TE Bvwg Erkenntnis 2019/10/1 W224 2199763-2

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Veröffentlicht am 01.10.2019
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Entscheidungsdatum

01.10.2019

Norm

B-VG Art133 Abs4
EStG 1988 §33 Abs3
FLAG §6 Abs1
FLAG §6 Abs2
FLAG §6 Abs3
FLAG §6 Abs5
FLAG §8 Abs2
StudFG §30 Abs2
VwGVG §28 Abs2

Spruch

W224 2199763-2/3E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Dr. Martina WEINHANDL als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , vertreten durch Eugenio GUALTIERI, Rechtsberatung der ÖH WU, Welthandelsplatz 1, Gebäude SC, 1020 Wien, gegen den Bescheid des Senats der Studienbeihilfenbehörde an der Stipendienstelle Wien vom 06.06.2019, ohne Zahl, zu Recht:

A)

Die Beschwerde wird abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Die Beschwerdeführerin, eine slowakische Staatsangehörige, stellte am 03.12.2017 bei der Studienbeihilfenbehörde, Stipendienstelle Wien, einen Antrag auf Gewährung von Studienbeihilfe für das Studium "Supply Chain Management" (Master) an der Wirtschaftsuniversität Wien.

2. Mit Schreiben vom 19.12.2017 wurde die Beschwerdeführerin von der Studienbeihilfenbehörde, Stipendienstelle Wien, aufgefordert, binnen Frist ergänzende Unterlagen (Familienbeihilfenbescheid vom österreichischen Finanzamt) vorzulegen. Dem kam die Beschwerdeführerin nicht nach.

3. Mit Bescheid der Studienbeihilfenbehörde, Stipendienstelle Wien, vom 21.12.2017, Dok. Nr. 394805101, wurde der Antrag auf Gewährung von Studienbeihilfe bewilligt und ausgesprochen, dass die Höhe der Studienbeihilfe ab September 2017 monatlich EUR 564,00 betrage. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, die Beschwerdeführerin erfülle die Voraussetzungen des günstigen Studienerfolges sowie der sozialen Bedürftigkeit. Die Frage, ob Anspruch auf Familienbeihilfe bestehe oder nicht, sei eine Entscheidung, die nur das Finanzamt zu treffen habe.

Als Anhang wurde dem Bescheid ein Berechnungsblatt beigefügt. Demnach wurde die Studienbeihilfe wie folgt berechnet:

Auszahlung ab

Sept 2017

Höchststudienbeihilfe *)

8.580,00

- Summe der Unterhalts-/Eigenleistungen

0,00

- Jahresbetrag der Familienbeihilfe (inkl. Kinderabsetzbetrag)

-2.533,20

Errechneter Jahresbetrag der Studienbeihilfe

6.046,80

Um 12,00% erhöhter Jahresbetrag

6.772,42

errechnete monatliche Studienbeihilfe (gerundet)

564,00

+ erhöht gem. § 30 Abs. 5a StudFG um

0,00

Ergibt monatlichen Auszahlungsbetrag in Euro

564,00

*) Höchstbeihilfe für Vollwaisen, verheiratete Studierende bzw. Studierende in eingetragener Partnerschaft, Studierende mit Kind und auswärtige Studierende

4. Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin durch ihren Vertreter fristgerecht Vorstellung. Darin wurde im Wesentlichen ausgeführt, die Ansicht, wonach bei der Berechnung der Studienbeihilfe für die Beschwerdeführerin die Familienbeihilfe (inkl. Kinderabsetzbetrag) von der Höchststudienbeihilfe in Abzug zu bringen seien, beruhe nach der ständigen Rechtsprechung auf einer Verkennung der Rechtslage.

5. Mit Schreiben vom 03.01.2018 wurde die Beschwerdeführerin von der Studienbeihilfenbehörde, Stipendienstelle Wien, erneut aufgefordert, binnen Frist ergänzende Unterlagen (Familienbeihilfenbescheid vom österreichischen Finanzamt) vorzulegen.

6. Mit E-Mail vom 04.01.2018 teilte die Beschwerdeführerin der Studienbeihilfenbehörde, Stipendienstelle Wien mit, dass sie diesem Mängelbehebungsauftrag nicht nachkommen werde.

7. Mit Bescheid des Senats der Studienbeihilfenbehörde, Stipendienstelle Wien, (im Folgenden: belangte Behörde) vom 28.03.2018, Dok. Nr. 398949201, wurde der Vorstellung keine Folge gegeben und der Bescheid vom 21.12.2017 bestätigt. Bei der Berechnung der Höhe der Studienbeihilfe wurden der Jahresbetrag der Familienbeihilfe gemäß § 8 Abs. 2 FLAG, der für den Studierenden unter Berücksichtigung seines Alters zustünde, sowie der Jahresbetrag des Kinderabsetzbetrages gemäß § 33 Abs. 3 EStG 1988 abgezogen und begründend ausgeführt, dass ein negativer Familienbeihilfenbescheid von der Beschwerdeführerin nicht vorgelegt worden sei.

8. Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin durch ihren Vertreter fristgerecht Beschwerde.

9. Dieser Bescheid wurde mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 09.10.2018, Zl. W224 2199763-1/2E, aufgehoben und zur Erlassung eines neuen Bescheides an den Senat der Studienbeihilfenbehörde zurückverwiesen. Begründend wurde ausgeführt, dass es sich bei der Frage, ob einem Studierenden Familienbeihilfe zustünde, nicht um eine Sachverhaltsfrage, sondern um eine Rechtsfrage handle. Alleine die Nichtvorlage eines (negativen) Familienbeihilfebescheides reiche daher nicht aus, um davon auszugehen, dass dem Studierenden - bei entsprechender Antragstellung - unter Berücksichtigung seines Alters Studienbeihilfe zustünde. Die Behörde habe daher den für die Beurteilung der Rechtsfrage, ob der Beschwerdeführerin Studienbeihilfe zustünde, maßgeblichen Sachverhalt festzustellen und im Anschluss daran die Rechtsfrage selbst zu beurteilen gehabt.

10. In einem ergänzenden Ermittlungsverfahren holte die belangte Behörde von der Beschwerdeführerin weitere Unterlagen und Informationen über ihre Lebenserhaltungskosten und die Unterhaltszahlungen ihrer Eltern ein.

