TE Vwgh Erkenntnis 1998/1/20 97/04/0185

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Veröffentlicht am 20.01.1998
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Index

50/01 Gewerbeordnung;

Norm

GewO 1994 §13 Abs3;
GewO 1994 §87 Abs1 Z2;
GewO 1994 §87 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte DDr. Jakusch, Dr. Mizner, Dr. Stöberl und Dr. Blaschek als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Urban, über die Beschwerde des R in W, vertreten durch Dr. G, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 5. August 1997, Zl. MA 63-N 167/96, betreffend Entziehung einer Gewerbeberechtigung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 5. August 1997 wurde dem Beschwerdeführer eine ihm zustehende Gewerbeberechtigung gemäß § 87 Abs. 1 Z. 2 im Zusammenhalt mit § 13 Abs. 3 GewO 1994 entzogen. In sachverhaltsmäßiger Hinsicht ging der Landeshauptmann davon aus, es sei unbestritten, daß mit Beschluß des Handelsgerichtes Wien vom 20. Oktober 1995 über das Vermögen des Beschwerdeführers der Konkurs eröffnet worden sei. Im Ermittlungsverfahren sei festgestellt worden, daß das Gewerbe vom Masseverwalter weiterbetrieben werde. An Forderungen seien im Konkursverfahren knapp 3 Millionen Schilling angemeldet und vom Masseverwalter nicht bestritten worden. Mit Schreiben vom 22. April 1997 habe der Masseverwalter bekanntgegeben, das Unternehmen werde unter laufenden Überschüssen geführt, welche zwar einerseits den Fortbetrieb des Unternehmens rechtfertigten, andererseits die Finanzierung des Zwangsausgleiches aber nicht kurzfristig zuließen. Die Durchführung des Zwangsausgleiches setze seine Finanzierbarkeit voraus. Es müßten daher bei laufendem Fortbetrieb noch voraussichtlich zwei Jahre hindurch Mittel angespart werden, damit mit großer Wahrscheinlichkeit während der nachfolgenden zwei Jahre das restliche Erfordernis auf die minimale Zwangsausgleichsquote erwirtschaftet werden könne. Nach diesem Ergebnis verfüge der Beschwerdeführer nicht über die erforderlichen liquiden Mittel zur Erfüllung aller seiner fälligen Verbindlichkeiten, weshalb die Voraussetzungen des § 87 Abs. 2 GewO 1994 für ein Absehen von der Entziehung der Gewerbeberechtigung nicht erfüllt seien.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich der Beschwerdeführer in dem Recht auf Nichtentziehung seiner Gewerbeberechtigung und weitere Ausübung des Gewerbes verletzt. In Ausführung des so formulierten Beschwerdepunktes bringt er vor, nach § 87 Abs. 2 GewO 1994 müsse gewährleistet sein, daß auch den mit der Ausübung des den Gegenstand der Entziehung bildenden Gewerbes verbundenen (laufenden) Zahlungsverpflichtungen nachgekommen werde. Dieses Erfordernis sei durch den Masseverwalter in mehreren im Konkursakt erliegenden Berichten und Zwischenrechnungen hinreichend dokumentiert worden. Bei Erwirtschaftung laufender Überschüsse