TE Lvwg Erkenntnis 2018/12/4 LVwG 30.25-2948/2018

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Veröffentlicht am 04.12.2018
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Entscheidungsdatum

04.12.2018

Index

50/01 Gewerbeordnung
50/02 Sonstiges Gewerberecht

Norm

GewO 1994 §134
GewO 1994 §366 Abs1 Z1
VStG §44a

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Steiermark hat durch den Richter Mag. Michael Hackstock über die Beschwerde des Herrn Mag. Dr. A B, geb. xx, D, C, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Graz-Umgebung vom 20.11.2017, GZ: BHGU-15.1-21920/2017,

z u R e c h t e r k a n n t:

I.     Gemäß § 50 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz iVm § 28 Abs 1 sowie § 38 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 33/2013 idF BGBl. I Nr. 57/2018 (im Folgenden VwGVG), wird der Beschwerde vom 08.11.2018 Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 3 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG, BGBl. Nr. 52/1991 idF BGBl. I Nr. 58/2018 (im Folgenden VStG), eingestellt.

II.     Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a Verwaltungsgerichtshofgesetz, BGBl. Nr. 10/1985 idF BGBl. I Nr. 57/2018 (im Folgenden VwGG), eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs 4 B-VG unzulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

Auf Grundlage der dem Landesverwaltungsgericht Steiermark von Seiten der Bezirkshauptmannschaft Graz-Umgebung mit Eingabe vom 22.11.2018 vorgelegten Beschwerde sowie des angeschlossenen Verwaltungsstrafaktes ergibt sich der entscheidungsrelevante Sachverhalt wie folgt:

Mit dem im Spruch dieses Erkenntnisses näher bezeichneten Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Graz-Umgebung vom 20.11.2017 wurde Herrn Mag. rer. nat. A B, geb. am xx, vorgehalten, er habe das Gewerbe „Ingenieurbüro (Beratende Ingenieure)“ auf dem Standort W, Zweg, und dadurch selbständig, regelmäßig und in der Absicht ausgeübt, einen Ertrag oder sonstigen wirtschaftlichen Vorteil zu erzielen, obwohl er dafür keine Gewerbeberechtigung besitze. Aus der Mitteilung der Wirtschaftskammer Steiermark gehe hervor, dass er Tätigkeiten des Ingenieurbüros anbiete. Dies gehe auch aus einem Schreiben – Angebot KW E – Ökologische Einreichplanung, Wiederverleihung des Wasserrechtes – vom 22.02.2017 hervor. Eine entsprechende Gewerbeanmeldung sei jedoch bis zumindest 12.06.2017 nicht erfolgt.

Dadurch habe er die Rechtsvorschrift § 366 Abs 1 Zif. 1 GewO 1994 verletzt und wurde über ihn eine Geldstrafe im Ausmaß von € 250,00 gemäß § 366 Abs 1 GewO 1994 verhängt und für den Fall der Uneinbringlichkeit 1 Tag Ersatzfreiheitsstrafe auf Rechtsgrundlage § 16 Abs 1 und 2 Verwaltungsstrafgesetz 1991 festgesetzt.

Darüber hinaus wurde ausgesprochen, dass er als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens Verfahrenskosten im Ausmaß von € 25,00 gemäß § 64 Abs 2 Verwaltungsstrafgesetz (VStG) zu bezahlen habe.

Das Straferkenntnis begründend hielt die belangte Verwaltungsstrafbehörde fest, dass mit Anzeige vom 12.06.2017 der Wirtschaftskammer Steiermark die im Spruch ersichtliche Übertretung zur Anzeige gebracht worden sei und mit Strafverfügung vom 23.06.2017 nach § 366 Abs 1 Ziff. 1 GewO 1994 eine Bestrafung in der Höhe von € 250,00 (im Falle der Uneinbringlichkeit 1 Tag Ersatzfreiheitsstrafe) erfolgt sei. Gegen diese Strafverfügung sei rechtzeitig Einspruch dem Grunde nach und gegen die Strafhöhe erhoben worden, wobei von Beschuldigtenseite im Wesentlichen ausgeführt worden sei, dass er der Familie F nur beistehen hätte wollen, damit diese wiederum die Bewilligung für ihr Kleinwasserkraftwerk bekommen würde. Es stehe fest, dass der Beschuldigte ein „Angebot KW E – Ökologische Einreichplanung, Wiederverleihung des Wasserrechtes“ verfasst habe und gehe aus der Anzeige der Wirtschaftskammer Steiermark weiters hervor, dass er bei einer telefonischen Befragung am 10.04.2017 zugegeben habe, das Angebot gelegt zu haben und eine entsprechende Gewerbeanmeldung erstatten würde, was jedoch bis dato nicht erfolgt sei. Es sei erwiesen, dass er die im Spruch beschriebene Übertretung zu verantworten habe und seien die sonstigen Angaben auch nicht geeignet, eine andere Entscheidung der Behörde herbeizuführen. Die gewerberechtlich verfolgten Schutzinteressen seien nicht unerheblich beeinträchtigt worden, der Unrechtsgehalt der Verwaltungsübertretung durchaus erheblich und als mildernd sei die bisherige Unbescholtenheit bei der Strafbemessung berücksichtigt worden, erschwerende Umstände seien nicht vorgelegen und wurden behördlicherseits auch spezial- und generalpräventive Aspekte ins Treffen geführt.

