TE Bvwg Erkenntnis 2020/4/15 W265 2229090-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 15.04.2020
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Entscheidungsdatum

15.04.2020

Norm

BBG §40
BBG §41
BBG §43
BBG §45
B-VG Art133 Abs4

Spruch

W265 2229090-1/6E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Karin RETTENHABER-LAGLER als Vorsitzende und die Richterin Dr. Tanja KOENIG-LACKNER sowie die fachkundige Laienrichterin Dr. Christina MEIERSCHITZ als Beisitzerinnen über die Beschwerde von XXXX geb. XXXX , gegen den Bescheid des Sozialministeriumservice, Landesstelle Niederösterreich, vom 17.01.2020, betreffend die Abweisung des Antrages auf Neufestsetzung des Grades der Behinderung zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Grad der Behinderung beträgt weiterhin 50 v.H.

Die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses liegen weiterhin vor.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Die Beschwerdeführerin war seit 23.02.2016 Inhaberin eines Behindertenpasses mit einem Grad der Behinderung von 50 v.H. und den Zusatzeintragungen "Die Inhaberin des Passes ist Trägerin von Osteosynthesematerial", "Die Inhaberin des Passes ist Trägerin einer Prothese" und "Die Inhaberin des Passes ist Trägerin einer Orthese". Seit 21.09.2016 war darüber hinaus auch die Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass eingetragen und am 24.10.2016 wurde der Beschwerdeführerin ein Ausweis gemäß § 29b StVO (Parkausweis) ausgestellt.

An 20.09.2019 stellte die Beschwerdeführerin beim Sozialministeriumservice (in der Folge auch als belangte Behörde bezeichnet) einen Antrag auf Neufestsetzung des Grades der Behinderung. Dabei gab sie an, sie habe sich im Jahr 2016 einer Spinalkanalserweiterung an der Wirbelsäule unterzogen. Außerdem habe sie im Jahr 2019 wegen einer nekrotisierenden Fibrolyse der Bauchdenke bei septischem Zustandsbild vier Wochen in der Intensivstation verbracht, es sei auch eine ausgedehnte plastische Deckung der Bauchdenke durchgeführt worden. Sie führte weiters aus, eine Begutachtung sei erst ab 01.12.2019 möglich, da im Oktober eine operative Korrektur ihrer ausgedehnten Vernarbungen der Bauchdecke geplant sei. Dem Antrag schloss sie ein Konvolut an medizinischen Befunden an.

Die belangte Behörde gab in der Folge ein Sachverständigengutachten einer Ärztin für Allgemeinmedizin unter Anwendung der Bestimmungen der Einschätzungsverordnung in Auftrag. In dem auf einer persönlichen Untersuchung der Beschwerdeführerin am 12.12.2019 basierenden Gutachten vom 16.12.2019 wurde Folgendes - hier in den wesentlichen Teilen wiedergegeben - ausgeführt:

"Anamnese:

Ansuchen um Neubewertung des Prozentsatzes bei Behinderung im Behindertenpass.

"Da ich 2016 im LKH Graz an der Wirbelsäule einer Spinalkanalserweiterung unterzogen wurde, sowie 2019 ebenfalls im LKH Graz wegen einer nekrotisierenden Fibrolyse der Bauchdecken bei septischen Zustandsbild mit anschließend an einen vierwöchigen Aufenthalt an der Intensivstation einer ausgedehnten plastischen Deckung der Bauchdecken unterzogen wurde, ersuche ich nun um Begutachtung zur Neufestsetzung des Prozentsatzes meiner Behinderung."

Siehe auch VGA vom 08.09.2016

Diagnosen: 1) Vertebrostenosen Ligamentäre Hypetrophien, facettengelenksarthrosen,

Anschlußdegeneration L3/4 und L5/S1, OP-Indikaktion, Zustand nach PLIF L4/5 2003

Sturz mit Kniegelensdostorsion rechts, Seitenbandläsion, Orthesenversorgung 01/2016, Bluthochdruck, Verlust der Gallenblase, Verlust der Gebärmutter, DZ

Die Unzumutbarkeit der öffentlichen Verkehrsmittel liegt vor

Derzeitige Beschwerden:

