TE Lvwg Erkenntnis 2020/6/3 LVwG-AV-262/001-2020

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 03.06.2020
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Entscheidungsdatum

03.06.2020

Norm

KFG 1967 §57a Abs2

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich erkennt durch Mag. Lindner als Einzelrichterin über die Beschwerde der A GmbH, vertreten durch B, Rechtsanwalt in ***, ***, gegen den Bescheid der Landeshauptfrau von NÖ vom 29. Jänner 2020, ***, betreffend den Widerruf der Ermächtigung zur wiederkehrenden Begutachtung von Fahrzeugen gemäß § 57a Abs. 2 Kraftfahrgesetz 1967, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:

1.   Gemäß § 28 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

2.   Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 (VwGG) eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Entscheidungsgründe:

Mit Bescheid des Landeshauptmannes von NÖ vom 25. November 2014, ***, wurde der A GmbH die Ermächtigung zur wiederkehrenden Begutachtung von Fahrzeugen in der Begutachtungsstelle in ***, ***, erteilt. Der Begutachtungsstelle wurde die Begutachtungsstellennummer *** zugewiesen.

Der Ermächtigungsumfang lautet wie folgt:

1 Kraftrad

Motorfahrrad       L1e

Dreirädrige Kleinkrafträder     L2e                  FZ       SZ

Motorrad       L3e                  FZ       SZ

Motorrad mit Beiwagen     L4e                  FZ       SZ

Motordreirad       L5e                  FZ       SZ

2 Kraftwagen (jeweils hzG)

Vierrädrige Leichtkraftfahrzeuge    L6e                  FZ       SZ

Vierrädrige Kraftfahrzeuge     L7e                  FZ       SZ

2.1 Kraftwagen zur Personenbeförderung

PKW/Kombi bis 2800 kg     M1         FZ       SZ

PKW/Kombi > 2800kg bis 3500kg            M1         FZ       SZ

Omnibus bis 2800 kg     M2         FZ       SZ

Omnibus > 2800 kg bis 3500 kg            M2         FZ       SZ

2.2 Kraftwagen zur Güterbeförderung

LKW bis 2800 kg      N1         FZ       SZ

LKW > 2800kg bis 3500 kg             N1         FZ       SZ

2.3 Kraftwagen, die nicht unter Z. 2.1., 2.2 und 4 (Sonstige) fallen, über 50 km/h Bauartgeschwindigkeit

Abgeleitete Fahrzeuge bis 2800 kg      FZ       SZ

Abgeleitete Fahrzeuge > 2800 kg bis 3500 kg             FZ       SZ

Spezialkraftwagen bis 2800 kg       FZ       SZ

Spezialkraftwagen > 2800 kg bis 3500 kg             FZ       SZ

Selbstfahrende Arbeitsmaschinen > 50 km/h bis 2800 kg           FZ       SZ

Selbstfahrende Arbeitsmaschinen > 50 km/h > 2800 kg bis 3500 kg          FZ       SZ

Sonderkraftfahrzeuge > 50 km/h bis 2800 kg             FZ       SZ

Sonderkraftfahrzeuge > 50 km/h > 2800 kg bis 3500 kg           FZ       SZ

3 Anhänger

Anhänger O1 ungebremst bis 750 kg   O1         

Anhänger O1 gebremst bis 750 kg Einachsanhänger O1

Anhänger O1 gebremst bis 750 kg Mehrachsanhän- O1

ger

Anhänger O2 > 750 kg bis 3500 kg Einachsanhänger O2

Anhänger O2 > 750 kg bis 3500 kg Mehrachsanhän- O2

ger

Die Ermächtigung zur wiederkehrenden Begutachtung von Fahrzeugen wird ebenso für Fahrzeuge der oben angeführten Fahrzeugklassen mit elektrischem Antrieb erteilt.

Mit dem angefochtenen Bescheid vom 29. Jänner 2020, ***, wurde die der A GmbH erteilte Ermächtigung zur wiederkehrenden Begutachtung von Fahrzeugen in der Begutachtungsstelle in ***, ***, mit sofortiger Wirkung widerrufen. Die aufschiebende Wirkung einer Berufung gegen diesen Bescheid wurde ausgeschlossen. Weiters wurde die Ermächtigungsinhaberin aufgefordert, unverzüglich nach Zustellung dieses Bescheides die vorhandenen Begutachtungsplaketten an die Bezirkshauptmannschaft Zwettl zurückzustellen. Zudem wurde die der Begutachtungsstelle zugewiesene Begutachtungsstellennummer *** mit sofortiger Wirkung für gegenstandslos erklärt.

In der Begründung wurde Folgendes ausgeführt:

Am 8. Jänner 2020 seien bei einer unangekündigten Revision Mängel bei der wiederkehrenden Begutachtung in der verfahrensgegenständlichen Prüfstelle festgestellt worden:

-    Die Begutachtungsplaketten seien unvollständig gewesen (fehlende verlochte Plaketten): vier stornierte Plaketten (Nr. ***, ***, ***, ***) seien nicht aufgefunden worden. Unleserliche oder zerstörte Plaketten seien mit dem Stornierungsgrund „beschädigt“ zu stornieren und eine entsprechende Begründung anzugeben.  Schwerer Mangel

-    Kein Nachweis über den Verbleib: Die Plakette *** sei laut EBV-Eingabe am 26. Juli 2019 „verloren“ worden.  Schwerer Mangel

-    Fehlende Eintragungen in Gutachten:

Schwerer Mangel: Bei vier kontrollierten Gutachten der Fahrzeugklasse L1e bzw. L3e mit hydraulischer Bremse sei keine Bremsflüssigkeit-Siedetemperatur bzw. kein prozentueller Wasseranteil angeführt, obwohl die in Punkt 1.8 der Anlage 6 der PBStV zwingend vorgesehen sei (Gutachten Nr. ***, ***, ***, ***). Wurde die Siedetemperatur der Bremsflüssigkeit nicht gemessen, sei die Befunderhebung und damit das Gutachten unvollständig und hätte kein Gutachten erstattet werden dürfen.

Bei mehreren kontrollierten Gutachten der Fahrzeugklassen 01, 02, M1 und N1 sei keine Abbremsung der Betriebsbremse (BBA) oder der Feststellbreme (FBA) angegeben worden:

-    Gutachten Nr. *** – Abbremsung der FBA fehlt

-    Gutachten Nr. *** – Abbremsung der FBA fehlt

-    Gutachten Nr. *** – Abbremsung der BBA fehlt

Wurde die BBA oder FBA nicht geprüft, ist die Befunderhebung und damit auch das Gutachten nicht vollständig und hätte kein Gutachten erstattet werden dürfen.

Leichter Mangel:

Bei nahezu allen kontrollierten Gutachten der Fahrzeugklasse L1e und L3e wurde immer nur eine Bremsflüssigkeit-Siedetemperatur bzw. ein prozentueller Wasseranteil angegeben, zusätzliche Hinweise wie z.B. „Hinterradbremse mechanisch“ oder „Integralbremssystem“ fehlten.

-    Unrichtige Eintragungen im Gutachten:

Schwerer Mangel: Bei 4 kontrollierten Gutachten hinsichtlich Fahrzeugklasse „L“ wurden technisch nicht nachvollziehbare Bremswerte, insbesondere bei der Hinterradbremse, angegeben (Gutachten Nr. *** mit 59,02%, Nr. *** mit 40,27%, Nr. *** mit 44,24%, Nr. *** mit 71,46%). Realistische Werte der Abbremsung des Hinterrades bewegen sich bei 30-35%. Wurde die Bremsprüfung ordnungsgemäß durchgeführt, hätten für die angeführten Fahrzeuge keine positiven Gutachten ausgestellt werden dürfen, indem sich aus den Gutachten (Gesamtabbremsung minus Abbremsung des Hinterrades) ergibt, dass die Vorderradbremse deutlich weniger Abbremsung hatte als die Hinterradbremse und daher offenkundig eine mangelhafte Funktion aufwies.