Dem Verwaltungsstrafverfahren lag die Anzeige der WKO Steiermark vom 12.06.2017 zugrunde, in welcher festgehalten wurde, dass bei der zuständigen Fachorganisation der Wirtschaftskammer Steiermark Beschwerde geführt worden sei und dass Herr Mag. Dr. A B Tätigkeiten des Ingenieurbüros anbiete, ohne hiezu berechtigt zu sein. Bei einer telefonischen Befragung am 10.04.2017 habe er angegeben, dass er das beiliegende Anbot gelegt habe und dass er eine entsprechende Gewerbeanmeldung durchführen werde, was bis dato nicht erfolgt sei, weshalb die Einleitung des Strafverfahrens und Bestrafung beantragt werde. Dieser Anzeige war die Beilage eines „Angebotes KW E – Ökologische Einreichplanung, Wiederverleihung des Wasserrechtes“ vom 22.02.2017 angeschlossen, welches von Seiten Herrn Mag. Dr. A B, Konsulent für Landwirtschaftsökologie und Hydrologie, Zweg, W, an Herrn E, G, O, gelegt wurde und betraf dies in Bezug auf das Kleinwasserkraftwerk H – KW E für ein Pauschalhonorar von € 1.000,00 Folgendes:

„Ökologische Funktionsprüfung FAH

Kalibrierung Restwasserstrecke

Hydromorphologische Kartiertung

Charakterisierung des Landschaftsbildes

Restwasserbestimmung laut Qualitätszielverordnung

Erfassung von Vegetation und Fauna

Ökologische Einreichunterlagen für die Wiederverleihung des Wasserrechtes und

Revitalisierung bzw. Anpassung an den Stand der Technik

Ein Verhandlungstag mit der Behörde“

In der Folge erging die Strafverfügung der Bezirkshauptmannschaft Graz-Umgebung vom 23.06.2017, in welcher dem Beschuldigten die in Rede stehende Verwaltungsübertretung wie im näher beschriebenen und bekämpften Straferkenntnis vorgehalten wurde. Gegen diese Strafverfügung wurde von Seiten Herrn Mag. Dr. A B mit Schreiben vom 13.07.2017 die Begehung der Verwaltungsübertretung bestreitend Einspruch erhoben. Er habe der Familie E als F lediglich beistehen wollen, wieder die wasserrechtliche Bewilligung für ihr Kleinwasserkraftwerk zu bekommen. Er habe weder das besagte Gewerbe am genannten Standort ausgeübt, noch habe er dadurch selbständig regelmäßige Erträge erwirtschaftet oder sonstige wirtschaftliche Vorteile erzielt.

In der Folge erließ die Bezirkshauptmannschaft Graz-Umgebung, ohne weitere Ermittlungsschritte durchzuführen, das genannte Straferkenntnis vom 20.11.2017 am 16.10.2018 und erhob Herr Mag. Dr. A B mit Schreiben vom 08.11.2018, aufgegeben am selben Tag beim Postamt I, bei der Behörde eingelangt am 09.11.2018, rechtzeitig Beschwerde an das Verwaltungsgericht und brachte in verfahrensrelevanter Hinsicht im Wesentlichen vor, kein Gewerbe auszuüben. Er habe in der Erfahrung bringen können, dass die Familie E eine Aquakulturanlage in P ohne Behördenkonsens betreibe und dürfe er nach seiner Rechtsauffassung als F und „neuer Selbständiger“ auch jemand beraten, ohne Schutzgeld an die Bezirkshauptmannschaft und die Wirtschaftskammer zu bezahlen. Er habe der Familie E als F nur beistehen wollen, damit sie wieder die wasserrechtliche Bewilligung für ihr Kleinwasserkraftwerk bekomme. Er habe weder das Gewerbe „Ingenieurbüros (Beratende Ingenieure)“ auf dem Standort W, Zweg, ausgeübt, noch habe er dadurch selbständig, regelmäßig Erträge erwirtschaftet oder sonstige wirtschaftliche Vorteile erzielt. Es würden nur Behauptungen der Wirtschaftskammer und ihrer Denunzianten wiedergegeben.

