TE Lvwg Erkenntnis 2020/4/17 VGW-101/V/020/4001/2020

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Veröffentlicht am 17.04.2020
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Entscheidungsdatum

17.04.2020

Index

L00209 Auskunftspflicht Informationsweiterverwendung Wien
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)

Norm

AuskunftspflichtG Wr 1988 §1 Abs2
AuskunftspflichtG Wr 1988 §3 Abs3
B-VG Art. 20 Abs4

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Verwaltungsgericht Wien hat durch seinen Richter Dr. Schopf über die Beschwerde des Herrn Mag. A. B. gegen den Bescheid des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 40 - Soziales, Sozial- und Gesundheitsrecht, vom 31.01.2020, Zl. ..., betreffend Wiener Auskunftspflichtgesetz,

zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird hinsichtlich Punkt I.) als unbegründet abgewiesen und der angefochtene Bescheid diesbezüglich mit der Abänderung bestätigt, dass das Begehren auf Auskunft zur „Frage 1)“ abgewiesen und festgestellt wird, dass die beantragte Auskunft nicht zu erteilen ist. Zu Punkt II.) wird der Beschwerde stattgegeben und der angefochtene Bescheid in diesem Punkt aufgehoben.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof unzulässig.

Entscheidungsgründe

Mit E-Mail vom 9. Mai 2019 ersuchte der Beschwerdeführer in einer unter anderem an die belangte Behörde gerichteten E-Mail den Magistrat der Stadt Wien um inhaltliche Stellungnahme und Auskunft im Sinne des Wiener Auskunftspflichtgesetzes, wie es möglich sei, dass eine Bedienstete des C. - also einer von der Stadt Wien getrennten juristischen Person - sich auf vom Magistrat der Stadt Wien geführte Verwaltungsverfahren beziehen könne, wie Frau Mag. D. also im Hinblick auf die Amtsverschwiegenheit der Bediensteten des Magistrates der Stadt Wien Kenntnis von Verwaltungsverfahren erlangt habe. Das Anbringen beziehe sich somit auf das Verhalten von Bediensteten des Magistrates der Stadt Wien. Weiters wurde um Bekanntgabe der zuständigen Aufsichtsbehörde für das C. ersucht.

Mit Schreiben vom 6. November 2019 teilte die belangte Behörde dem Beschwerdeführer den Inhalt des § 1 Abs. 2 Wiener Auskunftspflichtgesetz sowie dazu ergangenen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes mit. Da sich die Anfrage ausschließlich und ausdrücklich auf die Motivation eines möglichen Handelns von Bediensteten der Stadt Wien beziehe, bestehe keine Auskunftspflicht. Da sich weiters die Frage darauf beziehe, wie Frau Mag. D. von den Verwaltungsverfahren Kenntnis erlangt haben könne, sei festzuhalten, dass es sich hierbei ebenfalls um die Fragen nach möglichen Motiven handle. Das C. sei ein selbstständiger Rechtsträger und kein Organ des Landes oder der Gemeinde Wien. Die gestellten Fragen bezögen sich nicht auf den Aufgabenbereich von Organen des Landes oder der Gemeinde Wien sondern beträfen bloß Mutmaßungen über Kenntnisse der Geschäftsführerin eines privatrechtlichen Fonds der Stadt. Auch aus diesen Gründen bestehe keine Auskunftspflicht. Die Frage hinsichtlich der Aufsichtsbehörde wurde beantwortet.

Gegen dieses Schreiben richtete sich eine Beschwerde mit einem damit verbundenen Eventualantrag auf Bescheiderlassung. Diese Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes Wien vom 14.01.2020, Zl. VGW-101/020/16574/2019 als unzulässig zurückgewiesen und dies zusammengefasst damit begründet, bei dem Schreiben der belangten Behörde vom 6. November 2019 handle es sich um keinen Bescheid.

In der Folge erging der nunmehr angefochtene Bescheid, mit welchem unter Punkt I.) der Antrag auf Erlassung eines Bescheides bezüglich seines Auskunftsbegehrens vom 09.05.2019 hinsichtlich Frage 1) abgewiesen und hinsichtlich Frage 2) als unzulässig zurückgewiesen wurde. Begründet wurde dies zu Frage 1) im Wesentlichen wie das Schreiben vom 6. November 2019. Zu Spruchpunkt II.) des angefochtenen Bescheides wird auf die erteilte Auskunft hingewiesen.