Bei 2 Gutachten der Fahrzeugklasse L1e und L7e wurde sogar eine wesentlich höhere Abbremsung des Hinterrades angegeben als die Gesamtabbremsung (Gutachten Nr. *** – Hinterradabbremsung 70,74%, Gesamtabbremsung 59,02%; Nr. *** – Hinterradabbremsung 88,48%, Gesamtabbremsung 53,11%). Dies ist technisch nicht nachvollziehbar.

Bei einem Gutachten der Fahrzeugklasse L7e wurde eine wesentlich höhere Abbremsung der Feststellbremse angegeben als Gesamtabbremsung (Gutachten Nr. *** – Feststellbremse: 70,74%, Gesamtabbremsung: 53,11%). Dies ist technisch nicht nachvollziehbar.

-    Auffälligkeit bei den eingetragenen Messwerten  Schwerer Mangel

Bei mehreren kontrollierten Gutachten hinsichtlich Fahrzeugklasse M1, wurde bei der Abgasprüfung (betreffend Ottomotor) eine zu geringe oder unrealisitsch „erhöhte“ Motordrehzahl angeführt, laut PBStV sind mindestens 2000 U7min. erforderlich (Gutachten Nr. *** – 210 U/min, Nr. *** – 780 U/min, Nr. *** – 1600 U/min, Nr. ***- 1900 U/min, Nr. *** – 1880 U/min, Nr. *** – 1910 U/min, Nr. *** – 1900 U/min, Nr. *** – 780 U/min.)

Bei drei kontrollierten Gutachten hinsichtlich Fahrzeugklasse M1 wurde eine falsche bzw. unrealistische Abregeldrehzahl angeführt, vermutlich ein Eingabefehler (Gutachten Nr. *** – 800 U/min, Nr. *** – 756 U/min, Nr. *** – 2000 U/min).

Bei einem kontrollierten Gutachten wurde eine falsche Fahrzeugklasse angegeben (L1e statt L3e).

Bei zwei kontrollierten Gutachten hins. Fahrzeugklasse M1 wurde eine falsche bzw. unrealistische Leerlaufdrehzahl angeführt, vermutlich ein Eingabefehler (Gutachten Nr. *** – 1980 U/min)

Bei mehreren Gutachten wurde eine unrealistisch hohe Abbremsung der Betriebs- oder der Feststellbremse festgestellt, hier besteht der Verdacht, dass die gegenständlichen Bremswerte beladen waren und dies bei der Bremsenberechnung nicht berücksichtigt wurde (Gutachten Nr. *** mit Abbremsung der BBA: 99,11%, Nr. *** mit Abbremsung der BBA: 98,85%, Nr. *** mit Abbremsung der BBA: 96,79%, Nr. *** mit Abbremsung der BBA: 95,22%, Nr. *** mit Abbremsung der FBA: 91,74, Nr. *** mit Abbremsung der BBA: 92,55%).

Leichter Mangel: Bei vier Prüfgutachten wurde auffällig, dass die Abgasprüfung bereits mehrere Tage vor Ausstellung der betreffenden Gutachten erstellt wurde (Gutachten Nr. *** vom 20.12.2019 mit einer Abgasprüfung vom 13.12.2019; Nr. *** vom 10.12.2019 mit einer Abgasprüfung vom 6.12.2019; Nr. *** vom 10.12.2019 mit einer Abgasprüfung vom 6.12.2019; Nr. *** vom 6.12.2019 mit einer Abgasprüfung vom 29.11.2019).

-    Technische Einrichtungen     schwerer Mangel

Abnahmebefund und behördliche Überprüfungen liegen nicht vor: Der Kalibrierungsnachweis lt. PBStV Anlage 2a Z. 20 lit. b) betreffend des Bremsenprüfstandes (AHS, Typ. 04/08, Nr. ***) konnte nicht nachgewiesen werden. Die Kalibrierung des Bremsenprüfstandes ist seit 1. Jänner 2019 verpflichtend und alle 24 Monate durchzuführen.

Die Behörde könne aufgrund des Umganges mit Begutachtungsplaketten, der zahlreichen fehlenden bzw. unrichtigen Eintragungen in den Gutachten sowie der nicht vorgenommenen Kalibrierung des Bremsenprüfstandes derzeit nicht davon ausgehen, dass die der A GmbH anvertraute hoheitliche Tätigkeit entsprechend dem Schutzzweck des Gesetzes – nämlich zu gewährleisten, dass nur verkehrs- und betriebssichere sowie nicht übermäßig Emissionen verursachende Fahrzeuge am öffentlichen Verkehr teilnehmen - ausgeübt werde.

Daran könnten auch die im Anschluss an die Revision ergriffenen Maßnahmen nichts ändern.

Das öffentliche Interesse an der Verkehrs- und Betriebssicherheit von Fahrzeugen und am Ausschluss nicht vertrauenswürdiger Personen von der Begutachtungstätigkeit gemäß § 57a Abs. 4KFG 1967 überwiegen das wirtschaftliche Interesse des Ermächtigungsinhabers an der weiteren Ausübung der erteilten Ermächtigung. Die festgestellten schweren Mängel erforderten den Ausschluss der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde wegen Gefahr im Verzug.

Dagegen hat die A GmbH mit Schriftsatz vom 25. Februar 2020 fristgerecht Beschwerde erhoben und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung, ersatzlose Behebung des bekämpften Bescheides, sinngemäß in eventu den Widerruf der Ermächtigung nur hinsichtlich der Fahrzeugklassen L und O, in eventu die Erteilung von Anordnungen beantragt.

Zur Begründung wurde ausgeführt, dass es sich bei einer Entscheidung betreffend der Ermächtigung nach § 57a Abs. 2 KFG 1967 um das Ergebnis einer Beurteilung des Gesamtverhaltens des Betroffenen handle. Durch die zwischenzeitig getroffenen Maßnahmen, welche bis dato von der belangten Behörde nicht überprüft worden seien, sei sichergestellt, dass sämtliche Anforderungen erfüllt seien und korrekte Begutachtungen nach § 57a Abs. 4 KFG sichergestellt seien. Die Beschwerdeführerin werde nunmehr von einer fachkundigen Unternehmensberatung unterstützt/betreut und seien alle Maßnahmen bei der Beurteilung der aktuellen Vertrauenswürdigkeit im Hinblick auf die zu treffende Prognoseentscheidung zu berücksichtigen und gäben Grund zur Annahme, dass die Beschwerdeführerin die Aufgaben entsprechend dem Schutzzweck des Gesetzes erfüllen werde. Die Beschwerdeführerin nehme hinkünftig Qualitätssicherungsmaßnahmen und laufende Überprüfungen/Kontrollen durch die Firma C OG in Anspruch und könne von einer vorliegenden Vertrauensunwürdigkeit nicht ausgegangen werden.

Im Sinne des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes könne allenfalls mit der Erteilung einer Anordnung das Auslangen gefunden werden. Zum Zeitpunkt der Stellungnahme habe die Beschwerdeführerin noch keine rechtliche/fachliche Beratung gehabt.

Auch wenn in allen bei der Revision beanstandeten Fällen kein absichtlich falsches Vorgehen der Prüfer erkennbar sei, sei es der Geschäftsleitung der Beschwerdeführerin nunmehr vollkommen bewusst, dass zahlreiche Schlampigkeitsfehler vorlägen, insbesondere jene Fehler, die im administrativen Bereich lagen, seien der Beschwerdeführerin nicht bewusst gewesen.

Die meisten Mängel, die bei der behördlichen Revision als schwere Mängel festgestellt worden seien, hätten die Fahrzeugklassen L und O betroffen und würde die Beschwerdeführerin künftig auf eine Ermächtigung für Fahrzeuge der Klassen L und O verzichten. Die belangte Behörde habe die Beschwerdeführerin nicht darauf hingewiesen, dass auf die Prüfermächtigung dieser Fahrzeugklassen zum Erhalt der Prüfermächtigung für die restlichen Fahrzeugklassen verzichtet werden könnte.