Dieser Sachverhalt ergibt sich in unbedenklicher Weise aus der der Behörde mit Eingabe vom 22.11.2018 vorgelegten Beschwerde und des dieser angeschlossenen Verwaltungsstrafaktes.

Das Landesverwaltungsgericht Steiermark hat im Verfahrensgegenstand erwogen wie folgt:

Art. 131 Abs 1 B-VG bestimmt, dass soweit sich aus Abs 2 und 3 dieser Bestimmung nicht anderes ergibt, über Beschwerden nach Art. 130 Abs 1 B-VG die Verwaltungsgerichte der Länder entscheiden.

Entsprechend der Bestimmung des Art. 130 Abs 1 Z 1 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit.

Gemäß § 28 Abs 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

Gemäß § 50 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs 1 Z 1 B-VG in der Sache selbst zu entscheiden, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.

§ 38 VwGVG ordnet an, dass soweit in diesem Gesetz nichts anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden nach Art. 130 Abs 1 B-VG, in Verwaltungsstrafsachen die Bestimmungen des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 – VStG, BGBl. Nr. 52/1991, mit der Ausnahme des 5. Abschnittes des II. Teiles und des Finanzstrafgesetzes – FinStrG, BGBl. Nr. 129/1958, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden sind, welche die Behörde in dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

§ 1 Abs 4 GewO 1994 lautet wie folgt:

„Auch eine einmalige Handlung gilt als regelmäßige Tätigkeit, wenn nach den Umständen des Falles auf die Absicht der Wiederholung geschlossen werden kann oder wenn sie längere Zeit erfordert. Das Anbieten einer den Gegenstand eines Gewerbes bildenden Tätigkeit an einen größeren Kreis von Personen oder bei Ausschreibungen wird der Ausübung des Gewerbes gleichgehalten.“

§ 94 Z 69 GewO 1994 normiert:

Folgende Gewerbe sind reglementierte Gewerbe:

69.      Ingenieurbüros (Beratende Ingenieure)

…“

§ 134 GewO 1994 lautet wie folgt:

(1) Der Gewerbeumfang der Ingenieurbüros (§ 94 Z 69) umfasst die Beratung, die Verfassung von Plänen, Berechnungen und Studien, die Durchführung von Untersuchungen, Überprüfungen und Messungen, die Ausarbeitung von Projekten, die Leitung von Projekten, die Überwachung der Ausführung von Projekten, die Abnahme von Projekten und die Prüfung der projektgemäßen Ausführung einschließlich der Prüfung der projektbezogenen Rechnungen sowie die Erstellung von Gutachten auf einschlägigen Fachgebieten, die einer Studienrichtung oder einem mindestens viersemestrigen Aufbaustudium einer inländischen Universität, einer Fachhochschule oder Hochschule künstlerischer Richtung oder einer einschlägigen inländischen berufsbildenden höheren Schule entsprechen.

(2) Der Berechtigungsumfang der Ingenieurbüros für Innenarchitektur umfasst sämtliche Befugnisse des Ingenieurbüros im Sinne des Abs. 1. Berührt die Tätigkeit des Ingenieurbüros für Innenarchitektur statisch relevante Bauteile, so ist deren konstruktive Bearbeitung und statische Berechnung durch einen hiezu Befugten durchzuführen.

(3) Ingenieurbüros dürfen nicht auf Fachgebieten begründet werden, die den Baumeistern, Brunnenmeistern, den Holzbau-Meistern oder den Steinmetzmeistern einschließlich der Kunststeinerzeugung und Terrazzomacher vorbehaltene Tätigkeiten umfassen. Dies gilt nicht für Ingenieurbüros für Innenarchitektur im Rahmen des Abs. 2 und für Ingenieurbüros für Kulturtechnik und Wasserwirtschaft im Rahmen ihres Fachgebietes.

