TE Lvwg Erkenntnis 2020/6/18 LVwG-2020/48/0524-8

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Veröffentlicht am 18.06.2020
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Entscheidungsdatum

18.06.2020

Index

L82007 Bauordnung Tirol
40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

BauO Tir 2018 §47
VwGVG §28 Abs1

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Tirol erlässt durch seine Richterin Dr.in Müller, LL.M., über die Beschwerde der AA und des BB, Z, vertreten durch RA CC, Adresse 1, Y, gegen den Bescheid des Bürgermeisters der Stadtgemeinde Z vom 03.01.2020, Zl ***, betreffend die Tiroler Bauordnung, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 17.06.2020 den nachfolgenden

Beschluss:

1.       Das Beschwerdeverfahren wird hinsichtlich Spruchpunkt 1 lit b sowie den erster Satzteil des Spruchpunktes 2 eingestellt.

2.       Gegen diese Entscheidung ist die ordentliche Revision an den VwGH nach Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

Weiters erkennt das Landesverwaltungsgericht Tirol zu Recht:

Im Namen der Republik

1.       Der Beschwerde gegen Spruchpunkt 1 lit a und hinsichtlich des zweiten Satzteils des Spruchpunktes 2 „und ist die Behörde hierüber, unter Beischluss entsprechender Nachweise, schriftlich zu verständigen“ wird Folge gegeben und die angefochtenen Punkte des Bescheides behoben.

2.       Die ordentliche Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG an den VwGH nicht zulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.       Verfahrensgang:

Mit dem bekämpften Bescheid wurde Folgendes vorgeschrieben, wobei die hier verfahrensgegenständlich – nach der Beschwerdeeinschränkung in der Verhandlung - nur mehr angekämpften Teile des Bescheids unterstrichen sind:

„AA und BB, Adresse 2, Z, sind mit DD, EE, FF, GG, JJ, KK, LL, MM, NN und OO Eigentümer (Miteigentümer) der Liegenschaft in EZ ***, KG *** Z, bestehend aus der Gp. **1, der Bp **2 und der darauf errichteten Wohnungseigentumsanlage Adresse 3, mit welchen Miteigentumsanteilen jeweils Wohnungseigentum ob der betreffenden Liegenschaft verbunden ist.

Im Rahmen des Prüf- und Ermittlungsverfahrens im Zusammenhang mit dem Verwaltungsverfahren hinsichtlich der widerrechtlichen Installation und Inbetriebnahme der Ölfeuerungsanlage im Untergeschoß der Stiege 3 der va. Wohnanlage, nämlich im Wohnungskeller der unmittelbar darüber befindlichen Wohneinheit AA und BB, welches Verfahren nach Behebung der von der Behörde festgestellten Sicherheitsmängel, unter Hinweis auf den Bescheid des Bürgermeisters zu AZ *** eingestellt werden konnte, wurde darüber hinaus vom Sachverständigen festgestellt, dass an der im Bereich der erwähnten Ölfeuerungsanlage eingerichteten Schachtanlage, über welche Anlage die Wohneinheiten AA und BB, JJ und LL be- und entlüftet werden, Baumaßnahmen so durchgeführt wurden, dass einerseits nunmehr die einzelnen Fänge der Schachtanlage, somit die drei übereinanderliegenden Wohnungen in lufttechnischer Hinsicht miteinander verbunden sind, damit die Übertragung von Gerüchen aus Toilettenanlagen und Küchen, im Brandfalle die Übertragung von Rauchgas innerhalb der Wohnungsverbände und andererseits auch über hergestellte Öffnungen zwischen der Schachtanlage und dem allgemeinen Vorkeller, welcher Teil des Brandabschnittes Keller ist, eine Geruchs- und Gasübertragung aus dem Kellergeschoß in die Wohnungen möglich ist, daher zusammenfassend insgesamt ein Baugebrechen im Sinne des § 47 Tiroler Bauordnung vorliegt, welches allgemeine bautechnische Erfordernisse nach Maßgabe des § 18 TBO beeinträchtigt.

SPRUCH

Der Bürgermeister der Stadtgemeinde Z als Baubehörde gemäß § 62 Tiroler Bauordnung 2018 (TBO 2018), LGBI. Nr. 28/2018, entscheidet sohin aufgrund der va. Feststellung bzw. der Beeinträchtigung wie folgt:

