TE Vwgh Erkenntnis 1998/1/20 97/04/0198

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Veröffentlicht am 20.01.1998
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Index

50/01 Gewerbeordnung;

Norm

GewO 1973 §74 Abs2 Z2 impl;
GewO 1994 §74 Abs2 Z2;
GewO 1994 §77 Abs1;
GewO 1994 §77 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte DDr. Jakusch, Dr. Mizner, Dr. Stöberl und Dr. Blaschek als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Urban, über die Beschwerde des E in H, vertreten durch Dr. F, Rechtsanwalt in P, gegen den Bescheid des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 6. August 1997, Zl. 318.119/1-III/A/2a/97, betreffend Verfahren gemäß § 81 GewO 1994 (mitbeteiligte Partei: R in H, vertreten durch Dr. G, Rechtsanwalt in G), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.950,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Zum Gang des Verwaltungsverfahrens bis zur Aufhebung des Bescheides des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 21. Dezember 1995 durch das hg. Erkenntnis vom 18. Juni 1996, Zl. 96/04/0043, wird auf die diesbezügliche Darstellung in diesem Erkenntnis verwiesen. In der Begründung dieses Erkenntnisses führte der Verwaltungsgerichtshof im Hinblick auf die Antragsbedürftigkeit der Genehmigung einer gewerblichen Betriebsanlage bzw. deren Änderung nach den §§ 74 Abs. 2 und 77 bzw. 81 GewO 1994 aus, dem dem vorliegenden Verwaltungsverfahren zugrunde liegenden Ansuchen könne nicht mit der erforderlichen Klarheit entnommen werden, ob es sich dabei um ein Ansuchen um Genehmigung der Änderung einer bereits bestehenden Betriebsanlage oder um ein solches um Genehmigung einer Betriebsanlage im Sinne des § 77 GewO 1994 handle, weshalb es Sache der belangten Behörde gewesen wäre, auf eine entsprechende Klarstellung zu drängen. Sollte diese Klarstellung im fortgesetzten Verfahren ergeben, daß es sich um einen Antrag nach § 81 GewO 1994 handle, wäre durch geeignete Erhebungen allenfalls unter Beiziehung eines gewerbetechnischen Sachverständigen zu klären, ob zwischen dem bisherigen Bestand der Betriebsanlage und der den Gegenstand des Verfahrens nach § 81 bildenden Veränderungen der von der Rechtsprechung geforderte sachliche und örtliche Zusammenhang bestehe, um diese Änderung als solche im Sinne des § 81 GewO 1994 qualifizieren zu können.

Der Spruch des als Ersatzbescheid für den mit dem zitierten Erkenntnis aufgehobenen Bescheid vom 21. Dezember 1995 ergangenen nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheides des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 6. August 1997 hat folgenden Wortlaut:

"I.

Der Spruch des Bescheides der Bezirkshauptmannschaft Hartberg vom 18.7.1994, Zl. 4 Po 272-1993, hat wie folgt zu lauten:

"Gemäß § 81 iVm § 359 Abs. 1 GewO 1994 idgF. wird die gewerbebehördliche Genehmigung für die im Abschnitt A (Betriebsbeschreibung) dieses Bescheides beschriebene Änderung der Betriebsanlage in 8230 Hartberg, Brühlgasse 24, Grundstücknummer 13/3, Baufläche .35/2, KG Hartberg nach Maßgabe der mit dem Genehmigungsvermerk versehenen Projektsunterlagen unter Zugrundelegung der Betriebsbeschreibung (Abschnitt A des Spruches) sowie der anschließenden Auflagen (Abschnitt B des Spruches) erteilt."

II.

Die Berufung wird abgewiesen."

