TE Bvwg Erkenntnis 2020/6/3 G303 2171168-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 03.06.2020
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Entscheidungsdatum

03.06.2020

Norm

AVG §78
B-VG Art133 Abs4
FPG §69 Abs2
VwGVG §27
VwGVG §28 Abs2

Spruch

G303 2171168-1/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. Simone KALBITZER über die Beschwerde des XXXX, geboren am XXXX, Staatsangehörigkeit: Albanien, vertreten durch GRADISCHNIG & GRADISCHNIG, Rechtsanwälte GmbH in 9500 Villach, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 04.09.2017,

Zl. XXXX, betreffend Antrag auf Aufhebung des Aufenthaltsverbotes, zu Recht:

A)

I. Der Beschwerde hinsichtlich des Spruchpunktes I. des angefochtenen Bescheides wird stattgegeben und der angefochtene Bescheid gemäß § 28 Abs. 2 iVm § 27 VwGVG idgF insoweit aufgehoben. In Entsprechung des Antrages vom 20.07.2017 wird das mit Bescheid der Landespolizeidirektion Kärnten, Zl. XXXX, vom XXXX.09.2013 verhängte, auf die Dauer von zehn Jahren befristete, Aufenthaltsverbot gemäß § 69 Abs. 2 FPG behoben.

II. Die Beschwerde hinsichtlich des Spruchpunktes II. des angefochtenen Bescheides wird als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Mit Bescheid der Landespolizeidirektion (LPD) Kärnten vom XXXX.09.2013, Zahl: XXXX, wurde gegen den Beschwerdeführer (im Folgenden: BF) gemäß § 63 Abs. 1 iVm Abs. 3 iVm § 53 Abs. 3 Z 1 FPG in der damals geltenden Fassung (BGBl. I Nr. 100/2005) ein auf die Dauer von zehn Jahren befristetes Aufenthaltsverbot erlassen. Begründet wurde der Bescheid zusammengefasst damit, dass der BF zu einer vierjährigen Freiheitsstrafe wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs. 1 (5. Fall), Abs. 4 Z. 3 SMG rechtskräftig verurteilt worden sei und sein weiterer Aufenthalt im Bundesgebiet die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährde. Der BF habe gegen die Erlassung des Aufenthaltsverbotes keinerlei Einwände erhoben und keine sein Privat- und Familienleben betreffenden Umstände geltend gemacht.

2. Am 21.07.2017 langte der Antrag auf Aufhebung eines Aufenthaltsverbotes der rechtsfreundlichen Vertretung des BF beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA) ein. Der Antrag wurde damit begründet, dass der BF die Strafe verbüßt habe und am XXXX.12.2014 aus der Strafhaft entlassen worden sei. Der BF habe sich über Veranlassung eines Verwandten am XXXX.04.2012 dazu überreden lassen, eine Übergabe von ca. 3 kg Kokain in Villach zu überwachen. Der BF habe dann nicht nur diese Übergabe des Kokains überwacht, sondern habe das Kokain von einem Mittäter übernommen und einem anderen unverzüglich weiterübergeben. Damit sei der BF an dem Suchtmitteltransfer beteiligt gewesen und zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt worden. In Albanien sei der BF zum Zeitpunkt der Straftat noch Polizeibeamter gewesen. Aus ihm heute nicht mehr nachvollziehbaren Überlegungen habe sich der BF im Jahre 2012 zu dieser Tathandlung hinreißen lassen. Vorher und nachher habe der BF keinerlei Straftaten begangen. Nach seiner Haftentlassung gehe der BF wieder einer Arbeit nach.

Die Ehegattin des BF, XXXX, sei rumänische Staatsbürgerin. Um seine Gattin nach Rumänien begleiten zu dürfen, wäre es für ihn ein Vorteil durch Österreich reisen zu dürfen. Der BF habe aus seinem einmaligen Fehlverhalten seine Strafe verbüßt. Er sei sicher keine Gefahr für die öffentliche Sicherheit in Österreich, zumal der BF vor und nach der Straftat keine Gesetzesübertretungen begangen habe. Dem Antrag waren Kopien von rumänischen ID Karten von XXXX sowie des BF angeschlossen.

