TE Lvwg Erkenntnis 2020/6/8 LVwG-2017/36/0329-7

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Veröffentlicht am 08.06.2020
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Entscheidungsdatum

08.06.2020

Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof
L37167 Kanalabgabe Tirol

Norm

VwGG §63 Abs1

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Tirol erkennt durch seine Richterin Dr.in Gstir über die Beschwerde der AA GmbH & Co KG, Adresse 1, Z, gegen den Bescheid des Bürgermeisters der Gemeinde Y vom 26.09.2016, Zl ***, mit dem eine Kanalanschlussgebühr vorgeschrieben wurde,

zu Recht:

1.   Der Beschwerde wird Folge gegeben und der bekämpfte Bescheid des Bürgermeisters der Gemeinde Y vom 26.09.2016, Zl ***, aufgehoben.

2.   Die ordentliche Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.       Entscheidungswesentlicher Sachverhalt und Verfahrensgang:

Mit Bescheid des Bürgermeisters der Gemeinde Y vom 09.11.2015, Zl ***, wurde der AA GmbH & Co KG (in der Folge: Beschwerdeführerin) eine Kanalanschlussgebühr in der Höhe von insgesamt Euro 32.870,05 (inkl 10 % Ust) vorgeschrieben.

In einem Schriftsatz vom 18.11.2015 brachte die Beschwerdeführerin dazu im Wesentlichen zusammengefasst vor, dass die in den Einreichunterlagen eingetragenen Sanitäreinheiten nicht ausgeführt worden seien, weshalb keine Abwässer aus dem Neubaubereich in den Kanal eingeleitet würden. Da der Neubau zudem außerhalb des Anschlussbereichs gemäß Kanalordnung liege, ersuche die Revisionswerberin, von der vorgeschriebenen Kanalanschlussgebühr abzusehen.

Mit dem gegenständlich bekämpften Bescheid des Bürgermeisters der Gemeinde Y vom 26.09.2016, Zl ***, wurde der nunmehrigen Beschwerdeführerin dann eine Kanalanschlussgebühr in der Höhe von insgesamt Euro 21.913,37 (inkl 10 % Ust) vorgeschrieben.

Gegen diesen Bescheid brachte die nunmehrigen Beschwerdeführerin fristgerecht die Beschwerde vom 24.10.2016 ein, die mit Beschwerdevorentscheidung des Bürgermeisters der Gemeinde Y vom 02.01.2017, Zl ***, als unbegründet abgewiesen wurde.

Dagegen brachte die nunmehrige Beschwerdeführerin fristgerecht den Vorlageantrag vom 01.02.2017 ein.

Mit Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Tirol vom 02.10.2019, Zl LVwG-2017/36/0329-1, wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen, und die Kanalanschlussgebühr gemäß § 3 der Kanalgebührenordnung der Gemeinde Y vom 19.11.2014 klarstellend neu festgesetzt.

Mit Entscheidung des VwGH vom 18.05.2020, Zl Ra 2019/16/0201-10, wurde das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Tirol vom 02.10.2019, Zl LVwG-2017/36/0329-7, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts aufgehoben.

II.      Erwägungen:

1.       Das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Tirol vom 02.10.2019, Zl LVwG-2017/36/0329-1, wurde vom VwGH mit Entscheidung vom 18.05.2020, Zl Ra 2019/16/0201-10, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts aufgehoben.

Der VwGH hat in dieser Entscheidung ua im Wesentlichen ausgeführt, dass der Grundsatz „ne bis in idem“ von den Abgabenbehörden nicht erst nach Rechtskraft einer Abgabenvorschreibung zu beachten ist, sondern die Abgabenbehörde im Falle einer im Rechtsbestand befindlichen Abgabenvorschreibung auch bereits vor deren formellen Rechtskraft gehindert ist, für denselben Tatbestand (zB für denselben Zeitraum) eine neuerliche Vorschreibung vorzunehmen (vgl VwGH 21.12.2012, 2008/17/0010; VwGH 22.2.2006, 2004/17/0028, mwN). Da an der Wirksamkeit des Bescheides des Bürgermeisters der Gemeinde Y vom 09.11.2015 keine Zweifel bestanden, war es der Abgabenbehörde und dem Landesverwaltungsgericht im Instanzenzug (Beschwerde gegen den Bescheid vom 26.09.2016) verwehrt, in derselben Sache der Kanalanschlussgebühr für den Anschluss desselben Zubaus diese Abgabe festzusetzen und vorzuschreiben.

2.       Durch die Aufhebung des Erkenntnisses des Landesverwaltungsgerichts Tirol vom 02.10.2019, Zl LVwG-2017/36/0329-1, tritt die Rechtssache gemäß § 42 Abs 3 VwGG in die Lage zurück, in der sie sich vor Erlassung des angefochtenen Erkenntnisses befunden hat.

Vom Landesverwaltungsgericht Tirol war daher neuerlich über die Beschwerde der AA GmbH & Co KG gegen den Bescheid des Bürgermeisters der Gemeinde Y vom 26.09.2016, Zl ***, zu entscheiden.

