TE Vwgh Erkenntnis 1998/1/29 97/15/0204

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Veröffentlicht am 29.01.1998
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Index

20/01 Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch (ABGB);
20/02 Familienrecht;
32/02 Steuern vom Einkommen und Ertrag;

Norm

ABGB §98;
EheG §55a;
EStG 1988 §34;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pokorny und die Hofräte Dr. Sulyok, Dr. Fuchs, Dr. Zorn und Dr. Robl als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Hajicek, über die Beschwerde des Dr. A in S, vertreten durch Dr. Wilhelm Kubin, Rechtsanwalt in Graz, Raubergasse 16/I, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Steiermark vom 30. September 1997, Zl. RV 014-8/04/97, betreffend Einkommensteuer 1994, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Der Beschwerdeführer, ein praktischer Arzt, machte in der Einkommensteuererklärung 1994 den Betrag von 1,048.000 S unter dem Titel "Ausgleichzahlung aufgrund des Scheidungsvergleiches vom 20. April 1994" als außergewöhnliche Belastung nach § 34 EStG geltend.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde im Instanzenzug die Einkommensteuer 1994 festgesetzt. Dabei wurde der geltend gemachten außergewöhnlichen Belastung die Anerkennung versagt. In der Bescheidbegründung wird ausgeführt, der Vergleich (Vereinbarung gemäß § 55a Abs. 2 EheG) habe im wesentlichen folgenden Inhalt:

"-

Beide Ehegatten verzichten wechselseitig auf jeglichen Unterhalt; dies auch für den Fall der Not und geänderter Verhältnisse sowie geänderter Gesetzeslage; dies für Vergangenheit und Zukunft (Pkt. 1).

- Das Haus ... , die bisherige Ehewohnung, verbleibt im

Alleineigentum (des Beschwerdeführers) samt dem gesamten

ehelichen Gebrauchsvermögen (Pkt. 3).

- Es verpflichtet sich (der Beschwerdeführer), je

64/1434-Anteile der Liegenschaft ..., mit welcher

Wohnungseigentum an der Wohnung Nr. 2 im Hause ... untrennbar

verbunden ist, zugunsten der Ehegattin anzukaufen.

-

In weiterer Ausgleichszahlung in Ansehung des Verbleibens der Ehewohnung bei (dem Beschwerdeführer) verpflichtet sich dieser, an die Ehegattin einen Barbetrag von S 400.000,-- in zwei Raten zu zahlen. Die erste Rate in Höhe von S 200.000,-- ist bis 30. 4. 1994, die zweite Rate von S 200.000,-- bei Räumung der Ehewohnung bis längstens 30. 9. 1994, beides bei sonstiger Exekution, zu bezahlten (Pkt. 4).

-

Mit dieser Vereinbarung sind alle wechselseitigen Ansprüche nach §§ 81 ff EheG bereinigt und verglichen, sodaß kein Teil mehr vom anderen etwas zu fordern hat. Beide Teile verzichten ausdrücklich auf eine Antragstellung im Sinne des § 81 ff EheG (Pkt. 6)."

Das Finanzamt habe den aufgrund des Scheidungsvergleiches geleisteten Zahlungen die Anerkennung als außergewöhnliche Belastung versagt, weil der Scheidungsvergleich keinen Hinweis darauf enthalte, daß auch Ansprüche iSd § 98 ABGB (Abgeltungsansprüche) Gegenstand der wechselseitig verglichenen Ansprüche gewesen wären. Im übrigen seien auch derartige Abgeltungsansprüche keine außergewöhnlichen Belastungen. Dem halte der Beschwerdeführer in der Berufung entgegen, daß es sich bei den Zahlungen um Abgeltungsbeträge gemäß § 98 ABGB handle, wenn auch in der Vergleichsausfertigung nicht explizit von solchen gesprochen werde; die Höhe des Betrages bzw die Vereinbarung, daß alle wechselseitigen Ansprüche bereinigt und verglichen seien, lasse diesen Schluß zu. Abgeltungsbeträge nach § 98 ABGB seien aber als außergewöhnliche Belastungen anzuerkennen. Nach Ansicht der belangten Behörde ergebe sich aus der Vergleichsausfertigung kein Hinweis darauf, daß der Beschwerdeführer zur Abgeltung von Ansprüchen gemäß § 98 ABGB verpflichtet gewesen wäre. Es komme vielmehr klar zum Ausdruck, daß die vom Beschwerdeführer als Folge der einvernehmlichen Scheidung nach § 55a EheG geleisteten Zahlungen als Ausgleichszahlungen iSd § 81 EheG (Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens, wozu auch die Ehewohnung zähle) zu qualifizieren seien. Es seien sohin ausschließlich vermögensrechtliche Ansprüche aller Art verglichen worden. Solche Ausgleichszahlungen seien wegen ihres bloß vermögensumschichtenden Charakters nicht als außergewöhnliche Belastung zu berücksichtigen. Die strittigen Zahlungen könnten aber selbst dann keine steuerliche Berücksichtigung als außergewöhnliche Belastung finden, wenn es sich um Abgeltungsbeträge iSd § 98 ABGB handelte, weil gemäß § 34 Abs. 7 Z. 4 EStG 1988 Unterhaltsleistungen nur insoweit abzugsfähig sind, als sie zur Deckung von Aufwendungen gewährt werden, die beim Unterhaltsberechtigten selbst eine außergewöhnliche Belastung darstellen würden.