Zu den Maßnahmen der Qualitätssicherung sei zu sagen, dass sämtliche Mitarbeiter umgehend einer internen Schulung unterzogen und angewiesen worden seien, ab sofort auf die strikte Einhaltung der gesetzlich vorgeschriebenen Prüfbestimmungen zu achten. Zusätzlich sei die interne regelmäßige Kontrolle angeordnet worden, wobei diesbezüglich ständig der Geschäftsleitung zu berichten sei. Zwischenzeitlich sei die Fa. C OG/Unternehmensberatung damit beauftragt worden, das Unternehmen zu auditieren, dies sei konkret am 25.02.2020 erfolgt. Sämtliche dabei gewonnenen Erkenntnisse seien umgehend umgesetzt worden. Mittels eines umfassenden Qualitätssicherungskonzepts und regelmäßigen wöchentlichen internen Kontrollen der Gutachten werde seitens der Geschäftsleitung sichergestellt, dass sämtliche Begutachtungen künftig korrekt durchgeführt werden. Die Erlangung der Vertrauenswürdigkeit durch bloßen Zeitablauf ohne ausführender Tätigkeit wäre weder faktisch noch rechtlich nachvollziehbar. Die Behörde habe der Beschwerdeführerin die Möglichkeit zu geben, alle möglichen Anordnungen bestmöglich umzusetzen. Die Beschwerdeführerin verfüge über alle für die Begutachtung erforderlichen Einrichtungen und sorge aufgrund der fachspezifischen Begleitung/Überprüfung dafür, dass sämtliche faktischen und rechtlichen Vorgaben eingehalten seien.

Mit Schreiben vom 26. Februar 2020 hat die Landeshauptfrau von Niederösterreich die gegenständliche Beschwerde und den Verwaltungsakt dem Landesverwaltungsgericht Niederösterreich mit dem Ersuchen um Entscheidung vorgelegt.

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich hat am 27. Mai 2020 gemäß § 24 VwGVG eine öffentliche mündliche Verhandlung durchgeführt, in der Beweis aufgenommen wurde durch Vorbringen des Beschwerdeführervertreters, Einvernahme des Beschwerdeführers, der Zeugen D und E sowie des kraftfahrzeugtechnischen Amtssachverständigen F und durch Einsichtnahme in den erst- und zweitinstanzlichen Verfahrensakt.

Die handelsrechtliche und gewerberechtliche Geschäftsführerin der Beschwerdeführerin, G, gab an, dass sie selbst nicht die Befähigung für das Gewerbe Kraftfahrzeugtechniker habe, indem sie keine einschlägige Ausbildung habe.

Sie habe nicht gewusst, dass bei stornierten Plaketten, die nicht abgelöst werden können, der Stornierungsgrund „beschädigt“ und eine Bemerkung dazu angegeben werden muss.

Die verlorene Plakette habe einfach nicht aufgefunden werden können.

Bei allen vier beanstandeten Gutachten der Fahrzeugklasse L1e bzw. L3e, wo die Siedetemperatur der Bremsflüssigkeit bzw. der Prozentuelle Wasseranteil gefehlt habe, habe der Gutachter D gesagt, dass er diese sehr wohl gemessen, aber die Eintragung vergessen habe.

Sie habe in der Vergangenheit die Tätigkeit der beiden geeigneten Personen D und E nicht kontrolliert. Sie habe sich darauf verlassen, dass diese ordnungsgemäß arbeiten. Nachdem sie gesehen habe, dass offenbar viele Schlampigkeitsfehler bei den Eintragungen passiert seien, habe sie im Büro einen eigenen Arbeitsplatz eingerichtet, an dem die Mitarbeiter in Zukunft ungestört und konzentriert arbeiten könnten.

Zu den drei beanstandeten Gutachten der Fahrzeugklasse O1 und O2 (keine Abbremsung der Betriebsbremse bzw. der Feststellbremse) habe die geeignete Person D ebenfalls gesagt, dass er die Bremswerte ermittelt, aber vergessen habe, diese einzutragen.

Dass bei nahezu allen Fahrzeugen der Fahrzeugklassen L1e und L3e nur eine Bremsflüssigkeit-Siedetemperatur bzw. ein prozentueller Wasseranteil angegeben sei, habe den Grund, dass das Prüfprogramm nur ein Feld dafür vorsehe, sie habe nicht gewusst, dass man den zweiten Wert im Feld „Bemerkungen“ eintragen müsse.

Sie habe selber keine Schulungen hinsichtlich des EBV-Programmes gemacht, sie habe sich ihr Wissen im Selbststudium angeeignet.

Was die Eintragung von technisch nicht nachvollziehbaren Bremswerten bei Fahrzeugen der Fahrzeugklasse L betrifft, so sei eine Bremsprüfstrecke auf dem Firmengelände, wisse sie aber nicht, welche Parameter bei einer Bremsenprüfung von Fahrzeugen der Fahrzeugklasse L einzuhalten seien. Sie habe die Bremsenprüfung von Fahrzeugen der Klasse L davor nicht kontrolliert, indem sie ja gar nicht genau wisse, wie dabei richtigerweise vorzugehen sei. Wenn bei Fahrzeugen der Fahrzeugklasse L1e bzw. L7e eine höhere Abbremsung des Hinterrades bzw. der Feststellbremse angegeben sei als die Gesamtabbremsung, so könne sie dies nicht nachvollziehen, habe aber Herr D versichert, dass er eine ordnungsgemäße Bremsenprüfung vorgenommen habe und habe sie sich darauf verlassen, dass dieser die ermittelten Werte auch ordnungsgemäß in das System eingebe. Eine Nachkontrolle der erstatteten Gutachten im Hinblick auf die Plausibilität - etwa der Bremswerte – habe sie in der Vergangenheit nicht gemacht.

Zur Eintragung von zu geringen oder unrealistisch erhöhten Motordrehzahlen bei Abgasprüfungen von Fahrzeugen der Klasse M1 handle es sich teilweise um Tippfehler, teilweise seien bei der Eingabe die Werte der Leerlaufdrehzahl und der erhöhten Leerlaufdrehzahl vertauscht worden, bei einem Fahrzeug handle es sich um ein Hybridfahrzeug, bei dem die Mitarbeiter ihr gesagt hätten, dass dieser eine erhöhte Leerlaufdrehzahl von 2000 U/min gar nicht erreichen könne, teilweise sei ohnedies eine ausreichende erhöhte Leerlaufdrehzahl erreicht worden, indem im Prüfauftrag zu Gutachten gemäß § 57a KFG zu lesen stehe, dass lediglich eine erhöhte Leerlaufdrehzahl von 2000 U/min +/- 100 erreicht werden müsse.

Sie habe nicht das technische Wissen, um diese Erklärungen (Hybridfahrzeug) der Mitarbeiter nachvollziehen zu können.

Hinsichtlich der drei beanstandeten Gutachten der Fahrzeugklasse M1 mit falscher bzw. unrealistischer Abregeldrehzahl hätten die Mitarbeiter dies mit Eingabefehlern erklärt, dass sie die Leerlaufdrehzahl und die erhöhte Leerlaufdrehzahl vertauscht hätten.

Auch die Angabe der falschen Fahrzeugklasse L1e statt L3e bei einem Gutachten bzw. die unrealistische Leerlaufdrehzahl bei einem anderen Gutachten seien Eingabefehler.