11. Mit Schriftsatz vom 12.05.2019 erhob die Beschwerdeführerin Säumnisbeschwerde.

12. Mit Bescheid des Senats der Studienbeihilfenbehörde, Stipendienstelle Wien, vom 06.06.2019, ohne Zahl, wurde die Vorstellung vom 27.12.2017 erneut abgewiesen. Begründend wurde ausgeführt, dass die durchschnittlichen Lebenserhaltungskosten der Beschwerdeführerin im Zeitraum von September 2017 bis August 2018 monatlich EUR 954,00 betragen hätten. Im gleichen Zeitraum weise sie - mit Ausnahme von November 2017 und Mai 2018 - jeweils ein Einkommen in der Höhe von EUR 400,00 auf. Im November 2017 habe sie ein Einkommen von EUR 946,08 und im Mai 2018 in der Höhe von EUR 800,00 erzielt. Die von ihrem Vater geleisteten Unterhaltszahlungen hätten monatlich EUR 250,00 betragen; von ihrer Mutter habe sie keine Unterhaltszahlungen erhalten. Zwar hätten die Eltern der Beschwerdeführerin mangels Wohnsitzes oder gewöhnlichen Aufenthaltes keinen Anspruch auf Familienbeihilfe nach dem § 2 Abs. 1 FLAG, jedoch habe die Beschwerdeführerin einen Eigenanspruch gemäß § 6 Abs. 5 FLAG. Daher seien gemäß § 30 Abs. 2 Z 4 StudFG der Jahresbetrag der Familienbeihilfe gemäß § 8 Abs. 2 FLAG sowie gemäß § 30 Abs. 2 Z 5 StudFG der mit der Familienbeihilfe verbundene Kinderabsetzbetrag von der Höchststudienbeihilfe abzuziehen.

13. Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin durch ihren Vertreter fristgerecht Beschwerde. Sie brachte vor, sich in ihrem gesetzlich gewährleisteten Recht auf Gewährung der Studienbeihilfe in gesetzlicher Höhe, in ihrem gesetzlich gewährleisteten subjektiven Recht auf Gewährung der gleichen sozialen Vergünstigungen, in ihrem gesetzlich gewährleisteten subjektiven Recht auf Gleichbehandlung sowie in ihrem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz verletzt zu erachten. Unstrittig sei, dass die Beschwerdeführerin einen Anspruch auf Studienbeihilfe habe. Strittig sei die Höhe der Studienbeihilfe. Die Behörde habe festgestellt, dass die Eltern der Beschwerdeführerin einen Wohnsitz in der Slowakei hätten und keine Berufstätigkeit in Österreich ausüben würden. Für eine solche Fallkonstellation sei aber bereits mehrfach höchstgerichtliche entschieden worden, dass der Abzug der Familienbeihilfe und des Kinderabsetzbetrages von der Höchststudienbeihilfe nicht rechtmäßig sei. Aus der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes vom 21.12.2016 ergebe sich, dass, sobald feststehe, dass kein Wohnsitz oder gewöhnlicher Aufenthalt der Eltern in Österreich vorliege, der Abzug nicht erfolgen dürfe. In dieser Entscheidung habe der Verwaltungsgerichtshof den von der Behörde nunmehr herangezogenen § 6 Abs. 5 FLAG nicht herangezogen. Wäre diese Bestimmung zu berücksichtigen gewesen, hätte er dies in seinen Erkenntnissen zum Ausdruck gebracht. Der Bezug auf § 6 Abs. 5 FLAG sei aus diesem Grund verfehlt. Aus unionsrechtlicher Sicht verletzte die Anwendung der verfahrensrechtlichen Regelungen im StudFG das Äquivalenz- und Effektivitätsgebot. Während bei österreichischen Staatsangehörigen die Behörde bloß auf Basis der Angaben im Antrag entscheide, habe sie bei der Beschwerdeführerin tief in die Privatsphäre ermittelt. Das Recht der Beschwerdeführerin auf ungekürzte Studienbeihilfe werde praktisch unmöglich gemacht. Nach dem Unionsrechts sei auch die mittelbare Diskriminierung aufgrund der Staatsangehörigkeit unzulässig. Der EuGH habe schon entschieden, dass das Anknüpfen einer sozialen Vergünstigung an eine Leistung nach der VO 883/2004, wie sie auch die Familienbeihilfe sei, unzulässig sei. Fallbezogen hätten die Eltern der Beschwerdeführerin keinen Anspruch auf österreichische Familienbeihilfe, weil sie in Österreich weder einen Wohnsitz noch ihren gewöhnlichen Aufenthalt hätten. In den der Beschwerdeführerin trotzdem der Jahresbetrag der Familienbeihilfe von der höchst Studienbeihilfe abgezogen werde, sei sie schlechter gestellt als Studienbeihilfebezieher, deren Eltern über einen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in Österreich verfügen würden. Die Beschwerdeführerin regte an, eine Vorabentscheidung durch den EuGH zur Frage einzuholen, ob die Gewährung einer Familienleistung für einen Studierenden an dessen Eltern bei der Höhe der Studienförderung, die unmittelbar dem Studenten gewährt werde, im Hinblick auf eine Diskriminierung des Studierenden aufgrund der Staatsangehörigkeit berücksichtigt werden müsse. Der Abzug der österreichischen Familienbeihilfe von der Höchststudienbeihilfe stelle ohne jeden Zweifel eine mittelbare Diskriminierung aufgrund der Staatsangehörigkeit dar. Auch das ausschließliche Abstellen auf dem Betrag der österreichischen Familienbeihilfe sei in Anbetracht der unterschiedlich hohen vergleichbaren Familienleistungen in der EU nicht verhältnismäßig. Der pauschale Abzug des Betrages der österreichischen Familienbeihilfe vom Höchstbetrag der Studienbeihilfe sei unter zwei Gesichtspunkten rechtlich fragwürdig. Einerseits gebe es bei der Familienbeihilfe in gewissen Konstellationen sowohl für Drittstaatsangehörige als auch für EWR-Bürger Ausgleichs- bzw. Differenzzahlungen bei Anspruch auf geringere ausländische Familienleistung. Andererseits sehe die VO 883/2004 die "Gleichstellung von Leistungen, Einkünften, Sachverhalten oder Ereignissen" vor. Es bestünden an sich keine unionsrechtlichen Bedenken gegen eine Regelungstechnik, die nicht auf den tatsächlichen Bezug abstelle, sondern Familienleistungen auch schon dann bei der Höhe der Studienförderung berücksichtige, wenn für die Familienleistung bloß Anspruch bestehe. Um eine Diskriminierung auszuschließen, müsste jedoch immer die Möglichkeit bestehen, die Familienleistung auch tatsächlich in Anspruch zu nehmen. Im StudFG werde jedoch nicht auf eine Familienleistung im Herkunftsmitgliedstaat, auf die Anspruch bestehe, Bezug genommen, sondern ausschließlich auf die im Aufnahmemitgliedstaat Österreich gewährte Familienleistung, die vom Wohnsitz abhängig sei. Das Integrationsmodell von direkter und indirekter Förderung in Österreich führe im Ergebnis dazu, dass die Höhe des Ausgleichsbetrages der Studienbeihilfe von der wohnsitzabhängigen österreichischen Familienleistung abhängig gemacht werde. Dies stelle eine mittelbare Diskriminierung aufgrund der Staatsangehörigkeit dar. Beschwerdeführerin regte daher weiters an, eine Vorabentscheidung durch den EuGH zur Frage einzuholen, ob der Betrag der Familienleistung des Aufnahmelandes, der grundsätzlich den Eltern des Studierenden zustehe, vom Betrag der Studienförderung des Aufnahmelandes, der dem Studierenden zustehe, abgezogen werden dürfe, obwohl die Familienleistung im Aufnahmeland von den Eltern mangels Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Aufnahmelandes nicht bezogen werden könnten. Darüber hinaus äußerte die Beschwerdeführerin auch verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Höchststudienbeihilfe, da diese nur EUR 801,00 betrage, während die Mindestsicherung im Jahr 2019 für Alleinstehende sowie Alleinerzieher/innen EUR 885,47 betrage. Zweck der Studienbeihilfe sei es aber, das Existenzminimum für Studierende voll abzusichern. Es sei jedoch nicht sachlich gerechtfertigt, bei der Absicherung des Existenzminimums von Studierenden und anderen Menschen eine Differenz in der Höhe von EUR 84,47 vorzusehen. Die Beschwerdeführerin beantragte die Durchführung einer mündlichen Verhandlung sowie die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes in der Sache selbst.

