TE Lvwg Erkenntnis 2020/6/5 VGW-241/030/RP08/5790/2020

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Veröffentlicht am 05.06.2020
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Entscheidungsdatum

05.06.2020

Index

L83009 Wohnbauförderung Wien
L83049 Wohnhaussanierung Wien
20/01 Allgemein bürgerliches Gesetzbuch (ABGB)

Norm

WWFSG 1989 §2 Z14
WWFSG 1989 §60 Abs1
ABGB §231 Abs1

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Verwaltungsgericht Wien hat durch die Landesrechtspflegerin Bannauer-Mathis über die Beschwerde der Frau A. B. gegen den Bescheid des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 50, Gruppe Wohnbeihilfe, vom 3.4.2020, Zl. ..., betreffend Abweisung des Antrages gemäß §§ 60-61a des Wiener Wohnbauförderungs- und Wohnhaussanierungsgesetzes (WWFSG),

zu Recht e r k a n n t:

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen und der angefochtene Bescheid bestätigt.

Entscheidungsgründe

Mit Bescheid des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 50, Gruppe Wohnbeihilfe, vom 3.4.2020, Zl. ..., wurde der Antrag der Frau A. B. vom 20.8.2019 auf Gewährung einer Wohnbeihilfe gemäß §§ 60-61a WWFSG, LGBl. Nr. 18/89, und der dazu ergangenen Verordnung der Wiener Landesregierung, LGBl. Nr. 32/89, beide in der geltenden Fassung, abgewiesen. Begründend wurde ausgeführt, gemäß § 60 Abs. 1 WWFSG 1989 werde der Mieterin bzw. dem Mieter einer nicht nach § 20 ff WWFSG 1989 geförderten Wohnung, wenn sie bzw. er durch den Wohnungsaufwand unzumutbar belastet werde, auf Antrag mit Bescheid Wohnbeihilfe gewährt, sofern sie bzw. er und die mit ihr bzw. ihm im gemeinsamen Haushalt lebenden Personen ausschließlich diese Wohnung zur Befriedigung ihres dringenden Wohnbedürfnisses regelmäßig verwenden.

Gemäß § 213 Abs. 1 ABGB haben die Eltern zur Deckung der ihren Lebensverhältnissen angemessenen Bedürfnisse des Kindes unter Berücksichtigung seiner Anlagen, Fähigkeiten, Neigungen und Entwicklungsmöglichkeiten nach ihren Kräften anteilig beizutragen. Die Verschaffung eines angemessenen Wohnraumes zähle zu den Unterhaltspflichten gemäß § 672 ABGB.

Die Antragstellerin habe der Wohnbeihilfenstelle mitgeteilt, dass sie derzeit kein eigenes Erwerbseinkommen erziele, sodass sie ausschließlich von ihren Eltern bzw. von einem Elternteil unterstützt werde bzw. Unterhaltsersatzleistungen aus der Studienbeihilfe erhalte und somit zweckgebundene Leistungen für den Wohnungsaufwand erbracht werden.

Wird der Wohnungsaufwand nicht von der Wohnbeihilfenwerberin bzw. dem Wohnbeihilfenwerber selbst sondern von ihren bzw. seinen Eltern getragen, mangle es an einer Belastung durch Wohnungskosten und somit an einer Grundvoraussetzung für die Gewährung von Wohnbeihilfe. Der Antrag auf Wohnbeihilfe sei daher abzuweisen gewesen, da keine unzumutbare Belastung gemäß § 60 Abs. 1 WWFSG 1989 vorliege.