Die unrealistisch hohe Abbremsung der Betriebsbremse bzw. der Feststellbremse sei dadurch entstanden, dass die Abbremsung beim Tandemanhänger jeweils mit dem Eigengewicht und nicht mit dem Eigengewicht mal zwei gerechnet worden sei (Gutachten Nr. *** und ***) bzw. dass Einbauten bzw. Beladung nicht berücksichtigt worden seien (Gutachten Nr. *** und ***). Zum Gutachten Nr. *** habe der Mitarbeiter D nachträglich erklärt, dass bei dem Fahrzeug der ALB (Automatischer Lastabhängiger Bremskraftregler) defekt gewesen sei, der Defekt anschließend behoben worden sei, wobei sie nicht wisse, was das konkret bedeute.

Zum Gutachten *** habe sie in der Stellungnahme geschrieben, dass die Abbremsung mit dem Eigengewicht berechnet worden sei (Eigengewicht + 75kg Beladung), so habe sie das geschrieben, was ihre Mitarbeiter gesagt hätten, sie könne dazu keine Angaben machen, indem sie technisch zu wenig versiert sei.

Sie sei bislang der Auffassung gewesen, dass es erlaubt sei, dass die Abgasprüfung mehrere Tage vor der Ausstellung des Gutachtens gemacht werden dürfe, wenn das Fahrzeug wegen einer Reparatur mehrere Tage im Betrieb stehe und die Werkstätte nicht verlasse. Sie wisse mittlerweile, dass das nicht zulässig sei und am Tag der Gutachtenserstellung ein neuerlicher Abgastest durchzuführen sei.

Sie habe den Kalibrierungsnachweis des Bremsenprüfstandes übersehen und unverzüglich nachgeholt.

Sie habe nach dem Widerruf der Ermächtigung betreibsintern diverse Maßnahmen getroffen. Der Mitarbeiter E habe das Seminar „Neuerungen in der § 57a Begutachtung 2020“ bei der C OG absolviert. Der Mitarbeiter D werde bei nächster Gelegenheit ein solches Seminar besuchen.

In der Vergangenheit hätten die beiden geeigneten Personen lediglich die verpflichtenden Weiterbildungen besucht, keine freiwilligen Weiterbildungen.

Es habe am 25.2.2020 ein Audit der Unternehmensberatung C OG stattgefunden und sei darüber die „Bestätigung über die Durchführung freiwilliger Qualitätssicherungsmaßnahmen“ samt Beilagen ausgestellt worden. Es sei darin unter anderem eine wöchentliche Zusammenkunft von ihr und den beiden geeigneten Personen vorgeschlagen, wo die beiden geeigneten Personen wechselseitig stichprobenartig die erstatteten Gutachten des jeweils anderen nachkontrollieren sollten. Sie habe zur Vermeidung von Eingabe- und Schlampigkeitsfehlern die Regelung aufgestellt, dass eine gewissenhafte Begutachtung stattfinden solle und danach eine konzentrierte Eingabe der Daten in das EBV-System, wofür auch ausreichend Zeit vorhanden sei.

Der Zeuge E gab an, dass ihm klar sei, dass die Bremswerte bei den Gutachten Nr. *** und *** technisch nicht nachvollziehbar seien, er möglicherweise die Prüfgeschwindigkeit bei der Fahrbremsprobe nicht exakt eingehalten habe, ehe er zu bremsen begonnen habe. Es sei ihm dies bei der Eingabe ins System bzw. bei der Durchsicht des Gutachtens nicht aufgefallen, er habe nicht darauf geachtet.

Zur zu geringen erhöhten Motordrehzahl bei der Abgasprüfung zu Gutachten Nr. *** gebe er an, dass es sich um ein Hybridfahrzeug gehandelt habe, bei welchen das Fahrzeug eine derartige Drehzahl manchmal nicht zulasse. Es sei ihm aber bekannt, dass in der PBStV eine erhöhte Leerlaufdrehzahl von mindestens 2000 Umdrehungen/min gefordert werde. Aus seiner Sicht seien die im Gegenstand eingehaltenen 1900 U/min durchaus in Ordnung gewesen, indem er sonst keinem Hybridfahrzeug eine positive Begutachtung hätte erteilen können. Mittlerweile würden bei Hybridfahrzeugen nur mehr OBD-Tests durchgeführt.

Zur Angabe der falschen Fahrzeugklasse (Gutachten Nr. ***) gebe er an, dass die falsche Fahrzeugklasse in der Zulassungsdatenbank stehe, er übersehen bzw. vergessen habe, dies im Gutachten zu korrigieren.

Bei der mangelhaften Bremsenprüfung zu Gutachten Nr. *** habe der Anhänger zwei Traktorräder geladen gehabt und habe er vergessen, die Nutzlast dazuzurechnen bzw. einzugeben.

Es sei mehrmals so gehandhabt worden, dass bei Fahrzeugen, die zur Reparatur in der Werkstätte geblieben seien, eine vorher durchgeführte Abgasprüfung Tage später bei der Gutachtenserstellung herangezogen worden sei. Er wisse mittlerweile, dass an dem Tag, an dem das Fahrzeug die Werkstätte verlasse bzw. das Gutachten erstellt werde, eine neuerliche Abgasprüfung durchzuführen sei.

Es sei in der Zwischenzeit ein Unternehmensberater im Betrieb gewesen, welcher eine Bestandsaufnahme gemacht und Verbesserungen vorgeschlagen habe. Es sei ein eigener Arbeitsplatz eingerichtet worden, wo in Ruhe und konzentriert gearbeitet werden könne. Die Chefin habe die Anweisung gegeben, dass die Gutachten vor dem Abschluss zu kontrollieren seien. Es sei auch davon gesprochen worden, dass er und der Kollege D in Hinkunft eventuell wechselseitige stichprobenartige Nachkontrollen von erstatteten Gutachten machen sollten. Er habe bei der Firma C eine freiwillige Weiterbildung gemacht, in Bälde habe er auch wieder die verpflichtende periodische Weiterbildung.

Der Zeuge D gab an, dass er bei den vier beanstandeten Gutachten, bei denen keine Bremsflüssigkeit-Siedetemperatur bzw. kein prozentueller Wasseranteil angeführt sei, mit Sicherheit die Siedetemperatur der Bremsflüssigkeit gemessen habe, weil er das immer mache, aber die Eintragungen vergessen habe. Üblicherweise schaue er über Gutachten, bevor er sie abschließe, noch einmal drüber, könne es aber dennoch vorkommen, dass er Kleinigkeiten übersehe, wobei er wisse, dass das nicht sein solle.

Bei den Gutachten der Fahrzeugklasse O2 (Nr. *** und ***) habe er mit Sicherheit die Feststellbremse geprüft, aber die Eintragungen in den Gutachten vergessen.

Beim Gutachten Nr. *** habe er vergessen, am Gutachten zu vermerken, dass es sich um einen ungebremsten Anhänger mit Feststellbremse gehandelt habe.

Wenn bei nahezu allen Gutachten hinsichtlich der Fahrzeugklasse L1e und L3e nur eine Bremsflüssigkeit-Siedetemperatur bzw. ein prozentueller Wasseranteil angegeben gewesen sei, so habe er jeweils immer den schlechteren Wert eingegeben. Er sei der Meinung gewesen, dass das so richtig sei, habe aber zwischenzeitig erfahren, dass der andere Wert unter „Bemerkungen“ einzugeben sei.

Zu den Gutachten Nr. *** und *** (Fahrzeugklasse L3e) gebe er an, dass bei der Fahrbremsprobe bei Fahrzeugen der Klasse L3e sowohl bei der Betriebs- als auch der Hinterradbremse eine Fahrgeschwindigkeit von 30 km/h einzuhalten und an einem markierten Punkt dann eine Vollbremsung durchzuführen sei. Die im Gegenstand technisch nicht nachvollziehbaren Werte könne er sich nur so erklären, dass er entweder die Anfahrtsgeschwindigkeit nicht erreicht oder zu früh gebremst habe. Es sei ihm nicht aufgefallen, dass diese Werte technisch nicht nachvollziehbar sind, weder bei der Gutachtenserstellung noch bei der überblicksweisen Kontrolle vor Abschluss des Gutachtens. Es müsse sich wohl um Schlampigkeitsfehler gehandelt haben.

