TE Lvwg Erkenntnis 2019/9/12 VGW-001/036/8293/2019

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Veröffentlicht am 12.09.2019
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Entscheidungsdatum

12.09.2019

Index

40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

VStG §49 Abs1
AVG §10

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Verwaltungsgericht Wien hat durch seinen Richter Mag. Fritz über die Beschwerde der (1995 geborenen) Frau A. B. in Wien, C.-straße, gegen das Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien, Magistratisches Bezirksamt …, vom 26.04.2019, Zl. …, betreffend Übertretung des Rundfunkgebührengesetzes, nach am 30.07.2019 durchgeführter öffentlicher mündlicher Verhandlung zu Recht erkannt:

Gemäß § 50 VwGVG wird das angefochtene Straferkenntnis behoben und der am 15.04.2019 von Frau D. E. eingebrachte Einspruch gegen die Strafverfügung des Magistrates der Stadt Wien, Magistratisches Bezirksamt …, vom 05.04.2019, Zl. … RGG, gemäß § 49 Abs. 1 VStG als unzulässig zurückgewiesen.

Gemäß § 52 Abs. 8 VwGVG hat die Beschwerdeführerin keinen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens zu leisten.

Die ordentliche Revision ist nicht zulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

Unter dem Datum des 05.04.2019 erließ der Magistrat der Stadt Wien, Magistratisches Bezirksamt …, gegen die Beschwerdeführerin (Frau A. B.) eine Strafverfügung, deren Spruch wie folgt lautet:

„1. Datum:   26.09.2018

Ort:                 1040 Wien, Operngasse 20B

Sie haben Ihren Wohnsitz in Wien, C.-straße, wobei für diese Wohnung keine rundfunkgebührenrechtliche Meldung vorliegt und haben trotz Aufforderung des mit der Einbringung der Gebühren beauftragten Rechtsträgers, nämlich der GIS Gebühren Info Service GmbH (als beliehene Gesellschaft) mit dem Sitz in 1040 Wien, vom 29.06.2018, Ihnen zugestellt am 06.07.2018, und der entsprechenden Mahnung der GIS Gebühren Info Service GmbH vom 07.09.2018, Ihnen zugestellt am 12.09.2018, bis dato die Mitteilung verweigert, welche Rundfunkempfangseinrichtungen an Ihrem Standort betrieben werden, obwohl Sie diese Auskunft binnen 14 Tagen nach Zustellung der Mahnung (sohin bis zum 26.09.2018) erteilen hätten müssen.

Verwaltungsübertretung(en) nach:

1. § 7 Abs. 1 erster Satz 3. Fall i.V.m. §§ 2 Abs. 5 und 4 Abs. 1 RGG

Wegen dieser Verwaltungsübertretung(en) wird (werden) über Sie folgende Strafe(n) verhängt:

Geldstrafe von falls diese uneinbringlich ist, Gemäß

                           Ersatzfreiheitsstrafe von

1. € 100,00  0 Tage(n) 2 Stunde(n)   § 7 Abs. 1 Rundfunkgebühren-

0 Minute(n)    gesetz - RGG, BGBl. I Nr.

                                     159/1999 i.d.g.F.

Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten/Barauslagen) beträgt daher € 100,00 (allfällig im gegenständlichen Verfahren bereits geleistete Zahlungen wurden auf den zu zahlenden Gesamtbetrag angerechnet)“

Am 15.04.2019 langte bei der belangten Behörde ein Schreiben der Frau D. E. ein. Sie brachte vor, letzte Woche habe sie ein Brief mit einer Strafverfügung aufgrund einer nicht eingebrachten GIS-Gebühr erreicht. Es gebe in ihrem Haushalt weder ein rundfunkgebührenpflichtiges Gerät noch hätten sie an einem der genannten Termine einen der Mahnungsbriefe erhalten. Sie wollen daher Einspruch erheben. Es wird dann noch die Anschrift „C.-straße“ angeführt. Auf diesem Einspruch scheint mit „D. E.“ nur ein Name auf, dem das Rechtsmittel zugeordnet werden könnte.

In weiterer Folge wurde mit dem angefochtenen Straferkenntnis vom 26.04.2019 Frau A. B. (mit einer Tatumschreibung wie in der Strafverfügung) einer Übertretung der §§ 7 Abs. 1 erster Satz 3. Fall iVm §§ 2 Abs. 5 und 4 Abs. 1 Rundfunkgebührengesetz schuldig erkannt und über sie eine Strafe von 100,-- Euro (Ersatzfreiheitsstrafe: 2 Stunden) verhängt. Gleichzeitig wurden die von ihr zu ersetzenden Verfahrenskosten mit 10,-- Euro bestimmt.

Gegen das Straferkenntnis erhob Frau B. fristgerecht Beschwerde (in dem Beschwerdeschreiben scheint ausdrücklich der Name „A. B.“ auf).