In der dagegen fristgerecht erhobenen Beschwerde bringt die Beschwerdeführerin im Wesentlichen vor, von 1.1.2017 bis 30.6.2019 bei der C. Vollzeit angestellt gewesen zu sein und auch das damalige gültige Mindesteinkommen mit monatlich € 1.319,18 erfüllt zu haben. Außerdem haben ihre Eltern damals nach dem Erhalt der Familienbeihilfe den zu bezahlenden Unterhalt dementsprechend angepasst, sodass er den zu erfüllenden Anforderungen für die Wohnbeihilfe weiterhin entspricht. Den Nachweis, dass ich jegliche lebenserhaltende Mittel wie Miete, Lebensmittel und weitere Kosten, die in einem Haushalt entstehen von diesem Einkommen bezahle, habe sie ebenfalls damals bereits erbracht. Da sie an der FH D. E. studiere und hiermit nicht nur täglich von Wien nach D. pendle, sondern auch jedes Semester ein Praktikum von mind. 6 Wochen absolvieren müsse, sei es für sie nicht möglich, nebenbei eine fixe Anstellung zu finden. Weiters habe sie der Behörde die Ablehnung der Studienbeihilfe zeitgemäß zukommen lassen und erhalte auch hier keine Unterstützung. Sie ersuche um nochmalige Prüfung ihres Ansuchens.

Die belangte Behörde legte die Beschwerde sowie den Akt des Verwaltungsverfahrens vor und verzichtete gemäß § 24 Abs. 5 VwGVG auf die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Beschwerdeverhandlung. Gleichzeitig wurde folgende Stellungnahme zum Beschwerdevorbringen erstattet:

„- Die Beschwerdeführerin bezieht monatliche Unterstützungsleistungen von Ihrem Vater in der Höhe von € 900,00. Außerdem wurde ein Konto eingerichtet, auf dieses die Beschwerdeführerin jederzeit Zugriff (ersichtlich an „SEPA-Gutschrift“ Akt 13-15) hat. Laut Studienbeihilfenbescheid sind die Eltern zu einem jährlichen Unterhalt in der Höhe von rund € 30.000,00 verpflichtet (siehe Akt Seite 33). Da Frau B. kein eigenes Erwerbseinkommen nachweisen konnte und somit durch den Wohnungsaufwand nicht belastet ist, war der Antrag abzuweisen.

- In Ihrem Beschwerdevorbringen gibt Frau B. an, den Unterhalt, aufgrund des Zuspruches der Familienbeihilfe, so angepasst zu haben, damit weiterhin ein Anspruch auf Wohnbeihilfe gewährleistet ist. Außerdem ist bei einem Jahreseinkommen in der Höhe von rund € 140.000,00 fraglich, ob die Unterhaltsleistungen an die gesetzlichen Vorgaben angepasst wurden. Es hat den Anschein, dass Kosten auf die Allgemeinheit übergewälzt werden möchten.

- Gemäß § 231 Abs. 1 ABGB haben die Eltern zur Deckung der ihren Lebensverhältnissen angemessenen Bedürfnisse des Kindes unter Berücksichtigung seiner Anlagen, Fähigkeiten, Neigungen und Entwicklungsmöglichkeiten nach ihren Kräften anteilig beizutragen. Da die Verschaffung eines angemessenen Wohnraumes zu den Unterhaltspflichten gemäß § 231 Abs. 1 ABGB zählt, liegt die Anspruchsvoraussetzung des § 20 Abs. 1 WWFSG 1989, die unzumutbare Belastung, nicht vor (siehe dazu auch VGW-241/083/RP25/22586/2014-1).

- Die gegenständliche Wohnung ist nach dem 3. Hst (Allgemeine Wohnbeihilfe) gefördert.“

Auf Grund des Akteninhaltes ergibt sich folgender, entscheidungsrelevanter Sachverhalt:

Die am ...1998 geborene Beschwerdeführerin ist seit 9.9.2019 Studentin an der FH D. und bewohnt alleine die verfahrensgegenständliche Wohnung der Kat. A in Wien, F.-gasse, mit einer Nutzfläche von 63,47 m². Die Beschwerdeführerin ist seit 23.5.2018 an dieser Adresse mit Hauptwohnsitz gemeldet. Die Miete wird vom Konto der Beschwerdeführerin bezahlt.

Die Beschwerdeführerin bezieht derzeit kein Einkommen aus eigenständiger Erwerbstätigkeit. Zufolge der Daten aus dem Behördenportal der Sozialversicherung war sie von 1.1.2017 bis 31.7.2019 bei der C. AG beschäftigt. Seit 1.10.2019 ist von den Eltern der Beschwerdeführerin ein monatlicher Dauerauftrag für Unterstützungsleistungen in Höhe von € 900,00 eingerichtet. Die Familienbeihilfe wird direkt an die Beschwerdeführerin überwiesen. Eine Studienbeihilfe bzw. einen Studienzuschuss erhält die Beschwerdeführerin aufgrund des hohen Einkommens der Eltern nicht.

