 251 des Strafgesetzbuchs definiert den Straftatbestand der Folter und legt eine Höchststrafe von fünf Jahren Haft und ein Berufsverbot von bis zu drei Jahren fest. In besonders schlimmen Fällen kann die Strafe sogar auf bis zu zehn Jahren ausgeweitet werden. Gemäß Kapitel 11, §44 wird die Entschädigung in Fällen von Folter von der Strafprozessordnung festgelegt. Der Höchste Gerichtshof zitiert in seiner Interpretation dieses Artikels ausdrücklich die Definition der UN-Konvention gegen Folter (ÖB Peking 12.2017). Dennoch sind Folter und andere Misshandlungen verbreitet (USDOS 20.4.2018; vgl. AI 22.2.2018), insbesondere zum Erzwingen von Geständnissen (USDOS 20.4.2018) in Haftanstalten, wo auch Personen mit Behinderungen oder ausländische Staatsbürger betroffen sind. Seit Juli 2017, mit Inkrafttreten der neuen Strafprozessordnung, fehlen unabhängige Ermittlungsmechanismen, was zu einer unvollständigen Erfassung und einer Straflosigkeit von Folter führt (AI 22.2.2018). Rechtliche Rahmenbedingungen und Maßnahmen zur Verhinderung von Folter sind unzureichend (Bertelsmann 2018). Auch wird von Drohungen gegen Familienmitglieder berichtet, um Geständnisse zu erzwingen (USDOS 20.4.2018). Im Februar 2015 ratifizierte die Mongolei das Zusatzprotokoll zur UNAntifolterkonvention (OPCAT). Das UN-Antifolterkomitee (CAT) überprüfte die Mongolei im August 2016 und drückte unter anderem Sorgen über vorherrschende Straflosigkeit in Fällen von Folter aus (ÖB Peking 12.2017).

Quellen: - AI - Amnesty International (22.2.2018): Amnesty International Report 2017/18 - The State of the World's Human Rights - Mongolia, https://www.ecoi.net/en/document/1425540.html, Zugriff 13.9.2018 - Bertelsmann Stiftung (2018): BTI 2016, Mongolia Country Report; https://www.ecoi.net/en/file/local/1427464/488348_en.pdf, Zugriff 13.9.2018 - ÖB Peking (12.2017): Asylländerbericht 2017 Mongolei - USDOS - U.S. Department of State (20.4.2018): Country Report on Human Rights Practices 2017 - Mongolia, https://www.ecoi.net/en/document/1430186.html, Zugriff 13.9.2018

Korruption

Korruption ist in der gesamten öffentlichen Verwaltung und in der Industrie (Bergbau) weit verbreitet (ÖB 12.2017; vgl. TI 9.7.2018). Die kleine Korruption ist jedoch rückläufig (TI 9.7.2018). Die Nichtregierungsorganisation Transparency International listet die Mongolei in ihrem Korruptionswahrnehmungsindex 2017 auf Platz 103 von 180 analysierten Ländern (TI 21.2.2018); 2016 lag die Mongolei auf Platz 87 von 176 untersuchten Staaten (TI 25.1.2017). Der Großteil der Bevölkerung ist mit den Anti-Korruptionsmaßnahmen der Regierung unzufrieden (TI 9.7.2018). Auch in der Politik setzt sich zunehmend die Erkenntnis durch, dass Korruption die Entwicklung der Mongolei stark behindert. Es wurden Antikorruptionsgesetze verabschiedet und entsprechende Kontrolleinrichtungen geschaffen. Weitere Reformen und eine konsequente strafrechtliche Verfolgung von Korruption sind jedoch erforderlich (BMZ o.D.). Das am 1. Juli 2017 in Kraft getretene Strafgesetz führte höhere Strafen für Korruptionsvergehen von öffentlich Bediensteten und Regierungsvertretern sowie deren nächster Verwandtschaft ein. Das Gesetz erfordert von Regierungsvertretern auch die Offenlegung ihrer Vermögen an die Independent Authority Against Corruption (IAAC). Im März 2017 wurde ein staatliches Korruptionsbekämpfungsprogramm mit einer Laufzeit von drei Jahren implementiert (USDOS 19.7.2018). Seit 2006 wurde das Anti-Korruptionsgesetz mehrfach erweitert, jedoch gibt es noch kein Gesetz zum Schutz von NGOs und anderen Institutionen, die Korruptionsfälle öffentlich machen (USDOS 19.7.2018; vgl. ÖB 12.2017). Eine gesetzliche Schutzvorschrift liegt seit Ende 2016 jedoch im Entwurf vor. Journalisten, die Korruptionsfälle aufdecken, werden mitunter von einflussreichen Betroffenen mittels Diffamierungs-Klagen in den Ruin getrieben (ÖB Peking 12.2017). Es gibt eine weitreichende Immunität von Amtsträgern gegenüber strafrechtlicher Verfolgung (TI 9.7.2018) und es gibt Bedenken, dass Teile der Justiz und der IAAC weitgehend von politischen Kreisen kontrolliert werden, welche verhindern möchten, durch eine tatsächlich unabhängige Behörde selbst der Korruption bezichtigt zu werden (Bertelsmann 2018).