"Im Jahr 2003 bin ich das erste Mal wegen Spinalkanalstenose operiert worden. Unmittelbar nach der letzten Begutachtung wurde ich nun ein zweites Mal operiert, das war 2016. Angeblich ist die zweite Operation von medizinischer Seite her sehr gut verlaufen, allerdings habe ich keinerlei Besserung bemerkt. Dazu ist jetzt im Frühling gekommen, dass ich eine Sepsis im Brauchraum hatte, wo ich insgesamt 3,5 Monate im Spital gewesen bin und es mir dadurch insgesamt nicht sehr gut geht. Im Oktober wurde ich erneut operiert, weil da der Bauch wieder gedeckt worden ist. Das Ganze ist im Rahmen der Setzung eines Blasenbandes gekommen, wo ich gedacht habe, nach zwei Tagen wieder nach Hause zu kommen, ich allerdings mich nachher auf der Intensivstation wiedergefunden habe. Anschließend an die letzte Operation habe ich ein Hämatom entwickelt. Derzeit ist es so, dass ich wieder ein Serom entwickelt habe, wo ich alle vier Tage ins Landeskrankenhaus Graz gehe, um abpunktiert zu werden. "

Behandlung/en / Medikamente / Hilfsmittel:

Blopress, Parkemed, Pantoloc

Sozialanamnese:

Verwitwet, 1 Kind, in Pension

Zusammenfassung relevanter Befunde (inkl. Datumsangabe):

LHK Graz vom 20.05.2019

Z.n. septischem Zustandsbild bei nekrotisierender Fasciitis mit Beteiligung

der Bauchwand sowie der Flanken beidseits, des Mons pubis und der Labia majora beidseits nach TVT {Tensionfree Vaginal Tape) - Blasenbandimplantation am 26.03.2019 alio loco.

LHK Graz vom 22.11.2016

Spinalkanalstenose L3/4 und L5/S1 (Anschluss-Stenose bei Zust. n. Spondylodese L4/5

18.11.2016: Flavektomie L3/4 sowie L5/S1 links,

mikrochirurgische Dekompression mit Undercutting und Neurolyse

Nebendiagnosen:

Zust. n. Spondylodese L4/5 2003,

Zust. n. Cholezystektomie,

Zust. n. Knie-TEP links,

Zust. n. Hysterektomie,

arterielle Hypertonie,

Zum Zeitpunkt der Entlassung war die Patientin hinsichtlich ihrer Claudicatio spinalis Symptomatik deutlich beschwerde gebessert und subjektiv sehr zufrieden

Mitgebrachter Befund Landeskrankenhaus Universitätsklinik Graz, vom 28.10.2019:

Diagnose: Narben,- bzw. Narbenplatten mit Spalthauttransplantat gedeckt, bei Zustand nach nekrotisierender Fasziitis mit Beteiligung der Bauchwand sowie der Flanken beidseits

des Mons pubis und der Labia majoria beidseits, Zustand nach Blasenband Implantation am 26.03.2019;

OP am 16.10.2019, Narbenkorrektur, Entfernung der Spalthautgedeckten Areale mit Direktverschluss im Sinne einer Abdominalplastik

Untersuchungsbefund:

Allgemeinzustand:

gut

Ernährungszustand:

gut

Größe: 160 cm Gewicht: 63 kg Blutdruck: 120/60

Klinischer Status - Fachstatus:

76 Jahre

Haut/farbe: rosig sichtbare Schleimhäute gut durchblutet

Caput:, Visus: mit Brille korrigiert Hörvermögen nicht eingeschränkt

keine Lippenzyanose, Sensorium: altersentsprechend, HNA frei

Collum: SD: schluckverschieblich, keine Einflusstauung, Lymphknoten: nicht palpabel Thorax. Symmetrisch, elastisch,

Cor: Rhythmisch, rein, normfrequent

Pulmo: Vesikuläratmung, keine Atemnebengeräusche, keine Dyspnoe

Abdomen: Bauchdecke: weich, kein Druckschmerz, keine Resistenzen tastbar,

Hepar am Ribo, Lien nicht palp. Nierenlager: Frei. Reaktionslose Narbe zirklulär um das gesamte Abdomen, Narbe links noch im Pflasterverband, Serom suprapubis

Pulse: Allseits tastbar

Obere Extremität: Symmetrische Muskelverhältnisse. Nackengriff und Schürzengriff bds. uneingeschränkt durchführbar, grobe Kraft bds. nicht vermindert, Faustschluß und Spitzgriff bds. durchführbar. Die übrigen Gelenke altersentsprechend frei beweglich. Sensibilität wird unauffällig angegeben,

Untere Extremität: Spalthautentnahmestellen an beiden Oberschenkel, Zehenspitzenstand nicht möglich und Fersenstand möglich Einbeinstand bds. mit Abstützen durchführbar, beide Beine von der Unterlage abhebbar, grobe Kraft bds. nicht vermindert, freie Beweglichkeit in beiden Hüftgelenken und rechten Kniegelenken, linkes Kniegelenk: endlagig eingeschränkt bandstabil, kein Erguss, symmetrische Muskelverhältnisse, Sensibilität wird unauffällig angegeben keine Varikositas, keine Ödeme bds.,

Wirbelsäule: Kein Klopfschmerz, Finger-Bodenabstand im sitzen: 0cm , im stehen nicht prüfbar reaktionslose Narbe im Bereich der LWS

Rotation und Seitwärtsneigung in allen Ebenen eingeschränkt

Gesamtmobilität - Gangbild:

Hat 2 Nordic walking Stöcke dabei

Leicht hinkendes Gangbild

Status Psychicus:

Klar, orientiert

Ergebnis der durchgeführten Begutachtung:

Lfd. Nr.

Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden: Begründung der Positionsnummer und des Rahmensatzes:

Pos.Nr.

GdB %

1

Zustand nach nekrotisierender Fasziitis mit Beteiligung der Bauchwand sowie der Flanken beidseits des Mons pubis und der Labia majoria beidseits oberer Rahmensatz, da großflächige Ausbreitung mit Narbenplatten mit Spalthauttransplantatdeckungen und noch nicht abgeschlossenen Heilungsverfahren

07.04.11

40

2

Spinalkanalstenose L3/4 und L5/S1 (Anschluss-Stenose bei Zust. n. Spondylodese L4/5) oberer Rahmensatz, da Flavektomie L3/4 sowie L5/S1 links, mikrochirurgische Dekompression mit Undercutting und Neurolyse

02.01.02

40

3

Kniegelenksprothese links Oberer Rahmensatz, da eine endlagige Bewegungseinschränkung vorliegt

02.05.18

20

4

Hypertonie Fixer Richtsatz

05.01.01

10

5

Entfernung der Gebärmutter

08.03.02

10

6

Verlust der Gallenblase Unterer Rahmensatz, da ein guter Ernährungszustand vorliegt

07.06.01

10

 

Gesamtgrad der Behinderung 50 v.H.

 

 

Begründung für den Gesamtgrad der Behinderung:

weil der führende GdB unter der Position 1 durch Leiden 2 um 1 Stufe erhöht wird, da schwerwiegendes Zusatzleiden. Die weiteren Leiden erhöhen nicht weiter, da keine maßgebliche ungünstige wechselseitige Leidensbeeinflussung vorliegt

Folgende beantragten bzw. in den zugrunde gelegten Unterlagen diagnostizierten Gesundheitsschädigungen erreichen keinen Grad der Behinderung:

-

Stellungnahme zu gesundheitlichen Änderungen im Vergleich zum Vorgutachten:

Besserung von Leiden 1 des VGA, da nach erfolgreich durchgeführter Operation deutliche Besserung der Beschwerdesymptomatik dokumentiert. Hinzukommen von Leiden 1. Bei Leiden 3 erstmalige Einstufung mit GdB. Keine Änderung der übrigen Leiden

Begründung für die Änderung des Gesamtgrades der Behinderung:

Keine Änderung des Gesamt-GdB

[x] Nachuntersuchung 12/2020 - Besserung von Leiden 1 zu erwarten

...

Aufgrund der vorliegenden funktionellen Einschränkungen liegen die medizinischen Voraussetzungen für die Vornahme nachstehender Zusatzeintragungen vor:

Ja

Nein

Nicht geprüft

Die / Der Untersuchte

 

x

 

ist überwiegend auf den Gebrauch eines Rollstuhles angewiesen

 

x

 

ist blind (entsprechend Bundespflegegeldgesetz)

 

x

 

ist hochgradig sehbehindert (entspr. Bundespflegegeldgesetz)

 

x

 

ist gehörlos

 

x

 

ist schwer hörbehindert

 

x

 

ist taubblind

 

x

 

ist Epileptikerin oder Epileptiker

 

x

 

Bedarf einer Begleitperson

 

x

 

ist Trägerin oder Träger von Osteosynthesematerial

 

x

 

ist Orthesenträgerin oder Orthesenträger

 

x

 

ist Trägerin oder Träger eines Cochlea-Implantates

x

 

 

ist Prothesenträgerin oder Prothesenträger

1. Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel - Welche der festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen lassen das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke, das Ein- und Aussteigen sowie den sicheren Transport in einem öffentlichen Verkehrsmittel nicht zu und warum?

Keine. Trotz mäßiggradiger Funktionsstörungen der Wirbelsäule, ist bei Zustand nach erfolgreich durchgeführter Operation, das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke selbständig möglich. Bei ausreichend guten Kraftverhältnissen der oberen und unteren Extremitäten ist das Ein- und Aussteigen ohne fremde Hilfe zumutbar. Das sichere Anhalten ist möglich. Ein sicherer Transport in den öffentlichen Verkehrsmitteln ist unter üblichen Transportbedingungen möglich. Der Zustand nach nekrotisierender Fasciitis begründet bei gutem Allgemeinzustand nicht die Unzumutbarkeit der öffentlichen Verkehrsmittel

2. Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel - Liegt eine schwere Erkrankung des Immunsystems vor?

