TE Lvwg Beschluss 2020/6/2 LVwG-AV-524/001-2020

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Veröffentlicht am 02.06.2020
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Entscheidungsdatum

02.06.2020

Norm

BAO §246 Abs1
GdverbandsG NÖ 1978 §9 Abs5 Z3

Text

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich fasst durch MMag. Kammerhofer als Einzelrichter über die Beschwerde des A gegen den Bescheid des Obmannes des Gemeindeverbandes für Umweltschutz und Abgabeneinhebung im Bezirk *** vom 9. März 2020, Zl. ***, betreffend Wasseranschlussabgabe nach dem NÖ Gemeindewasserleitungsgesetz den

BESCHLUSS

1.   Die Beschwerde wird als unzulässig zurückgewiesen.

2.   Gegen diesen Beschluss ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Rechtsgrundlagen:

§§ 260, 278 Bundesabgabenordnung - BAO

§ 25a Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 – VwGG

Begründung:

1.   Sachverhalt:

Mit Abgabenbescheid des Obmannes des Gemeindeverbandes für Umweltschutz und Abgabeneinhebung im Bezirk *** vom 9. März 2020, ***, wurde dem Beschwerdeführer für den Anschluss der Liegenschaft ***

***, ***, an die öffentliche Gemeindewasserleitung eine Wasseranschlussabgabe in der Höhe von € 4.910,84 vorgeschrieben.

Mit E-Mail vom 8. April 2020 brachte der Beschwerdeführer ein als „Einspruch“ bezeichnetes Rechtsmittel beim Gemeindeverband ein. Begründend wurde dazu im Wesentlichen ausgeführt, dass die Abgabenberechnung auf dem Grundsatz der kostendeckenden Herstellung von Kanal- und Wasserinfrastruktur beruhe. Aufgrund der Berechnung von verbauten Flächen bzw. Dachflächen solle der Beschwerdeführer für das Doppelhaus so viel bezahlen, als hätte er zwei einzelne Häuser mit der jeweiligen gleichen Fläche gebaut. Es bestehe aber insgesamt nur ein Anschluss für das Haus. Es sei nicht gerecht, die Berechnung der Abgaben für den Anschluss für das Doppelhaus so durchzuführen. Er ersuche um Überprüfung und faire Korrektur.

Mit E-Mail vom 18. Mai 2020 richtete der Beschwerdeführer das als „Einspruch“ bezeichnete Rechtsmittel auch an das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich. Nach Begutachtung des Einspruches durch den Gemeindeverband sei ihm mitgeteilt worden, dass ein weiterer Einspruch gegen den Bescheid an das Landesverwaltungsgericht zu richten sei. Unter Hinweis auf seine Ausführungen im Einspruch an den Gemeindeverband ersuchte der Beschwerdeführer um Berücksichtigung seines Vorbringens und Reduktion des vorgeschriebenen Betrages.

Für 3. Juni 2020 ist eine Sitzung des Vorstandes des Gemeindeverbandes für Umweltschutz und Abgabeneinhebung anberaumt. Ein Tagesordnungspunkt ist die Behandlung des Rechtsmittels des Beschwerdeführers vom 8. April 2020. Bislang wurde noch kein Berufungsbescheid erlassen.

2.   Zum durchgeführten Ermittlungsverfahren:

Der Gemeindeverband legte nach Übermittlung des beim Landesverwaltungsgericht Niederösterreich direkt eingebrachten Rechtsmittels den Abgabenbescheid des Obmannes sowie die Tagesordnung für die Sitzung des Vorstandes des Gemeindeverbandes am 3. Juni 2020 vor und teilte mit, dass bislang noch keine Berufungsentscheidung über das beim Gemeindeverband eingebrachte Rechtsmittel des Beschwerdeführers getroffen wurde.

3.   Beweiswürdigung:

Der Sachverhalt ergibt sich aus den vom Gemeindeverband vorgelegten Unterlagen.

4.   Rechtslage:

Gemäß § 246 Abs. 1 Bundesabgabenordnung (BAO) ist zur Einbringung einer Bescheidbeschwerde jeder befugt, an den der den Gegenstand der Anfechtung bildende Bescheid ergangen ist.

Gemäß § 260 Abs. 1 lit a BAO ist die Bescheidbeschwerde mit Beschwerdevorentscheidung (§ 262 BAO) oder mit Beschluss (§ 278 BAO) zurückzuweisen, wenn sie nicht zulässig ist.