Zur Begründung dieses Bescheides führte der Bundesminister im Rahmen der Darstellung des Verfahrensganges aus, er habe am 6. Oktober 1995 ein gewerbetechnisches Gutachten eingeholt, welches zum Ergebnis gelangt sei, es seien nach Erfüllung der im zweitinstanzlichen Bescheid vorgeschriebenen Auflagen keine nennenswerten Immissionen mehr am Immissionspunkt zu erwarten. In Entsprechung des aufhebenden Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofes vom 18. Juni 1996 habe der Bundesminister ein ergänzendes Ermittlungsverfahren durchgeführt. Im Rahmen dessen habe die Agrarmarkt Austria mit Schreiben vom 29. Oktober 1996 bestätigt, daß am gegenständlichen Standort vom Jahr 1977 an eine Getreidemühle betrieben worden sei, die nach dem Mühlengesetz über eine monatliche Vermahlungsmenge verfüge und Vermahlungen nach den Bestimmungen dieses Gesetzes durchführe. Die Erstbehörde habe über entsprechende Anfrage des Bundesministers mitgeteilt, die gegenständliche Mühle werde bereits seit den Zwanziger-Jahren an dem in Rede stehenden Standort betrieben. Dieser Äußerung sei ein Schreiben des Amtes der Steiermärkischen Landesregierung vom 17. August 1949 angeschlossen gewesen, in welchem ausgeführt werde, daß mit da. Bescheid vom 17. Juni 1927 für diesen Standpunkt die Bewilligung erteilt worden sei, die vorhandene Gefällsstrecke des Hartberger Stadtbaches zwischen dem in der sogenannten Brühl befindlichen Schwellteich und der Mühle auszunützen und anstelle des verfallenen Wasserradantriebes eine Freistrahlturbine einzubauen. Mit Bescheid vom 17. Juni 1936 sei in einem Berichtigungsbescheid ausgesprochen worden, daß nur eine Turbine vorhanden sei, welche früher zum Betrieb der Mautmühle und jetzt zum Antrieb der elektrischen Eigenanlage diene. Mit Bescheid vom 16. März 1965 habe die Erstbehörde die gewerbe- und baubehördliche Genehmigung für den Bau eines Getreidespeichers erteilt. In diesem Bescheid werde ausgeführt, es solle an der Westseite der bestehenden Mühle in Massivbauweise ein viergeschossiger Getreidesilo errichtet werden. Dieser Zubau stehe in allen Geschossen mit der Mühle in Verbindung. Die Zwischendecken des Speichers seien als Holztramdecken mit Holzbelag ausgeführt. Der Silo sei mit einem Eternit gedeckten Walmdach überdeckt. In das oberste Geschoß gelange man mittels einer Holztreppe mit Geländer, der Abschluß des dritten Geschosses gegen die Mühle erfolge durch Eisentüren mit Eisenstock, desgleichen im Erdgeschoß. Im Silo würden (näher bezeichnete) Maschinen untergebracht. Zwei davon würden mit einem Elektromotor angetrieben, die übrigen würden von der Mühle aus betrieben. Mit Bescheid vom 2. Dezember 1996 sei die gewerbebehördliche Genehmigung für den Betrieb eines Mehllager- und Laderaumes erteilt worden. Unter Auflagepunkt 15 dieses Bescheides werde dem Betriebsanlageninhaber aufgetragen, die Verbindungstüre zwischen Mühle und Laderaum sowie die Falttüre der Ladelucke selbstschließend und feuerbeständig auszuführen. Mit Schreiben vom 4. April 1997 habe die Erstbehörde ergänzend mitgeteilt, die gegenständliche Mühle sei Anfang 1927 vom Großvater der mitbeteiligten Partei übernommen worden. Ein Grundgenehmigungsbescheid sei nicht mehr auffindbar. In der Anlage dieses Schreibens sei der Berufungsbescheid des Landeshauptmannes von Steiermark vom 21. Februar 1928 übermittelt worden, mit welchem die Aufstellung von Mühleneinrichtungsgegenständen in der "altbestehenden Mühlenanlage" gemäß § 30 GewO genehmigt worden sei. Auf diesen Ermittlungsergebnissen aufbauend führte der Bundesminister nach Darstellung des Inhaltes der maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen aus, aus den von der Erstbehörde vorgelegten Bescheiden gehe eindeutig hervor, daß die gegenständliche Betriebsanlage zumindest seit dem Jahr 1927 als Mühle betrieben werde. Die nunmehr beantragte Änderung umfasse einen Zubau, der in nordöstlicher Richtung an den bestehenden Altbestand, nämlich die seit Jahrzehnten bestehende