TE Vwgh Erkenntnis 1998/1/21 97/09/0251

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Veröffentlicht am 21.01.1998
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
60/04 Arbeitsrecht allgemein;
62 Arbeitsmarktverwaltung;
66/02 Andere Sozialversicherungsgesetze;

Norm

AlVG 1977;
AuslBG §4 Abs7;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Händschke, Dr. Blaschek, Dr. Rosenmayr und Dr. Bachler als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Loibl, über die Beschwerde der Dr. Christine Werner-Tutschku in Wels, vertreten durch Dr. Gudrun Truschner, Rechtsanwältin in Wels, Ringstraße 26, gegen den Bescheid der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Oberösterreich vom 30. Juni 1997, Zl. B3/13113/Nr.099/97 B ABB Nr. 1693 193 Mag. Wo/Eb, betreffend Nichterteilung einer Beschäftigungsbewilligung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die beschwerdeführende Partei hat dem Arbeitsmarktservice Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die beschwerdeführende Partei beantragte am 25. April 1997 beim Arbeitsmarktservice Wels die Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG) für die kroatische Staatsangehörige Anna Sokic für die berufliche Tätigkeit als Raumpflegerin.

Diesen Antrag wies das Arbeitsmarktservice Wels mit Bescheid vom 7. Mai 1997 gemäß § 4 Abs. 6 und § 4 Abs. 1 AuslBG ab.

Dagegen erhob die beschwerdeführende Partei Berufung. Sie brachte darin - soweit für das Beschwerdeverfahren noch relevant - vor, die beantragte Ausländerin beziehe nach dem Unfalltod ihres Ehegatten (Mirko Sokic) "Leistungen aus der Pensionsversicherung nach dem ASVG"; aufgrund der Bescheide der Pensionsversicherungsanstalt der Arbeiter vom 27. Oktober 1995 bezögen die beantragte Ausländerin sowie deren beide Kinder Witwen- bzw. Waisenpensionen samt Ausgleichszulagen. Die Behörde habe ungeprüft gelassen, ob bei Bezug von Leistungen aus der Pensionsversicherung nach dem ASVG in analoger Anwendung von § 4 Abs. 7 AuslBG die Beschäftigungsbewilligung zu erteilen gewesen wäre.

Mit Schreiben vom 4. Juni 1997 gewährte die belangte Behörde der beschwerdeführenden Partei im Berufungsverfahren Parteiengehör. Im Rahmen dieses Vorhaltes wurde die beschwerdeführende Partei von der Überschreitung der für das Kalenderjahr 1997 festgesetzten Bundeshöchstzahl, die zur Anwendung kommende Bestimmung des § 4 Abs. 7 AuslBG und die im vorliegenden Fall als nicht erfüllt angesehenen Voraussetzungen für die Erteilung einer Bewilligung im Bundeshöchstzahlenüberziehungsverfahren in Kenntnis gesetzt.

Die beschwerdeführende Partei ließ die ihr eingeräumte Frist zu Stellungnahme ungenützt verstreichen und erstattete

-

abgesehen von ihrem aktenkundigen Berufungsvorbringen - kein Vorbringen zu diesem Vorhalt der belangten Behörde.

Mit dem im Instanzenzug ergangenen, nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 30. Juni 1997 wurde die Berufung der beschwerdeführenden Partei gemäß § 66 Abs. 4 AVG in Verbindung mit § 4 Abs. 7 AuslBG und in Zusammenhalt mit § 12a Abs. 1 und 2 AuslBG sowie der Kundmachung des Bundesministers für Arbeit und Soziales über die Bundeshöchstzahl 1997 und der Bundeshöchstzahlenüberziehungsverordnung abgewiesen.

Zur Begründung führte die belangte Behörde nach Darlegung des bisherigen Verfahrensganges und der maßgebenden Rechtslage