14. Mit Schreiben vom 06.08.2019, eingelangt am 09.08.2019, wurde die Beschwerde samt Verwaltungsakt dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vorgelegt.

I. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Feststellungen:

Die am XXXX geborene Beschwerdeführerin ist seit dem Wintersemester 2017/18 an der Wirtschaftsuniversität Wien für das Masterstudium "Supply Chain Management" gemeldet. Am 03.12.2017 stellte sie einen Antrag auf Gewährung von Studienbeihilfe für dieses Masterstudium. Dem Antrag wurde dem Grunde nach mit Bescheid vom 21.12.2017, Dok. Nr. 394805101, Folge geleistet. Die Beschwerdeführerin bezog daher ab September 2017 monatlich Studienbeihilfe in der Hohe von EUR 564,00.

Die Beschwerdeführerin ist slowakische Staatsangehörige. Seit 08.09.2016 hat sie ihren Hauptwohnsitz durchgehend in XXXX Wien. Die Eltern der Beschwerdeführerin haben ihren Wohnsitz in der Slowakei und üben in Österreich keine Berufstätigkeit aus.

Die durchschnittlichen Lebenserhaltungskosten der Beschwerdeführerin im Zeitraum von September 2017 bis August 2018 beliefen sich auf ca. EUR 954,00 pro Monat. Im selben Zeitraum erhielt die Beschwerdeführerin von ihrem Vater monatlich EUR 250,00. Von ihrer Mutter erhielt sie keine Unterhaltsleistungen.

Beweiswürdigung:

Die Feststellungen zum maßgeblichen Sachverhalt ergeben sich aus dem Verwaltungsakt und dem verwaltungsbehördlichen Verfahren - im Besonderen aus dem Antrag der Beschwerdeführerin sowie dem angefochtenen Bescheid und der Beschwerde. Der Sachverhalt konnte auf Grund der vorliegenden Aktenlage zweifelsfrei festgestellt werden; herangezogen wurden insbesondere das Studienblatt der Wirtschaftsuniversität Wien von 13.05.2019 und die Bestätigung über die Meldung des Magistrats Wien vom 20.06.2017. Dass die Eltern der Beschwerdeführerin keinen Wohnsitz bzw. gewöhnlichen Aufenthalt in Österreich haben und hier auch nicht arbeiten, ergibt sich aus den nachvollziehbaren Angaben der Beschwerdeführerin und den Feststellungen im Bescheid. Die durchschnittlichen Lebenserhaltungskosten der Beschwerdeführerin wurden von der Behörde nachvollziehbar ermittelt und stützen sich auf die vorgelegten Unterlagen, insbesondere die Kontoauszüge. Aus jenen sind auch die Unterhaltsleistungen des Vaters ersichtlich. Insgesamt ist der Sachverhalt aktenkundig, unstrittig und deshalb erwiesen.

Rechtliche Beurteilung:

1.1. Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG entscheiden die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit.

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Da eine Senatsentscheidung in den einschlägigen Bundesgesetzen nicht vorgesehen ist, liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.

Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

1.2. Die maßgeblichen Rechtsvorschriften des Studienförderungsgesetzes 1992 (StudFG), BGBl. Nr. 305 idF BGBl. I Nr. 142/2017, lauten (auszugsweise) wie folgt:

"I. HAUPTSTÜCK

GELTUNGSBEREICH

[...]

Begünstigter Personenkreis

§ 2. Förderungen können folgende Personen erhalten:

1. österreichische Staatsbürger (§ 3) und

2. gleichgestellte Ausländer und Staatenlose (§ 4).

[...]

Gleichgestellte Ausländer und Staatenlose

§ 4. (1) Staatsbürger von Vertragsparteien des Übereinkommens zur Schaffung des Europäischen Wirtschaftsraumes (EWR) und von Vertragsparteien des Vertrages zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft sowie Drittstaatsangehörige sind österreichischen Staatsbürgern gleichgestellt, soweit es sich aus diesen Übereinkommen ergibt.