Nein

..."

Mit Schreiben vom 17.12.2019 brachte die belangte Behörde der Beschwerdeführerin das Ergebnis des Ermittlungsverfahrens in Wahrung des Parteiengehörs gemäß § 45 AVG zur Kenntnis und räumte ihr die Möglichkeit einer Stellungnahme ein. Die Beschwerdeführerin gab keine Stellungnahme ab.

Mit dem angefochtenen Bescheid vom 17.01.2020 wies die belangte Behörde den Antrag der Beschwerdeführerin auf Neufestsetzung des Grades der Behinderung ab. Es würden die Voraussetzungen für die Zusatzeintragungen "Der Inhaber/die Inhaberin kann die Fahrpreisermäßigung nach dem Bundesbehindertengesetz in Anspruch nehmen" und "Der Inhaber/die Inhaberin des Passes ist TrägerIn einer Prothese" vorliegen. In der Begründung des Bescheides verwies die belangte Behörde auf das durchgeführte medizinische Beweisverfahren, wonach der ermittelte Grad der Behinderung der Beschwerdeführerin weiterhin 50 v.H. betrage. Der Beschwerdeführerin sei Gelegenheit gegeben worden, zum Ergebnis des Ermittlungsverfahrens Stellung zu nehmen. Da eine Stellungnahme innerhalb der gesetzten Frist nicht eingelangt sei, habe vom Ergebnis des Ermittlungsverfahrens nicht abgegangen werden können. Mit dem Bescheid wurde der Beschwerdeführerin das allgemeinmedizinische Gutachten übermittelt.

Mit Bescheid vom 17.01.2020 stellte die belangte Behörde fest, dass die Voraussetzungen für die Zusatzeintragungen "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" sowie "Der Inhaber/die Inhaberin des Passes ist TrägerIn von Osteosynthesematerial" nicht mehr vorliegen und daher aus dem Behindertenpass der Beschwerdeführerin zu entfernen seien. In der Begründung des Bescheides verwies die belangte Behörde auf das durchgeführte medizinische Beweisverfahren, wonach die Voraussetzungen für die Zusatzeintragungen nicht vorlägen. Mit dem Bescheid wurde der Beschwerdeführerin das allgemeinmedizinische Gutachten übermittelt.

Die belangte Behörde stellte der Beschwerdeführerin am 21.01.2020 den neuen Behindertenpass aus.

Mit Schreiben, eingelangt am 13.02.2020 erhob die Beschwerdeführerin gegen den Bescheid, mit welchem der Antrag auf Neufestsetzung des Grades der Behinderung abgewiesen wurde, fristgerecht die gegenständliche Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht. Darin führte sie aus, ihr sei völlig unverständlich, dass ihr Antrag abgewiesen worden und der neu zugesendete Behindertenpass bis 31.12.2020 befristet ausgestellt worden sei. Ihr Ansuchen auf Neufestsetzung des Grades der Behinderung sei damit begründet, dass ihre Wirbelsäulenbeschwerden nach der Operation 2016 nicht besser geworden, sondern sich verschlechtert hätten. Sie leide nun an Gefühllosigkeit der dritten bis fünften Zehe in beiden Füßen. Es bestehe auch mit der Knie-Totalendoprothese keine Beschwerdefreiheit. Weiters liege ein Zustand nach Blasenband-Operation mit nachfolgender Sepsis und nekrotisierender Fibrolyse der Bauchdecke mit 40-tägigem Aufenthalt auf der Intensivstation, plastischer Versorgung der Bauchdeckenwunde und Korrektur der Bauchdeckenplastik im Oktober 2019 vor. Es habe keine so gründliche Untersuchung stattgefunden, wie im Sachverständigengutachten festgehalten worden sei. Auch die im Gutachten enthaltenen Angaben seien nicht alle richtig, zum Beispiel betrage der Fingerbodenabstand im Sitzen nicht 0 cm. Die ihr in den Mund gelegte Anamnese stamme auch nicht von der Beschwerdeführerin, der Wortlaut entspreche nicht ihrer normalen Ausdrucksweise. Die Beschwerdeführerin ersuche um neuerliche Begutachtung und Korrektur des Prozentsatzes des Behindertengrades sowie die Ausstellung eines unbefristeten Behindertenpasses.