(4) Gewerbetreibende, die eine Berechtigung gemäß Abs. 1 besitzen, sind im Rahmen ihrer Gewerbeberechtigung zur Vertretung des Auftraggebers vor Behörden oder Körperschaften öffentlichen Rechts berechtigt.

(5) Der Berechtigungsumfang von anderen reglementierten Gewerben wird durch Abs. 1 nicht berührt.

§ 366 Abs 1 Z 1 GewO 1994 bestimmt Folgendes:

„Eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe bis zu 3.600 € zu bestrafen ist, begeht, wer

1.

ein Gewerbe ausübt, ohne die erforderliche Gewerbeberechtigung erlangt zu haben.

…“

§ 31 Abs 1 VStG lautet:

„(1) Die Verfolgung einer Person ist unzulässig, wenn gegen sie binnen einer Frist von einem Jahr keine Verfolgungshandlung (§ 32 Abs. 2) vorgenommen worden ist. Diese Frist ist von dem Zeitpunkt zu berechnen, an dem die strafbare Tätigkeit abgeschlossen worden ist oder das strafbare Verhalten aufgehört hat; ist der zum Tatbestand gehörende Erfolg erst später eingetreten, so läuft die Frist erst von diesem Zeitpunkt.

…“

§ 44a Z1 VStG normiert Nachstehendes:

„Der Spruch hat, wenn er nicht auf Einstellung lautet, zu enthalten:

    1.   die als erwiesen angenommene Tat;

…“

§ 45 Abs 1 Z 3 VStG lautet:

„(1) Die Behörde hat von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn

      3. Umstände vorliegen, die die Verfolgung ausschließen;

…“

Im Beschwerdefall wurde dem Beschwerdeführer wie auch in der Strafverfügung vom 23.06.2017 an diesen im bekämpften Straferkenntnis vom 20.11.2017 zur Last gelegt, er habe das Gewerbe „Ingenieurbüros (Beratende Ingenieure)“ auf dem näher beschriebenen Standort selbständig, regelmäßig und in Gewinnabsicht ohne Gewerbeberechtigung ausgeübt, da aus der Mitteilung der Wirtschaftskammer Steiermark hervorgehe, dass er Tätigkeiten des Ingenieurbüros anbiete, was auch aus dem Schreiben „Angebot KW E – Ökologische Einreichplanung, Wiederverleihung des Wasserrechtes“ vom 22.02.2017 hervorgehe. Bis zumindest 12.06.2017 sei eine entsprechende Gewerbeanmeldung nicht erfolgt, wodurch die Rechtsvorschrift des § 366 Abs 1 Zif. 1 GewO 1994 verletzt worden sei.

Gegenständlich hielt die belangte Verwaltungsstrafbehörde dem Beschwerdeführer die unbefugte Ausübung des Gewerbes „Ingenieurbüros (Beratende Ingenieure)“ vor. Gemäß § 134 Abs 1 GewO 1994 umfasst der Berechtigungsumfang des Ingenieurbüros nach § 94 Z 69 leg. cit. die Beratung und die Verfassung von Plänen, Berechnung und Studien, die Durchführung von Untersuchungen, Überprüfungen und Messungen, die Ausarbeitung von Projekten, die Überwachung der Ausführung von Projekten, die Abnahme von Projekten und die Prüfung der projektgemäßen Ausführung, einschließlich der Prüfung der projektbezogenen Rechnungen sowie die Erstellung von Gutachten aus einschlägigen Fachgebieten, die einer Studienrichtung oder einem mindestens viersemestrigen Aufbaustudium einer inländischen Universität, einer Fachhochschule oder Hochschule künstlerischer Richtung oder einer einschlägigen, inländischen berufsbildenden höheren Schule entsprechen. Demnach ist insbesondere jegliche Beratung und Ausarbeitung von Projekten auf allen einschlägigen Fachgebieten, die im Hinblick auf die Bezeichnung des Gewerbes als „Ingenieurbüros“ technischer Natur sind, Gegenstand dieses reglementierten Gewerbes (vgl. Grabler/Stolzlechner/Wendl, GewO, 3. Aufl., RZ 9 zu § 134 GewO 1994). Als Fachgebiet eines Ingenieurbüros kommen alle Bereiche in Betracht, die einer Studienrichtung einer technischen Universität, einer Montanuniversität oder einer Universität für Bodenkultur entsprechen.