(1a) EWR-Bürger erfüllen die Gleichstellungsvoraussetzungen, wenn sie

1. Wanderarbeitnehmer im Sinne des Artikel 45 des Vertrags über die Arbeitsweise der EU (AEUV) oder Familienangehörige von Wanderarbeitnehmern sind oder

2. das Recht auf Daueraufenthalt in Österreich im Sinne des Artikels 16 der Richtlinie 2004/38/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 über das Recht der Unionsbürger und ihrer Familienangehörigen, sich im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten frei zu bewegen und aufzuhalten, haben oder

3. in das österreichische Bildungs- oder Gesellschaftssystem integriert sind.

[...]

6. Abschnitt

Berechnung der Studienbeihilfe

Höhe der Studienbeihilfe

§ 30. (1) Für die Höhe der Studienbeihilfe ist das Ausmaß der sozialen Bedürftigkeit maßgebend.

(2) Die Studienbeihilfe ist zu berechnen, indem die jährlich jeweils mögliche Höchststudienbeihilfe vermindert wird um

1. die zumutbare Unterhaltsleistung der Eltern (§ 31 Abs. 1) oder den geringeren Unterhaltsbetrag (§ 31 Abs. 2),

2. die zumutbare Unterhaltsleistung des Ehegatten oder des eingetragenen Partners (§ 31 Abs. 3),

3. die zumutbare Eigenleistung des Studierenden (§ 31 Abs. 4),

4. den Jahresbetrag der Familienbeihilfe gemäß § 8 Abs. 2 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967, BGBl. Nr. 376/1967, in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 60/2013, der für den Studierenden unter Berücksichtigung seines Alters zustünde; der Jahresbetrag der Familienbeihilfe ist nicht abzuziehen, wenn der Studierende nachweist, dass trotz eines entsprechenden Antrages für ihn gemäß § 5 Abs. 2 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 keine Familienbeihilfe zusteht,

5. den Jahresbetrag des Kinderabsetzbetrages gemäß § 33 Abs. 3 EStG 1988, der für den Studierenden zusteht, und

6. Förderungen, die zum Zwecke der Ausbildung für den Zeitraum der Zuerkennung gewährt wurden und auf die ein Rechtsanspruch besteht. Zum Nachweis kann die Studienbeihilfenbehörde die Vorlage einer Entscheidung der zuerkennenden Stelle über das Ansuchen auf Förderung verlangen, sofern dies nicht mit einem unvertretbaren Aufwand für den Studierenden verbunden ist.

(3) Für Selbsterhalter ist die Höchststudienbeihilfe nicht um die zumutbare Unterhaltsleistung der Eltern zu vermindern.

(4) Auf die Studienbeihilfe sind Beihilfen auf Grund des Schülerbeihilfengesetzes 1983, BGBl. Nr. 455, und Unterhaltsleistungen des geschiedenen Ehegatten des Studierenden oder des früheren eingetragenen Partners des Studierenden nach Auflösung der eingetragenen Partnerschaft anzurechnen. Gebühren diese Leistungen nicht für denselben Zeitraum, so ist nur der auf diesen Zeitraum entfallende Teil anzurechnen; von einer Schul- und Heimbeihilfe ist für jeden Monat der zehnte Teil der zuerkannten Beihilfe anzurechnen.

(5) Der so errechnete Jahresbetrag ist um 12% zu erhöhen, durch zwölf zu teilen und dann auf ganze Euro zu runden.

(5a) Die nach Abs. 1 bis 5 berechnete Studienbeihilfe erhöht sich für Studierende ab Vollendung des 24. Lebensjahres um 20 Euro monatlich, ab Vollendung des 27.Lebensjahres um 40 Euro monatlich.

(6) Wenn die so errechnete monatliche Studienbeihilfe fünf Euro unterschreitet, besteht kein Anspruch auf Studienbeihilfe."

1.3. Die maßgeblichen Rechtsvorschriften des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 (FLAG), BGBl. Nr. 376 idF BGBl. I Nr. 144/2015, lauten (auszugsweise) wie folgt:

"§ 2. (1) Anspruch auf Familienbeihilfe haben Personen, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben,

a) für minderjährige Kinder,

b) für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und die für einen Beruf ausgebildet oder in einem erlernten Beruf in einer Fachschule fortgebildet werden, wenn ihnen durch den Schulbesuch die Ausübung ihres Berufes nicht möglich ist. Bei volljährigen Kindern, die eine in § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992, BGBl. Nr. 305, genannte Einrichtung besuchen, ist eine Berufsausbildung nur dann anzunehmen, wenn sie die vorgesehene Studienzeit pro Studienabschnitt um nicht mehr als ein Semester oder die vorgesehene Ausbildungszeit um nicht mehr als ein Ausbildungsjahr überschreiten. Wird ein Studienabschnitt in der vorgesehenen Studienzeit absolviert, kann einem weiteren Studienabschnitt ein Semester zugerechnet werden. Die Studienzeit wird durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis (zB Krankheit) oder nachgewiesenes Auslandsstudium verlängert. Dabei bewirkt eine Studienbehinderung von jeweils drei Monaten eine Verlängerung der Studienzeit um ein Semester. Zeiten als Studentenvertreterin oder Studentenvertreter nach dem Hochschülerschaftsgesetz 1998, BGBl. I Nr. 22/1999, sind unter Berücksichtigung der Funktion und der zeitlichen Inanspruchnahme bis zum Höchstausmaß von vier Semestern nicht in die zur Erlangung der Familienbeihilfe vorgesehene höchstzulässige Studienzeit einzurechnen. Gleiches gilt für die Vorsitzenden und die Sprecher der Heimvertretungen nach dem Studentenheimgesetz, BGBl. Nr. 291/1986. Der Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie hat durch Verordnung die näheren Voraussetzungen für diese Nichteinrechnung festzulegen. Zeiten des Mutterschutzes sowie die Pflege und Erziehung eines eigenen Kindes bis zur Vollendung des zweiten Lebensjahres hemmen den Ablauf der Studienzeit. Bei einem Studienwechsel gelten die in § 17 Studienförderungsgesetz 1992, BGBl. Nr. 305, angeführten Regelungen auch für den Anspruch auf Familienbeihilfe. Die Aufnahme als ordentlicher Hörer gilt als Anspruchsvoraussetzung für das erste Studienjahr. Anspruch ab dem zweiten Studienjahr besteht nur dann, wenn für ein vorhergehendes Studienjahr die Ablegung einer Teilprüfung der ersten Diplomprüfung oder des ersten Rigorosums oder von Prüfungen aus Pflicht- und Wahlfächern des betriebenen Studiums im Gesamtumfang von acht Semesterwochenstunden oder im Ausmaß von 16 ECTS-Punkten nachgewiesen wird; Gleiches gilt, wenn alle Lehrveranstaltungen und Prüfungen der Studieneingangs- und Orientierungsphase nach § 66 des Universitätsgesetzes 2002, BGBl. I Nr. 120/2002, erfolgreich absolviert wurden, sofern diese mit mindestens 14 ECTS-Punkten bewertet werden. Der Nachweis ist unabhängig von einem Wechsel der Einrichtung oder des Studiums durch Bestätigungen der im § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992 genannten Einrichtungen zu erbringen. Für eine Verlängerung des Nachweiszeitraumes gelten die für die Verlängerung der Studienzeit genannten Gründe sinngemäß,