Mit Schreiben, eingelangt am 13.02.2020, erhob die Beschwerdeführerin auch gegen den Bescheid, mit welchem die Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" aus dem Behindertenpass gestrichen wurde, fristgerecht die gegenständliche Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht. Darin brachte sie im Wesentlichen vor, seit Ausstellung ihres Ausweises gemäß § 29b StVO habe sich ihr gesundheitlicher Zustand eher verschlechtert, von Verbesserung könne keine Rede sein. Durch die lange Liegedauer nach 40 Tagen auf der Intensivstation seien ihre Beweglichkeit und Muskelkraft weiter stark eingeschränkt worden. Außerdem hätten sich ihre Beschwerden nach der zweiten Operation an der Wirbelsäule eher verschlechtert. Sie ersuche daher, ihr die Weiterverwendung des Parkausweises zu genehmigen, besonders, da Möglichkeiten öffentlichen Transports in ihrer Wohngemeinde sehr beschränkt seien und Wege über 50 Meter eine Unmöglichkeit darstellen würden. Eine normale Lebensführung (z.B. Einkaufen) sei nicht möglich.

Die Beschwerdeführerin schloss den beiden Beschwerden keine medizinischen Befunde an.

Über die Beschwerde der Beschwerdeführerin gegen den Bescheid vom 17.01.2020, mit welchem unter anderem die Streichung der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" aus dem Behindertenpass vorgenommen wurde, ergeht ein gesondertes Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom heutigen Tag, Zl. W265 2229091-1.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Die Beschwerdeführerin ist seit 23.02.2016 Inhaberin eines Behindertenpasses mit einem Grad der Behinderung von 50 v.H.

Die Beschwerdeführerin brachte am 20.09.2019 den gegenständlichen Antrag auf Neufestsetzung des Grades der Behinderung beim Sozialministeriumservice ein.

Die Beschwerdeführerin hat ihren Wohnsitz bzw. gewöhnlichen Aufenthalt im Inland.

Bei der Beschwerdeführerin bestehen folgende Funktionseinschränkungen, die voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden:

1. Zustand nach nekrotisierender Fasziitis mit Beteiligung der Bauchwand sowie der Flanken beidseits des Mons pubis und der Labia majoria beidseits

2. Spinalkanalstenose L3/4 und L5/S1 (Anschluss-Stenose bei Zust. N. Spondylodese L4/5)

3. Kniegelenksprothese links

4. Hypertonie

5. Entfernung der Gebärmutter

6. Verlust der Gallenblase

Hinsichtlich der bei der Beschwerdeführerin bestehenden Funktionseinschränkungen, deren Ausmaß, medizinischer Einschätzung und deren wechselseitiger Leidensbeeinflussung werden die diesbezüglichen Beurteilungen im seitens der belangten Behörde eingeholten Sachverständigengutachten einer Ärztin für Allgemeinmedizin vom 16.12.2019 zu Grunde gelegt.

Der Gesamtgrad der Behinderung der Beschwerdeführerin beträgt aktuell 50 v.H.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellung, dass die Beschwerdeführerin Inhaberin eines Behindertenpasses ist, gründet sich auf den Akteninhalt. Das Datum der Einbringung des gegenständlichen Antrages auf Neufestsetzung des Grades der Behinderung basiert ebenfalls auf dem Akteninhalt.

Die Feststellung zum Wohnsitz bzw. gewöhnlichen Aufenthalt der Beschwerdeführerin im Inland ergibt sich aus dem Akt; konkrete Anhaltspunkte dafür, dass die Beschwerdeführerin ihren Wohnsitz bzw. gewöhnlichen Aufenthalt nicht im Inland hätte, sind im Verfahren nicht hervorgekommen.

Der Gesamtgrad der Behinderung gründet sich auf das durch die belangte Behörde eingeholte Sachverständigengutachten einer Ärztin für Allgemeinmedizin vom 16.12.2019, basierend auf einer persönlichen Untersuchung der Beschwerdeführerin am 12.12.2019.

Darin wird auf die Art der Leiden der Beschwerdeführerin und deren Ausmaß schlüssig und widerspruchsfrei eingegangen. Die sachverständige Gutachterin setzt sich auch mit der Frage der wechselseitigen Leidensbeeinflussungen und dem Zusammenwirken der zu berücksichtigenden Gesundheitsschädigungen auseinander. Die getroffenen Einschätzungen, basierend auf den im Rahmen der persönlichen Untersuchung erhobenen Befunden, entsprechen den festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen. Die Gesundheitsschädigungen wurden nach der Einschätzungsverordnung richtig eingestuft.