Dass bei den Gutachten Nr. *** und *** wesentlich höhere Abbremswerte der Hinterradbremse eingetragen waren als die Gesamtabbremsung, was technisch nicht möglich sei, sei ihm offensichtlich nicht aufgefallen.

Zur Eintragung von zu geringen oder unrealistisch erhöhten Motordrehzahlen bei Abgasprüfungen von Fahrzeugen der Klasse M1 handle es sich teilweise um Eingabefehler (Gutachten Nr. ***, Nr. ***), teilweise seien bei der Eingabe die Werte der Leerlaufdrehzahl und der erhöhten Leerlaufdrehzahl vertauscht worden (Nr. ***), bei einem Fahrzeug handle es sich um ein Hybridfahrzeug, wahrscheinlich habe er den Hybridmodus nicht eingeschaltet gehabt (Nr. ***), teilweise sei ohnedies eine ausreichende erhöhte Leerlaufdrehzahl erreicht worden, indem im Prüfauftrag zu Gutachten gemäß § 57a KFG zu lesen stehe, dass lediglich eine erhöhte Leerlaufdrehzahl von 2000 U/min +/- 100 erreicht werden müsse (Nr. ***, Nr. ***).

Bei den drei Gutachten der Fahrzeugklasse M1 mit falscher bzw. unrealistischer Abregeldrehzahl habe er bei allen offensichtlich einen Eingabefehler gemacht, was ihm nicht aufgefallen sei. Prinzipiell schaue er über Gutachten, bevor er sie abschließe, noch einmal drüber, aber man könne auch einmal etwas übersehen.

Bei den mangelhaften Bremsenprüfungen zu Gutachten Nr. *** und *** habe er vergessen, das Prüfgewicht einzutragen, weshalb eine unrealistisch hohe Abbremsung der Betriebsbremsanlage erreicht worden sei.

Beim Gutachten *** sei der ALB-Regler defekt gewesen und habe er zuerst den ALB-Regler ausgetauscht, aber keine neuerliche Bremsenprüfung nach der Reparatur durchgeführt und kein neues Gutachten gemacht, weil er darauf vergessen habe. Er wisse, dass das ein Fehler gewesen sei.

Beim Gutachten Nr. *** habe er die umfangreichen Einbauten im Fahrzeug übersehen und dieses Gewicht der einbauten bei der Bremsenprüfung nicht berücksichtigt. Beim Gutachten Nr. *** müsse es sich beim unrealistisch hohen Wert der Feststellbremsanlage ebenfalls um einen Eingabefehler.

Es sei mehrmals so gehandhabt worden, dass bei Fahrzeugen, die zur Reparatur in der Werkstätte geblieben seien, eine vorher durchgeführte Abgasprüfung Tage später bei der Gutachtenserstellung herangezogen worden sei (Gutachten Nr. ***). Er wisse mittlerweile, dass an dem Tag, an dem das Fahrzeug die Werkstätte verlasse bzw. das Gutachten erstellt werde, eine neuerliche Abgasprüfung durchzuführen sei.

Nach dem Widerruf der Ermächtigung habe ein Unternehmensberater eine Revision im Betrieb durchgeführt und verschiedene Verbesserungsmöglichkeiten der Organisation vorgeschlagen. Es sei mittlerweile im Büro ein Arbeitsplatz eingerichtet worden, der die konzentrierte Arbeit mit dem EBV-Programm ermöglichen solle. In der Vergangenheit sei es ein Problem gewesen, habe im Büro großer Trubel geherrscht und sei nicht ausreichend Zeit für eine fehlerfreie Begutachtung bzw. Eintragung in das EBV-System zur Verfügung gestanden.

Er werde in Zukunft die verpflichtende periodische Weiterbildung beim *** absolvieren und an einem Seminar beim Unternehmensberater C teilnehmen. Wenn mir vorgehalten wird, dass wir Zugangsdaten für das „Online-Portal Autohaus § 57a“ bekommen haben, so gebe ich zu, dass ich dieses Programm noch nicht genutzt habe, sondern nur mein Kollege, ich weiß deshalb gar nicht Bescheid, was das eigentlich genau ist.

Der kraftfahrzeugtechnische Amtssachverständige erstattete folgendes Gutachten:

„Die Bremsenprüfung der Klasse L kann unter anderem mit einer Fahrbremsprobe durchgeführt werden. Zu dieser Fahrbremsprobe sind gewisse Mindestgeschwindigkeiten, Anfahrtsgeschwindigkeiten vorgeschrieben, die sich an der entsprechenden Fahrzeugklasse orientieren. Fahrzeuge mit bis zu 45 km/h Bauartgeschwindigkeit: bei diesen ist die Betriebsbremse, wie auch die Hinterradbremse 30 km/h zu prüfen. Bei Fahrzeugen mit einer Bauartgeschwindigkeit über 45 km/h ist die Betriebsbremse mit einer Geschwindigkeit von 40 km/h zu prüfen. Die Hinterradbremsanlage mit 30 km/h. Bei diesen Geschwindigkeitsangaben muss auf effektive Geschwindigkeit zurückgegriffen werden, weil im Hintergrund physikalische Formeln die Abbremsung errechnen. Tachotoleranzen und so weiter sind von der geeigneten Person natürlich insofern zu berücksichtigen, dass entsprechend jedenfalls laut Tacho schneller gefahren wird, um die effektiven Geschwindigkeiten von 40 km/h und 30 km/h zu erreichen. Werden diese Geschwindigkeiten nicht erreicht, ist die Prüfung natürlich sehr fehlerbehaftet und es kann sein, dass durch diese Fehler sehr hohe unrealistische Bremswerte vom System errechnet werden. Besitzt das Fahrzeug der Klasse L keine getrennten Bremsanlagen der Vorderachse oder Vorderrad bzw. Hinterrad/Hinterachse, handelt es sich um sogenannte Integralbremsen. Bei diesen Fahrzeugen mit Integralbremse können die Bremswerte des Hinterrades bzw. hinteren Achse nicht gesondert beurteilt und geprüft werden. Dies ist in den Begutachtungsverwaltungsprogrammen auch so vorgesehen, dass man diesen Umstand für das Fahrzeug angibt.

Zur erforderlichen Drehzahl bei der Abgastestung Benzinmotoren mit Katalysator:

Im Mängelkatalog ist die Abgasprüfung genau beschrieben. Es wird die Abgasprüfung bei Standdrehzahl durchgeführt, wie auch bei einer erhöhten Drehzahl. Diese Drehzahl muss gemäß dem Mängelkatalog bei mindestens 2.000 Umdrehungen pro Minute liegen. Wird diese nicht erreicht, ist keine ordnungsgemäße Prüfung gemäß Mängelkatalog möglich. Im Zuge der Verhandlung wurde ein sogenannter Prüfauftrag vorgelegt. Auf diesem ist bei der erhöhten Drehzahl ein Wert von 2.000 Umdrehungen pro Minute +/- 100 Umdrehungen pro Minute angeführt. Der Prüfauftrag kann dann gedruckt werden, wenn ein Gutachten angelegt wurde. Dieser dient dazu, handschriftliche Aufzeichnungen zu dem Fahrzeug mit der Mängelbeurteilung zu machen und aus diesen infolge dann die Werte in das bzw. die elektronische Begutachtungsverwaltung einzutragen.