Laut der im Akt der belangten Behörde einliegenden Bestätigung über den Wohnungsaufwand vom 6.8.2019 beläuft sich der vorgeschriebene Hauptmietzins ohne Betriebskosten und Umsatzsteuer auf € 249,45 bzw. € 3,93 pro m².

Die getroffenen Feststellungen gründen sich auf die vorliegende, unbedenkliche Aktenlage.

Das Verwaltungsgericht Wien hat erwogen:

Die für die gegenständliche Entscheidung relevanten Bestimmungen des Wiener Wohnbauförderungs- und Wohnhaussanierungsgesetzes 1989, in der derzeit geltenden Fassung, lauten wie folgt:

„Begriffsbestimmungen

§ 2. Im Sinne dieses Gesetzes gelten:

         14.      als Einkommen das Einkommen gemäß § 2 Abs. 2 Einkommensteuergesetz 1988, vermehrt um die bei der Einkommensermittlung abgezogenen Beträge gemäß §§ 18, 34 Abs. 1 bis 5 und 8 des Einkommensteuergesetzes 1988, die steuerfreien Einkünfte gemäß § 3 Abs. 1 Z 3 lit. b bis e, 4 lit. a und e, 5, 8 bis 12 und 22 bis 24 des Einkommensteuergesetzes 1988 sowie die gemäß § 29 Z 1 2. Satz des Einkommensteuergesetzes 1988 steuerfrei gestellten Bezüge und vermindert um die Einkommen-steuer, die Alimentationszahlungen gemäß § 29 Z 1 2. Satz des Einkommensteuergesetzes 1988, soweit diese nicht bei der Einkommensermittlung gemäß § 34 des Einkommensteuergesetzes 1988 in Abzug gebracht wurden, den Bezug der Pflege- oder Blindenzulage (Pflege- oder Blindengeld, Pflege- oder Blindenbeihilfe) und den Zusatzrenten zu einer gesetzlichen Unfallversorgung,

§ 17 (3) leg.cit: Das angemessene Ausmaß der Wohnnutzfläche beträgt bei einer Person 50 m2 und erhöht sich für die erste im gemeinsamen Haushalt lebende Person um 20 m2, für jede weitere um je 15 m2. Bei Jungfamilien erfolgt die Berechnung des angemessenen Ausmaßes der Wohnnutzfläche in der Weise, daß der an Hand der Haushaltsgröße ermittelten Wohnnutzfläche 15 m2 hinzugerechnet werden.

Allgemeine Wohnbeihilfe

§ 60. (1) Wird der Mieter einer nicht nach §§ 20 ff geförderten Wohnung durch den Wohnungsaufwand unzumutbar belastet, ist ihm auf Antrag mit Bescheid Wohnbeihilfe zu gewähren, sofern der Mieter und die mit ihm im gemeinsamen Haushalt lebenden Personen ausschließlich diese Wohnung zur Befriedigung ihres dringenden Wohnbedürfnisses regelmäßig verwenden. Die Nutzflächeneinschränkung im Sinne des § 2 Z 1 ist nicht anzuwenden.

(2) Weiters kann Wohnbeihilfe nach diesem Hauptstück Mietern an Stelle einer Wohnbeihilfe nach dem I. Hauptstück gewährt werden.

(3) Die Wohnbeihilfe ist in der Höhe zu gewähren, die sich aus dem Unterschied zwischen der nach Abs. 4 bzw. § 20 Abs. 2 ermittelten zumutbaren und der in Abs. 5 näher bezeichneten Wohnungsaufwandsbelastung je Monat ergibt. Bei Wohnungen, deren Nutzfläche die im § 17 Abs. 3 genannten Grenzwerte für die angemessene Wohnnutzfläche übersteigt, ist der Berechnung der Wohnbeihilfe jener Teil der Wohnungsaufwandsbelastung zu Grunde zulegen, der dem Verhältnis der angemessenen zur tatsächlichen Wohnnutzfläche entspricht.