Im Vergleich zum Vorgutachten aus dem Jahr 2016 hat sich das zuvor als Funktionseinschränkung unter der laufenden Nummer 1 eingestufte Wirbelsäulenleiden nach durchgeführter Operation gebessert, weshalb der Grad der Behinderung dieses Leidens von zuvor 50 v.H. auf nunmehr 40 v.H. herabgesetzt wurde. Insoweit die Beschwerdeführerin in der Beschwerde vorbringt, tatsächlich habe sich das Leiden seit der Operation eher verschlechtert, so ist auf den von ihr vorgelegten Befund des LKH Graz vom 22.11.2016 hinzuweisen, in welchem festgehalten wurde: "Zum Zeitpunkt der Entlassung war die Patientin hinsichtlich ihrer Claudicatio spinalis Symptomatik deutlich beschwerdegebessert und subjektiv sehr zufrieden." Die Knietotalendoprothese, welche im Jahr 2016 noch gemeinsam mit den anderen Leiden des Stütz- und Bewegungsapparates zusammengefasst war, ist nunmehr erstmals als eigenes Leiden mit einem Grad der Behinderung von 20 v.H. berücksichtigt. Seit dem Vorgutachten ist als neues führendes Leiden der "Zustand nach nekrotisierender Fasziitis mit Beteiligung der Bauchwand sowie der Flanken beidseits des Mons pubis und der Labia majoria beidseits" mit einem Grad der Behinderung von 40 v.H. hinzugekommen. Da sowohl dieses Leiden als auch die Spinalkanalstenose jeweils einen Grad der Behinderung von 40 v.H. erreichen und es sich damit um zwei schwerwiegende Leiden handelt, wird der Gesamtgrad der Behinderung durch deren Zusammentreffen um eine Stufe auf insgesamt 50 v.H. erhöht. Die übrigen Leiden erhöhen den Grad der Behinderung mangels maßgeblicher ungünstiger wechselseitiger Leidensbeeinflussung nicht.

Sämtliche von der Beschwerdeführerin vorgebrachten Leiden wurden im Gutachten berücksichtigt und korrekt eingestuft. Insoweit die Beschwerdeführerin die Befristung des ausgestellten Behindertenpasses beanstandet, ist festzuhalten, dass sich die Beschwerdeführerin zuletzt erst im Oktober 2019 einer Operation - Korrektur der Bauchdeckenplastik - unterzogen hat. Zum Zeitpunkt der Untersuchung durch die Sachverständige am 12.12.2019 war die Heilung daher noch nicht abgeschlossen. Somit ist eine neuerliche Beurteilung im Dezember 2020 angezeigt, da eine Besserung des Zustandes zu erwarten ist.

Insoweit die Beschwerdeführerin die Art der Gutachtenserstellung moniert, ist zunächst festzuhalten, dass sich kein Anhaltspunkt im Gutachten bzw. im gesamten Verwaltungsakt findet und die Beschwerdeführerin nicht objektiviert darlegen konnte, dass die Begutachtung unsachlich gewesen sei oder mit den Erfahrungen des Lebens, der ärztlichen Wissenschaft und den Denkgesetzen in Widerspruch stehe. Dass die Formulierungen, welche die Sachverständige unter dem Punkt "Anamnese" verwendete, möglicherweise nicht wortwörtlich in genau der Form von der Beschwerdeführerin getroffen worden seien, sondern die Gutachterin ihre Aussagen allenfalls in eigenen Worten zusammengefasst haben mag, vermag die Beurteilung des Grades der Behinderung nicht zu ändern. Die Beschwerdeführerin gab auch nicht an, dass die Aussagen inhaltlich nicht korrekt wären, sondern beanstandete lediglich den Wortlaut, der nicht ihrer normalen Ausdrucksweise entsprechen würde.

Die Beschwerdeführerin legte im Rahmen der Beschwerde keine neuen Befunde vor, die geeignet wären, eine andere Beurteilung der Funktionsbeeinträchtigungen mit einem höheren Grad der Behinderung herbeizuführen bzw. eine zwischenzeitig eingetretene Verschlechterung der Leidenszustände zu belegen und allenfalls zu einer anderen rechtlichen Beurteilung zu führen.

Die Beschwerdeführerin ist dem vorliegenden Sachverständigengutachten im Lichte obiger Ausführungen daher nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten, steht es dem Antragsteller, so er der Auffassung ist, dass seine Leiden nicht hinreichend berücksichtigt wurden, nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes doch frei, das im Auftrag der Behörde erstellte Gutachten durch die Beibringung eines Gegengutachtens eines Sachverständigen seiner Wahl zu entkräften (vgl. etwa VwGH 27.06.2000, 2000/11/0093).