Zu der Bremsenprüfung bei beladenen Fahrzeugen:

Die ermittelte Abbremsung von Fahrzeugen am Bremsenprüfstand wird mit Hilfe des tatsächlichen Gewichtes und der bei der Bremsenprüfung ermittelten Abbremskräfte in Kilonewton errechnet. Wird bei der Prüfung bzw. Eingabe nicht das tatsächliche Gewicht des Fahrzeuges bzw. die tatsächliche Achslast eingegeben, wird die Abbremsung falsch berechnet. Ist das Fahrzeug beladen, ist dieses Gewicht beim Prüfgewicht miteinzuberechnen. Wird das Fahrzeug im Leerzustand vorgeführt, kann jedenfalls bei PKW/LKW das Eigengewicht für die Prüfung herangezogen werden. Bei Mehrachsanhängern muss man jedoch darauf achten, wenn bei der Prüfung das Fahrzeug angehoben wird, bzw. Ausnehmungen vor und hinter dem Prüfstand vorhanden sind, es drückt bei jeder Prüfung der einzelnen Achse das gesamte Eigengewicht auf dieser und es muss somit für die Errechnung der Abbremsung das doppelte Eigengewicht als Prüfgewicht verwendet werden. Ist auf dem Fahrzeug bzw. Anhänger noch zusätzlich eine Beladung vorhanden, ist diese ebenfalls zu verdoppeln und dem Prüfgewicht zuzurechnen.

Zur Abgasprüfung, welche sich datumsmäßig nicht dem Gutachten zuordnen lässt:

Die Überprüfung gemäß § 57a inkludiert verschiedene Prüfarten, Prüfmethoden und auch die Abgasprüfung. Ein positiver § 57a Bericht bzw. Gutachten bescheinigt, dass dem Fahrzeug am Tag der Prüfung die Verkehrs- und Betriebssicherheit, somit muss natürlich auch die Abgasprüfung am Tag der Prüfung durchgeführt werden. Eine Ausnahme stellen die sogenannten Nachprüfungsgutachten dar, bei diesen sind lediglich die Mängelpunkte zu überprüfen, die in der Erstbegutachtung vermerkt wurden. Bei Dieselabgasprüfungen ist es jedoch auch so, dass die Abgasprüfung vier Wochen für eine neuerliche Prüfung verwendet werden darf, auch wenn die neuerliche Prüfung keine Nachprüfung darstellt.“

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich hat hiezu wie folgt erwogen:

Folgende Feststellungen werden der Entscheidung zu Grunde gelegt:

Mit Bescheid des Landeshauptmannes von NÖ vom 25. November 2014, ***, wurde der A GmbH die Ermächtigung zur wiederkehrenden Begutachtung von Fahrzeugen in der Begutachtungsstelle in ***, ***, erteilt.

Am 8. Jänner 2020 wurden bei einer unangekündigten Revision Mängel bei der wiederkehrenden Begutachtung in der verfahrensgegenständlichen Prüfstelle festgestellt (Revisionszeitraum 1.1.2018 bis 7.1.2020):

-    Die Begutachtungsplaketten waren unvollständig (fehlende verlochte Plaketten): vier stornierte Plaketten (Nr. ***, ***, ***, ***) wurden nicht aufgefunden.

-    Kein Nachweis über den Verbleib hinsichtlich der Plakette ***.

-    Fehlende Eintragungen in Gutachten:

Schwerer Mangel: Bei vier kontrollierten Gutachten der Fahrzeugklasse L1e bzw. L3e mit hydraulischer Bremse wurde keine Bremsflüssigkeit-Siedetemperatur bzw. kein prozentueller Wasseranteil angeführt, obwohl dies in Punkt 1.8 der Anlage 6 der PBStV zwingend vorgesehen ist (Gutachten Nr. ***, ***, ***, ***).

Bei mehreren kontrollierten Gutachten der Fahrzeugklassen 01, 02, M1 und N1 wurde keine Abbremsung der Betriebsbremse (BBA) oder der Feststellbreme (FBA) angegeben:

-    Gutachten Nr. *** – Abbremsung der FBA fehlt

-    Gutachten Nr. *** – Abbremsung der FBA fehlt

-    Gutachten Nr. *** – Abbremsung der BBA fehlt

Leichter Mangel:

Bei nahezu allen kontrollierten Gutachten der Fahrzeugklasse L1e und L3e wurde immer nur eine Bremsflüssigkeit-Siedetemperatur bzw. ein prozentueller Wasseranteil angegeben, zusätzliche Hinweise wie z.B. „Hinterradbremse mechanisch“ oder „Integralbremssystem“ fehlten.

-    Unrichtige Eintragungen im Gutachten:

Schwerer Mangel: Bei 4 kontrollierten Gutachten hinsichtlich Fahrzeugklasse „L“ wurden technisch nicht nachvollziehbare Bremswerte, insbesondere bei der Hinterradbremse, angegeben (Gutachten Nr. *** mit 59,02%, Nr. *** mit 40,27%, Nr. *** mit 44,24%, Nr. *** mit 71,46%). Realistische Werte der Abbremsung des Hinterrades bewegen sich bei 30-35%. Wurde die Bremsprüfung ordnungsgemäß durchgeführt, hätten für die angeführten Fahrzeuge keine positiven Gutachten ausgestellt werden dürfen, indem sich aus den Gutachten ergibt (Gesamtabbremsung minus Abbremsung des Hinterrades), dass die Vorderradbremse deutlich weniger Abbremsung hatte als die Hinterradbremse und daher offenkundig eine mangelhafte Funktion aufwies.

Bei 2 Gutachten der Fahrzeugklasse L1e und L7e wurde sogar eine wesentlich höhere Abbremsung des Hinterrades angegeben als die Gesamtabbremsung (Gutachten Nr. *** – Hinterradabbremsung 70,74%, Gesamtabbremsung 59,02%; Nr. *** – Hinterradabbremsung 88,48%, Gesamtabbremsung 53,11%). Dies ist technisch nicht nachvollziehbar.

Bei einem Gutachten der Fahrzeugklasse L7e wurde eine wesentlich höhere Abbremsung der Feststellbremse angegeben als Gesamtabbremsung (Gutachten Nr. *** – Feststellbremse: 70,74%, Gesamtabbremsung: 53,11%). Dies ist technisch nicht nachvollziehbar.

-    Auffälligkeit bei den eingetragenen Messwerten

Bei mehreren kontrollierten Gutachten hinsichtlich Fahrzeugklasse M1, wurde bei der Abgasprüfung (betreffend Ottomotor) eine zu geringe oder unrealistisch „erhöhte“ Motordrehzahl angeführt, laut PBStV sind mindestens 2000 U7min. erforderlich (Gutachten Nr. *** – 210 U/min, Nr. *** – 780 U/min, Nr. *** – 1600 U/min, Nr. ***- 1900 U/min, Nr. *** – 1880 U/min, Nr. *** – 1910 U/min, Nr. *** – 1900 U/min, Nr. *** – 780 U/min.)

Bei drei kontrollierten Gutachten hinsichtlich Fahrzeugklasse M1 wurde eine falsche bzw. unrealistische Abregeldrehzahl angeführt (Gutachten Nr. *** – 800 U/min, Nr. *** – 756 U/min, Nr. *** – 2000 U/min).

Bei einem kontrollierten Gutachten wurde eine falsche Fahrzeugklasse angegeben (L1e statt L3e).

Bei zwei kontrollierten Gutachten hins. Fahrzeugklasse M1 wurde eine falsche bzw. unrealistische Leerlaufdrehzahl angeführt. (Gutachten Nr. *** – 1980 U/min)

Bei mehreren Gutachten wurde eine unrealistisch hohe Abbremsung der Betriebs- oder der Feststellbremse festgestellt (Gutachten Nr. *** mit Abbremsung der BBA: 99,11%, Nr. *** mit Abbremsung der BBA: 98,85%, Nr. *** mit Abbremsung der BBA: 96,79%, Nr. *** mit Abbremsung der BBA: 95,22%, Nr. *** mit Abbremsung der FBA: 91,74, Nr. *** mit Abbremsung der BBA: 92,55%).