Gegen diesen Bescheid wendet sich die wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes erhobene Beschwerde. Zwischen dem Beschwerdeführer und seiner Gattin habe ein Dienstverhältnis bestanden. Die an die Gattin bezahlten Gehälter stellten nur einen der Fremdüblichkeit entsprechenden Lohn einer "herkömmlichen" Ordinationshilfe dar. Im Scheidungsvergleich sei auf jenen Teil Bedacht genommen worden, der aufgrund des persönlichen und physischen Einsatzes der Ehegattin weit über den Tätigkeitsbereich einer "Ordinationshilfe im herkömmlichen Sinne" hinausgehe. Zwar werde im Scheidungsvergleich nicht explizit von Abgeltungsbeträgen iSd § 98 ABGB gesprochen, aus der Höhe des Betrages bzw aus der Vereinbarung, daß alle wechselseitigen Ansprüche (Unterhaltsleistungen und Abgeltungszahlungen) bereinigt und verglichen seien, lasse sich jedoch schließen, daß es sich bei den Zahlungen um solche Beträge handle. Ansprüche für die Mitwirkung des Ehegatten seien keine Unterhaltsleistungen iSd § 34 Abs. 7 EStG 1988; da derartige Beträge die allgemeinen Voraussetzungen einer außergewöhnlichen Belastung nach § 34 EStG 1988 erfüllten, habe die belangte Behörde zu Unrecht deren steuerliche Anerkennung versagt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer wirft der belangten Behörde eine Verletzung von Verfahrensvorschriften nicht vor; insbesondere behauptet er nicht, der angefochtene Bescheid würde den Wortlaut der Vereinbarung nach § 55a Abs. 2 EheG unrichtig wiedergeben.

Aus dem Wortlaut der Vereinbarung nach § 55a Abs. 2 EheG ergibt sich, daß die Ehegatten wechselseitig auf Unterhalt verzichten, daß das als Ehewohnung verwendete Haus samt dem ehelichen Gebrauchsvermögen und dem Hausrat dem Beschwerdeführer verbleibt, dieser aber seiner Gattin eine Eigentumswohnung kauft und ihr als "Ausgleichszahlung in Ansehung des Verbleibens der Ehewohnung" bei ihm einen Geldbetrag von 400.000 S leistet. Weiters wird festgehalten, daß mit der Vereinbarung alle wechselseitigen Ansprüche nach §§ 81 ff EheG bereinigt und verglichen sind.

In der Vereinbarung nach § 55a Abs. 2 EheG ist sohin festgehalten, daß die wechselseitigen Ansprüche nach §§ 81 ff EheG bereinigt und verglichen sind, nicht hingegen daß jegliche Ansprüche verglichen sind. Im Rahmen der in den §§ 81 ff EheG geregelten Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens einschließlich der Ehewohnung und des Hausrates ist das Vermögen ausschließlich dem Beschwerdeführer zugeteilt worden; in Ansehung dieses Umstandes verpflichtete sich der Beschwerdeführer, seiner Gattin 400.000 S zu zahlen und für sie eine Eigentumswohnung anzukaufen. Aus welchen Gründen die Höhe dieses vom Beschwerdeführer zu leistenden Betrages auf eine Abgeltung nach § 98 ABGB schließen ließe, führt er nicht an.

Die Beschwerde zeigt sohin nicht auf, daß die belangte Behörde zu Unrecht davon ausgegangen wäre, die strittige Zahlung beinhalte nicht eine Abgeltung von Ansprüchen nach § 98 ABGB.

Damit erübrigt es sich darauf einzugehen, ob Abgeltungsbeträge nach § 98 ABGB als außergewöhnliche Belastungen nach § 34 EStG 1988 zu berücksichtigen sind. Es sei aber darauf hingewiesen, daß der Beschwerdeführer gemäß § 55a EheG im Einvernehmen geschieden worden ist. Zur Zwangsläufigkeit der Scheidung trägt der Beschwerdeführer nichts vor. Ist aber eine Zahlung die (unmittelbare) Folge eines Verhaltens des Steuerpflichtigen, zu dem er sich aus freien Stücken entschlossen hat, so kann die Zahlung nicht als iSd § 34 EStG 1988 zwangsläufig erwachsen angesehen werden.

Da bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1998:1997150204.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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