[...]

(4) Die Kosten des Unterhalts umfassen bei minderjährigen Kindern auch die Kosten der Erziehung und bei volljährigen Kindern, die für einen Beruf ausgebildet oder in ihrem Beruf fortgebildet werden, auch die Kosten der Berufsausbildung oder der Berufsfortbildung.

[...]

(6) Bezieht ein Kind Einkünfte, die durch Gesetz als einkommensteuerfrei erklärt sind, ist bei Beurteilung der Frage, ob ein Kind auf Kosten einer Person unterhalten wird, von dem um jene Einkünfte geminderten Betrag der Kosten des Unterhalts auszugehen; in diesen Fällen trägt eine Person die Kosten des Unterhalts jedoch nur dann überwiegend, wenn sie hiezu monatlich mindestens in einem Ausmaß beiträgt, das betragsmäßig der Familienbeihilfe für ein Kind (§ 8 Abs. 2) oder, wenn es sich um ein erheblich behindertes Kind handelt, der Familienbeihilfe für ein erheblich behindertes Kind (§ 8 Abs. 2 und 4) entspricht.

[...]

(8) Personen haben nur dann Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn sie den Mittelpunkt der Lebensinteressen im Bundesgebiet haben. Eine Person hat den Mittelpunkt ihrer Lebensinteressen in dem Staat, zu dem sie die engeren persönlichen und wirtschaftlichen Beziehungen hat.

§ 3. (1) Personen, die nicht österreichische Staatsbürger sind, haben nur dann Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn sie sich nach §§ 8 und 9 des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005, oder nach § 54 des Asylgesetzes 2005 (AsylG 2005), BGBl. I Nr. 100/2005 idF BGBl. I Nr. 87/2012, rechtmäßig in Österreich aufhalten.

(2) Anspruch auf Familienbeihilfe besteht für Kinder, die nicht österreichische Staatsbürger sind, sofern sie sich nach §§ 8 und 9 NAG oder nach § 54 AsylG 2005 rechtmäßig in Österreich aufhalten.

[...]

§ 6. (1) Anspruch auf Familienbeihilfe haben auch minderjährige Vollwaisen, wenn

a) sie im Inland einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben,

b) ihnen nicht Unterhalt von ihrem Ehegatten oder ihrem früheren Ehegatten zu leisten ist und

c) für sie keiner anderen Person Familienbeihilfe zu gewähren ist.

(2) Volljährige Vollwaisen haben Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn auf sie die Voraussetzungen des Abs. 1 lit. a bis c zutreffen und wenn sie

a)-das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und für einen Beruf ausgebildet werden oder in einem erlernten Beruf in einer Fachschule fortgebildet werden, wenn ihnen durch den Schulbesuch die Ausübung ihres Berufes nicht möglich ist. § 2 Abs. 1 lit. b zweiter bis letzter Satz sind anzuwenden; oder

(5) Kinder, deren Eltern ihnen nicht überwiegend Unterhalt leisten und deren Unterhalt nicht zur Gänze aus Mitteln der Kinder- und Jugendhilfe oder nicht zur Gänze aus öffentlichen Mitteln zur Sicherung des Lebensunterhaltes und des Wohnbedarfes getragen wird, haben unter denselben Voraussetzungen Anspruch auf Familienbeihilfe, unter denen eine Vollwaise Anspruch auf Familienbeihilfe hat (Abs. 1 bis 3). Erheblich behinderte Kinder im Sinne des § 2 Abs. 1 lit. c, deren Eltern ihnen nicht überwiegend den Unterhalt leisten und die einen eigenständigen Haushalt führen, haben unter denselben Voraussetzungen Anspruch auf Familienbeihilfe, unter denen eine Vollwaise Anspruch auf Familienbeihilfe hat (Abs. 1 und 3).

[...]

§ 53. (1) Staatsbürger von Vertragsparteien des Übereinkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) sind, soweit es sich aus dem genannten Übereinkommen ergibt, in diesem Bundesgesetz österreichischen Staatsbürgern gleichgestellt. Hiebei ist der ständige Aufenthalt eines Kindes in einem Staat des Europäischen Wirtschaftsraums nach Maßgabe der gemeinschaftsrechtlichen Bestimmungen dem ständigen Aufenthalt eines Kindes in Österreich gleichzuhalten."

1.4. Die Verordnung (EG) Nr. 883/2004 des europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit lautet auszugsweise:

"Artikel 4

Gleichbehandlung

Sofern in dieser Verordnung nichts anderes bestimmt ist, haben Personen, für die diese Verordnung gilt, die gleichen Rechte und Pflichten aufgrund der Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats wie die Staatsangehörigen dieses Staates.

[...]