Quellen: - Bertelsmann Stiftung (2018): BTI 2016, Mongolia Country Report; https://www.ecoi.net/en/file/local/1427464/488348_en.pdf, Zugriff 13.9.2018 - BMZ - Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (o.D.): Mongolei, Situation und Zusammenarbeit, http://www.bmz.de/de/laender_regionen/asien/mongolei/zusammenarbeit/index.html, Zugriff 13.9.2018 - ÖB Peking (12.2017): Asylländerbericht 2017 Mongolei - TI - Transparency International (21.2.2018): Corruption Perceptions Index 2017, https://www.transparency.org/country/MNG, Zugriff 13.9.2018 - TI - Transparency International (25.1.2017): Corruption Perceptions Index 2016, https://www.transparency.org/news/feature/corruption_perceptions_index_2016, Zugriff 24.9.2018 - TI - Transparency International (9.7.2018): Mongolia: Overview of Corruption and AntiCorruption, https://knowledgehub.transparency.org/helpdesk/mongolia-overview-of-corruptionand-anti-corruption, Zugriff 13.9.2018 - USDOS - U.S. Department of State (19.7.2018): Investment Climate Statements for 2018, https://www.state.gov/e/eb/rls/othr/ics/investmentclimatestatements/index.htm? year=2018&dlid=281519#wrapper, Zugriff 13.9.2018

Allgemeine Menschenrechtslage

Die schwerwiegendsten Menschenrechtsprobleme stellen die Misshandlung von Häftlingen, Korruption, Gewalt gegen LGBTI-Personen und harte Arbeitsbedingungen für Fremdarbeiter, insbesondere aus Nordkorea, dar. Maßnahmen der Regierung zur Bestrafung von Missbrauch oder Korruption im öffentlichen Dienst waren inkonsequent (USDOS 20.4.2018). Mit 17 der 18 internationalen Menschenrechtsverträge und deren Zusatzprotokolle hat die Mongolei mehr einschlägige Verträge ratifiziert als jedes andere asiatische Land, und um zwei Verträge mehr als Österreich (ÖB Peking 12.2017). Als neuntes Land in Asien hat die Mongolei im Jahr 2000 eine nationale Menschenrechtskommission eingerichtet. Nach den gesetzlichen Vorgaben besteht diese aus drei für sechs Jahre berufenen Mitgliedern, die vom Obersten Gerichtshof, dem Staatspräsidenten und dem Parlament nominiert werden. Vorsitzender des Gremiums ist ein bisheriger Richter am Obersten Gerichtshof. Die Befugnisse dieser Kommission beziehen sich v.a. auf die Ausarbeitung von Bildungs-, Rechtsverbreitungs- und Forschungsmaßnahmen, aber auch auf die Behandlung von Bürgerbeschwerden. Die Mongolei orientierte sich dabei eng an den Vorschlägen des UNHochkommissariats für Menschenrechte, welches die Anstrengungen der Mongolei auf diesem Gebiet als vorbildlich bezeichnet (ÖB Peking 12.2017).