-

soweit für den Beschwerdefall relevant - aus, auf die mit Verordnung des Bundesministers für Arbeit und Soziales, BGBl. Nr. 646/1996, für das Kalenderjahr 1997 festgesetzte Bundeshöchstzahl (262 246) seien nach der Statistik des Arbeitsmarktservice Österreich zum Stichtag Ende Mai 1997 bereits 266 951 Ausländer anzurechnen; die Bundeshöchstzahl 1997 sei demnach überschritten. Der Ausnahmetatbestand nach § 4 Abs. 7 AuslBG sei im vorliegenden Fall nicht erfüllt. Aus den Akten bzw. dem Berufungsvorbringen sei nicht ableitbar, daß die beantragte Ausländerin bereits der Anrechnung auf die Bundeshöchstzahl unterliege, einen Arbeitslosengeldanspruch habe, oder daß für sie eine Sicherungsbescheinigung ausgestellt worden sei. Auf die beantragte ausländische Arbeitskraft würden auch nicht die Voraussetzungen für eine Überziehung der Bundeshöchstzahl nach der Bundeshöchstzahlenüberziehungsverordnung (BGBl. Nr. 278/1995) zutreffen. Der Erteilung der beantragten Beschäftigungsbewilligung stehe daher der Versagungsgrund nach § 4 Abs. 7 AuslBG entgegen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die beschwerdeführende Partei erachtet sich nach ihrem gesamten Beschwerdevorbringen erkennbar durch den angefochtenen Bescheid in dem Recht auf Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung für die beantragte ausländische Arbeitskraft verletzt. Sie bringt dazu im wesentlichen vor, die beantragte Ausländerin beziehe seit dem Unfalltod ihres Ehegatten (und Familienerhalters) Mirko Sokic als dessen Witwe aufgrund des Bescheides der Pensionsversicherungsanstalt der Arbeiter vom 27. Oktober 1995 Witwenpension samt Ausgleichszulage; die Kinder würden Waisenpensionen beziehen. Die Versagung der Beschäftigungsbewilligung für die beantragte Ausländerin unterlaufe den Normzweck. Die belangte Behörde hätte das Vorliegen eines Ausnahmetatbestandes nach dem AuslBG unter dem Gesichtspunkt der aufgezeigten "Gesetzeslücke" zur Bestimmung des § 4 Abs. 7 AuslBG prüfen müssen; sie habe aber kein Ermittlungsverfahren durchgeführt und insoweit den Grundsatz des Parteiengehörs verletzt. Die Bestimmung des § 4 Abs. 7 AuslBG habe den Zweck, für Personen, die in das "inländische Sozialnetz eingebunden sind, einen Anspruch auf einen Arbeitsplatz zu schaffen". Der Ausnahmetatbestand des § 4 Abs. 7 AuslBG sehe vor, "inländische Sozialversicherungsleistungen durch Schaffung eines Arbeitsplatzes für den Leistungsbezieher zu entlasten". Der beantragten Ausländerin (und ihren Kindern) stünden "Leistungen aus der Pensionsversicherung" zu; sie sei daher in das inländische Sozialnetz eingebunden und habe daher in analoger Anwendung des § 4 Abs. 7 AuslBG Anspruch auf "Teilung einer Beschäftigungsbewilligung".

Dieses Vorbringen vermag der Beschwerde nicht zum Erfolg zu verhelfen.

Die belangte Behörde hat die Ablehnung der Erteilung der beantragten Beschäftigungsbewilligung ausschließlich auf § 4 Abs. 7 AuslBG in der Fassung BGBl. Nr. 257/1995 (i.V.m. § 12a Abs. 1 und 2 AuslBG sowie die Verordnungen über die Bundeshöchstzahl 1997 BGBl. Nr. 646/1996 und die Bundeshöchstzahlenüberziehungsverordnung BGBl. Nr. 278/1995) gestützt.

Nach dieser Gesetzesbestimmung dürfen unbeschadet des § 12a Abs. 2 Beschäftigungsbewilligungen nur unter der zusätzlichen Voraussetzung erteilt werden, daß die Bundeshöchstzahl nicht überschritten wird. Dies gilt nicht, wenn die Beschäftigungsbewilligung für einen Ausländer erteilt werden soll, der Anspruch auf Leistungen nach dem Arbeitslosenversicherungsgesetz hat.

Die beschwerdeführende Partei tritt den im angefochtenen Bescheid getroffenen Feststellungen, wonach die im Beschwerdefall maßgebende Bundeshöchstzahl 1997 im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides überschritten seien, nicht entgegen. Daß die beantragte Ausländerin dem im § 1 der Bundeshöchstzahlenüberziehungsverordnung umschriebenen Personenkreis zuzuordnen sei und derart die beantragte Beschäftigungsbewilligung im Bundeshöchstzahlen-Überziehungsverfahren zu erteilen gewesen wäre, wird von der beschwerdeführenden Partei nicht mehr behauptet. Es geht im Beschwerdefall demnach ausschließlich darum, ob die Voraussetzungen der Ausnahmebestimmung des § 4 Abs. 7 Satz 2 AuslBG im für die belangte Behörde maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung vorgelegen sind und solcherart der Antrag auf Erteilung der Beschäftigungsbewilligung wegen Überschreitung der Bundeshöchstzahl (hier: 1997) abgelehnt werden durfte.

Der mit 1. Juli 1997 in Kraft getretene - und im Hinblick auf die Bescheiderlassung am 3. Juli 1997 im Beschwerdefall anzuwendende - § 6 Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977 (AlVG) in der Fassung BGBl. I Nr. 47/1997 (vgl. § 79 Abs. 39 leg. cit.) lautet:

"(1) Als Leistungen der Arbeitslosenversicherung kommen in Betracht:

1. Arbeitslosengeld;

2.

Notstandshilfe;

3.

Sondernotstandshilfe;

4.