(4) Der Betrag gemäß § 15a Abs. 3 Z 3 (in Verbindung mit § 16 Abs. 6) Mietrechtsgesetz je Quadratmeter Nutzfläche und Monat ist jedenfalls zumutbar.

(5) Als Wohnungsaufwand gilt der vereinbarte oder gesetzlich zulässig erhöhte (Haupt)Mietzins (einschließlich des Erhaltungs- und Verbesserungsbeitrages) gemäß Mietrechtsgesetz bzw. das Entgelt gemäß § 13 Abs. 4 und 6, § 14 Abs. 1 Z 1 bis 5 und 8, Abs. 2 bis 5 sowie Abs. 7a und § 39 Abs. 18 Z 1 bis 4 Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz, jedoch höchstens bis zu dem für das Bundesland Wien kundgemachten Richtwert ohne Zuschläge gemäß Richtwertgesetz. Ansonsten ist für Kategorie B-Wohnungen oder bei allen befristeten Mietverträgen von diesem Richtwert ein Abschlag von 25 vH, für Kategorie C- und D-Wohnungen ein Abschlag von 50 vH vorzunehmen. Für die Fälle des § 46 Mietrechtsgesetz ist auf die Ausstattungskategorien zum Zeitpunkt des Eintritts des Wohnbeihilfenwerbers in das Mietverhältnis (§ 15a Abs. 1 MRG), für alle anderen Fälle auf den Zeitpunkt des Abschlusses des Mietvertrages (§ 15a Abs. 1 und 2 MRG) abzustellen. Aufwendungen für Refinanzierungen auf Grund von nachgewiesenen Sanierungsmaßnahmen am Gebäude oder zur Anhebung der Ausstattungskategorie gelten unabhängig von der Kategorie bis zur Höchstgrenze im Sinne des ersten Satzes als Wohnungsaufwand.

(6) Die Wohnbeihilfe vermindert sich um anderweitige Zuschüsse, die zur Minderung der Wohnungsaufwandsbelastung gewährt werden.

§ 61. (1) Wohnbeihilfe im Sinne des III. Hauptstückes darf gewährt werden:

         1.       Österreichischen Staatsbürgern und gemäß § 9 Abs. 3 gleichgestellten Personen,

         2.       Ausländern, die sich seit mindestens 5 Jahren ständig legal in Österreich aufhalten.

(2) Keinen Anspruch auf Wohnbeihilfe haben Mieter, die selbst (Mit)Eigentümer der Liegenschaft sind oder mit dem Vermieter in einem Naheverhältnis (§ 2 Z 11) stehen.

(3) Bewohner von Heimplätzen sowie Nutzungsberechtigte von Kleingartenwohnhäusern haben keinen Anspruch auf Wohnbeihilfe. Betreute Personen, die ein Nutzungsrecht an einer Wohnung haben, deren Hauptmieter ein vom Fonds Soziales Wien anerkannter Träger ist, haben Anspruch auf Wohnbeihilfe. § 61 Abs. 5 ist nicht anzuwenden.

(4) Die Wohnbeihilfe vermindert sich um anderweitige Zuschüsse, die zur Minderung der Wohnungsaufwandsbelastung gewährt werden. Insbesondere dürfen Wohnbeihilfe und die nach dem Wiener Mindestsicherungsgesetz zur Deckung des Wohnbedarfs gewidmeten Beihilfen den Hauptmietzins zuzüglich der Betriebskosten und öffentlichen Abgaben auf Basis der tatsächlichen Wohnnutzfläche nicht überschreiten.

(5) Eine Wohnbeihilfe darf nur gewährt werden, wenn das Einkommen (das Haushaltseinkommen) der Förderungswerber die Höhe im Sinne des Richtsatzes für Ausgleichszulagen nach dem Allgemeinen Sozialversicherungsgesetz erreicht oder nachweisbar im Sinne des § 27 über einen ununterbrochenen Zeitraum von 12 Monaten in den letzten zehn Jahren vor Antragstellung erreicht hat.

(6) Die im Abs. 5 genannten Einkommensgrenzen gelten nicht für Verlängerungsanträge auf Wohnbeihilfe.