Das Verwaltungsgericht Wien führte am 30.07.2019 eine öffentliche mündliche Verhandlung durch, in der die Beschwerdeführerin bei ihrer Einvernahme Folgendes angab:

„Ich bin die Hauptmieterin. Die Wohnung hat 111 m2. Ich zahle ca. 1.300,-- Euro Miete. Ich habe immer dort gewohnt. Die heutige Zeugin ist bei den Eltern gemeldet, sie war aber oft bei uns. Sie hat öfters bei uns übernachtet, wir sind Freundinnen. Frau F. ist ein paar Monate nach mir eingezogen. Diese ist seit März 2019 bei einem Auslandspraktikum.

Ich habe keinen Fernseher und keinen Radio. Ich habe nur einen Laptop. Ich kann mit dem Laptop im Internet kein Fernsehen empfangen. Ich habe Sozialpädagogik studiert. Es hat bei uns mit den gelben Zetteln nicht funktioniert. Frau D. E. ist eine Freundin von mir.

Den Einspruch hat meine Freundin D. E. gemacht, ich hatte damals gerade viel Stress und hat sie für mich das abgenommen und den Einspruch geschrieben und abgeschickt. Den Text haben wir zusammen verfasst.

Ich bin beim G. mit 25 Stunden beschäftigt.

Es waren vorher schon Vertreter der GIS bei der Wohnung und haben wir immer die Auskunft gegeben, dass wir keine gebührenpflichtigen Geräte haben.“

Frau H. K. gab bei ihrer Einvernahme als Zeugin Folgendes an:

„Meine Eltern wohnen am Stadtrand und bin ich dort gemeldet. Bei den Eltern habe ich Fernsehen und Radio. Jeder von uns hat in der Wohnung einen eigenen Bereich.

Auf die Frage, ob es in der Wohnung einen Fernseher oder Radio gibt, gebe ich an, wir hören das online. Wir schauen auch im Internet nicht Fernsehen.

Es war schon einmal jemand an der Tür und habe ich diesem geöffnet. Dieser fragte mich, ob wir Geräte haben und habe ich das verneint.“

Die anwesende Partei verzichtete auf die mündliche Verkündung der Entscheidung.

Das Verwaltungsgericht Wien hat erwogen:

§ 2 Rundfunkgebührengesetz (RGG 1999 idF BGBl. I Nr. 71/2003) lautet wie folgt:

„(1) Wer eine Rundfunkempfangseinrichtung im Sinne des § 1 Abs. 1 in Gebäuden betreibt (Rundfunkteilnehmer), hat Gebühren nach § 3 zu entrichten. Dem Betrieb einer Rundfunkempfangseinrichtung ist deren Betriebsbereitschaft gleichzuhalten.

(2) Die Gebührenpflicht nach § 1 besteht nicht, wenn

         1. dem Rundfunkteilnehmer eine Befreiung (§ 3 Abs. 5) erteilt wurde oder

         2. für den Standort bereits die Gebühren nach § 3 entrichtet werden.

Standort ist die Wohnung oder eine sonstige Räumlichkeit bzw. ein geschlossener Verband von Räumlichkeiten mit einheitlichem Nutzungszweck, wo eine Rundfunkempfangseinrichtung betrieben wird.

(3) Das Entstehen oder die Beendigung der Gebührenpflicht sowie die Änderung des Standorts (Abs. 2) oder Namens ist vom Rundfunkteilnehmer dem mit der Einbringung der Gebühren betrauten Rechtsträger (§ 4 Abs. 1) unverzüglich in der von diesem festgelegten Form zu melden. Die Meldung hat zu umfassen: Namen (insbesondere Vor- und Familiennamen, Firma, Namen juristischer Personen), Geschlecht und Geburtsdatum des Rundfunkteilnehmers, genaue Adresse des Standorts, Datum des Beginns/Endes des Betriebes und die Art der Rundfunkempfangseinrichtungen (Radio und/oder Fernsehen) sowie deren Anzahl, wenn sie für die Gebührenbemessung nach § 3 von Bedeutung ist.

(4) Die Entrichtung von Gebühren ist von dem mit deren Einbringung betrauten Rechtsträger (§ 4 Abs. 1) zu registrieren; dem Rundfunkteilnehmer ist die Teilnehmernummer mitzuteilen.

(5) Liegt für eine Wohnung oder sonstige Räumlichkeit keine Meldung (Abs. 3) vor, so haben jene, die dort ihren Wohnsitz haben oder die Räumlichkeit zu anderen als Wohnzwecken nutzen, dem mit der Einbringung der Gebühren beauftragten Rechtsträger (§ 4 Abs. 1) auf dessen Anfrage mitzuteilen, ob sie Rundfunkempfangseinrichtungen an diesem Standort betreiben und zutreffendenfalls alle für die Gebührenbemessung nötigen Angaben zu machen.“

§ 7 RGG 1999 (idF BGBl. Nr. 98/2001) lautet:

„(1) Eine Verwaltungsübertretung begeht und ist mit Geldstrafe bis zu 2 180 Euro zu bestrafen, wer die Meldung gemäß § 2 Abs. 3 nicht oder unrichtig abgibt, eine unrichtige Mitteilung gemäß § 2 Abs. 5 abgibt oder eine Mitteilung trotz Mahnung verweigert. Nicht zu bestrafen ist, wer die Meldung nach § 2 Abs. 3 zwar unterlassen hat, die Angaben nach § 2 Abs. 5 jedoch wahrheitsgemäß macht.