Quellen: - ÖB Peking (12.2017): Asylländerbericht 2017 Mongolei - USDOS - U.S. Department of State (20.4.2018): Country Report on Human Rights Practices 2017 - Mongolia, https://www.ecoi.net/en/document/1430186.html, Zugriff 13.9.2018

Religionsfreiheit

Religionsfreiheit ist durch die Verfassung garantiert (FH 2018; vgl. USDOS 29.5.2018). Die Verfassung verbietet Diskriminierung aufgrund von Religion und verbietet dem Staat eine Ausübung religiöser Aktivitäten wie auch religiösen Institutionen die Durchführung von politischen Aktivitäten (USDOS 29.5.2018). Religiöse Dogmen haben keinen nennenswerten Einfluss auf die Rechtsordnung oder auf politische Institutionen, auch wenn von manchen hohen Regierungsvertretern bekannt ist, dass sie religiös sind (Bertelsmann 2018). Die Mongolei erlebte seit der demokratischen Revolution 1990 ein Wiederaufleben der Religiosität, insbesondere des Buddhismus und des traditionellen Schamanismus (Bertelsmann 2018). Vorherrschende Religion in der Mongolei ist der tibetische Buddhismus, dem 53% der Bevölkerung anhängen. 3,9% sind Muslime, 2,9% Anhänger des Schamanismus und 2,1% Christen; 38,6% der Bevölkerung sind konfessionslos (Bertelsmann 2018). Die Mehrheit der Buddhisten gehört dem Mahayana-Zweig an. Viele Menschen praktizieren Elemente des Schamanismus in Kombination mit Buddhismus. Der größte Teil der Christen gehört den Protestanten an, wobei auch andere christliche Denominationen wie Mormonen, Katholiken, Zeugen Jehowas und der Russischen Orthodoxie in der Mongolei vertreten sind. Die ethnische Gruppe der Kasachen im Nordwesten des Landes ist vorwiegend muslimisch (USDOS 29.5.2018).

Religiöse Institutionen sind per Gesetz dazu verpflichtet, sich zu registrieren. Die Registrierung ist in den meisten Fällen auf ein Jahr beschränkt und muss dann erneuert werden. Die Umsetzung der umfangreichen Bestimmungen zur Registrierung liegt im Ermessen der örtlichen Behörden, sodass sich die Vorgangsweise regional unterscheidet. Einige religiöse Gruppen meldeten daher Schwierigkeiten, sich in manchen Regionen zu registrieren oder ihre Registrierung zu erneuern.

Der Registrierungsprozess kann laut Berichten zwischen zwei Wochen bis zu drei Jahren dauern. Nichtregistrierte religiöse Gruppen werden durch wiederholte Besuche von Finanzbeamten, der Polizei oder anderen Beamten schikaniert (USDOS 29.5.2018). Das Religionsgesetz verbietet die Verbreitung religiöser Ansichten mittels Gewalt, Druck, durch materielle Anreize, Täuschung oder Mittel, die Gesundheit oder Moral schaden oder psychische Schäden hervorrufen können. In manchen Regionen wird Kindern und Minderjährigen aus Angst vor "Gehirnwäsche" die Teilnahme an religiösen Aktivitäten verboten (USDOS 29.5.2018). Es gibt keine institutionalisierte Diskriminierung aufgrund von Religion. Die verschiedenen religiösen Gruppen haben nahezu gleichberechtigten Zugang zu Bildung, Beschäftigung und öffentlichen Dienstleistungen. Die religiöse Toleranz ist stark ausgeprägt. Einzelne Fälle von Diskriminierung von Christen am Arbeitsplatz oder in Schulen werden berichtet, doch ist dieses Phänomen nicht weit verbreitet. Es wurden keine gewalttätigen Übergriffe aus religiösen Gründen gemeldet (Bertelsmann 2018).

Quellen: - Bertelsmann Stiftung (2018): BTI 2016, Mongolia Country Report; https://www.ecoi.net/en/file/local/1427464/488348_en.pdf, Zugriff 13.9.2018 - FH - Freedom House (2018): Freedom in the world 2018, Mongolia, https://freedomhouse.org/report/freedom-world/2018/mongolia, Zugriff 13.9.2018 - USDOS - U.S. Department of State (29.5.2018): 2017 Report on International Religious Freedom - Mongolia, https://www.ecoi.net/en/document/1436918.html, Zugriff 14.9.2018