Dagegen richtet sich die verfahrensgegenständliche Beschwerde. Darin wird zu Spruchpunkt I. zunächst gerügt, dass die belangte Behörde den Antrag auf Bescheiderlassung abgewiesen habe, obwohl sie den beantragten Bescheid unter Einem erlassen habe, weshalb das Recht auf den gesetzlichen Richter verletzt sei. Inhaltlich wird in eventu ausgeführt, die belangte Behörde vertrete eine unvertretbare Rechtsauffassung, indem sie im Auskunftsbegehren die Frage nach einem „Motiv“ bzw. „Mutmaßungen“ erblicke und daher das Bestehen einer Auskunftspflicht verneint habe. Aufgrund einer Aussage von Frau Mag. D. ergebe sich der Verdacht der Verletzung der Amtsverschwiegenheit durch einen oder mehrere Bedienstete der Stadt Wien. Daher bestehe ein rechtliches Interesse des Beschwerdeführers an der Beantwortung seines Auskunftsbegehrens. Dabei gehe es nicht um ein Motiv, sondern um die Frage nach dem Faktum, woher Frau Mag. D. Kenntnis von der Identität von Parteien von Verwaltungsverfahren verschiedener Stellen der Stadt Wien habe, an denen der Beschwerdeführer beteiligt sei. Zu Spruchpunkt II. wird vorgebracht, dass sich aus dem ersten Absatz des Schriftsatzes vom 12.12.2019 eindeutig ergäbe, dass der Antrag auf Bescheiderlassung nur auf den ersten Teil des Auskunftsbegehrens vom 09.05.2019 bezogen sei. Auch hier habe die belangte Behörde eine Zuständigkeit in Anspruch genommen, die ihr nicht zustehe und damit das Recht auf den gesetzlichen Richter verletzt.

Beantragt wurde somit die ersatzlose Behebung des gesamten Bescheides, die Durchführung einer mündlichen Verhandlung und Aufnahme von Beweisen, die „Abänderung von Spruchpunkt des bekämpften Bescheides dahingehend, dass das Bestehen einer Auskunftspflicht der belangten Behörde festgestellt und Spruchpunkt 2. Ersatzlos behoben“ werde, in eventu die Aufhebung des bekämpften Bescheides und Zurückverweisung an die belangte Behörde.

Gegenständlich kommen die Bestimmungen des Gesetzes über die Auskunftspflicht (Wiener Auskunftspflichtgesetz) idF LGBl. Nr. 33/2013 zur Anwendung. Dieses bestimmt:

§ 1. (1) Die Organe des Landes und der Gemeinde Wien sowie der durch Landesgesetz geregelten Selbstverwaltung haben über Angelegenheiten ihres Wirkungsbereiches Auskunft zu erteilen, soweit eine gesetzliche Verschwiegenheitspflicht dem nicht entgegensteht.

(2) Auskunft ist eine Wissenserklärung. Sie hat auf dem Wissen zu beruhen, über das ein auskunftspflichtiges Organ in dem Zeitpunkt verfügt, in dem das Auskunftsbegehren bei ihm einlangt.

(3) Jedermann hat das Recht, Auskünfte zu verlangen.

(4) Die Organe beruflicher Vertretungen sind nur gegenüber den diesen Vertretungen jeweils Zugehörigen auskunftspflichtig und dies insoweit, als dadurch die ordnungsgemäße Erfüllung ihrer gesetzlichen Aufgaben nicht verhindert wird.

(5) Auskunft ist nur insoweit zu erteilen, als dadurch die Besorgung der übrigen Aufgaben eines Organes nicht wesentlich beeinträchtigt wird. Auskunft ist nicht zu erteilen, wenn sie offenkundig mutwillig begehrt wird.

§ 3. …

(3) Wird die Auskunft ausdrücklich verweigert oder nicht fristgerecht erteilt, hat das Organ auf Antrag des Auskunftswerbers innerhalb von drei Monaten ab Antrag mit schriftlichem Bescheid zu entscheiden, ob die Auskunft zu erteilen ist. Wird die Auskunft nachträglich erteilt, endet die Pflicht zur Bescheiderlassung.