Bevorschussung von Leistungen aus der Pensionsversicherung.

(2) Die Bezieher der vorstehenden Leistungen sind krankenversichert.

(3) Der Bezug von Leistungen nach dem Karenzgeldgesetz schließt den Anspruch auf Leistungen nach diesem Bundesgesetz aus."

Vor dem Hintergrund dieser Rechtslage ist davon auszugehen, daß der Bezug einer Pension (hier: Witwenpension) - soweit nicht der Fall einer Bevorschussung derartiger Leistungen vorliegt - keine Leistung der Arbeitslosenversicherung darstellt. Daß im vorliegenden Fall der Bezug der Witwenpension durch die beantragte Ausländerin eine Leistung nach dem AlVG darstelle, wird auch von der beschwerdeführenden Partei nicht einmal behauptet. Diese vertritt nämlich den Standpunkt, daß die beantragte Ausländerin "Leistungen aus der Pensionsversicherung" beziehe. Der Fall einer Bevorschussung derartiger Leistungen liegt aber offenkundig nicht vor und wird in der Beschwerde (bzw. wurde im Verwaltungsverfahren) von der beschwerdeführenden Partei nicht geltend gemacht. Damit ergibt sich aber aus dem gesamten Vorbringen der beschwerdeführenden Partei, daß die Voraussetzungen der Ausnahmebestimmung des § 4 Abs. 7 Satz 2 AuslBG im vorliegenden Fall nicht erfüllt sind.

Entgegen der Ansicht der beschwerdeführenden Partei kommt es nach dem (in dieser Hinsicht) eindeutigen Inhalt der Ausnahmebestimmung des § 4 Abs. 7 Satz 2 AuslBG nicht darauf an, daß der Ausländer - für den die Beschäftigungsbewilligung beantragt wurde - "in das inländische Sozialnetz eingebunden ist", sondern ausschließlich darauf, ob dieser Ausländer Anspruch auf im AlVG umschriebene Leistungen (nach diesem Gesetz) hat. Nach dem erkennbaren Zweck der Ausnahmebestimmung des § 4 Abs. 7 Satz 2 AuslBG ist diese Regelung als eine der Entlastung der Arbeitslosenversicherung dienende Maßnahme zu betrachten. Ein Ausländer, der keine Ansprüche nach dem AlVG hat, belastet die Arbeitslosenversicherung nicht durch Leistungsbezug. In einem solchen Fall erschiene daher eine Ausnahme von der Überschreitung der Bundeshöchstzahl im Sinne des § 4 Abs. 7 Satz 2 AuslBG nicht gerechtfertigt. Durch die Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung für die beantragte Ausländerin kann - wie sich auch aus dem Vorbringen der beschwerdeführenden Partei eindeutig ergibt - jedenfalls keine Entlastung der Arbeitslosenversicherung eintreten. Eine vom Gesetzgeber nicht gewollte Lücke in der Ausnahmebestimmung des § 4 Abs. 7 AuslBG ist - angesichts der auch ohne Einbeziehung von Anspruchsberechtigten der Pensionsversicherung bestehenden Vollziehbarkeit dieser gesetzlichen Regelung - auch vor dem Hintergrund des Beschwerdevorbringens nicht zu erkennen. Für die von der beschwerdeführenden Partei gewünschte analoge Ausdehnung auf Leistungen aus der Pensionsversicherung bietet aber somit der eindeutige Inhalt der genannten Ausnahmebestimmung des AuslBG keine Grundlage.

Wenn die belangte Behörde ausgehend von dem von der beschwerdeführenden Partei erstatteten Vorbringen demnach zu dem Ergebnis gelangte, daß im Beschwerdefall die Voraussetzungen der Ausnahmebestimmung des § 4 Abs. 7 Satz 2 AuslBG nicht erfüllt seien - weil die beantragte Ausländerin keinen Anspruch auf Leistungen nach dem AlVG hat - und daher der Antrag auf Erteilung der Beschäftigungsbewilligung wegen Überschreitung der Bundeshöchstzahl und mangels einer nach der Bundeshöchstzahlenüberziehungsverordnung zur Anwendung kommenden zulässigen Überziehung der Bundeshöchstzahl abzulehnen sei, vermag der Verwaltungsgerichtshof dies nicht als rechtswidrig zu erkennen.

Bei diesem Ergebnis mangelt es schon aus den dargelegten Gründen den in der Beschwerde behaupteten Verfahrensverletzungen an der erforderlichen Relevanz (§ 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG).

Die Beschwerde erweist sich somit aus den dargelegten Erwägungen als unbegründet. Sie war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit § 41 AMSG und der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994.

Schlagworte

Auslegung Anwendung der Auslegungsmethoden Analogie Schließung von Gesetzeslücken VwRallg3/2/3

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1998:1997090251.X00

Im RIS seit

18.10.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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