Ethnische Minderheiten

Die Mehrheit der gut drei Millionen Einwohner der Mongolei (Stand Juli 2017) bilden Angehörige der Khalkh mit 81,9%. Daneben gibt es Minderheiten wie die Kasachen mit 3,8%, Durbet mit 2,7%, Bayad mit 2,1%, Burjaten mit 1,7%, Zakhchin mit 1,2%, Dariganga mit 1%, Uriankhai mit 1% und 4,6% sonstige Minderheiten (2010, geschätzt) (CIA 28.8.2018). Die Mongolei ist ein ethnisch homogenes Land, demzufolge fehlt der Nährboden sowohl für ethnische als auch für religiöse Konflikte. Die Mehrheit der Bevölkerung bekennt sich zum tibetischen Buddhismus (LIP 9.2018). Keinen ethischen Gruppen wird die Staatsbürgerschaft vorenthalten. Die Staatsangehörigkeit von Kasachen, die in den 1990er Jahren nach Kasachstan ausgewandert und später in großer Zahl wieder in die Mongolei zurückkehrten, ist unklar. Im Jahr 2016 wurde vom Präsidenten ein Gesetzesentwurf für eine Doppelstaatsbürgerschaft vorgelegt, jedoch gibt es bisher keinen Regierungsbeschluss dazu (Bertelsmann 2018).

Die Verfassung anerkennt die Rechte von nationalen ethnischen Minderheiten (v.a. turksprachige Kasachen) auf Gebrauch der eigenen Sprache, jedoch werden diese Rechte von Seiten der Behörden kaum umgesetzt. Es bestehen kasachische Medien, die allerdings über mangelnde staatliche Unterstützung klagen (ÖB Peking 12.2017). Es gibt keine institutionalisierte Diskriminierung aufgrund von ethnischer Zugehörigkeit und die verschiedenen ethnischen Gruppen haben nahezu gleichberechtigten Zugang zu Bildung, Beschäftigung und öffentlichen Dienstleistungen. Es wurden keine gewalttätigen Übergriffe aus ethnischen Gründen gemeldet (Bertelsmann 2018). Mitunter kommt es zu Übergriffen von Ultranationalisten gegen koreanische und chinesische Staatsbürger (ÖB Peking 12.2017).

Quellen: - Bertelsmann Stiftung (2018): BTI 2016, Mongolia Country Report; https://www.ecoi.net/en/file/ local/1427464/488348_en.pdf, Zugriff 13.9.2018 - CIA - Central Intelligence Agency (28.8.2018): The World Factbook - Mongolia, https://www.cia.gov/library/publications/the-world-factbook/geos/mg.html, Zugriff 14.9.2018 - LIP - LIPortal, Das Länderinformationsportal (9.2018): Mongolei, Ethnizität und Soziales, https://www.liportal.de/mongolei/gesellschaft/, Zugriff 24.9.2018 - ÖB Peking (12.2017): Asylländerbericht 2017 Mongolei

Bewegungsfreiheit

Mongolischen Staatsbürgern ist das Reisen innerhalb des Landes und auch ins Ausland gestattet (FH 2018). Bei Reisen in die Grenzregionen sind besondere Genehmigungen der Grenzorgane erforderlich (BMEIA 17.4.2018). Der Zuzug aus den Provinzen nach Ulaanbaatar ist seit Jänner 2017 untersagt. Eine Wohnsitznahme in der Hauptstadt ist nur mehr unter bestimmten Voraussetzungen möglich (u.A. medizinische Langzeitbehandlung oder Besitz von Wohneigentum) (GoGo 10.1.2017; vgl. Montsame 28.12.2017); diese Regelung wird vorläufig bis 1.1.2020 in Kraft bleiben (Montsame 28.12.2017). Mongolische Staatsangehörige dürfen ohne Genehmigung das Land verlassen, benötigen jedoch einen Reisepass. An den Grenzkontrollstellen findet eine genaue Überprüfung statt, wobei bei mongolischen Staatsangehörigen auch der Personalausweis als weitere Überprüfungsgrundlage herangezogen werden kann (ÖB Peking 12.2017). Einige hundert Personen, darunter auch ausländische Staatsbürger, sind in Folge laufender Ermittlungen oder Verfahren vom Staatsanwalt mit einem Ausreiseverbot belegt. Gemäß des neuen Strafgesetzes, welches im Juli 2017 in Kraft getreten ist, bedarf die Verhängung eines Ausreiseverbotes nun einer richterlichen Genehmigung, um Willkür zu vermeiden (FH 2018). Das Straßennetz in der Mongolei ist mangelhaft ausgebaut. Obwohl das Land äußerst dünn besiedelt ist, fehlen vielerorts Verkehrswege (GIZ 3.2016; vgl. BMEIA 17.4.2018).