Leichter Mangel: Bei vier Prüfgutachten wurde auffällig, dass die Abgasprüfung bereits mehrere Tage vor Ausstellung der betreffenden Gutachten erstellt wurde (Gutachten Nr. *** vom 20.12.2019 mit einer Abgasprüfung vom 13.12.2019; Nr. *** vom 10.12.2019 mit einer Abgasprüfung vom 6.12.2019; Nr. *** vom 10.12.2019 mit einer Abgasprüfung vom 6.12.2019; Nr. *** vom 6.12.2019 mit einer Abgasprüfung vom 29.11.2019).

-    Technische Einrichtungen     schwerer Mangel

Abnahmebefund und behördliche Überprüfungen liegen nicht vor: Der Kalibrierungsnachweis lt. PBStV Anlage 2a Z. 20 lit. b) betreffend des Bremsenprüfstandes (AHS, Typ. 04/08, Nr. ***) konnte nicht nachgewiesen werden.

Zu diesen Feststellungen gelangte das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich auf Grund nachstehender Beweiswürdigung:

Diese Feststellungen ergeben sich aus den im erstinstanzlichen Akt einliegenden, anlässlich der Revision beanstandeten, Gutachten, dem schlüssigen und nachvollziehbaren Gutachten des kraftfahrzeugtechnischen Amtssachverständigen und wurden im Übrigen beschwerdeführerseits nicht in Abrede gestellt.

In rechtlicher Hinsicht ist Folgendes auszuführen:

§ 57a Abs. 2 Kraftfahrgesetz 1967 (KFG) lautet:

Der Landeshauptmann hat für seinen örtlichen Wirkungsbereich auf Antrag Ziviltechniker oder technische Büros-Ingenieurbüros (§ 134 GewO) des einschlägigen Fachgebietes, Vereine oder zur Reparatur von Kraftfahrzeugen oder Anhängern berechtigte Gewerbetreibende, die hinreichend über hiezu geeignetes Personal und die erforderlichen Einrichtungen verfügen, zur wiederkehrenden Begutachtung aller oder einzelner Arten von Fahrzeugen gemäß Abs. 1 zu ermächtigen. Die Ermächtigung darf nur vertrauenswürdigen Personen verliehen werden. Bei der Ermächtigung ist auch auszusprechen, in welcher Weise die Prüfstellen erkennbar gemacht sein müssen. Der Ermächtigte hat Veränderungen hinsichtlich seines Personals und seiner Einrichtungen, soweit diese Voraussetzung für die Erteilung der Ermächtigung waren, unverzüglich dem Landeshauptmann anzuzeigen. Die Ermächtigung ist ganz oder nur hinsichtlich einzelner Arten von Fahrzeugen zu widerrufen, wenn der Ermächtigte nicht mehr vertrauenswürdig ist, nicht mehr über geeignetes Personal verfügt oder seine Einrichtungen nicht den durch Verordnung festgesetzten Anforderungen entsprechen. Erforderlichenfalls kann der Ausschluss bestimmter geeigneter Personen von dieser Tätigkeit angeordnet werden. Durch Verordnung des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie ist festzusetzen, unter welchen Voraussetzungen eine Person als zur Durchführung der wiederkehrenden Begutachtung unter Berücksichtigung der Fahrzeugarten geeignet zu gelten hat und welche Einrichtungen nach dem jeweiligen Stand der Technik zur wiederkehrenden Begutachtung unter Berücksichtigung der Fahrzeugarten erforderlich sind.

Gemäß § 57a Abs. 2a leg. cit. hat der Landeshauptmann regelmäßig zu prüfen, ob die Voraussetzungen für die Erteilung der Ermächtigung noch gegeben sind und ob die Begutachtungen ordnungsgemäß durchgeführt werden. Insbesondere bei zur Reparatur von Fahrzeugen berechtigten Gewerbetreibenden hat er auf die Objektivität der Begutachtung zu achten. Er kann Anordnungen zur Behebung von Mängeln treffen. Den Anordnungen des Landeshauptmannes ist unverzüglich zu entsprechen.

Entscheidend bei der Beurteilung der Vertrauenswürdigkeit gemäß § 57a Abs. 2 KFG 1967 ist, ob jemand die spezifische Vertrauenswürdigkeit besitzt, die von ihm erwartet werden darf, wenn er über eine Ermächtigung iSd § 57a Abs. 2 KFG 1967 verfügt oder sie erlangen will, soll doch das Erfordernis der Vertrauenswürdigkeit das Vorhandensein der nach der Eigenart des Gewerbes erforderlichen Eigenschaften der über die genannte Ermächtigung verfügenden Person gewährleisten. Wesentlich ist also, ob das bisherige Verhalten des Betreffenden auf ein Persönlichkeitsbild schließen lässt, das mit jenen Interessen im Einklang steht, deren Wahrung der Behörde im Hinblick auf den Schutzzweck des Gesetzes - nämlich zu gewährleisten, dass nur verkehrs- und betriebssichere sowie nicht übermäßig Emissionen verursachende Fahrzeuge am öffentlichen Verkehr teilnehmen - obliegt. Dabei ist zu berücksichtigen, dass ein nach § 57a Abs. 2 KFG 1967 beliehenes Unternehmen hoheitliche Aufgaben erfüllt, die in die Ausstellung einer öffentlichen Urkunde münden (zB VwGH vom 8. September 2016, Ro 2015/11/0016, VwGH 8. September 2016, Ra 2014/11/0082).

Bei einer Entscheidung hinsichtlich der Erteilung bzw. dem Widerruf einer Ermächtigung nach § 57a Abs. 2 KFG 1967 handelt es sich um das Ergebnis einer Beurteilung des Gesamtverhaltens des Betroffenen, nämlich den Rückschluss auf das Vorliegen eines mit den seitens der Behörde und seitens des Ermächtigten als beliehenem Unternehmen selbst zu wahrenden Interessen im Einklang stehenden Persönlichkeitsbilds (vgl. abermals VwGH vom 8. September 2016, Ro 2015/11/0016, mwN).

Der VwGH hat auch betont, dass bei der Beurteilung der Ermächtigungsvoraussetzungen, insbesondere bei der Einschätzung der Vertrauenswürdigkeit des Betriebsinhabers, jedenfalls ein strenger Maßstab anzulegen ist (VwGH 18.12.1985, 85/11/0077).

Insbesondere die unrichtige Ausstellung positiver Gutachten beeinträchtigt die Vertrauenswürdigkeit in hohem Maß (Erkenntnis des VwGH vom 18.12.1985, 85/11/0077). Unter besonderen Umständen kann bereits die Erstellung eines unrichtigen Gutachtens die Vertrauenswürdigkeit des betreffenden Gewerbebetreibenden erschüttern (Erk. vom 2.7.1991, 91/11/0026 mit weiteren Judikaturhinweisen). Dies ist der Fall, wenn der Gewerbetreibende den Mangel bei einer gewissenhaften Überprüfung aller relevanten Faktoren zumindest hätte erkennen können.

Wie oben dargelegt, sind im gegenständlichen Betrieb im Zuge der Begutachtung von Fahrzeugen eine Vielzahl – zum Teil schwerer – Mängel hervorgekommen. Als besonders gravierend ist die Erstattung zahlreicher Gutachten hinsichtlich Fahrzeugen der Fahrzeugklasse „L“, in denen technisch nicht nachvollziehbare Bremswerte angegeben wurden, zu werten.

Schwer wiegen ebenfalls die wiederholten fehlerhaften Abgasmessungen bei Fahrzeugen mit Ottomotor (Fahrzeugklasse M1), bei denen infolge Nichterreichens der erhöhten Motordrehzahl von mindestens 2.000 Umdrehungen/min. keine ordnungsgemäße Abgasprüfung durchgeführt wurde, sodass die damit gewonnenen Werte jedenfalls nicht Grundlage einer positiven Begutachtung hätten sein dürfen.