unter der Gewähr, daß den laufenden Zahlungsverpflichtungen nachgekommen werde, gereiche der Fortbetrieb objektiv zum Vorteil der Gläubiger. Durch den Fortbetrieb würden evidentermaßen weder bestehende noch weitere Gläubiger geschädigt. Wenngleich die Entziehung der Gewerbeberechtigung das Fortbetriebsrecht des Masseverwalters im Konkurs nicht tangiere und daher den Fortbetrieb des gemeinschuldnerischen Unternehmens nicht gefährde, werde doch eine rechtliche Situation geschaffen, die sowohl gegenwärtig als auch künftig Beschwernisse für den Beschwerdeführer bereite, die dieser rechtens nicht dulden müsse. Damit verbunden seien aber auch Nachteile für die Konkursmasse und daher für die Gläubigerschaft zu besorgen. Wenn die Unternehmensfortführung weiterhin das bisher erzielte Ergebnis zeitige, sei mittelfristig mit dem Abschluß und weiterhin mit der Erfüllung eines Zwangsausgleiches realistisch zu rechnen. Mit der dann zu gewärtigenden Aufhebung des Konkursverfahrens werde das Unternehmen aber zu schließen sein, da das Fortbetriebsrecht des Masseverwalters einerseits ende, andererseits aber das Gewerbe des Beschwerdeführers entzogen worden sei. § 13 Abs. 4 GewO 1994 werde aber voraussichtlich noch nicht anwendbar sein, da Konkursverfahren nach der Übung der Gerichte unter Zustimmung der Gläubigerschaft nach Abschluß und Bestätigung des Zwangsausgleiches, jedoch noch vor seiner gänzlichen Erfüllung aufgehoben würden. Es widerspreche der Ratio der Bestimmung des § 13 Abs. 4 GewO 1994, wenn während der Schaffung der Voraussetzungen für einen Zwangsausgleich durch Ansparen von flüssigen Mitteln im Rahmen eines Unternehmensfortbetriebes die Gewerbeberechtigung entzogen werde. Zu dieser Maßnahme habe die Behörde monatelang Gelegenheit, während ein Konkursfortbetrieb mangels Rentabilität eingestellt oder Schlußanträge im Konkurs gestellt würden, ohne daß ein Zwangsausgleich durchgeführt worden wäre. Das von der belangten Behörde zur Untermauerung ihres Standpunktes herangezogene Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes sei auf die gegenständliche Angelegenheit deshalb nicht anwendbar, weil dieser Entscheidung als Sachverhalt die Abweisung eines Antrages auf Eröffnung des Konkurses über das Vermögen des Beschwerdeführers mangels kostendeckenden Vermögens zugrunde gelegen sei. Die Entziehung der Gewerbeberechtigung greife überdies in den sozialversicherungsrechtlichen Status des Beschwerdeführers ein, weil er nämlich dadurch seiner gesetzlichen Pflichtversicherung nach dem GSVG verlustig gehe, obgleich er nach den Bestimmungen der Konkursordnung unverändert verpflichtet sei, wie ein Kaufmann seinem selbständigen Erwerb nachzugehen. Die belangte Behörde habe es unterlassen, die für die Beurteilung des vorliegenden Falles maßgeblichen Feststellungen über den Fortbetrieb des in Rede stehenden Unternehmens zu treffen.