Quellen: - BMEIA - Bundesministerium Europa, Integration und Äußeres (17.4.2018): Reiseinformation Mongolei, https://www.bmeia.gv.at/reise-aufenthalt/reiseinformation/land/mongolei/, Zugriff 18.9.2018

FH - Freedom House (2018): Freedom in the world 2018, Mongolia, https://freedomhouse.org/report/freedom-world/2018/mongolia, Zugriff 13.9.2018 - GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (3.2016): Neue Märkte - Neue Chancen | Ein Wegweiser für deutsche Unternehmer - Mongolei, https://www.giz.de/de/downloads/2016-de-neue-maerkte-neue-chancen-mongolei.pdf, Zugriff 17.9.2018 - GoGo Mongolia (10.1.2017): Migration to Ulaanbaatar city stops until 2018, http://mongolia.gogo.mn/r/156735, Zugriff 18.9.2018 - Montsame (21.12.2017): Migration from provinces to be halted until 2020, http://montsame.mn/ en/read/12912, Zugriff 18.9.2018 - ÖB Peking (12.2017): Asylländerbericht 2017 Mongolei

Grundversorgung

Die Mongolei entwickelt sich seit ihrer politischen Wende Anfang der 1990er-Jahre kontinuierlich von einem Agrar- zu einem Rohstoffexportland und die Umstellung der ehemaligen sozialistischen Planwirtschaft auf eine Marktwirtschaft ist inzwischen sehr weit vorangeschritten. Das Steuerrecht entspricht inzwischen internationalen Maßstäben. Seit 2003 ist auch privater Erwerb von Grund und Boden durch mongolische Staatsbürger möglich, nicht aber durch Ausländer (AA 3.2018b). Die mongolische Wirtschaft bleibt weiterhin stark vom Bergbau abhängig. Auch im Jahr 2017 war der Bergbausektor mit einem Anteil von rund 23% des Bruttoinlandsprodukts die treibende Kraft, obwohl dieser mit einem Minus von 9% gegenüber dem Vorjahr kein Wachstum zu verzeichnen hatte (ÖB Peking 12.2017). Die Mongolei verfügt über einige der weltweit größten Kupfer-, Kohle- und Goldvorkommen sowie von Zink, Uran, Erdöl, seltenen Metallen und Erden, was die Entwicklung von einem Agrar- zu einem Rohstoffexportland förderte (AA 3.2018b). Das Wachstum der mongolischen Wirtschaft entwickelt sich solide. Nachdem 2015 die niedrigen Rohstoffpreise und die sinkende Nachfrage des größten Handelspartners China zu rückläufigen Exporten führten, erholten sich 2017 die Weltrohstoffpreise und die ausländischen Direktinvestitionen in die Mongolei. Außerdem stieg der private Konsum wieder an, was 2017 zusammen mit Investitionen zu einem deutlich stärkeren Wirtschaftswachstum führte. Nach dem schwachen Jahr 2016 mit einem Wachstum von lediglich 1,2%, betrug dieses 2017 5,1%. 2016 drohte der Mongolei beinahe der Staatsbankrott. Durch Beistandskredite des Internationalen Währungsfonds (IWF), der Weltbank, der Asiatischen Entwicklungsbank (ADB), Japans und Südkoreas für die nächsten drei Jahre konnte eine weitere Verschlechterung der Situation aber verhindert werden (ÖB Peking 12.2017). Die Staatsverschuldung ist massiv angestiegen. Lag sie 2011 noch bei rund 32% im Verhältnis zum BIP, ist sie bis September 2016 auf 90% gestiegen und hat sich Stand November 2017 auf 73,8 % des BIP verringert. Seit Mitte 2013 hat sich der Kurs der mongolischen Landeswährung gegenüber US-Dollar und Euro erheblich verschlechtert (AA 3.2018b). Die Inflationsrate wurde 2016 auf 0,6 % und 2017 auf 4,6 % geschätzt (CIA 28.8.2018). Die Arbeitslosenrate lag 2017 bei 8 %, war jedoch erheblich höher unter Jugendlichen (fast 20 %). Der Mindestlohn liegt bei umgerechnet 90 USD im Monat. Es gibt eine gesetzliche 40Stundenwoche, jedoch arbeiten geschätzte 60 % der mongolischen Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen in der Schattenwirtschaft (v.a. Landwirtschaft, Bergbau). Die Regierung gewährt aber auch diesen ArbeitnehmerInnen Zugang zu grundlegenden Sozial- und Gesundheitsleistungen (ÖB Peking 12.2017). Laut ADB 2014 lebten 21,6% der Bevölkerung unter der Armutsgrenze. Viele der Nomaden fliehen angesichts klimatischer Bedingungen in die Hauptstadt, wo sie ein Leben in extremer Armut in Slum-Vierteln am Stadtrand (Gher-Viertel) fristen und viele von ihnen arbeitslos sind (ÖB Peking 12.2017). Das Welternährungsprogramm der UN (WFP) schätzte im Jahr 2015, dass mehr als 20 Prozent der Bevölkerung unterernährt sind (ÖB Peking 12.2017). Die Hauptstadt Ulaanbaatar zählt 1,2 Mio. Einwohner, von denen 60 % in Gher-Bezirken wohnen, in denen es sanitäre Mängel gibt (ÖB Peking 12.2017; vgl. Bertelsmann 2018). Die Luftverschmutzung in Folge der Verwendung minderwertiger Kohle zum Heizen führt vor allem bei Kindern zu Atemwegserkrankungen (ÖB Peking 12.2017). Die öffentliche Verwaltung stellt die meisten grundlegenden Dienstleistungen im gesamten Land zur Verfügung. Deren Qualität und der Zugang dazu wurden in den frühen 2010er-Jahren deutlich verbessert. Die geringe Bevölkerungsdichte stellt jedoch den Staat vor große Schwierigkeiten beim Erhalt von Infrastruktur und der Verfügbarmachung von Dienstleistungen wie Gesundheit, Sicherheit und Justiz, insbesondere für die etwa ein Viertel der Bevölkerung umfassenden nomadischen Viehhalter (Bertelsmann 2018). Es besteht ein sozialpartnerschaftliches trilaterales Komitee für Arbeit und soziale Abkommen. Alle zwei Jahre wird der Mindestlohn vom Arbeitsministerium, in Konsultation mit den Sozialpartnern, angepasst. Zuletzt wurde der Mindestlohn am 1. Jänner 2017 um 25 % auf 240.000 Tögrög (MNT), ca. 93 Euro, angehoben. Die Wirtschaftskrise 2016 führte dazu, dass auch gut qualifizierte Personen nur mehr schwer Arbeit finden. Arbeitsrechtliche Vorschriften werden generell eingehalten, jedoch gibt es Berichte über unerlaubt lange Arbeitszeiten im Baugewerbe und dort kommt es aufgrund mangelnder Einhaltung von Sicherheitsvorschriften immer wieder zu tödlichen Unfällen (ÖB 12.2017).