Mühle, anschließe. Wie aus den eingereichten Planunterlagen und der Betriebsbeschreibung hervorgehe, werde das Getreide durch den Redler waagrecht aus dem Altbau in den Zubau gefördert. Wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Judikatur ausgesprochen habe, sei als gewerbliche Betriebsanlage die Gesamtheit jener Einrichtungen anzusehen, welche dem Zweck des Betriebes eines gewerblichen Unternehmens gewidmet seien. Eine Betriebsanlage stelle, soweit der lokale Zusammenhang aller dieser Einrichtungen gegeben sei, gewerberechtlich ein einheitliches Objekt dar. Diese Einheit der Betriebsanlage sei im vorliegenden Fall gegeben. Alle durch die Erstbehörde vorgelegten, die gegenständliche Betriebsanlage betreffenden gewerberechtlichen Bescheide behandelten jeweils Änderungen der Betriebsanlage. Eine Anlagengenehmigung gemäß § 25 GewO 1859 habe trotz intensiver Nachforschungen nicht mehr gefunden werden können. Auf Grund der vorliegenden Bescheide sowie der Auskünfte der Bezirkshauptmannschaft Hartberg "dürfte der Mühlenbetrieb bereits im vorigen Jahrhundert als solcher genehmigt worden sein". Analog zu der durch den Verwaltungsgerichtshof entwickelten Judikatur zur Frage der Vermutung des rechtmäßigen Bestandes einer Baulichkeit müsse auch im Fall dieser Betriebsanlage davon ausgegangen werden, daß die Rechtsvermutung der Konsensmäßigkeit der Betriebsanlage gelte, da die Betriebsanlage seit Jahrzehnten bestehe und Beanstandungen durch die Gewerbebehörde wegen konsenswidrigen Betriebes niemals stattgefunden hätten. Auf Grund des Ansuchens, den Produktionsbereich der bestehenden Mühle auf den bisher als Lagerraum genutzten Zubau zu erweitern, sei daher ein Verfahren gemäß § 81 GewO 1994 durchzuführen gewesen. Wie auf Grund der eingeholten schalltechnischen sowie des medizinischen Gutachtens feststehe, seien nach Erfüllung der im zweitinstanzlichen Bescheid vorgeschriebenen Auflagen keine nennenswerten Immissionen mehr am Immissionspunkt, nämlich dem Schlafzimmerfenster des Beschwerdeführers, zu erwarten. Wenn dieser in seiner Stellungnahme vom 14. November 1995 vorbringe, der Immissionspunkt sei falsch festgelegt worden, so sei ihm zu entgegnen, daß nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes bei der Beurteilung der Zumutbarkeit einer Belästigung auf jenen der Lärmquelle am nächsten liegenden Teil des Nachbargrundstückes abzustellen sei, der dem regelmäßigen Aufenthalt des Nachbarn dienen könne. Im gegenständlichen Fall führe der Beschwerdeführer selbst aus, daß der dem Betriebsgelände nächstgelegene Gebäudeteil derzeit nicht bewohnt werde, also auch nicht dem regelmäßigen Aufenthalt des Beschwerdeführers diene. Wie aus den klaren Ausführungen der vorliegenden Gutachten hervorgehe, sei auch die Nutzung des angrenzenden Gemüsegartens durch die Betriebsanlage nicht eingeschränkt. Der Bundesminister folge in seiner Entscheidung den schlüssigen und eindeutigen Ausführungen sowohl der gewerbetechnischen als auch des medizinischen Amtssachverständigen. Daraus ergebe sich, daß bei Erfüllung sämtlicher Auflagen im konkreten Fall keine Gesundheitsgefährdungen oder als unzumutbar einzustufende Belästigungen zu besorgen seien.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich der Beschwerdeführer in seinen Rechten auf Untersagung der gewerbebehördlichen Genehmigung für den Betrieb einer Mühle bzw. der Untersagung der Betriebsanlagenänderung verletzt. In Ausführung des so bezeichneten Beschwerdepunktes macht er geltend, die belangte Behörde habe nunmehr den dem Verfahren zugrunde liegenden Antrag als einen Antrag auf Genehmigung der Änderung der Betriebsanlage gedeutet. Da ein Grundgenehmigungsbescheid nicht aufgefunden habe werden können, wäre zumindest ein gewerbetechnischer Sachverständiger heranzuziehen gewesen, um die erforderlichen Feststellungen, ob eine Betriebsanlagenänderung vorliege, treffen zu können. Aus dem Schreiben der Agrarmarkt Austria gehe hervor, daß bis zum Jahr 1977 zumindest für