Gemäß § 278 Abs. 1 BAO kann, wenn die Bescheidbeschwerde mit Beschluss des Verwaltungsgerichtes (a) weder als unzulässig oder nicht rechtzeitig eingebracht zurückzuweisen (§ 260 BAO) noch (b) als zurückgenommen (§ 85 Abs. 2, § 86a Abs. 1 BAO) oder als gegenstandslos (§ 256 Abs. 3, § 261 BAO) zu erklären ist, das Verwaltungsgericht mit Beschluss die Beschwerde durch Aufhebung des angefochtenen Bescheides und allfälliger Beschwerdevorentscheidungen unter Zurückverweisung der Sache an die Abgabenbehörde erledigen, wenn Ermittlungen (§ 115 Abs. 1 BAO) unterlassen wurden, bei deren Durchführung ein anders lautender Bescheid hätte erlassen werden oder eine Bescheiderteilung hätte unterbleiben können. Eine solche Aufhebung ist unzulässig, wenn die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

5.   Erwägungen:

Eingangs ist festzuhalten, dass ein Gemeindeverband im Rahmen der zu besorgenden Aufgaben dieselbe rechtliche Stellung besitzt, wie sie den verbandsangehörigen Gemeinden nach Maßgabe der sie betreffenden Rechtsvorschriften vor der Bildung des Gemeindeverbandes zugekommen war; im übrigen wird die rechtliche Stellung der verbandsangehörigen Gemeinden nicht berührt.

Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Ziffer 1 B-VG sind prinzipiell gegen alle Bescheide zulässig.

Im Hinblick auf den mit der Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012 intendierten Systemwechsel fordert das B-VG lediglich im Bereich der Gemeindeselbstverwaltung die Erschöpfung des Instanzenzuges (Art. 132 Abs. 6 B-VG). Ist dieser nicht gesetzlich ausgeschlossen (Art. 115 Abs. 2 iVm Art. 118 Abs. 4 B-VG), so kann erst gegen den Bescheid der Berufungsbehörde Beschwerde erhoben werden.

Die Regelung des innergemeindlichen Instanzenzuges fällt in die Zuständigkeit des Landesgesetzgebers als „Gemeinderechtsgesetzgeber“ (Art. 115 Abs. 2 B-VG). Dem Materiengesetzgeber obliegt es, Angelegenheiten in den eigenen Wirkungsbereich zu verweisen und darüber zu entscheiden, ob in der betreffenden Sache der grundsätzlich zweigliedrige innergemeindliche Instanzenzug ausgeschlossen ist.

Sowohl die Abgaben nach dem NÖ Kanalgesetz (§ 19) als auch jene nach dem NÖ Gemeindewasserleitungsgesetz (§ 18) fallen in den eigenen Wirkungsbereich der Gemeinde.

Der Landesgesetzgeber hat den zweigliedrigen Instanzenzug innerhalb der Gemeinden bzw. der Gemeindeverbände weder in der NÖ Gemeindeordnung, noch im NÖ Gemeindeverbandsgesetz und auch nicht im NÖ Kanalgesetz oder im NÖ Gemeindewasserleitungsgesetz ausgeschlossen.

Daher ist für das gegenständliche Verfahren von einem zweigliedrigen Instanzenzug innerhalb des Gemeindeverbandes auszugehen.

Demnach ist der Obmann Abgabenbehörde erster Instanz, zweite Instanz im Abgabenverfahren ist der Vorstand des Gemeindeverbandes. Letzterem obliegen gemäß § 9 Abs. 5 Z 3 NÖ Gemeindeverbandsgesetz die Entscheidungen im Instanzenzug.

Für das gegenständliche Beschwerdeverfahren bedeutet dies, dass eine Beschwerde erst gegen den letztinstanzlichen Bescheid innerhalb des Gemeindeverbandes, d. h. gegen den erst zu erlassenden Berufungsbescheid des Vorstandes des Gemeindeverbandes, in Betracht kommt. Eine Beschwerde an das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich gegen den Abgabenbescheid des Obmannes ist unzulässig.

Wird eine Beschwerde von einem hiezu nicht Legitimierten eingebracht, so ist sie gemäß § 260 Abs. 1 lit. a BAO zurückzuweisen (vgl. VwGH 85/16/0113, 0114).

Von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte abgesehen werden, da die Beschwerde als unzulässig zurückzuweisen war (§ 274 Abs. 3 Z 1 BAO).

6.   Zur Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

Die ordentliche Revision ist nicht zulässig, da im gegenständlichen Verfahren keine Rechtsfrage zu lösen war, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil die Entscheidung nicht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Schlagworte

Finanzrecht; Wasseranschlussabgabe; Verfahrensrecht; Abgabenbescheid; Gemeindeverband; Instanzenzug;

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGNI:2020:LVwG.AV.524.001.2020

Zuletzt aktualisiert am

29.07.2020
Quelle: Landesverwaltungsgericht Niederösterreich LVwg Niederösterreic, http://www.lvwg.noe.gv.at
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