Artikel 7

Aufhebung der Wohnortklauseln

Sofern in dieser Verordnung nichts anderes bestimmt ist, dürfen Geldleistungen, die nach den Rechtsvorschriften eines oder mehrerer Mitgliedstaaten oder nach dieser Verordnung zu zahlen sind, nicht aufgrund der Tatsache gekürzt, geändert, zum Ruhen gebracht, entzogen oder beschlagnahmt werden, dass der Berechtigte oder seine Familienangehörigen in einem anderen als dem Mitgliedstaat wohnt bzw. wohnen, in dem der zur Zahlung verpflichtete Träger seinen Sitz hat."

Zu A)

1. Die Beschwerdeführerin, eine slowakische Staatsangehörige, beantragte die Gewährung von Studienbeihilfe für das von ihr an der Wirtschaftsuniversität Wien betriebene Masterstudium.

Mit Bescheid vom 06.06.2019 hat die belangte Behörde den Anspruch auf Studienbeihilfe dem Grunde nach bereits ausgesprochen. Strittig ist fallbezogen ausschließlich die Höhe der Studienbeihilfe, wobei die belangte Behörde bei der Berechnung derselben davon ausging, dass der Beschwerdeführerin - bei entsprechender Antragstellung - gemäß § 6 Abs. 5 FLAG eine Familienbeihilfe zustünde. Von der Beschwerdeführerin wird jedoch bestritten, dass bei der Berechnung der Höhe der Studienbeihilfe - mangels Anspruches - der Jahresbetrag der Familienbeihilfe gemäß § 8 Abs. 2 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 und der Jahresbetrag des Kinderabsetzbetrages gemäß § 33 Abs. 3 EStG 1988 abzuziehen seien.

2. Gemäß § 30 Abs. 2 StudFG hat die Berechnung der Höhe der Studienbeihilfe dahingehend zu erfolgen, dass die jährlich jeweils mögliche Höchststudienbeihilfe unter anderem vermindert wird um die zumutbare Unterhaltsleistung der Eltern (Z 1), die zumutbare Unterhaltsleistung des Ehegatten oder des eingetragenen Partners (Z 2), die zumutbare Eigenleistung des Studierenden (Z 3), den Jahresbetrag der Familienbeihilfe gemäß § 8 Abs. 2 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967, der für den Studierenden unter Berücksichtigung seines Alters zustünde (Z 4) und den Jahresbetrag des Kinderabsetzbetrages gemäß § 33 Abs. 3 EStG 1988, der für den Studierenden zusteht (Z 5).

3. Das FLAG regelt, wer Anspruch auf Familienbeihilfe hat:

3.1. Gemäß § 6 Abs. 1 und 2 FLAG haben minderjährige und volljährige Vollwaisen sowie die nach § 6 Abs. 5 FLAG gleichgestellten Personen Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn sie im Inland einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben.

Gemäß § 6 Abs. 5 FLAG haben Kinder, deren Eltern ihnen nicht überwiegend Unterhalt leisten und deren Unterhalt nicht zur Gänze aus Mitteln der Kinder- und Jugendhilfe oder nicht zur Gänze aus öffentlichen Mitteln zur Sicherung des Lebensunterhaltes und des Wohnbedarfes getragen wird, unter denselben Voraussetzungen Anspruch auf Familienbeihilfe, unter denen eine Vollwaise Anspruch auf Familienbeihilfe hat (Abs. 1 bis 3).

Gemäß § 53 FLAG sind Staatsbürger von Vertragsparteien des Übereinkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum (EWR), soweit es sich aus dem genannten Übereinkommen ergibt, in diesem Bundesgesetz österreichischen Staatsbürgern gleichgestellt.

3.2. Die Beschwerdeführerin ist Staatsangehörige der Slowakei, sodass für sie die Verordnung Nr. 883/2004 gemäß deren Art. 2 Abs. 2 gilt. Daher findet auf sie die auf Wohnortklauseln beruhende Bestimmung des § 2 Abs. 8 FLAG, welche auf den wesentlich durch den Wohnort bestimmten Mittelpunkt der Lebensinteressen im Bundesgebiet abstellt, zufolge des Art. 7 der Verordnung Nr. 883/2004 und dessen Anwendungsvorrangs insoweit keine Anwendung. Zufolge des in Art. 4 der Verordnung Nr. 883/2004 normierten Gleichbehandlungsgrundsatzes für Personen, für die diese Verordnung gilt, finden die durch den Anwendungsvorrang dieser Bestimmung verdrängten Bestimmungen des § 3 Abs. 1 und 2 FLAG mit besonderen Voraussetzungen für Personen, die nicht österreichische Staatsbürger sind, keine Anwendung (vgl. VwGH 22.11.2016, Ro 2014/16/0067).

Die Beschwerdeführerin ist in Belange der Studienbeihilfe daher wie eine österreichische Staatsbürgerin zu behandeln. Die Bestimmungen des § 2 Abs. 8 FLAG und des § 3 Abs. 1 und 2 FLAG sind fallbezogen nicht anzuwenden.

3.3. Für die Frage, ob der Beschwerdeführerin Familienbeihilfe zustünde, war daher ausschlaggebend, ob ihre Eltern ihr überwiegend Unterhalt leisten (§ 6 Abs. 5 FLAG) und sie die Voraussetzungen, unter denen auch eine Vollwaise Anspruch auf Familienbeihilfe hat (§ 6 Abs. 1 bis 3 FLAG), erfüllt.

Bei der Bestimmung des § 6 Abs. 5 FLAG kommt es ausschließlich auf das tatsächliche (überwiegende) Leisten oder Nichtleisten von Unterhalt durch die Eltern an und zwar unabhängig davon, ob diese eine Unterhaltspflicht trifft oder ob die allfällige Leistung eines Unterhalts freiwillig, dh. ohne rechtliche Verpflichtung, erfolgt (vgl. VwGH 27.01.2010, 2009/16/0087). Ob die Eltern einem Kind überwiegend Unterhalt leisten, hängt einerseits von der Höhe des gesamten Unterhaltsaufwandes für das Kind in einem bestimmten Zeitraum und andererseits von den tatsächlich von den Eltern geleisteten Unterhaltsbeiträgen ab. Dabei ist zu prüfen, ob die Eltern mehr als die Hälfte der Unterhaltskosten durch ihre Unterhaltsbeiträge abdecken (vgl. VwGH 26.05.2011, 2011/16/0055, mit Hinweis auf 19.04.2007, 2004/15/0044). Die belangte Behörde hat daher die tatsächlichen Unterhaltskosten für das Kind unter Berücksichtigung seiner besonderen Lebensverhältnisse zu ermitteln und festzusetzen (vgl. VwGH 20.09.1988, 88/14/0130).