1. Gemäß § 47 Abs. 2 TBO 2018 wird Ihnen als Miteigentümer der Liegenschaft in EZ ***, KG *** Z, hinsichtlich der allgemeinen Teile der Liegenschaft sowie als Eigentümer des damit verbundenen Wohnungseigentumsobjekte Top *** (AA und BB), Top 6 (LL) und Top 10 (JJ), aufgetragen,

a) gemäß Lösungsvorschlag II des Befundes und Gutachtens des SV PP vom 27.2.2018, welches Gutachten einen integrierenden Bestandteil dieses Bescheides darstellt, die beiden vom allgemeinen Vorkeller auf Stiege 3 in den Frischluftschacht der Wohnungen Top *** mittels Kernbohrungen hergestellten Öffnungen, welche im va. Gutachten auf Seite 10 (Bilder 4 und 5) abgebildet sind sowie die vorhandenen Zu- und Abluftöffnungen (Mündungsöffnungen) in Toiletten, Abstellräumen, Bädern bzw. Küchen der Wohnungseigentumsobjekte Top *** brandschutzgerecht zu verschließen, oder alternativ

b) gemäß Lösungsvorschlag I des va. Befundes und Gutachtens des Sachverständigen PP vom 27.2.2018, die beiden vom allgemeinen Vorkeller in den Frischluftschacht der Wohnungen Top ***, mittels Kernbohrungen hergestellten Öffnungen, welche im Gutachten auf Seite 10 (Bilder 4 und 5) abgebildet sind, jeweils auf einen Durchmesser von 160mm zu vergrößern, die vergrößerten Bohrlöcher lufttechnisch mit dem Freien zu verbinden sowie an den Zu- und Abluftöffnungen (Mündungsöffnungen) in Toiletten, Abstellräumen, Bädern bzw. Küchen der Wohnungen 2, 6 und 10, Feuerschutzabschlüsse in die Lüftungsleitungen auf Basis intumeszierender Materialien mit mechanischem Verschlusselement lt. ÖNORM H 6027:2008-08-01 einzusetzen.

2. Die unter Spruch Punkt 1. genannten Maßnahmen sind binnen 3 Monaten ab Rechtskraft dieses Bescheides durchzuführen und ist die Behörde hierüber, unter Beischluss entsprechender Nachweise, schriftlich zu verständigen.“

Gegen diesen Bescheid brachten die beiden Beschwerdeführer, die zu je 53/1.184 Anteile Miteigentümer der Liegenschaft sind, womit das Wohnungseigentum an der Wohnung Top *** verbunden ist, rechtzeitig Beschwerde ein und bekämpften den Bescheid zunächst zur Gänze.

Nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 17.06.2020 zogen die Beschwerdeführer die Beschwerde hinsichtlich Spruchpunkt 1 lit b sowie den erster Teilsatz des Spruchpunktes 2 zurück.

II. Begründung des Beschlusses:

Da in der Verhandlung vom 17.06.2020 die erhobene Beschwerde wie oben dargelegt eingeschränkt wurde, war das Beschwerdeverfahren diesbezüglich einzustellen.

III. Entscheidungsgründe des Erkenntnisses:

Sachverhaltsfeststellungen:

Unstrittig ist, dass der im Bescheid auf Grund des Sachverständigen PP vom 27.02.2018 beschriebene Frischluftschacht, wie vom Amtssachverständigen QQ auch in der Verhandlung erneut bestätigt, brandschutztechnisch zu verschließen ist. Andernfalls entsteht eine Brandüberschlagsgefahr und eine ordnungsgemäße Be- und Entlüftung sämtlicher Räume kann nicht hergestellt werden.

Es sind daher ordnungsgemäß OIB-konform im Sinne des Lösungsvorschlages I des Sachverständigen PP vom 27.02.2020 die beiden Öffnungen jeweils auf einen Durchmesser von 160 mm zu vergrößern, die vergrößerten Bohrlöcher lufttechnisch mit dem Freien zu verbinden sowie an den Zu- und Abluftöffnungen in Toiletten, Abstellräumen, Bädern und Küchen des Wohnungseigentumsobjektes *** in die Lüftungsleitungen auf Basis intumeszierender Materialien mit mechanischen Verschlusselementen laut ÖNORM H 6027:2008-08-01 einzusetzen. Dies geht auch schlüssig und nachvollziehbar aus dem Sachverständigengutachten des Sachverständigen PP vom 27.02.2018 hervor und konnte auch der Amtssachverständige QQ diese Vorgehensweise als sach- und fachgerecht und erforderlich beurteilen, zumal bei der Lösungsvorschlag II eine Be- und Entlüftung der Innenräume nicht mehr durch den Lüftungsschacht erfolgen könnte. Mit dem günstigeren Lösungsvorschlag II droht aufgrund des Verschließens der Öffnungen eine nicht ordnungsgemäße Be- und Entlüfteten der Innenräume, somit Schimmelgefahr und eine gesundheitliche Gefährdung.

Der Lüftungskanal wurde mit dem Hausbau geplant und eingebaut. Wann die Veränderungen an dem Lüftungskanal vorgenommen wurden, kann nicht festgestellt werden.