eine Getreidemühle keine gewerbebehördliche Genehmigung bestanden habe. Vom Sachverständigen wäre zu klären gewesen, ob eine "Mautmühle" mit einer Getreidemühle gleichzusetzen sei. Es könne daher die Rechtsvermutung der Konsensmäßigkeit der Betriebsanlage nicht gelten. Bei dem Bescheid vom 17. Juni 1927 handle es sich offenbar um einen Baubewilligungsbescheid bzw. um einen Bescheid zur wasserrechtlichen Bewilligung. Keineswegs könne aus diesem Bescheid abgeleitet werden, daß eine gewerberechtliche Bewilligung erfolgt sei. Aus dem Bescheid des Landeshauptmannes von Steiermark vom 21. Februar 1928 ergebe sich zwar, daß Mühleneinrichtungsgegenstände in der "altbestehenden Mühlenanlage" gemäß § 30 GewO genehmigt worden seien. Unklar bleibe aber, um welche Mühle es sich dabei gehandelt habe. Es bestehe der Verdacht, daß seit 1928 keine Änderung der Betriebsanlage genehmigt worden sei. Dies, obwohl bereits nach der Lebenserfahrung als gegeben angenommen werden könne, daß die Betriebsausstattung seit diesem Zeitpunkt wesentlich verändert worden sei. Schon aus diesem Grund könne keineswegs auf die Rechtsvermutung der Konsensmäßigkeit der Betriebsanlage zurückgegriffen werden. Bei der Wahl des Immissionspunktes sei nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auf jenen der Lärmquelle am nächsten liegenden Teil des Nachbargrundstückes abzustellen, der dem regelmäßigen Aufenthalt des Nachbarn, sei es in einem Gebäude, sei es außerhalb eines Gebäudes, dienen könne. Demgegenüber schließe die belangte Behörde die Verlegung des Immissionspunktes in den nicht bewohnten Gebäudeteil mit der Begründung aus, daß er tatsächlich nicht dem regelmäßigen Aufenthalt diene. Die belangte Behörde habe es auch unterlassen, in den späten Nachtstunden Lärmmessungen vorzunehmen, obwohl zu dieser Zeit der Grundgeräuschpegel wesentlich niedriger sei als zur Zeit der tatsächlich durchgeführten Lärmmessungen. Dem angefochtenen Bescheid könne nicht entnommen werden, unter welchen Auflagen die gewerbebehördliche Genehmigung erteilt werde. Die belangte Behörde spreche lediglich aus, wie der Spruch des Bescheides der Bezirkshauptmannschaft Hartberg zu lauten habe. Bei den anschließenden Auflagen werde nur auf den Abschnitt B des Spruches der Bezirkshauptmannschaft Hartberg verwiesen. Unberücksichtigt bleibe dabei, daß der Landeshauptmann von Steiermark auf Grund der erhobenen Berufung des Beschwerdeführers mit Bescheid vom 27. April 1995 zusätzlich zu den bereits von der Erstbehörde vorgeschriebenen Auflagepunkten 1 bis 9 einen zusätzlichen Auflagepunkt 10 hinzugefügt habe. Im Sachverständigengutachten sei nicht begründet, warum gerade der bezogene Immissionspunkt für die Zumutbarkeitsprüfung von Bedeutung sei. Auch sei darin nicht definiert, was als Betriebslärm zu verstehen sei. Der Beschwerdeführer wisse mittlerweile aus Erfahrung, daß bei nur geringer Auslastung der Anlagen der Lärmpegel weit geringer sei, als wenn die Betriebsanlage unter voller Last fahre. Die Lärmmessung sei östlich des Betriebsobjektes in 9 m Entfernung an der Grundgrenze in 1,50 m Höhe und in einer Entfernung von 16 m vom angenommenen Immissionspunkt (Schlafzimmerfenster des Beschwerdeführers) durchgeführt worden. Am Immissionspunkt selbst sei keine Messung erfolgt. Dies reiche zu einer verläßlichen Beurteilung nicht aus. Der Immissionspunkt sei von der Straßenseite abgekehrt, sodaß dort der Straßenlärm weit weniger hörbar sei. Die mitbeteiligte Partei betreibe nunmehr tatsächlich eine Ölmühle, die nie Gegenstand eines gewerberechtlichen Ansuchens, geschweige denn einer gewerberechtlichen Genehmigung gewesen sei. Darauf habe die belangte Behörde nicht Bedacht genommen. Völlig unverständlich sei auch, weshalb die Betriebszeiten nicht eingeschränkt worden seien. Es gebe keinerlei Gründe, weshalb die Betriebsanlage rund um die Uhr betrieben werden müsse. Die Behörde habe schließlich dem Beschwerdeführer zu den von ihr beigeschafften Urkunden kein Parteiengehör gewährt.