Gemäß § 87 Abs. 1 Z. 2 GewO 1994 hat die Behörde die Gewerbeberechtigung zu entziehen, wenn einer der im § 13 Abs. 3 und 5 angeführten Umstände, die den Gewerbeausschluß bewirken, vorliegen.

Der Beschwerdeführer bestreitet mit seinem Vorbringen nicht das Vorliegen eines derartigen Entziehungsgrundes, er meint aber, es seien die Voraussetzungen des § 87 Abs. 2 leg. cit. erfüllt, wonach die Behörde von der im Abs. 1 Z. 2 vorgeschriebenen Entziehung der Gewerbeberechtigung wegen Eröffnung des Konkurses oder Abweisung eines Antrages auf Konkurseröffnung mangels eines zur Deckung der Kosten des Konkursverfahrens voraussichtlich hinreichenden Vermögens absehen kann, wenn die Gewerbeausübung vorwiegend im Interesse der Gläubiger gelegen ist.

Wie die belangte Behörde zutreffend dargelegt hat, ist nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes die Gewerbeausübung einer natürlichen Person jedenfalls nur dann "vorwiegend im Interesse der Gläubiger" gelegen und daher gemäß § 87 Abs. 2 GewO 1994 von der in § 87 Abs. 1 Z. 2 in Verbindung mit § 13 Abs. 3 leg. cit. vorgeschriebenen Entziehung der Gewerbeberechtigung abzusehen, wenn aufgrund der nunmehrigen wirtschaftlichen Lage der natürlichen Person erwartet werden kann, daß sie auch den mit der Ausübung des den Gegenstand der ausgesprochenen Entziehung bildenden Gewerbes verbundenen Zahlungsverpflichtungen nachkommen wird, wie dies im übrigen in den Nachsichtsvoraussetzungen des § 26 Abs. 1 GewO 1994 zum Ausdruck kommt. Insoweit es darauf ankommt, ob zu erwarten ist, daß die natürliche Person den mit der Gewerbeausübung verbundenen Zahlungsverpflichtungen nachkommen können wird, setzt dies jedenfalls die Verfügung über die erforderlichen liquiden Mittel voraus, um die diesbzeüglichen Verbindlichkeiten abzudecken. Hingegen ist es nicht schon allein entscheidungsrelevant, daß das entzogene Gewerbe ausgeübt wird, damit die vorhandenen Forderungen berichtigt werden können. Es ist auch zu berücksichtigen, daß im Zusammenhang mit einer weiteren Gewerbeausübung zu erwartende Verbindlichkeiten durch liquide Mittel beglichen werden können, um nicht eine Schädigung weiterer Gläubiger durch die fortgesetzte Gewerbeausübung eintreten zu lassen. Wie der Verwaltungsgerichtshof ferner in ständiger Rechtsprechung dargetan hat, trifft in diesem Zusammenhang den Gewerbeinhaber insofern eine Verpflichtung zur Mitwirkung bei der Ermittlung des maßgeblichen Sachverhaltes, als es ihm in Ergänzung der amtswegigen Ermittlungspflicht der Behörde obliegt, das für die Prüfung der Tatbestandsvoraussetzungen des § 87 Abs. 2 GewO 1994 erforderliche Sachverhaltsvorbringen und Bescheinigungsanbieten zu erstatten (vgl. zum Ganzen das hg. Erkenntnis vom 26. April 1994, Zl. 94/04/0029).

Im Lichte dieser Rechtslage vermag der Verwaltungsgerichtshof die Annahme der belangten Behörde, im vorliegenden Fall seien die Voraussetzungen für ein Absehen von der Entziehung der Gewerbeberechtigung nicht gegeben, nicht als rechtswidrig zu erkennen, läßt doch der vom Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang vorgelegte Bericht des Masseverwalters deutlich die Unsicherheit der in diesem Zusammenhang erforderlichen Prognose erkennen. Einerseits wird darin auf die Notwendigkeit einer zweijährigen Ansparphase verwiesen, um andererseits wenigstens die minimale Zwangsausgleichsquote erwirtschaften zu können. Über die Wahrscheinlichkeit der Annahme eines auf solche Prämissen gegründeten Zwangsausgleichsvorschlages durch die Gläubiger wird darin überhaupt nicht eingegangen. In gleicher Weise enthält dieser Bericht keinen Hinweis darauf, daß sich etwa eine lukrative Gelegenheit zur Unternehmensveräußerung tatsächlich abzeichne. Die Unsicherheit der Prognose über die Finanzierbarkeit eines Zwangsausgleiches wird im übrigen durch den in den Akten des Verwaltungsverfahrens in Ablichtung erliegenden Bericht des Masseverwalters an das Konkursgericht vom 23. April 1997 bestätigt, in dem zwar einerseits festgehalten wird, das gemeinschuldnerische Unternehmen erziele nachhaltig leichte Überschüsse, andererseits aber festgestellt wird, daß die bisher thesaurierten Beträge die Finanzierung des vom Gemeinschuldner angestrebten Zwangsausgleiches nicht erlaubten, weshalb auch ein Zwangsausgleichantrag noch nicht unterbreitet worden sei.

Mit Rücksicht auf diesen Akteninhalt vermag der Verwaltungsgerichtshof in dem in der Beschwerde gerügten Umstand, daß sich die belangte Behörde in der Begründung des angefochtenen Bescheides mit den Berichten des Masseverwalters an das Konkursgericht nicht auseinandergesetzt habe, keinen im Sinne des § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG relevanten Verfahrensmangel zu erblicken.

Aus den dargelegten Gründen war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung

BGBl. Nr. 416/1994.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1998:1997040185.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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