3.       Gemäß § 63 Abs 1 VwGG sind die Verwaltungsgerichte und die Verwaltungsbehörden verpflichtet, in der betreffenden Rechtssache mit den ihnen zu Gebote stehenden rechtlichen Mitteln unverzüglich den der Rechtsanschauung des Verwaltungsgerichtshofes entsprechenden Rechtszustand herzustellen.

In Entsprechung der Entscheidung des VwGH vom 18.05.2020, Zl Ra 2019/16/0201-10, war daher der Beschwerde gegen den Bescheid des Bürgermeisters der Gemeinde Y vom 26.09.2016, Zl ***, nunmehr Folge zu geben und dieser Bescheid aufzuheben.

4.       Hinsichtlich der Beschwerdevorentscheidung des Bürgermeisters der Gemeinde Y vom 02.01.2017, Zl ***, ist der Vollständigkeit halber ergänzend darauf hinzuweisen, dass gemäß § 264 Abs 3 BAO die Bescheidbeschwerde ab der Einbringung eines rechtzeitigen Vorlageantrages an wiederum als unerledigt gilt, wobei die Wirksamkeit der Beschwerdevorentscheidung durch den Vorlageantrag nicht berührt wird.

Mit dem Ergehen der abschließenden Entscheidung des Verwaltungsgerichts in einem Bescheidbeschwerde-Verfahren tritt jedoch die Beschwerdevorentscheidung dann außer Kraft (vgl Ritz, BAO6, § 264 Rz 3).

Die Beschwerdevorentscheidung des Bürgermeisters der Gemeinde Y vom 02.01.2017, Zl ***, war daher nicht zu beheben, sondern tritt diese mit Ergehen dieser Entscheidung des Landesverwaltungsgerichts Tirol ex lege außer Kraft.

III.     Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage iSd Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Belehrung und Hinweise

Den Parteien des Beschwerdeverfahrens steht das Recht zu, innerhalb von sechs Wochen ab Zustellung dieser Entscheidung, wenn das Landesverwaltungsgericht Tirol dies in seinem Spruch zugelassen hat, eine ordentliche, ansonsten eine außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof zu erheben. Die Revision ist schriftlich innerhalb von sechs Wochen ab Zustellung der Entscheidung beim Landesverwaltungsgericht Tirol einzubringen. Sie ist - abgesehen von den gesetzlichen Ausnahmen - durch eine bevollmächtigte Rechtsanwältin oder einen bevollmächtigten Rechtsanwalt, von einer Steuerberaterin bzw. einem Steuerberater oder einer Wirtschaftsprüferin bzw. einem Wirtschaftsprüfer abzufassen und einzubringen.

Beschwerdeführenden Parteien und den im Beschwerdeverfahren Beigetretenen steht weiters das Recht zu, innerhalb von sechs Wochen ab Zustellung dieser Entscheidung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof (Freyung 8, 1010 Wien) zu erheben. Die Beschwerde ist direkt beim Verfassungsgerichtshof einzubringen. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof muss - abgesehen von den gesetzlichen Ausnahmen - durch eine bevollmächtigte Rechtsanwältin oder einen bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden.

Die für eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder eine Revision zu entrichtende Eingabegebühr beträgt Euro 240,00.

Es besteht die Möglichkeit, für das Beschwerdeverfahren vor dem Verfassungsgerichtshof und für das Revisionsverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof Verfahrenshilfe zu beantragen. Verfahrenshilfe ist zur Gänze oder zum Teil zu bewilligen, wenn die Partei außerstande ist, die Kosten der Führung des Verfahrens ohne Beeinträchtigung des notwendigen Unterhalts zu bestreiten bzw wenn die zur Führung des Verfahrens erforderlichen Mittel weder von der Partei noch von den an der Führung des Verfahrens wirtschaftlich Beteiligten aufgebracht werden können und die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung nicht als offenbar mutwillig oder aussichtslos erscheint.

Für das Revisionsverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof ist der Antrag auf Verfahrenshilfe innerhalb der oben angeführten Frist im Fall der Zulassung der ordentlichen Revision beim Landesverwaltungsgericht Tirol einzubringen. Im Fall der Nichtzulassung der ordentlichen Revision ist der Antrag auf Verfahrenshilfe beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen. Dabei ist im Antrag an den Verwaltungsgerichtshof, soweit dies dem Antragsteller zumutbar ist, kurz zu begründen, warum entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichtes die Revision für zulässig erachtet wird.

Für das Beschwerdeverfahren vor dem Verfassungsgerichtshof ist der Antrag auf Verfahrenshilfe innerhalb der oben angeführten Frist beim Verfassungsgerichtshof einzubringen. Zur Vorgangsweise für die elektronische Einbringung und zu weiteren Informationen wird auf die Website des Verfassungsgerichtshofes verwiesen.

Zudem besteht die Möglichkeit, auf die Revision beim Verwaltungsgerichtshof und die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof zu verzichten. Ein solcher Verzicht hat zur Folge, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof und eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof nicht mehr erhoben werden können.

Landesverwaltungsgericht Tirol

Dr.in Gstir

(Richterin)

Schlagworte

ne bis in idem

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGTI:2020:LVwG.2017.36.0329.7

Zuletzt aktualisiert am

28.07.2020
Quelle: Landesverwaltungsgericht Tirol LVwg Tirol, https://www.lvwg-tirol.gv.at
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