Der angefochtene Bescheid erweist sich schon auf Grund folgender Erwägungen als mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit behaftet:

Gemäß § 59 Abs. 1 AVG hat der Spruch eines Bescheides die in Verhandlung stehende Angelegenheit und alle die Hauptfrage betreffenden Parteianträge, ferner die allfällige Kostenfrage in möglichst gedrängter deutlicher Fassung und unter Anführung der angewendeten Gesetzesbestimmungen, und zwar in der Regel zur Gänze, zu erledigen.

Diesem Erfordernis kommt der angefochtene Bescheid in keiner Weise nach. Denn nach dem einleitenden Satz des Spruches des angefochtenen Bescheides wird durch den nachfolgenden unter Anführungszeichen gesetzten Text der Abspruchgegenstand in Abänderung des Spruches des erstbehördlichen Bescheides endgültig geregelt. Insbesondere läßt der Wortlaut des angefochtenen Bescheides eine Interpretation dahin, daß gewisse Teile des erstbehördlichen Bescheides aufrecht bleiben - abgesehen davon, daß nicht mit der für einen Bescheidspruch erforderlichen unzweideutigen Klarheit erkennbar ist, welche Teile dies sein könnten -, nicht zu.

Der solcherart für den normativen Gehalt des angefochtenen Bescheides, soweit darin eine Genehmigung nach § 81 in Verbindung mit § 359 Abs. 1 GewO 1994 erteilt wird, maßgebende Wortlaut des unter Anführungszeichen gesetzten Teiles des Spruchpunktes I. des angefochtenen Bescheides läßt somit den wahren Abspruchgegenstand nicht mit ausreichender Deutlichkeit erkennen, wird darin doch einerseits auf eine Betriebsbeschreibung und andererseits auf Auflagen Bezug genommen, die der Bescheid aber nicht enthält.

Der angefochtene Bescheid war daher schon aus diesem Grund gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufzuheben.

Aus Gründen der Verfahrensökonomie sieht sich der Verwaltungsgerichtshof für das fortgesetzte Verfahren noch zu folgenden Bemerkungen veranlaßt:

Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem in diesem Verfahren ergangenen Erkenntnis vom 18. Juni 1996, Zl. 96/04/0043, ausgeführt hat, ist der dem gegenständlichen Verwaltungsverfahren zugrunde liegende Antrag insofern unklar, als ihm nicht entnommen werden kann, ob eine (Grund-)Genehmigung im Sinne des § 77 GewO 1994 oder die Genehmigung der Änderung einer bereits bestehenden Betriebsanlage im Sinne des § 81 GewO 1994 beantragt wird. Wie der Verwaltungsgerichtshof in diesem Erkenntnis ebenfalls dargelegt hat, ist die Behörde an den eine Willenserklärung bildenden Antrag gebunden und es steht ihr nicht frei, je nach dem Ergebnis des Ermittlungsverfahrens die nach der Sachlage in Betracht kommende Genehmigung zu erteilen. Es war daher verfehlt, wenn die belangte Behörde - ohne die mitbeteiligte Partei über das mit ihrem Antrag tatsächlich Gewollte zu befragen - nur nach den Verfahrensergebnissen ihrem Antrag den Inhalt eines solchen auf Genehmigung der Änderung einer bereits bestehenden Betriebsanlage zuwies.