Seitens des Bundesverwaltungsgerichtes bestehen folglich keine Zweifel an der Richtigkeit, Vollständigkeit, Widerspruchsfreiheit und Schlüssigkeit des vorliegenden Sachverständigengutachtens vom 16.12.2019. Dieses wird daher in freier Beweiswürdigung der gegenständlichen Entscheidung zu Grunde gelegt.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu Spruchteil A)

Die gegenständlich maßgeblichen Bestimmungen des Bundesbehindertengesetzes lauten auszugsweise:

"§ 40. (1) Behinderten Menschen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 50% ist auf Antrag vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (§ 45) ein Behindertenpass auszustellen, wenn

1. ihr Grad der Behinderung (ihre Minderung der Erwerbsfähigkeit) nach bundesgesetzlichen Vorschriften durch Bescheid oder Urteil festgestellt ist oder

2. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften wegen Invalidität, Berufsunfähigkeit, Dienstunfähigkeit oder dauernder Erwerbsunfähigkeit Geldleistungen beziehen oder

3. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften ein Pflegegeld, eine Pflegezulage, eine Blindenzulage oder eine gleichartige Leistung erhalten oder

...

5. sie dem Personenkreis der begünstigten Behinderten im Sinne des Behinderteneinstellungsgesetzes, BGBl. Nr. 22/1970, angehören.

(2) Behinderten Menschen, die nicht dem im Abs. 1 angeführten Personenkreis angehören, ist ein Behindertenpaß auszustellen, wenn und insoweit das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen auf Grund von Vereinbarungen des Bundes mit dem jeweiligen Land oder auf Grund anderer Rechtsvorschriften hiezu ermächtigt ist.

§ 41. (1) Als Nachweis für das Vorliegen der im § 40 genannten Voraussetzungen gilt der letzte rechtskräftige Bescheid eines Rehabilitationsträgers (§ 3) oder ein rechtskräftiges Urteil eines Gerichtes nach dem Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz, BGBl. Nr. 104/1985, ein rechtskräftiges Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes oder die Mitteilung über die Gewährung der erhöhten Familienbeihilfe gemäß § 8 Abs. 5 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967, BGBl. Nr. 376. Das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen hat den Grad der Behinderung nach der Einschätzungsverordnung (BGBl. II Nr. 261/2010) unter Mitwirkung von ärztlichen Sachverständigen einzuschätzen, wenn

1. nach bundesgesetzlichen Vorschriften Leistungen wegen einer Behinderung erbracht werden und die hiefür maßgebenden Vorschriften keine Einschätzung vorsehen oder

2. zwei oder mehr Einschätzungen nach bundesgesetzlichen Vorschriften vorliegen und keine Gesamteinschätzung vorgenommen wurde oder

3. ein Fall des § 40 Abs. 2 vorliegt.

...

§ 42. (1) Der Behindertenpass hat den Vornamen sowie den Familien- oder Nachnamen, das Geburtsdatum, eine allfällige Versicherungsnummer, den Wohnort und einen festgestellten Grad der Behinderung oder der Minderung der Erwerbsfähigkeit zu enthalten und ist mit einem Lichtbild auszustatten. Zusätzliche Eintragungen, die dem Nachweis von Rechten und Vergünstigungen dienen, sind auf Antrag des behinderten Menschen zulässig. Die Eintragung ist vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen vorzunehmen.

...

§ 45. (1) Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung sind unter Anschluss der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen.

(2) Ein Bescheid ist nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs. 1 nicht stattgegeben, das Verfahren eingestellt (§ 41 Abs. 3) oder der Pass eingezogen wird. Dem ausgestellten Behindertenpass kommt Bescheidcharakter zu.

(3) In Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung hat die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen.

(4) Bei Senatsentscheidungen in Verfahren gemäß Abs. 3 hat eine Vertreterin oder ein Vertreter der Interessenvertretung der Menschen mit Behinderung als fachkundige Laienrichterin oder fachkundiger Laienrichter mitzuwirken. Die fachkundigen Laienrichterinnen oder Laienrichter (Ersatzmitglieder) haben für die jeweiligen Agenden die erforderliche Qualifikation (insbesondere Fachkunde im Bereich des Sozialrechts) aufzuweisen.

§ 46. Die Beschwerdefrist beträgt abweichend von den Vorschriften des Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetzes, BGBl. I Nr. 33/2013, sechs Wochen. Die Frist zur Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung beträgt zwölf Wochen. In Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht dürfen neue Tatsachen und Beweismittel nicht vorgebracht werden.

§ 47. Der Bundesminister für Arbeit und Soziales ermächtigt, mit Verordnung die näheren Bestimmungen über den nach § 40 auszustellenden Behindertenpaß und damit verbundene Berechtigungen festzusetzen."