3. Mit Bescheid des BFA, Regionaldirektion Kärnten, wurde der Antrag des rechtsfreundlich vertretenen BF vom 20.07.2017 auf Aufhebung des gegen ihn mit Bescheid der Landespolizeidirektion Kärnten vom XXXX.09.2013, Zl. XXXX, erlassenen Aufenthaltsverbotes gemäß § 69 Abs. 2 FPG, BGBl. I Nr. 100/2005, abgewiesen (Spruchpunkt I.) und gemäß § 78 AVG die Entrichtung einer Bundesverwaltungsabgabe in Höhe von 6,50 Euro binnen zwei Wochen aufgetragen (Spruchpunkt II.). Dies wurde im Wesentlichen damit begründet, dass sich die für die Erlassung des Aufenthaltsverbotes maßgeblichen Umstände nicht in entscheidungsrelevanter Weise geändert hätten. Auch seien keine weiteren Gründe hervorgekommen, wonach Artikel 8 EMRK die Verkürzung oder Aufhebung des Aufenthaltsverbotes verlangen würde.

4. Gegen diesen Bescheid richtet sich die Beschwerde mit dem Antrag das Aufenthaltsverbot zu beheben. Der BF bringt ergänzend zu seinen Ausführungen im Antrag vom 20.07.2017 vor, dass er als einziger der damals sechs Angeklagten geständig gewesen sei und zum Zeitpunkt seiner Verhaftung Polizist in Albanien gewesen sei. Er sei unbescholten gewesen und habe einen ordentlichen Lebenswandel geführt.

Auch gehe aus den Urteilsfeststellungen des Erstgerichtes hervor, dass der BF einige Tage vor dem XXXX.04.2012 von "Toni" (Cousin) den Auftrag erhalten habe, am XXXX.04.2012 zur Übergabe von Suchtgift nach Kärnten zu fahren und die Abwicklung des Suchtgiftgeschäftes zu überwachen. Der BF habe vorher und selbstverständlich auch nach seiner Haftentlassung nie Kontakt mit Suchtgiftgeschäften noch mit Suchtgifthändlern gehabt. Das Oberlandesgericht XXXX als Berufungsgericht habe den ordentlichen Lebenswandel, sein Geständnis und die Beschlagnahme des Suchtgifts bei der Übergabe als mildernd beurteilt und die Strafe von fünf auf vier Jahre herabgesetzt.

Der BF habe keinen Aufenthalt in Österreich gehabt, sondern sei am XXXX.04.2012 das erste Mal nach Österreich eingereist. Er habe keine Beziehungen zum Land Österreich und wolle in Österreich auch keinen Aufenthalt in Zukunft nehmen. Der einzige Grund, weshalb der BF die Aufhebung des Aufenthaltsverbotes begehre, sei, dass seine Frau rumänische Staatsbürgerin sei und die kürzeste Reise von Albanien nach Rumänien durch Österreich führe. Der BF gehe in Albanien einer normalen Arbeit nach und verdiene redlich seinen Lebensunterhalt. Eine Änderung seiner persönlichen Verhältnisse seit seiner Tathandlung am XXXX.04.2012 bis heute habe nicht eintreten können, weil der BF vor der Tat und nach der Tat immer gleich ordentlich gelebt habe und nur einmal einen Fehltritt gemacht habe.

5. Die gegenständliche Beschwerde und die Bezug habenden Verwaltungsakten wurden dem Bundesverwaltungsgericht (im Folgenden: BVwG) am 21.09.2017 vom BFA vorgelegt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der BF ist Staatsangehöriger der Republik Albanien.

Der BF ist mit der rumänischen Staatsangehörigen XXXX verheiratet und wohnt in XXXX (Albanien). In Österreich verfügte der BF über keine amtlichen Wohnsitzmeldungen.

Der BF wurde am XXXX.04.2012 wegen des Verdachtes der Begehung des Verbrechens des Suchtmittelhandels festgenommen und in weiterer Folge in die Justizanstalt XXXX eingeliefert. Er befand sich zunächst in Untersuchungs- und in weiterer Folge in Strafhaft.

Mit dem seit XXXX.06.2013 rechtskräftigen Urteil des Landesgerichtes XXXX als Schöffengericht vom XXXX.12.2012, Zl. XXXX, wurde der BF wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs. 1 (fünfter Fall), Abs. 4 Z 3 SMG zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von fünf Jahren verurteilt. Der Verurteilung liegt zugrunde, dass der BF im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit einem weiteren Täter am XXXX.04.2012 in XXXX Suchtgift, nämlich 3.007,01 Gramm Kokain (mit einem Reinhaltsgehalt von 22,0 +/- 1,2 % Kokain HCI), einem verdeckten Ermittler des Bundesministeriums für Inneres überlassen hat.