Beweiswürdigung:

Diese Feststellungen ergeben sich unzweifelhaft aus den Akten und dem angeführten Gutachten. Insbesondere konnte der Amtssachverständige QQ während der Verhandlung bestätigen, dass aufgrund des Brandüberschlags eine Behebung der Mängel am Frischluftschacht ehestmöglich beseitigt werden sollte und die Frist angemessen ist. Der Lösungsvorschlag I lässt auch die Lüftungen intakt und schafft so eine OIB-konforme Mängelbehebung.

Rechtliche Würdigung:

Wie aus den Feststellungen zu entnehmen war, war im Sinne des Lösungsvorschlages I des Sachverständigen PP vom 27.02.2020 der Auftrag zu erteilen, die Mängel am Lüftungsschacht zu beheben, dies innerhalb von 3 Monaten. Ein schriftlicher Nachweis nach Durchführung der Behebung ist gesetzlich nicht vorgesehen, sodass diesbezüglich der Spruchpunkt zu beheben war.

Dagegen ist der Lösungsvorschlag II ist nicht angedacht, eine OIB-konforme Lösung zu finden, zumal dies insbesondere die Gefahr einer Schimmelbildung in Bad und WC verursacht und gegebenenfalls auch Dunstabzüge nicht mehr betrieben werden können. Diesbezüglich ist dieser Lösungsvorschlag auch nicht zur Mängelbehebung zielführend, auch wenn er günstiger, jedoch nicht nachhaltig und fach- und sachgerecht und ÖNORM-gerecht langfristige Lösung darstellt, zu beheben.

Eine technisch mögliche Behebung, die nicht ÖNORM-gerecht ist, kann vom Sachverständigen insbesondere aufgrund der Schimmelgefahr unter Abweichung von den ÖNORMEN befürwortet werden.

Sohin wurde keine Rechtswidrigkeit erkannt und in Hinsicht der nicht angefochtenen Teile der Bescheid bestätigt.

Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage iSd Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

B e l e h r u n g

Soweit die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof in Wien für zulässig erklärt worden ist, kann innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung dieser Entscheidung eine ordentliche Revision erhoben werden. Im Fall der Nichtzulassung der ordentlichen Revision kann innerhalb dieser Frist nur die außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden.

Jedenfalls kann gegen diese Entscheidung binnen sechs Wochen ab der Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, Freyung 8, 1010 Wien, erhoben werden.

Die genannten Rechtsmittel sind von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abzufassen und einzubringen und es ist eine Eingabegebühr von Euro 240,00 zu entrichten. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist direkt bei diesem, die (ordentliche oder außerordentliche) Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist beim Verwaltungsgericht einzubringen.

Es besteht die Möglichkeit, für das Beschwerdeverfahren vor dem Verfassungsgerichtshof und für das Revisionsverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof Verfahrenshilfe zu beantragen. Verfahrenshilfe ist zur Gänze oder zum Teil zu bewilligen, wenn die Partei außerstande ist, die Kosten der Führung des Verfahrens ohne Beeinträchtigung des notwendigen Unterhalts zu bestreiten bzw wenn die zur Führung des Verfahrens erforderlichen Mittel weder von der Partei noch von den an der Führung des Verfahrens wirtschaftlich Beteiligten aufgebracht werden können und die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung nicht als offenbar mutwillig oder aussichtslos erscheint.

Für das Beschwerdeverfahren vor dem Verfassungsgerichtshof ist der Antrag auf Verfahrenshilfe innerhalb der oben angeführten Frist beim Verfassungsgerichtshof einzubringen. Für das Revisionsverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof ist der Antrag auf Verfahrenshilfe innerhalb der oben angeführten Frist im Fall der Zulassung der ordentlichen Revision beim Verwaltungsgericht einzubringen. Im Fall der Nichtzulassung der ordentlichen Revision ist der Antrag auf Verfahrenshilfe beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen; dabei ist im Antrag an den Verwaltungsgerichtshof, soweit dies dem Antragsteller zumutbar ist, kurz zu begründen, warum entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichtes die Revision für zulässig erachtet wird.

Zudem besteht die Möglichkeit, auf die Revision beim Verwaltungsgerichtshof und die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof zu verzichten. Ein solcher Verzicht hat zur Folge, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof und eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof nicht mehr erhoben werden können.

Landesverwaltungsgericht Tirol

Dr.in Müller, LL.M.

(Richterin)

Schlagworte

Baugebrechen bei Lüftungsanlage;
Auftrag von alternativen Lösungsvorschlägen;
Beschwerdeeinschränkung;

Anmerkung

Mit Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom 29.03.2021, Z Ra 2021/06/0029-5 wurde die ao Revision gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Tirol vom 18.06.2020, LVwG-2020/48/0524-8 als gegenstandslos erklärt und das Verfahren eingestellt.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGTI:2020:LVwG.2020.48.0524.8

Zuletzt aktualisiert am

07.04.2021
Quelle: Landesverwaltungsgericht Tirol LVwg Tirol, https://www.lvwg-tirol.gv.at
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