Der Gewerberechtswortlaut der Ingenieurbüros ist daher entsprechend dem in der Praxis entfalteten Tätigkeitsbereich zu formulieren. Eine Gewerbeberechtigung lautend auf „Ingenieurbüros (Beratende Ingenieure)“ ohne nähere Qualifizierung des Fachgebietes ist unzulässig (vgl. dazu Grabler/Stolzlechner/Wendl, GewO, 3. Aufl., RZ 11 und RZ 14 zu § 134 GewO 1994).

Gegenständlich hat die belangte Behörde dem Beschwerdeführer die unbefugte Gewerbeausübung des Gewerbes „Ingenieurbüros (Beratende Ingenieure)“ ohne das entsprechende Fachgebiet näher zu qualifizieren, vorgehalten und auch nicht dargelegt, welche vom näher beschriebenen Gewerbeumfang umfassten Tätigkeiten – in Betracht gekommen wären, gegenständlich beispielsweise die Beratung bzw. die Ausarbeitung von Projekten – in welcher Form beschwerdeführerseitig tatsächlich ausgeübt wurden und dem Beschwerdeführer vielmehr in unreflektierter Übernahme einer Anzeige der Wirtschaftskammer Steiermark, ohne den Sachverhalt amtswegig ausreichend zu ermitteln, die unbefugte Gewerbeausübung deshalb angelastet, da aus der Mitteilung der Wirtschaftskammer Steiermark hervorgehe, dass der Beschwerdeführer Tätigkeiten des Ingenieurbüros anbiete. Dies gehe auch aus einem Schreiben „Angebot KW E – Ökologische Einreichplanung, Wiederverleihung des Wasserrechtes“ vom 22.02.2017 hervor, womit dem Beschwerdeführer das Anbieten von Tätigkeiten, welche einem Ingenieurbüro zukommen, durch Legung des näher beschriebenen Angebotes an Herrn E in O, G, und dadurch die unbefugte Ausübung des in Bezug auf das Fachgebiet nicht näher umschriebenen Gewerbes angelastet wurde.

Ungeachtet des Umstandes, dass nicht ersichtlich ist, wann dieses Angebot vom 22.02.2017 Herrn E als Adressaten übermittelt sein soll und dass die darin angeführten Tätigkeiten, welche gegen ein Pauschalhonorar von € 1.000,00 angeboten wurden, unzweifelhaft einem Fachgebiet eines Ingenieurbüros zukommen, betrifft dieser Sachverhalt überdies nicht die tatsächliche Ausübung von Tätigkeiten, welche dem genannten Gewerbeumfang eines Ingenieurbüros im Sinne der Regelung des § 134 Abs 1 GewO 1994 zukommen. Zur wirksamen Anlastung der Verwaltungsübertretung der unbefugten Gewerbeausübung ist es erforderlich, einer Person die tatsächliche Ausübung vom Gewerbeumfang erfasster Tätigkeiten dieses Gewerbes auf einem bestimmten Fachgebiet am Tatort zur Tatzeit vorzuhalten.

Soweit die belangte Behörde dem Beschwerdeführer in ihrem Straferkenntnis auch das Anbieten einer gewerblichen Tätigkeit und dadurch die Verwirklichung des objektiven Tatbestandes nach § 366 Abs 1 Z 1 GewO 1994 zur Last legte, ist festzuhalten, dass es sich bei dem der unbefugten Gewerbeausübung gleichgehaltenen Anbieten einer den Gegenstand eines Gewerbes bildenden Tätigkeit um eine von der unbefugten Gewerbeausübung über einen bestimmten Zeitraum zu unterscheidende Verwaltungsübertretung handelt und erfordert die Verwirklichung des diesbezüglichen objektiven Tatbestandes nach § 1 Abs 4 GewO 1994 auch, dass das Anbieten einer den Gegenstand eines Gewerbes bildenden Tätigkeit an einen größeren Kreis von Personen oder bei Ausschreibungen erfolgt. Erst im Hinblick auf § 1 Abs 4 2. Satz GewO 1994, wonach dies der Ausübung des Gewerbes gleichgehalten wird, ergibt sich die gegenüber der unbefugten Gewerbeausübung gesonderte Strafbarkeit eines solchen Anbietens (vgl. z.B. VwGH am 18.09.1984, 84/04/0070). Der Tatbestand des Anbietens einer gewerblichen Tätigkeit im Sinne des § 1 Abs 4 2. Satz GewO 1994 ist dann erfüllt, wenn einer an einen größeren Kreis von Personen gerichteten Ankündigung die Eignung zukommt, in der Öffentlichkeit den Eindruck zu erwecken, dass eine unter den Wortlaut der Ankündigung fallende gewerbliche Tätigkeit entfaltet wird (vgl. z.B. VwGH am 25.02.2004, 2002/04/0069). Gegenständlich hielt die Verwaltungsstrafbehörde dem Beschwerdeführer auch nicht vor, dass in Rede stehende, in Bezug auf das Fachgebiet nicht ausreichend umschriebene Gewerbe an einen größeren Personenkreis angeboten zu haben und richtet sich das der Anzeige angeschlossene Angebot auch lediglich an Herrn E in O, G, und somit nicht an einen größeren Personenkreis.