Mit Urteil des Oberlandesgerichtes XXXX vom XXXX.06.2013, Zl. XXXX, wurde der Berufung des BF Folge gegeben und die Freiheitsstrafe auf vier Jahre herabgesetzt. Bei der Strafbemessung wurden sein umfassendes, der Wahrheitsfindung dienliches, Geständnis und sein bislang ordentlicher Lebenswandel als mildernd berücksichtigt. Erschwerungsgründe lagen keine vor.

Es handelt sich um die erste und einzige Verurteilung des BF in Österreich. Es liegen auch keine strafgerichtlichen Verurteilungen in anderen EU-Staaten vor.

Mit Beschluss des Landesgerichtes XXXX vom XXXX.10.2014, Zl. XXXX, wurde der BF nach Verbüßung eines Teiles der Freiheitsstrafe von zwei Jahren und acht Monaten am XXXX.12.2014 aus der Strafhaft bedingt entlassen. Die Probezeit wurde mit drei Jahren bestimmt. In der Begründung dieses Beschlusses wurde festgehalten, dass sich der BF erstmals in Strafhaft befindet und eine Fortsetzung des Strafvollzuges nicht notwendig ist, um ihn von der Begehung weiterer Straftaten abzuhalten.

Der BF verfügt über keine familiären oder sozialen Bindungen in Österreich.

2. Beweiswürdigung:

Der Verfahrensgang und die Feststellungen ergeben sich aus dem unzweifelhaften und unbedenklichen Akteninhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes des BFA, der Beschwerde und des vorliegenden Gerichtsaktes des BVwG.

Die Feststellung zur Identität und Staatsangehörigkeit des BF ergibt sich aus dem unstrittigen Akteninhalt, den diesbezüglichen Angaben des BF vor der belangten Behörde und in der Beschwerde. Zudem wird die Identität des BF durch den (in Kopie im Akt einliegenden) Reisepass der Republik Albanien belegt, dessen Echtheit nicht in Zweifel steht und der bis XXXX.12.2019 gültig war.

Die Feststellung zu seinen familiären Verhältnissen beruht auf den Angaben im Aufhebungsantrag vom sowie in der Beschwerde. Zudem legte der BF eine Kopie des rumänischen Personalausweises seiner Ehefrau vor, der bis XXXX.04.2017 gültig war.

Der aktuelle Wohnsitz ergibt sich aus den Angaben im Aufhebungsantrag sowie in der Beschwerde. Abgesehen von der Wohnsitzmeldung in der Justizanstalt XXXX war der BF im Bundesgebiet nie meldeamtlich erfasst.

Die Feststellungen zur Festnahme und zur Untersuchungs- und Strafhaft ergeben sich aus der Vollzugsinformation und dem Strafregister.

Die strafgerichtliche Verurteilung des BF, die zugrundeliegenden strafbaren Handlungen sowie die Strafbemessungsgründe können anhand des vorliegenden Strafurteils vom XXXX.12.2012 sowie des Berufungsurteils des Oberlandesgerichtes XXXX vom XXXX.06.2013 festgestellt werden.

Die Verurteilung wird auch durch den entsprechenden Eintrag im Strafregister belegt, in dem keine weiteren Verurteilungen des BF in Österreich aufscheinen. Es gibt keine Beweisergebnisse für strafgerichtliche Verurteilungen des BF in anderen Staaten (Einsicht in das Europäische Strafregister-Informationssystem ECRIS).

Die Feststellung zur bedingten Entlassung des BF beruht auf der Einsicht in das Strafregister der Republik Österreich sowie den Beschluss des Landesgerichtes XXXX vom XXXX.10.2014.

Aus dem Beschwerdevorbringen geht hervor, dass der BF keinerlei Beziehungen zu Österreich hat.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Zum Antrag auf Aufhebung des Aufenthaltsverbotes (Spruchpunkt A.):

Gemäß § 125 Abs. 25 dritter Satz FPG bleiben vor Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl. I. Nr. 87/2012 am 01.01.2014 erlassene Aufenthaltsverbote bis zum festgesetzten Zeitpunkt weiterhin gültig und können nach Ablauf des 31. Dezember 2013 gemäß § 69 Abs. 2 und 3 in der Fassung BGBl. I Nr. 87/2012 aufgehoben werden oder außer Kraft treten.

Das hier gegenständliche auf die Dauer von zehn Jahren befristetes Aufenthaltsverbot wurde mit dem oben angeführten Bescheid der LPD Kärnten vom XXXX.09.2013 mit Rechtswirksamkeit ab XXXX.10.2013 rechtskräftig erlassen und ist somit auch nach dem XXXX.01.2014 weiterhin gültig.