§ 61a. (1) Den Anträgen auf Gewährung von Wohnbeihilfe sind ein Nachweis des Einkommens (Haushaltseinkommens), die Meldezettel aller im gemeinsamen Haushalt lebenden Personen, ein Nachweis über die Nutzfläche der Wohnung sowie ein Nachweis über den Wohnungsaufwand gemäß §§ 60 Abs. 5 und 61 Abs. 4 anzuschließen. Ausländer haben noch zusätzlich den Nachweis (Aufenthaltstitel, Aufenthaltsbewilligung) über ihren 5-jährigen ständig legalen Aufenthalt in Österreich zu erbringen.

(2) Die §§ 2, 20 Abs. 2 letzter Satz und Abs. 3, §§ 21, 25, 27 und 28 Abs. 3 sowie § 30a gelten sinngemäß.“

Rechtliche Beurteilung:

Die Beschwerdeführerin ist österreichische Staatsbürgerin, mit Hauptwohnsitz in Wien gemeldet, und hat in den Jahren 2017 bis Mitte 2019 das Mindesteinkommen im Sinne des Richtsatzes für Ausgleichszulagen nach dem Allgemeinen Sozialversicherungsgesetz über einen ununterbrochenen Zeitraum von 12 Monaten erreicht. Damit sind die Grundvoraussetzungen die Zuerkennung einer Förderung nach den Bestimmungen des Wiener Wohnbauförderungs- und Wohnhaussanierungsgesetzes (WWFSG) erfüllt.

Die Beschwerde war jedoch aus folgendem Grund abzuweisen:

Wie die belangte Behörde in ihrer Entscheidung richtig festgestellt hat, haben gemäß § 231 Abs. 1 ABGB die Eltern zur Deckung der ihren Lebensverhältnissen angemessenen Bedürfnisse des Kindes [ …] nach ihren Kräften anteilig beizutragen.

Zufolge der Judikatur des OGH ist ein Kind dann Selbsterhaltungsfähig, wenn es die zur Deckung seines Unterhalts erforderlichen Mittel selbst erwirbt oder aufgrund zumutbarer Beschäftigung zu erwerben imstande ist. Grundsätzlich muss jedem Kind zugebilligt werden, eine Berufsausbildung zu absolvieren, die höhere Einkommenschancen eröffnet. Die Selbsterhaltungsfähigkeit tritt daher grundsätzlich mit Abschluss einer Berufsausbildung ein. Nach Beendigung der Berufsausbildung ist dem Unterhaltsberechtigten noch ein angemessener Zeitraum für die zielstrebige Arbeitsplatzsuche einzuräumen (8 Ob 3/13v); dieser wurde in einer Dauer von 6 Monaten als angemessen erachtet (3 Ob 270/97w).

Im Allgemeinen schließt die Berufsausbildung erst an die Beendigung (den Abschluss oder Abbruch) der Schule an. Daraus folgt, dass ein Schulabbruch allein noch nicht das Erlöschen des Unterhaltsanspruchs bewirkt. Da die Berufswahl prägend für das gesamte weitere Leben sein kann, ist dem Unterhaltsberechtigten auch eine nach den Umständen zumutbare Zeitspanne zuzubilligen, um eine zielstrebige Grundausbildung bzw. einen Ausbildungsplatz in dem von ihm erwünschten Berufszweig zu erlangen; dem Unterhaltsberechtigten ist in diesem Sinn eine gewisse Zeit der Neuorientierung zuzubilligen (8 Ob 3/13v; 7 Ob 640/92).

Verwirken können Kinder ihren Unterhaltsanspruch nicht. Es könnte nur eine Beschränkung des gesetzlichen Unterhalts des Kindes auf das Maß des notdürftigen Unterhalts eintreten, wenn das Kind eine Handlung begeht, die die Entziehung des Pflichtteils rechtfertigt.