(2) Verwaltungsstrafen sind durch die Bezirksverwaltungsbehörden zu verhängen. Die eingehobenen Strafgelder fließen dem Bund zu.“

Gemäß § 49 Abs. 1 VStG kann der Beschuldigte gegen die Strafverfügung binnen zwei Wochen nach deren Zustellung Einspruch erheben und dabei die seiner Verteidigung dienlichen Beweismittel vorbringen. Der Einspruch kann auch mündlich erhoben werden. Er ist bei der Behörde einzubringen, die die Strafverfügung erlassen hat.

Beschuldigter ist die in der Strafverfügung als solche bezeichnete Person. Nur sie kann (bei der gegenständlichen Sachverhaltskonstellation) gegen eine Strafverfügung Einspruch erheben, nicht aber eine andere Person (vgl. Hauer-Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 6. Auflage, Anm. 2 zu § 49 VStG, Seite 1599).

Gemäß § 10 Abs. 1 AVG können sich die Beteiligten und ihre gesetzlichen Vertreter, sofern nicht ihr persönliches Erscheinen ausdrücklich gefordert wird, u.a. durch eigenberechtigte Personen vertreten lassen, die sich durch eine schriftliche, auf Namen oder Firma lautende Vollmacht auszuweisen haben.

Das Recht, Einspruch zu erheben (Rechtsmittellegitimation), steht somit nur der vom Bescheid (Strafverfügung) betroffenen Partei (Beschuldigten) zu (vgl. z.B. das Erkenntnis des VwGH vom 29.08.1995, Zl. 95/05/0115). Dies ist in der hier zu beurteilenden Sache Frau A. B., der gegenüber die Strafverfügung der belangten Behörde erlassen worden ist. Der Einspruch der Frau D. E. gegen die an Frau A. B. gerichtete Strafverfügung ist daher mangels Einspruchslegitimation jedenfalls unzulässig. Im Einspruchsschriftsatz hat Frau D. E. nicht auf eine Bevollmächtigung durch Frau A. B. hingewiesen. Für die Behörde ergaben sich bezüglich des Einspruchsschriftsatzes auch keine Anhaltspunkte für eine Bevollmächtigung der Frau D. E.. Die Textierung des Einspruches lässt zweifelsfrei erkennen, dass Frau D. E. selbst als Einspruchswerberin aufgetreten ist. Dem Akteninhalt ist zu entnehmen, dass dem Einspruch auch keine Vollmacht der Frau A. B. beigelegt war; dies wird in der Beschwerde auch nicht behauptet. Ein von einer anderen Person (als dem Beschuldigten bzw. dessen Vertreter) erhobener Einspruch vermag die Strafverfügung jedoch nicht außer Kraft zu setzen und ist daher zurückzuweisen.

In der mündlichen Verhandlung wies die Beschwerdeführerin darauf hin, dass Frau D. E. eine Freundin von ihr sei. Den Einspruch habe ihre Freundin D. E. gemacht, sie selbst habe damals gerade viel Stress gehabt und habe diese das ihr abgenommen und den Einspruch geschrieben und abgeschickt (den Text hätten sie zusammen verfasst).

Es ist daher davon auszugehen, dass Frau D. E. nicht Beschuldigte der Strafverfügung gewesen ist und es ihr daher an der an die Beschuldigteneigenschaft geknüpften Einspruchslegitimation (§ 49 Abs. 1 VStG) fehlt. Erachtete die belangte Behörde einen Schriftsatz als zulässigen Einspruch, leitete sie in diesem Umfang das ordentliche Verfahren ein und fällte sie in diesem Umfang ein Straferkenntnis, so hat die Berufungsbehörde (nunmehr: das Verwaltungsgericht), die den Schriftsatz nicht als zulässigen Einspruch ansieht, neben der Behebung des angefochtenen Straferkenntnisses auch mit Zurückweisung des als Einspruch bezeichneten Schriftsatzes vorzugehen (vgl. dazu das Erkenntnis des VwGH vom 11.05.1983, Zlen. 83/03/0046, 0047).

Vor dem Hintergrund der oben zitierten und auf das gegenständliche Verfahren übertragbaren Rechtsprechung war daher das angefochtene Straferkenntnis zu beheben und der Einspruch als unzulässig zurückzuweisen.

Die ordentliche Revision war nicht zuzulassen, weil sich keine über die Bedeutung des Einzelfalles hinausgehenden Rechtsfragen stellten.

Schlagworte

Strafverfügung; Einspruch; Partei; Rechtsmittellegitimation; Vertretung; Bevollmächtigung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGWI:2019:VGW.001.036.8293.2019

Zuletzt aktualisiert am

28.07.2020
Quelle: Landesverwaltungsgericht Wien LVwg Wien, http://www.verwaltungsgericht.wien.gv.at
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