Gemäß § 60 AVG sind in der Begründung eines Bescheides die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammenzufassen. Dies bedeutet, daß die Behörde auf der Basis des Ermittlungsverfahrens und als Ergebnis ihrer Beweiswürdigung jenen Sachverhalt festzustellen hat, auf dessen Grundlage sie die für den normativen Gehalt des Spruches ihres Bescheides maßgebenden Rechtsfragen beurteilt hat. Für diese Beurteilung ist, wie der Verwaltungsgerichtshof in dem bereits mehrfach zitierten Erkenntnis vom 18. Juni 1996 ausgesprochen hat, für den vorliegenden Fall dann, wenn der dem Verfahren zugrunde liegende Antrag der mitbeteiligten Partei als ein solcher auf Genehmigung der Änderung einer gewerblichen Betriebsanlage zu verstehen ist, von Bedeutung, ob für die den Gegenstand des Änderungsantrages bildende Betriebsanlage eine aufrechte Genehmigung im Sinne des § 77 GewO 1994 besteht. Es wäre daher Sache der belangten Behörde - die, wenn auch, wie oben ausgeführt, in anfechtbarer Weise, den Antrag der mitbeteiligten Partei als solchen auf Genehmigung der Änderung gewertet hat - gewesen, eine eindeutige Feststellung darüber zu treffen, ob ein derartiger Grundkonsens für die in Rede stehende Betriebsanlage besteht oder nicht. Die von der belangten Behörde in diesem Zusammenhang unter Verwendung eines Konjunktiv ausgedrückte Wahrscheinlichkeit des Bestehens eines solchen Grundkonsenses genügt in diesem Zusammenhang nicht. Das schließt aber nicht aus, eine solche Feststellung im Wege der Beweiswürdigung als Ergebnis eines mittelbaren Beweises zu treffen.

Des weiteren ist auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Wahl des für die Beurteilung der Gesundheitsgefährdung oder der Zumutbarkeit einer Lärmbelästigung maßgebenden Immissionspunktes zu verweisen. Danach ist, wie der Beschwerdeführer zutreffend hervorhebt, auf jenen der Lärmquelle am nächsten liegenden Teil des Nachbargrundstückes abzustellen, der bei Bedachtnahme auf die im Zeitpunkt der Entscheidung der Gewerbebehörde insbesondere auf dem Gebiet des Baurechtes geltenden Vorschriften dem regelmäßigen Aufenthalt des Nachbarn, sei es in einem Gebäude, sei es außerhalb eines Gebäudes, dienen kann (vgl. das hg. Erkenntnis vom 28. August 1997, Zl. 95/04/0222). Es war daher verfehlt, wenn die belangte Behörde es nur deshalb ablehnte, den für die Beurteilung einer allfälligen Gesundheitsgefährdung oder Unzumutbarkeit von Lärmbelästigungen maßgeblichen Immissionspunkt in die der Betriebsanlage näher gelegenen Gebäudeteile der Liegenschaft des Beschwerdeführers zu verlegen, weil diese Gebäudeteile tatsächlich derzeit nicht bewohnt werden.

Der Beschwerdeführer rügt ferner zu Recht die Vorgangsweise der belangten Behörde, Messungen über die für die Beurteilung der Genehmigungsfähigkeit der Betriebsanlage maßgebenden Lärmimmissionen nicht an dem hiefür maßgebenden Immissionspunkt, sondern an einem davon entfernt liegenden Punkt vorzunehmen und daraus die für den Immissionspunkt maßgeblichen Werte im Wege der Berechnung zu ermitteln, anstatt die Messungen direkt am Immissionspunkt vorzunehmen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1998:1997040198.X00

Im RIS seit

20.11.2000

Zuletzt aktualisiert am

01.06.2010
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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