Wie oben unter Punkt II.2. ausgeführt, wird der gegenständlichen Entscheidung das seitens der belangten Behörde eingeholte Sachverständigengutachten einer Ärztin für Allgemeinmedizin vom 16.12.2019, beruhend auf einer persönlichen Untersuchung der Beschwerdeführerin am 12.12.2019 zu Grunde gelegt, wonach der Grad der Behinderung der Beschwerdeführerin aktuell 50 v.H. beträgt. Die Funktionseinschränkungen wurden im Gutachten entsprechend den Bestimmungen der Einschätzungsverordnung richtig eingestuft.

Die Beschwerdeführerin ist diesem medizinischen Sachverständigengutachten, wie bereits erwähnt, nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten, steht es dem Antragsteller, so er der Auffassung ist, dass seine Leiden nicht hinreichend berücksichtigt wurden, nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes doch frei, das im Auftrag der Behörde erstellte Gutachten durch die Beibringung eines Gegengutachtens eines Sachverständigen seiner Wahl zu entkräften (vgl. etwa das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 27.06.2000, Zl. 2000/11/0093).

Mit einem Gesamtgrad der Behinderung von 50 v.H. sind die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses gemäß § 40 Abs. 1 BBG, wonach behinderten Menschen mit Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbstätigkeit von mindestens 50 v.H. ein Behindertenpass auszustellen ist, weiterhin erfüllt.

Die Beschwerde zielt allerdings auf einen anderen - höheren - Grad der Behinderung als 50 v.H. ab. Aktuell ist aber kein anderer Grad der Behinderung objektiviert. Die Beschwerde war daher spruchgemäß als unbegründet abzuweisen.

Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass bei einer späteren Verschlechterung des Leidenszustandes die neuerliche Einschätzung des Grades der Behinderung nach Maßgabe des § 41 Abs. 2 BBG in Betracht kommt.

Zum Entfall einer mündlichen Verhandlung:

Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

Gemäß § 24 Abs. 2 VwGVG kann die Verhandlung entfallen, wenn

1. der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist oder

2. die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist.

Gemäß § 24 Abs. 3 VwGVG hat der Beschwerdeführer die Durchführung einer Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen. Den sonstigen Parteien ist Gelegenheit zu geben, binnen angemessener, zwei Wochen nicht übersteigender Frist einen Antrag auf Durchführung einer Verhandlung zu stellen. Ein Antrag auf Durchführung einer Verhandlung kann nur mit Zustimmung der anderen Parteien zurückgezogen werden.

Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG kann, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen.

Die Frage der Feststellung des Gesamtgrades der Behinderung wurde unter Mitwirkung einer ärztlichen Sachverständigen geprüft. Die strittigen Tatsachenfragen (Art und Ausmaß der Funktionseinschränkungen) gehören dem Bereich zu, der vom Sachverständigen zu beleuchten ist. Der entscheidungsrelevante Sachverhalt ist vor dem Hintergrund des vorliegenden, nicht substantiiert bestrittenen schlüssigen Sachverständigengutachtens geklärt, sodass im Sinne der Judikatur des EGMR und der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. VwGH 16.12.2013, 2011/11/0180) und des Verfassungsgerichtshofes (vgl. VfGH 09.06.2017, E 1162/2017) eine mündliche Verhandlung nicht geboten war. Art. 6 EMRK bzw. Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union stehen somit dem Absehen von einer mündlichen Verhandlung gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG nicht entgegen. Im vorliegenden Fall wurde darüber hinaus seitens beider Parteien eine mündliche Verhandlung nicht beantragt (vgl. VwGH 16.12.2013, 2011/11/0180 mit weiterem Verweis auf die Entscheidung des EGMR vom 21.03.2002, Nr. 32.636/96). All dies lässt die Einschätzung zu, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten ließ und eine Entscheidung ohne vorherige Verhandlung im Beschwerdefall nicht nur mit Art. 6 EMRK und Art. 47 GRC kompatibel ist, sondern auch im Sinne des Gesetzes (§ 24 Abs. 1 VwGVG) liegt, weil damit dem Grundsatz der Zweckmäßigkeit, Raschheit, Einfachheit und Kostenersparnis (§ 39 Abs. 2a AVG) gedient ist, gleichzeitig aber das Interesse der materiellen Wahrheit und der Wahrung des Parteiengehörs nicht verkürzt wird.

Zu Spruchteil B)

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen.

Schlagworte

Behindertenpass Grad der Behinderung Neufestsetzung Sachverständigengutachten

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W265.2229090.1.00

Im RIS seit

07.08.2020

Zuletzt aktualisiert am

07.08.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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