TE Vwgh Erkenntnis 1989/1/17 88/14/0027

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Veröffentlicht am 17.01.1989
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Index

Abgabenverfahren
32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht

Norm

BAO §214 Abs1
BAO §214 Abs4
BAO §214 Abs6
BAO §214 Abs7
BAO §217

Beachte


Besprechung in:
ÖStZB 1989, 335;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Reichel und die Hofräte Dr. Schubert, Dr. Hnatek, Dr. Pokorny und Dr. Karger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Wimmer, über die Beschwerde des Dr. Helmut Rantner, Rechtsanwalt in Innsbruck, Maria-Theresien-Straße 57, gegen den Bescheid (Berufungsentscheidung) der Finanzlandesdirektion für Tirol vom 10. September 1987, Zl. 50.375-5/87, betreffend Säumniszuschlag, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer zahlte am 9. März 1987 beim Finanzamt den Betrag von S 50.250,-- ein. Dieser Betrag entsprach der am 10. März 1987 fälligen Einkommensteuervorauszahlung für das 1. Kalendervierteljahr 1987. Das Finanzamt verrechnete jedoch die Zahlung von S 50.250,-- auf dem Fälligkeitstag nach ältere Abgabenschuldigkeiten. Die Einkommensteuervorauszahlung für das 1. Kalendervierteljahr 1987 galt daher als mit Ablauf des Fälligkeitstages unberichtigt, mit der Folge, daß das Finanzamt einen Säumniszuschlag von S 1.005,-- festsetzte. Diese Festsetzung bestätigte die belangte Behörde mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid.

Der Beschwerdeführer erhob gegen diesen Bescheid zunächst beim Verfassungsgerichtshof Beschwerde, mit der er auch die Überprüfung der einschlägigen Gesetzesvorschriften anregte. Der Verfassungsgerichtshof trat jedoch die Beschwerde mit seinem ihre Behandlung ablehnenden Beschluß vom 30. November 1987, B 1179/87-4, an den Verwaltungsgerichtshof ab.

Vor dem Verwaltungsgerichtshof macht der Beschwerdeführer in einer Beschwerdeergänzung inhaltliche Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides geltend. Er vertritt im wesentlichen die Auffassung, daß seiner widmungsgemäßen Zahlung Rechnung zu tragen gewesen wäre, zumal sie auf Grund einer ausdrücklichen Vorschreibung erfolgt sei. Andernfalls konnte ja die vorgeschriebene Abgabe auch durch widmungsgemäße Bezahlung nie entrichtet werden. Es hätte daher die der konkreten Vorschreibung (der Einkommensteuervorauszahlung für das 1. Kalendervierteljahr 1987) entsprechende Zahlung mit dieser verrechnet werden müssen und infolge dessen kein Säumniszuschlag festgesetzt werden dürfen. Der Beschwerdeführer sei im Rechtsgrundsatz der Steuergerechtigkeit, der Gleichheit und der Sittenwidrigkeit verletzt worden.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragte in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Dem Beschwerdevorbringen ist zunächst entgegenzuhalten, daß eine Widmung der Zahlung von S 50.250,-- am 9. März 1987 für die Einkommensteuervorauszahlung betreffend das 1. Kalendervierteljahr 1987 nicht aktenkundig ist. Aber auch bei Vorliegen einer solchen Widmung wäre für den Beschwerdeführer nichts gewonnen, da nur bei ganz bestimmten Schuldigkeiten eine „Widmung“ von Zahlungen beachtlich ist, wie die Sonderregelungen des § 214 Abs. 4, 6 und 7 BAO zeigen. Die Einkommensteuervorauszahlungen eines (einzelschuldnerischen) Abgabepflichtigen zahlen nicht dazu. Für sie gilt der Grundsatz des § 214 Abs. 1 BAO, daß Zahlungen - ob eine Widmung (Angabe des Verwendungszweckes) besteht oder nicht - auf die dem Fälligkeitstag nach ältesten verbuchten Abgabenschuldigkeiten zu verrechnen sind. Dieser Grundsatz ist im Sinne einer rationellen Abgabenerhebung durchaus sachgerecht: Die ältesten Rückstände können sobald als möglich außer Evidenz genommen werden und es wird der Geldwertverlust, aber auch der Zinsenverlust des Abgabengläubigers, der eintritt, wenn, wie offenbar im Beschwerdefall, keine Zahlungserleichterung aufrecht ist, begrenzt.

Der Grundsatz der Verrechnung mit den ältesten Fälligkeiten erscheint auch im Lichte der genannten Ausnahmen nicht unsachlich, weil diese Ausnahmen in ebenfalls durchaus sachgerechter Weise auf kraft Gesetzes eintretende Fälligkeiten Rücksicht nehmen (§ 214 Abs. 4 lit. a und b BAO, siehe auch Stoll, BAO-Handbuch Seite 475 Abs. 1 und Seite 477 Abs. 2) bzw. finanzstrafrechtlichen Folgen (§ 214 Abs. 4 lit. c und d BAO, Stoll, a.a.O. Seite 528) und unmittelbar drohenden (weiteren) Vollstreckungen (§ 214 Abs. 6 BAO, Stoll, a.a.O., Seite 529) vorbeugen; Abs. 7 der Gesetzesstelle dient dem Sonderfall der Abgabenverrechnung bei einem Gesamtschuldverhältnis (Stoll, a.a.O., Seite 522 und 529 f).

Im Beschwerdefall wurde somit die strittige Zahlung entsprechend den Intentionen des Gesetzgebers, der in erster Linie auf eine Abdeckung der älteren Abgabenrückstände bedacht ist, zu Recht mit eben diesen älteren Rückständen verrechnet. Der Festsetzung eines Säumniszuschlages als Folge dieser Verrechnung hätte nur durch Abdeckung der älteren Rückstände oder - wie in der Gegenschrift zutreffend ausgeführt - allenfalls im Wege von Zahlungserleichterungen begegnet werden können (siehe § 214 Abs. 3 und § 218 BAO). Der Beschwerdeführer hat aber weder das Bestehen von Zahlungserleichterungen (die Einbringung eines Zahlungserleichterungsansuchens) noch sonstige Umstände, die nach §§ 217 oder 218 BAO der Festsetzung des Säumniszuschlages entgegenstehen könnten, ins Treffen geführt.

Wenn der Beschwerdeführer schließlich meint, der Grundsatz, daß auf ältere Abgabenschuldigkeiten zu verrechnen sei, könnte nur gleichartige Abgabenschuldigkeiten (hier rückständige Einkommensteuervorauszahlungen) betreffen, so setzt er sich mit dem Gesetz in Widerspruch, das in § 214 Abs. 1 BAO schlechthin von dem Fälligkeitstag nach ältesten verbuchten Abgabenschuldigkeiten und nicht nur von gleichartigen Abgabenschuldigkeiten spricht.

Der angefochtene Bescheid läßt somit keine Rechtswidrigkeit erkennen. Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG und die Verordnung des Bundeskanzlers vom 30. Mai 1985, BGBl. Nr. 243.

Wien, am 17. Jänner 1989

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1989:1988140027.X00

Im RIS seit

12.08.2020

Zuletzt aktualisiert am

12.08.2020
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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