(6) Für das in den Abs. 3 und 5 vorgesehene Verfahren gilt das AVG, sofern nicht für die Sache, in der Auskunft begehrt wird, ein anderes Verfahrensgesetz anzuwenden ist. Gegen Bescheide nach diesem Gesetz ist eine Beschwerde an das Verwaltungsgericht Wien zulässig.

Im Bundesgrundsatzgesetz vom 15. Mai 1987 über die Auskunftspflicht der Verwaltung der Länder und Gemeinden (Auskunftspflicht-Grundsatzgesetz), BGBl 286/1987 idF BGBl I 158/1998 bestimmt in seinem § 6, dass die Landesgesetzgebung den Fall der Verweigerung einer Auskunft so zu regeln hat, dass auf Antrag des Auskunftswerbers hierüber ein Bescheid zu erlassen ist.

Art. 20 Abs. 3 und 4 B-VG lauten:

(3) Alle mit Aufgaben der Bundes-, Landes- und Gemeindeverwaltung betrauten Organe sowie die Organe anderer Körperschaften des öffentlichen Rechts sind, soweit gesetzlich nicht anderes bestimmt ist, zur Verschwiegenheit über alle ihnen ausschließlich aus ihrer amtlichen Tätigkeit bekannt gewordenen Tatsachen verpflichtet, deren Geheimhaltung im Interesse der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe, Ordnung und Sicherheit, der umfassenden Landesverteidigung, der auswärtigen Beziehungen, im wirtschaftlichen Interesse einer Körperschaft des öffentlichen Rechts, zur Vorbereitung einer Entscheidung oder im überwiegenden Interesse der Parteien geboten ist (Amtsverschwiegenheit). Die Amtsverschwiegenheit besteht für die von einem allgemeinen Vertretungskörper bestellten Funktionäre nicht gegenüber diesem Vertretungskörper, wenn er derartige Auskünfte ausdrücklich verlangt.

(4) Alle mit Aufgaben der Bundes-, Landes- und Gemeindeverwaltung betrauten Organe sowie die Organe anderer Körperschaften des öffentlichen Rechts haben über Angelegenheiten ihres Wirkungsbereiches Auskünfte zu erteilen, soweit eine gesetzliche Verschwiegenheitspflicht dem nicht entgegensteht; berufliche Vertretungen sind nur gegenüber den ihnen jeweils Zugehörigen auskunftspflichtig und dies insoweit, als dadurch die ordnungsgemäße Erfüllung ihrer gesetzlichen Aufgaben nicht verhindert wird. Die näheren Regelungen sind hinsichtlich der Organe des Bundes sowie der durch die Bundesgesetzgebung zu regelnden Selbstverwaltung in Gesetzgebung und Vollziehung Bundessache, hinsichtlich der Organe der Länder und Gemeinden sowie der durch die Landesgesetzgebung zu regelnden Selbstverwaltung in der Grundsatzgesetzgebung Bundessache, in der Ausführungsgesetzgebung und in der Vollziehung Landessache.

Zu Spruchpunkt I.:

„Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kann nur gesichertes Wissen - sei es im tatsächlichen, sei es im rechtlichen Bereich - Gegenstand einer Auskunft (nach dem Auskunftspflichtgesetz) sein. Auskunftserteilung bedeutet somit die Weitergabe von Informationen, die der Behörde - aus dem Akteninhalt - bekannt sind und nicht erst zum Zweck der Erfüllung der Auskunftspflicht beschafft werden müssen. Die Verwaltung ist keinesfalls zu umfangreichen Ausarbeitungen oder zur Erstellung von (Rechts-)Gutachten verpflichtet“ (VwGH 20.05.2015, 2013/04/0139 mit Hinweis auf die Erkenntnisse vom 11. Oktober 2000, 98/01/0473 – „Die Pflicht zur Auskunftserteilung umfasst die Pflicht zur Information über die Tätigkeit der Behörde, nicht aber eine Verpflichtung zur Begründung behördlichen Handelns oder Unterlassens.“ - und vom 15. September 2006, 2004/04/0018).