Fallbezogen hat die belangte Behörde nachvollziehbar ermittelt und festgestellt, dass für die Beschwerdeführerin monatliche Unterhaltskosten von durchschnittlich EUR 954,00 anfallen. Die Unterhaltsleistungen ihres Vaters (EUR 250,00) decken daher nur einen Teil, jedenfalls aber weniger als die Hälfte dieser Unterhaltskosten ab. Die Eltern der Beschwerdeführerin leisten daher nicht überwiegend Unterhalt im Sinne des § 6 Abs. 5 FLAG.

3.4. Die Beschwerdeführerin hat einen Wohnsitz im Inland und ihr ist nicht Unterhalt von einem (früheren) Ehegatten zu leisten. Da ihre Eltern weder einen Wohnsitz noch ihren gewöhnlichen Aufenthalt oder andere Anknüpfungspunkte in Österreich haben, haben jene keinen Anspruch auf Familienbeihilfe für die Beschwerdeführerin. Da die Beschwerdeführerin ferner im antragsgegenständlichen Zeitraum das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, für einen Beruf ausgebildet wird (Studium) und die vorgesehene Ausbildungszeit um nicht mehr als ein Ausbildungsjahr überschritten hat, erfüllt sie auch die Voraussetzungen des § 6 Abs. 1 bis 3 FLAG.

3.5. Insgesamt ist nicht ersichtlich, aus welchem Grund der Beschwerdeführerin im Falle einer entsprechenden Antragstellung die Zuerkennung von Familienbeihilfe für den antragsgegenständlichen Zeitraum verwehrt worden wäre. Die Beschwerdeführerin brachte auch weder auf Sachverhaltsebene noch auf rechtlicher Ebene Argumente vor, die die behauptete Nichtzuerkennung der Familienbeihilfe im Falle einer entsprechenden Antragstellung untermauert hätten.

4. Vor dem Hintergrund dieser bereits im angefochtenen Bescheid zutreffend getätigten Überlegungen ist der Behörde nicht entgegenzutreten, wenn sie davon ausgeht, dass - bei entsprechender Antragstellung - der Beschwerdeführerin selbst (nicht ihren Eltern) Familienbeihilfe zustünde und der Jahresbetrag der Familienbeihilfe sowie der Jahresbetrag des Kinderabsetzbetrages bei der Berechnung der Höhe der Studienbeihilfe daher gemäß § 30 Abs. 2 Z 4 und 5 abzuziehen sind.

Zum Verständnis ist in diesem Zusammenhang zu ergänzen, dass dieser Abzug des Jahresbetrages der Familienbeihilfe und des Kinderabsetzbetrages nur deshalb erfolgt, weil der Beschwerdeführerin - bei entsprechender Antragstellung, die von ihr bisher jedoch abgelehnt wurde - die Familienbeihilfe (und damit auch der Kinderabsetzbetrag) zuerkannt würden. Entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin werden in ihrem Fall die Familienbeihilfe und der Kinderabsetzbetrag nicht von der Höchststudienbeihilfe abgezogen, "obwohl" sie keine Familienbeihilfe in Österreich beziehen kann, sondern "gerade weil" sie Familienbeihilfe in Österreich beziehen kann und auch einen entsprechenden Anspruch auf den Kinderabsetzbetrag hat.

Dies entspricht auch dem Willen des Gesetzgebers, wonach die Familienbeihilfe deswegen von der Höchststudienbeihilfe abgezogen werden soll, weil für Studierende, für die ein Anspruch auf Familienbeihilfe besteht, dieser Teil der Studienförderung durch die Familienbeihilfe (in das Studienförderungssystem integrierte Förderung) gewährt wird (vgl. VwGH 21.12.2016, Ro 2015/10/0012, mit Hinweis auf die Materialien zur Novelle BGBl. I Nr. 23/1999; RV 1442 BlgNR 20. GP).

Würden der Jahresbetrag der Familienbeihilfe und der Jahresbetrag des Kinderabsetzbetrages - trotz Anspruches auf Familienbeihilfe - nicht von der Höchststudienbeihilfe abgezogen, würde dies zu dem unsachlichen Ergebnis führen, dass zusätzlich zur Höchststudienbeihilfe die Familienbeihilfe bezogen werden könnte und es daher zu einer Doppelförderung kommen würde, die durch diese Bestimmung aber gerade verhindert werden sollte.

5. Wenn die Beschwerdeführerin in ihrer Argumentation auf die Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes vom 21.12.2016, Ro 2015/10/0012, Bezug nimmt, übersieht sie, dass der Verwaltungsgerichtshof darin nur klarstellte, dass der Abzug der Familienbeihilfe von der Höchststudienbeihilfe nicht in Betracht kommt, wenn die Personen, denen die Familienbeihilfe zu gewähren wäre, nicht zum grundsätzlich anspruchsberechtigten Personenkreis gehören würden. Der Entscheidung ist jedoch keine Aussage dahingehend zu entnehmen, dass der Jahresbetrag der Familienbeihilfe auch dann nicht gemäß § 30 Abs. 2 StudFG von der Höchststudienbeihilfe abzuziehen ist, wenn die/der Studierende selbst einen Eigenspruch auf Familienbeihilfe nach dem FLAG hat und ihr/ihm im Falle einer Antragstellung daher Familienbeihilfe zustünde.

Da im gegenständlichen Fall nicht die Eltern anspruchsberechtig sind, sondern das Kind (und sohin die Beschwerdeführerin) selbst, konnte die belangte Behörde trotz Wohnsitzes der Eltern außerhalb Österreichs die Gewährung von Familienbeihilfe nicht von vornherein ausschließen, sondern hat zu Recht das Vorliegen der Voraussetzungen des § 6 Abs. 5 FLAG geprüft und bejaht.