Quellen: - AA - Auswärtiges Amt (3.2018b): Mongolei, Wirtschaft, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/mongolei-node/-/222844, Zugriff 17.9.2018 - CIA - Central Intelligence Agency (28.8.2018): The World Factbook - Mongolia, https://www.cia.gov/library/publications/the-world-factbook/geos/mg.html, Zugriff 14.9.2018 - Bertelsmann Stiftung (2018): BTI 2018, Mongolia Country Report; https://www.ecoi.net/en/file/ local/1427464/488348_en.pdf, Zugriff 13.9.2018 - ÖB Peking (12.2017): Asylländerbericht 2017 Mongolei

Sozialbeihilfen

1995 verabschiedete die Große Staatsversammlung das Gesetz über das Sozialversicherungssystem. Dazu gehören die Kranken-, Arbeitslosen- und Rentenversicherungen sowie Sozialhilfeleistungen für Behinderte, Waisen und Halbwaisen. Außerdem wurde im Zuge der steigenden Gewinne aus dem Bergbau ein nationaler Bevölkerungsentwicklungsfonds eingerichtet, aus dem u. a. Beihilfen für Studenten bezahlt werden. 2013 wurde das Sozialversicherungsgesetz ergänzt, damit die noch etwa 44 Tsaatan-Familien (Rentierleute), die fernab fester Siedlungen und ohne geregeltes Einkommen leben, von den Leistungen der Sozialversicherung profitieren können (Renten, finanzielle Unterstützung und Sozialhilfebeiträge für Schwangere, Hochbetagte, Menschen mit Behinderungen, vorübergehend Arbeitsunfähige und für Sonderaufgaben) (LIP 7.2018). Gemäß Asian Development Bank (ADB) umfasst das für Sozialleistungen vorgesehene Budget 2,7% des BIP, was deutlich höher ist als in anderen Schwellenländern (durchschnittlich 1,6 % des BIP) (Bertelsmann 2018).

Eine Sozialversicherung, die auch eine Krankenversicherung umfa

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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