Gemäß § 1 Abs. 2 Wiener Auskunftspflichtgesetz handelt es sich bei der zu erteilenden Auskunft um eine Wissenserklärung. Wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung (siehe unter anderem das zitierte Erkenntnis vom 20.05.2015, 2013/04/0139) ausführte, kann nur gesichertes Wissen - sei es im tatsächlichen, sei es im rechtlichen Bereich - Gegenstand einer Auskunft sein. Keine Verpflichtung der Behörde besteht hingegen hinsichtlich der Weitergabe von Informationen, die erst zum Zweck der Erfüllung der Auskunftspflicht beschafft werden müssen. Wenn der Beschwerdeführer somit Auskunft darüber begehrt wie es möglich sein könne, dass eine Bedienstete des C. sich auf vom Magistrat der Stadt Wien geführte Verwaltungsverfahren beziehen könne und unter ausdrücklicher Bezugnahme auf das Verhalten von Bediensteten des Magistrates der Stadt Wien hinterfragt, wie eine bestimmte Person im Hinblick auf die Amtsverschwiegenheit der Bediensteten des Magistrates der Stadt Wien Kenntnis von Verwaltungsverfahren erlangt habe, so kann er damit im Sinne der anzuwendenden gesetzlichen Bestimmungen und der einschlägigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes keine Auskunftspflicht auf Seiten der Behörde auslösen, weil damit kein gesicherten Wissen, also Informationen, die der Behörde - aus dem Akteninhalt – bekannt, sind abgefragt wird. Um die begehrte Auskunft zu erteilen müsste die Behörde zunächst den Wahrheitsgehalt der darin enthaltenen Unterstellung, nämlich dass eine Bedienstete des C. sich zu Unrecht auf bestimmte Verwaltungsverfahren bezogen hat, überprüfen. Danach müsste, im Fall der Bejahung, ermittelt werden, welche Informationszugänge dieser Bediensteten offen stehen, welche Kontakte sie gepflogen hat und ob sie diese zur Informationsbeschaffung genutzt hat. Erst danach wäre allenfalls eine Prüfung dahingehend möglich, ob Rechtsverletzungen durch Bedienstete des Magistrates der Stadt Wien erfolgt sind. Von einem Erfragen gesicherten Wissens, wie es Gesetz und dazu ergangene einschlägige Rechtsprechung fordern, kann in diesem Fall angesichts des Wortlautes der Anfrage keine Rede sein.

Schon aus diesem Grunde war dem Antrag auf Auskunftserteilung nicht stattzugeben und festzustellen, dass diesbezüglich keine Auskunftspflicht besteht, weshalb die Beschwerde zu diesem Punkt abzuweisen, der Spruch allerdings, darauf hat der Beschwerdeführer zu Recht hingewiesen, im Sinne der gesetzlichen Bestimmungen richtig zu stellen war.

Zu Spruchpunkt II.:

Anders als der Beschwerdeführer meint, kann dem Wortlaut des Schriftsatzes vom 12.12.2019 alleine nicht entnommen werden, dass sich der Antrag auf Bescheiderlassung nur auf die in Spruchpunkt I. wiedergegebene Anfrage bezieht, wird der Antrag auf Bescheiderlassung gemäß § 3 Abs. 3 Wiener Auskunftspflichtgesetz doch nur an die Voraussetzung geknüpft, dass die Erledigung der Behörde vom 06.11.2019 nicht als Bescheid zu qualifizieren sei. Allerdings ist dem Beschwerdeführer im Weiteren dahingehend zu folgen, dass sich aus dem Inhalt des Schriftsatzes vom 12.12.2019 in Zusammenhang mit dem behördlichen Schreiben vom 06.11.2019 ergibt, dass der Beschwerdeführer nur eine Bescheiderlassung zu Spruchpunkt I. wollte, zumal die zweite von ihm begehrte Auskunft erteilt worden ist.

Der angefochtene Bescheid war somit in diesem Punkt zu beheben, ist der Bescheid in diesem Ausmaß doch ohne gesetzliche Grundlage ergangen.

Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte trotz eines Antrags des Beschwerdeführers gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG entfallen, weil der entscheidungserhebliche Sachverhalt unstrittig ist, sich im Wesentlichen aus dem eigenen Vorbringen des Beschwerdeführers ergibt und somit eine mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt. Auch steht Art. 6 EMRK bzw. Art. 47 GRC dem Entfall einer mündlichen Verhandlung nicht entgegen.

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Auskunft; Wissenserklärung; gesichertes Wissen

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGWI:2020:VGW.101.V.020.4001.2020

Zuletzt aktualisiert am

05.08.2020
Quelle: Landesverwaltungsgericht Wien LVwg Wien, http://www.verwaltungsgericht.wien.gv.at
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