Im Verwaltungsstrafverfahren ist somit vorweg zu beurteilen, ob einer Person die unbefugte Gewerbeausübung (über einen bestimmten Zeitraum) oder aber das der unbefugten Gewerbeausübung gleichgehaltene Anbieten einer den Gegenstand eines Gewerbes bildenden Tätigkeit an einen größeren Kreis von Personen – wenn auch nur an einem Tag – angelastet wird, zumal es sich dabei nämlich – wie dargelegt - um voneinander zu unterscheidende Verwaltungsübertretungen handelt. Aus dem Gesagten folgt, dass die Verwaltungsstrafbehörde dem Beschwerdeführer aus den dargelegten Gründen fallbezogen weder die unbefugte Gewerbeausübung, noch das Anbieten einer gewerblichen Tätigkeit an einen größeren Personenkreis ausreichend konkret vorhielt, womit dem strengen Konkretisierungsgebot in Bezug auf die im Spruch eines Straferkenntnisses zu enthaltende, als erwiesen angenommene Tat nach § 44a Z 1 VStG, welches auch der Hintanhaltung der Gefahr einer Doppelbestrafung dient (vgl. z.B. VwGH am 11.06.2001, 98/02/0031), behördlicherseits nicht entsprochen wurde.

Nach § 44a Z 1 VStG hat der Spruch eines Straferkenntnisses, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten. Sie bildet den den Deliktstatbestand erfüllenden Sachverhalt und bedarf es daher im Bescheidspruch der Anführung aller wesentlichen Tatbestandsmerkmale, die zur Individualisierung und Konkretisierung des inkriminierten Verhaltens und damit für die Subsumtion der als erwiesen angenommenen Tat unter die dadurch verletzten Verwaltungsvorschriften erforderlich sind (vgl. z.B. VwGH am 29.10.2015, 2015/07/0097). Dies bedeutet, dass der Spruch eines Straferkenntnisses die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau zu beschreiben hat, dass die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale möglich ist und die Identität der Tat unverwechselbar feststeht (vgl. z.B. bereits VwGH am 13.06.1984, Slg. NF Nr. 11466/A).

Im Beschwerdefall bleibt das Verwaltungsgericht im Rahmen seiner Entscheidung auf die Ahndung der dem Beschuldigten im erstinstanzlichen Strafverfahren zur Last gelegten Tat beschränkt und würde eine Präzisierung der dem Beschwerdeführer durch die belangte Behörde vorgehaltenen Tat im Zuge des Beschwerdeverfahrens dazu führen, dass die Tat im in Rede stehenden Fall durch das Verwaltungsgericht in unzulässiger Weise ausgewechselt und dem Beschwerdeführer erstmals vorgehalten würde (vgl. z.B. VwGH am 25.02.2002, 2000/04/0159).

Im Ergebnis war daher der Beschwerde Folge zu geben, das angefochtene Straferkenntnis zu beheben und das Verwaltungsstrafverfahren unter Zugrundelegung der im Spruch dieses Erkenntnisses zitierten Bestimmung mit Blick auf die mittlerweile eingetretene Verfolgungsverjährung nach § 31 Abs 1 VStG einzustellen.

Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

unbefugte Gewerbeausübung, Tätigkeiten des Ingenieurbüros, Fachgebiet, konkreter Tatvorwurf

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGST:2018:LVwG.30.25.2948.2018

Zuletzt aktualisiert am

29.07.2020
Quelle: Landesverwaltungsgericht Steiermark LVwg Steiermark, http://www.lvwg-stmk.gv.at
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