Gleiches gilt für die ebenfalls wiederholt fehlerhaften Bremsenprüfungen bei Fahrzeugen der Klassen O1, O2, N1, in denen unrealistisch hohe Abbremsungen der Betriebs- oder der Feststellbremse angegeben wurden bzw. das Fehlen der Abbremsung der Betriebsbremse oder der Feststellbremse bei mehreren Fahrzeugen der Fahrzeugklassen O1 und O2.

Wie von der Kraftfahrbehörde zutreffend ausgeführt, rundet auch die fehlende Kalibrierung des Bremsenprüfstandes sowie das Fehlen verlochter Plaketten und die verloren gegangene Plakette das Bild eines auffallend sorglosen Umganges mit der erteilten Ermächtigung ab.

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich gelangt daher zusammenfassend zur Ansicht, dass keine ausreichenden Anhaltspunkte für die Annahme bestehen, dass die Gewerbetreibende die ihr zu übertragenden Verwaltungsaufgaben entsprechend dem Schutzzweck des Gesetzes – der Gewährleistung, dass nur betriebstaugliche und verkehrssichere sowie nicht übermäßige Schadstoffemissionen verursachende Fahrzeuge am Verkehr teilnehmen – ausübt. Die Vertrauenswürdigkeit ist nach wie vor nicht gegeben und somit auch von einer negativen Prognose auszugehen.

Wenn auch beschwerdeführerseits durchaus Bemühungen zur Verbesserung der internen Qualitätssicherung getätigt wurden, indem ein einschlägiger Unternehmensberater ein Audit des Betriebes im Bereich der wiederkehrenden Begutachtung durchgeführt (welcher neben den bei der verfahrensgegenständlichen Revision festgestellten Mängeln noch eine Reihe weiterer Mängel aufzeigte) und einer der Mitarbeiter eine freiwillige Weiterbildung absolviert hat, so haben diese Maßnahmen nach Ansicht des erkennenden Gerichts jedoch nicht nachhaltig und durchschlagend zum Erfolg geführt, sind qualitativ und quantitativ offenkundig nicht ausreichend. So hat der Zeuge D in der Beschwerdeverhandlung zugestanden, Zugangsdaten für ein online-Portal „Autohaus - § 57 aktuell“, ein Informationssystem, erhalten zu haben, aber bislang nicht genutzt zu haben, gar nicht Bescheid zu wissen, was das eigentlich genau ist (Verhandlungsschrift Seite 13 2. Absatz). Obwohl die Vielzahl an fehlerhaften Gutachten beschwerdeführerseits als „Schlampigkeitsfehler“ (Beschwerdeschrift Seite 9 5. Absatz) verharmlosend dargestellt werden, wurden in der Beschwerdeverhandlung auch zahlreiche eklatante Wissenslücken offenbar (Unkenntnis des Stornierungsgrundes „beschädigt“ bei unleserlichen oder zerstörten Plaketten, Fehlen des zweiten Wertes der Bremsflüssigkeit-Siedetemperatur, Unkenntnis über die Parameter bei der Bremsenprüfung bei Fahrzeugen der Fahrzeugklasse „L“, Unkenntnis hinsichtlich der erhöhten Leerlaufdrehzahl von mindestens 2000 U/min., Unkenntnis über die Verwendung mehrerer Tage alter Abgasprüfungen in Gutachten). Diese Wissenslücken waren teilweise nicht einmal vier Monate nach dem verfahrensgegenständlichen Widerruf der Ermächtigung zur wiederkehrenden Begutachtung von Fahrzeugen beseitigt. So wusste die geeignete Person D nicht, wie eine Bremsenprüfung bei Fahrzeugen der Klasse „L3e“ durchzuführen ist, indem er eine Fahrgeschwindigkeit von 30 km/h sowohl für die Prüfung der Betriebs- als auch der Hinterradbremse als zutreffend erachtete, obwohl richtigerweise die Betriebsbremse mit einer Fahrgeschwindigkeit von 40 km/h zu prüfen ist.

Weiters erscheint auch die angedachte stichprobenartige wechselseitige Nachkontrolle von erstatteten Gutachten durch die beiden geeigneten Personen nicht zielführend, hat doch die geeignete Person D zeugenschaftlich ausgesagt, dass er bereits in der Vergangenheit üblicherweise über Gutachten, bevor er sie abschließt, noch einmal „drüberschaue“, es aber vorkommen könne, dass er „Kleinigkeiten“ übersehe (Verhandlungsschrift Seite 10), „man ja auch einmal etwas übersehen könne“ (Verhandlungsschrift Seite 11). Eine – ebenfalls in Aussicht gestellte – Nachkontrolle durch die handels- und gewerberechtliche Geschäftsführerin der Beschwerdeführerin ist ebenfalls keine sinnhafte Methode der Qualitätssicherung, hat diese doch zugestanden, keine Schulung hinsichtlich des EBV-Programmes gemacht zu haben, sich ihr Wissen im Selbststudium angeeignet zu haben (Verhandlungsschrift Seite 3 3. Absatz), nicht zu wissen, wie bei der Fahrbremsprobe bei Fahrzeugen der Fahrzeugklasse „L“ genau vorzugehen ist (Verhandlungsschrift Seite 3 4. Absatz). Sie habe selbst nicht das technische Wissen um die Erklärungen der geeigneten Personen nachvollziehen zu können (Verhandlungsschrift Seite 4 2. Absatz). Sie habe in der Stellungnahme das geschrieben, was die Mitarbeiter ihr gesagt hätten, sie könne dazu keine Auskünfte geben, sei zu wenig technisch versiert (Verhandlungsschrift Seite 6 1. Absatz).

Bei der gebotenen Beurteilung des auf Grund des Gesamtverhaltens der Beschwerdeführerin gewonnenen Persönlichkeitsbildes kann somit aber nicht gesagt werden, dass sie (derzeit) die spezifische Vertrauenswürdigkeit aufweist.

Wenn die Beschwerdeführerin vermeint, der Widerruf der Ermächtigung wäre wirtschaftlich gesehen eine ausgesprochen harte Maßnahme, führe letztlich zum Verlust von Kunden und eines wichtigen betrieblichen Standbeines, so ist dem zu entgegnen, dass derartige Umstände beim Widerruf der Ermächtigung zur wiederkehrenden Begutachtung von Fahrzeugen aus Gründen des öffentlichen Interesses, dass nämlich gewährleistet sein muss, dass nur verkehrs- und betriebstaugliche sowie nicht übermäßige Schadstoffemissionen verursachende Fahrzeuge am Straßenverkehr teilnehmen, außer Betracht zu bleiben haben.

Indem sich die Fehlleistungen auf alle Fahrzeugklassen beziehen, zu deren wiederkehrenden Begutachtung die Beschwerdeführerin ermächtigt worden war, ist der Widerruf nur hinsichtlich einzelner Arten von Fahrzeugen im Gegenstand nicht denkbar. Auch die (bedingte) Bereitschaft, auf die Ermächtigung hinsichtlich der Fahrzeugklassen L und O zu verzichten, führt aus diesem Grund ins Leere.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zur Zulässigkeit der ordentlichen Revision:

Die ordentliche Revision ist nicht zulässig, da es sich bei der Beurteilung der Vertrauenswürdigkeit iSd § 57a Abs. 2 KFG 1967 um eine einzelfallbezogene Beurteilung handelt, die im Allgemeinen – wenn sie auf einer verfahrensrechtlich einwandfreien Grundlage erfolgte und in vertretbarer Weise im Rahmen der von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze vorgenommen wurde – nicht revisibel ist (vgl. VwGH vom 17. Juni 2019, Ra 2019/11/0068).

Schlagworte

Verkehrsrecht; Kraftfahrrecht; wiederkehrende Begutachtung; Ermächtigung; Entziehung; Vertrauenswürdigkeit;

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGNI:2020:LVwG.AV.262.001.2020

Zuletzt aktualisiert am

11.08.2020
Quelle: Landesverwaltungsgericht Niederösterreich LVwg Niederösterreic, http://www.lvwg.noe.gv.at
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