§ 63 FPG in der zum Zeitpunkt der Erlassung des Bescheides der LPD, Fassung BGBl. I Nr. 100/2005, lautete - auszugsweise - wie folgt:

"Aufenthaltsverbot für Drittstaatsangehörige mit Aufenthaltstitel

§ 63. (1) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der sich auf Grund eines Aufenthaltstitels rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält, kann ein Aufenthaltsverbot erlassen werden, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass sein Aufenthalt

1. die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährdet oder

2. anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft.

(2) Bestimmte Tatsachen im Sinne des Abs. 1 sind insbesondere jene des § 53 Abs. 2 Z 1, 2, 4, 5, 7 bis 9 und Abs. 3. § 53 Abs. 5 und 6 gelten.

(3) Ein Aufenthaltsverbot gemäß Abs. 1 ist in den Fällen des § 53 Abs. 2 Z 1, 2, 4, 5, 7 bis 9 für die Dauer von mindestens 18 Monaten, höchstens jedoch für fünf Jahre, in den Fällen des § 53 Abs. 3 Z 1 bis 4 für höchstens zehn Jahre und in den Fällen des § 53 Abs. 3 Z 5 bis 8 auch unbefristet zu erlassen. Die Frist beginnt mit Ablauf des Tages der Ausreise des Drittstaatsangehörigen. [...]"

Gemäß § 53 Abs. 3 Z 1 FPG in der bis 31.12.2013 geltenden Fassung des BGBl. I Nr. 100/2005 konnte ein Aufenthaltsverbot für die Dauer von höchstens zehn Jahren erlassen werden, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellt. Als bestimmte Tatsache, die bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbotes neben den anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen relevant ist, hat insbesondere zu gelten wenn ein Drittstaatsangehöriger von einem Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als drei Monaten, zu einer bedingt oder teilbedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von mehr als sechs Monaten oder mehr als einmal wegen auf der gleichen schädlichen Neigung beruhenden strafbaren Handlungen rechtskräftig verurteilt worden ist (Z 1).

Der mit "Gegenstandslosigkeit und Aufhebung" betitelte § 69 FPG idF BGBl. I. Nr. 87/2012 lautete:

"§ 69. (1) Eine Ausweisung wird gegenstandslos, wenn der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige seiner Ausreiseverpflichtung (§ 70) nachgekommen ist. § 27b gilt.

(2) Ein Aufenthaltsverbot ist auf Antrag oder von Amts wegen aufzuheben, wenn die Gründe, die zu seiner Erlassung geführt haben, weggefallen sind.

(3) Das Aufenthaltsverbot tritt außer Kraft, wenn einem EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigten Drittstaatsangehörigen der Status des Asylberechtigten zuerkannt wird."

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH) kann ein Antrag nach § 69 Abs. 2 FPG auf Aufhebung eines Aufenthaltsverbotes nur dann zum Erfolg führen, wenn sich seit der Erlassung der Maßnahme die dafür maßgebenden Umstände zu Gunsten des Fremden geändert haben, wobei im Rahmen der Entscheidung über einen solchen Antrag auf die nach der Verhängung der Maßnahme eingetretenen und gegen die Aufhebung dieser Maßnahme sprechenden Umstände Bedacht zu nehmen ist. Bei der Entscheidung über die Aufhebung einer solchen Maßnahme kann die Rechtmäßigkeit jenes Bescheides, mit dem diese Maßnahme erlassen wurde, nicht mehr überprüft werden. Eine Änderung der Rechtslage kann allerdings den Wegfall eines Grundes für die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes darstellen und ist demnach bei der Prüfung der Zulässigkeit der Aufrechterhaltung des Aufenthaltsverbotes zu berücksichtigen (VwGH 21.07.2011, Zl. 200/18/0898; 24.01.2012, Zl. 2011/18/0267; 30.07.2014, Zl. 2012/22/0112; 26.03.2015, Zl. 2013/22/0297).

Voraussetzung für die Aufhebung eines Aufenthaltsverbots ist grundsätzlich der Wegfall oder eine wesentliche Minderung der vom Fremden ausgehenden Gefährlichkeit. Dafür bedarf es idR eines Zeitraums des Wohlverhaltens in Freiheit, der sich nach den Umständen des Einzelfalls richtet und üblicherweise umso länger anzusetzen ist, je nachdrücklicher sich die für die Verhängung des Aufenthaltsverbots maßgebliche Gefährlichkeit manifestiert hat (VwGH Ra 2014/21/0009). Ein Gesinnungswandel, der nicht in einem - einen relevanten Zeitraum umfassenden - Wohlverhalten seine Entsprechung gefunden hat, reicht für den Wegfall der Gefährdungsprognose nicht aus (VwGH Ra 2016/21/0108).