In der Entscheidung des OGH vom 24.03.2015, Zl: 10 Ob 10/15s, zur Frage der Selbsterhaltungsfähigkeit wurde auch ausgeführt: „Auch eine bereits wegen Selbsterhaltungsfähigkeit oder angenommener Selbsterhaltungsfähigkeit erloschene Unterhaltspflicht kann wieder aufleben, wenn etwa ein neues Ausbildungsziel […] ernstlich und strebsam verfolgt wird und dem unterhaltspflichtigen Elternteil die Finanzierung der neuen Ausbildungswünsche zumutbar ist.“

Der Verfassungsgerichtshof hat unter Hinweis auf die ständige Rechtsprechung des OGH in seinem richtungsweisenden Erkenntnis vom 06.03.2012, B1109/10, für den öffentlich-rechtlichen Bereich des WWFSG 1989 klargestellt, dass die Verschaffung einer angemessenen Wohnung dem Begriff der Unterhaltsleistungen zu unterstellen ist. Der Unterhaltsanspruch jedes (noch nicht zur Gänze selbsterhaltungsfähigen) Kindes umfasst auch den Anspruch auf Deckung des Wohnbedarfs. Der Unterhaltspflichtige hat dem Kind daher eine seinen Lebensverhältnissen angemessene unentgeltliche Wohnmöglichkeit zur Verfügung zu stellen, sei es im eigenen Haushalt oder anderswo.

Die Beschwerdeführerin war mit ihrer Beschäftigung bei der C. AG bereits selbsterhaltungsfähig. Durch ihre nunmehrige Ausbildung an der FH D. zur E. ist ihre Selbsterhaltungsfähigkeit erloschen. Ein Anspruch auf Studienbeihilfe besteht nicht, da die Eltern der Beschwerdeführerin über ein hohes Einkommen verfügen und sich daraus eine zumutbare Unterhaltsleistung in Höhe von rund € 30.000,00 jährlich ergibt. Die Leistungsfähigkeit der Eltern zur Unterhaltsleistung ist demgemäß jedenfalls möglich. Ausgeschöpft wird diese mit der an die Beschwerdeführerin überwiesenen Unterstützungsleistung in Höhe von € 900,00 monatlich jedoch bei Weitem nicht - im Gegenteil. Die Beschwerdeführerin hat in ihrer Beschwerde vorgebracht, dass ihre Eltern „damals nach dem Erhalt der Familienbeihilfe, den zu bezahlenden Unterhalt dementsprechend angepasst“ haben, „sodass er den zu erfüllenden Anforderungen für die Wohnbeihilfe weiterhin entspricht“. Die Eltern der Beschwerdeführerin sind jedoch verpflichtet, den Anspruch der Unterhaltsberechtigten auf Wohnversorgung zu erfüllen, sei es durch Beistellung einer unentgeltlichen Wohnmöglichkeit oder durch Beistellung von Geldmitteln in einem Ausmaß, dass die Unterhaltsberechtigte ihre angemessenen Bedürfnisse einschließlich des Wohnaufwandes entsprechend finanzieren kann. Im Konkreten lebt die Beschwerdeführerin derzeit ausschließlich von den Unterhaltsleistungen ihrer Eltern, die auch die gesamten Wohnungskosten abdecken, weshalb keine unzumutbare Belastung im Sinne des § 60 Abs. 1 WWFSG 1989 vorliegt. Somit können die Kosten, die von anderer Seite zu tragen sind, nicht auf die Allgemeinheit überwälzt werden.

Unter Beachtung der oben ausgeführten Grundsätze kommt damit die Zuerkennung einer Wohnbeihilfe nach dem WWFSG 1989 an die Beschwerdeführerin, die nicht selbsterhaltungsfähig ist, nicht in Betracht.

Die Beschwerde war daher spruchgemäß als unbegründet abzuweisen.

Da der Sachverhalt unbestritten feststand und von keiner Verfahrenspartei die Durchführung einer Verhandlung beantragt wurde, konnte gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG von der Durchführung einer Verhandlung abgesehen werden.

Schlagworte

Wohnbeihilfe; Kind; Selbsterhaltungsfähigkeit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGWI:2020:VGW.241.030.RP08.5790.2020

Zuletzt aktualisiert am

28.07.2020
Quelle: Landesverwaltungsgericht Wien LVwg Wien, http://www.verwaltungsgericht.wien.gv.at
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