6. Dass die belangte Behörde bei der Beschwerdeführerin, weil sie keine österreichische Staatsbürgerin ist, mehr Ermittlungen tätigt als bei österreichischen Staatsbürgern, steht dem Effektivitätsgebot nicht entgegen, da dadurch weder die Ausübung der durch die Unionsrechtsordnung verliehenen Rechte praktisch unmöglich gemacht noch übermäßig erschwert wird. Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass bei österreichischen Staatsbürgern - aufgrund des in der Regel inländischen Wohnsitzes der Eltern - die Familienbeihilfe fast immer von der Höchststudienbeihilfe abgezogen wird. Das Verfahren bzw. die Ermittlungen sind bei österreichischen Staatsbürgern daher in der Regel weniger umfangreich, da jenen ohnehin nur eine um die Familienbeihilfe reduzierte Studienbeihilfe ausbezahlt wird. Bei österreichischen Staatsbürgern, die behaupten, keinen Anspruch auf Familienbeihilfe zu haben, wird - ebenso wie bei der Beschwerdeführerin - ein umfangreicheres Ermittlungsverfahren notwendig sein. Inwiefern es nunmehr als diskriminierend anzusehen sei soll, dass die Behörde bei nichtösterreichischen (wie auch bei österreichischen) Staatsangehörigen, die behaupten, keinen Anspruch auf Familienbeihilfe zu haben, ergänzende Ermittlungen durchführt, erschließt sich dem Bundesverwaltungsgericht nicht, können diese Ermittlungen doch bloß zu einem besseren (nämlich, dass die Familienbeihilfe eventuell nicht abgezogen wird) oder gleichem Ergebnis wie bei der überwiegenden Mehrzahl österreichischer Staatsbürger führen.

Die Beschwerdeführerin brachte weiters vor, durch den Abzug des Jahresbetrages der Familienbeihilfe und des Kinderabsetzbetrages unionsrechtlich mittelbar diskriminiert zu werden. Dem ist jedoch entgegenzuhalten, dass auch bei der überwiegenden Mehrheit der österreichischen Staatsbürger der Jahresbetrag der Familienbeihilfe und des Kinderabsetzbetrages von der Höchststudienbeihilfe abgezogen wird. Dabei ist wiederholt darauf hinzuweisen, dass dieser Abzug ja nur erfolgt, weil tatsächlich ein Anspruch auf Familienbeihilfe besteht. Eine Schlechterstellung der Beschwerdeführerin liegt daher nicht vor. Aus diesem Grund konnten auch die von der Beschwerdeführerin angeregten Vorabentscheidungsfragen an den EuGH unterbleiben.

Wenn die Beschwerdeführerin schließlich vorbringt, dass der pauschale Abzug der österreichischen Familienbeihilfe fragwürdig sei, weil es einerseits in gewissen Konstellationen Ausgleichs- bzw. Differenzzahlungen gebe, andererseits Familienleistungen, die in einem anderen Mitgliedstaat bezogen würden, nicht vom Höchststudienbeitrag abgezogen würden, ist auszuführen, dass mit einer Konstellation, in der nur die österreichische Familienbeihilfe (Kinderabsetzbetrag) zur Gänze von der Höchststudienbeihilfe abgezogen wird, während Familienleistungen aus anderen Mitgliedsstaaten nicht abgezogen werden, nur eine Inländerdiskriminierung vorliegen könnte, die jedoch keine Unionsrechtswidrigkeit darstellt (vgl. VwGH 29.06.2017, Ro 2017/06/0002, mwH). Die von der Beschwerdeführerin behauptete Unanwendbarkeit der Bestimmung des § 30 Abs. 2 Z 4 StudFG aufgrund Unionsrechtswidrigkeit ist daher nicht gegeben.

7. Abschließend ist festzuhalten, dass auch keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die Höhe der Höchststudienbeihilfe bestehen, weil diese - wie die Beschwerdeführerin ausführt - niedriger sei als die Mindestsicherung. Für den Bezug der Studienförderung bestehen völlig andere Voraussetzungen als für den Bezug der Mindestsicherung, sodass jedenfalls nicht davon gesprochen werden kann, dass an "gleiche Tatbestände" andere Rechtsfolgen geknüpft werden. Vielmehr liegen hier unterschiedliche Tatbestände vor, die dementsprechend auch zu unterschiedlichen Rechtsfolgen führen müssen.

8. Die belangte Behörde hat den Jahresbetrag der Familienbeihilfe gemäß § 8 Abs. 2 FLAG sowie den Jahresbetrag des Kinderabsetzbetrages gemäß § 33 Abs. 3 EStG daher zu Recht von der jährlich jeweils möglichen Höchststudienbeihilfe abgezogen.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zu B) Zulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, weil die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt und es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu den maßgeblichen Bestimmungen des § 30 Abs. 2 StudFG iVm § 6 Abs. 5 FLAG fehlt. Nach dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 21.12.2016, Ro 2015/10/0012, kommt der Abzug der Familienbeihilfe von der Höchststudienbeihilfe nicht in Betracht, wenn die Personen, denen die Familienbeihilfe zu gewähren wäre, nicht zum grundsätzlich anspruchsberechtigten Personenkreis gehören würden. Die vom Verwaltungsgerichtshof zu lösende - konkret auf die vorliegende Beschwerdesache bezogene - grundsätzliche Rechtsfrage im Rahmen einer ordentlichen Revision soll darauf fokussieren, ob der Jahresbetrag der Familienbeihilfe gemäß § 30 Abs. 2 StudFG von der Höchststudienbeihilfe abzuziehen ist, wenn die/der Studierende selbst einen Eigenspruch auf Familienbeihilfe nach dem FLAG hat und ihr/ihm im Falle einer Antragstellung daher Familienbeihilfe zustünde.

Die Abweisung der Beschwerde ergeht in Anlehnung an die zitierte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zum Familienlastenausgleichsgesetz (VwGH 22.11.2016, Ro 2014/16/0067; 26.05.2011, 2011/16/0055; 27.01.2010, 2009/16/0087; 20.09.1988, 88/14/0130) und zum Studienförderungsgesetz (VwGH 21.12.2016, Ro 2015/10/0012).

Schlagworte

ausländische Studierende Familienbeihilfe Gleichbehandlung inländischer Hauptwohnsitz Kinderabsetzbetrag Lebenshaltungskosten Masterstudium Studienbeihilfe Unterhaltsanspruch

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:W224.2199763.2.00

Im RIS seit

07.08.2020

Zuletzt aktualisiert am

07.08.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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