Bei der Beurteilung nach § 69 Abs. 2 FPG kommt es darauf an, ob aufgrund einer Änderung der für die Verhängung des Aufenthaltsverbots maßgebenden Umstände oder aufgrund einer maßgeblichen Änderung der Rechtslage davon ausgegangen werden kann, dass die seinerzeitige Annahme, der Aufenthalt des Fremden werde die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährden oder anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Interessen zuwiderlaufen, nicht mehr aufrechterhalten werden kann (VwGH 06.09.2012, Zl. 2012/18/0032).

Die Anwendung dieser Rechtslage auf den hier maßgeblichen Sachverhalt ergibt Folgendes:

Der BF wurde am XXXX.12.2014 bedingt unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren aus der Strafhaft entlassen. Dies, da er sich erstmalig im Strafhaft befunden hat und die Fortsetzung des Strafvollzuges nicht für notwendig erachtet wurde, um ihn von der Begehung weiterer Straftaten abzuhalten. Auch konnte er während der Haft eine gute Arbeitsleistung bei anstandsloser Führung erbringen. Der seither verstrichene Zeitraum des Wohlverhaltens in Freiheit ist als ausreichend zu qualifizieren, um von einem Wegfall einer positiven Gefährdungsprognose ausgehen zu können.

Die vom BF in Österreich begangene Straftat verübte dieser im Jahr 2012 und ist seither zu keiner Zeit strafrechtlich in Erscheinung getreten. Dieser Zeitraum von 8 Jahren scheint lange genug zu sein, um feststellen zu können, dass sich der BF einen positiven Sinneswandel unterzogen hat.

Durch das Wohlverhalten des BF im Freiheit seit über fünf Jahren und seiner vorzeitigen Entlassung aus der Strafhaft haben sich seit der Erlassung des Aufenthaltsverbotes im September 2013 die dafür maßgebenden Umstände zu Gunsten des BF geändert.

Im Ergebnis war daher das Aufenthaltsverbot aus obigen Gründen aufzuheben.

3.2. Beschwerde gegen den Kostenausspruch:

Mit der gegenständlichen Beschwerde wurde der Bescheid in seinem gesamten Inhalt und Umfang angefochten, somit auch hinsichtlich Spruchpunkt II. des Bescheides, wonach der BF gemäß § 78 AVG eine Bundesverwaltungsabgabe in Höhe von 6,50 Euro binnen zwei Wochen zu entrichten habe.

Gemäß § 9 Abs. 1 Z 3 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG), BGBl. I Nr. 33/2013 idgF, hat die Beschwerde die Gründe zu enthalten, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt. In der vom rechtsfreundlichen Vertreter des BF verfassten Beschwerde wurden jedoch keinerlei Gründe vorgebracht, aus denen sich die Rechtswidrigkeit dieses Kostenausspruchs ergeben würde.

Da auch sonst nicht ersichtlich ist, weshalb der Kostenausspruch allenfalls rechtswidrig wäre, und sich der Kostenausspruch auch zutreffend auf die im Spruch angeführten Rechtsvorschrift stützt, war die Beschwerde insoweit, als sie sich gegen Spruchpunkt II. des Bescheides richtet, als unbegründet abzuweisen.

3.3. Entfall einer mündlichen Verhandlung:

Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen gilt § 24 VwGVG.

Fest steht, dass auch die Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu keinem anderen Ergebnis führen würde, ging doch der entscheidungsrelevante Sachverhalt aus der Aktenlage klar hervor, weshalb gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG eine mündliche Verhandlung unterbleiben konnte.

Zudem wurde seitens der Verfahrensparteien die Durchführung einer mündlichen Verahndlung nicht beantragt.

3.4. Zur Unzulässigkeit der Revision (Spruchpunkt B.):

Gemäß § 25a Abs. 1 Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idgF, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision gegen die gegenständliche Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen. Die oben in der rechtlichen Beurteilung angeführte Judikatur des VwGH ist teilweise zwar zu früheren Rechtslagen ergangen, sie ist jedoch nach Ansicht des erkennenden Gerichts auf die inhaltlich meist völlig gleichlautenden Bestimmungen der nunmehr geltenden Rechtslage unverändert übertragbar.

Schlagworte

Behebung der Entscheidung Verwaltungsabgabe Voraussetzungen Wegfall der Gründe

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:G303.2171168.1.00

Im RIS seit

12.08.2020

Zuletzt aktualisiert am

12.08.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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